Mittwoch, 3. Februar 2010

10 Bedenken von Dom Erwin Kräutler zu Belo Monte

Luiz Inácio Lula da Silva, Präsident der Bundesrepublik Brasilien, hatte beim Treffen mit Umweltorganisationen am 22. Juli 2009 in Brasilia überraschend gesagt, Belo Monte nicht um jeden Preis zu errichten, und versprach öffentliche Diskussionen über Belo Monte und die Anhörung aller Betroffenen und forderte vom Projektbetreiber Eletrobrás eine Klärung der offenen Kritikpunkte.
Da die Verhandlungen zwischen Umweltbewegungen und Energiesektor nicht voran gingen, schrieb Bischof Kräutler Ende Oktober 2009 besorgt an Präsident Luiz Inácio Lula da Silva. Er betitelte den Brief "Plan Belo Monte - Geplanter Mord" und nannte 10 Bedenken:

1. Leistung: Die prognostizierten 11.000 MW wird das Kraftwerk wegen Wasserpegelschwankungen nur 8-9 Monate im Jahr liefern können. Die unterste Leistung, die zu erwarten ist, liegt bei 1.400 MW. Die Dynamik des Xingu schwankt zwischen 25 m3/Sekunde und 400 m3/Sekunde Wasser.
2. Mehr Dämme: Weitere 3 Staudammprojekte werden am Oberlauf folgen, um die Rentabilität zu gewährleisten: Altamira, Pombal und São Felix. Das bedeutet weitere Vertreibung Indigener und Gefährdung von Reservaten und Schutzgebieten. Bislang leugnet die Regierung das Vorhaben, weitere Staudämme zu planen. Ohne diese wäre Belo Monte jedoch nicht wirtschaftlich.
3. Betroffene: Es gibt noch immer keine zuverlässigen, glaubwürdigen Zahlen über die Anzahl der betroffenen Familien. Bislang wird die Zahl stark unterschätzt. Eletrobras (Mutterfirma von Eletronorte) geht von 3.200 Familien aus, die umzusiedeln wären, Ruben Siqueira von der CPT hingegen von 20.000 Personen und weiteren 80.000 indirekt Betroffenen. 800 Betroffene stammen aus indigenen Gemeinschaften: Juruna, Arara, Xipaia, Kurunaya, Kayapó, u.a..
4. Austrocknung: Die „Große Flussschleife des Xingu“ würde beinahe trocken fallen. Der Grundwasserspiegel würde absinken, die Bewohner hätten nicht mehr genug Wasser zum Leben. Der Erdaushub allein für die dort geplanten 3 Kanäle und 5 Stauseen käme dem des Panamakanals gleich. Rückgang bzw. Aussterben von wandernden Fischpopulationen, Fischer verlieren Lebensgrundlage.
5. Zuwanderungsstrom: Starker Bevölkerungsanstieg in der Nähe der zu erwartenden Projekte durch Arbeitssuchende. Altamira ist auf die 5-fache Bevölkerung nicht vorbereitet. Es fehlt an Infrastruktur (Wohnraum, Schulen, Krankenhäuser) und die Kriminalität in der Stadt steigt.
6. Keine Öffentliche Anhörung: In 2 potentiell betroffenen Gemeinden (Senador José Porfírio und Porto de Moz) wurden keine Öffentlichen Anhörungen abgehalten. Dabei liegen gerade sie im Hauptüberflutungsbereich. Die Bevölkerung würde ihre Lebensgrundlage verlieren: Fischerei und Subsistenzlandwirtschaft wären nicht mehr möglich.
7. Kein Hafen mehr: Die Hafenstadt Vitoria do Xingu würde ihren Status als Hafenstadt am Fluss einbüßen, die Menschen würden abwandern. Es gibt keine Untersuchungen zur Betroffenheit dieser Stadt.
8. Kosten: Niemand kennt die wahren Kosten des Projekts Belo Monte. Der Eletrobras-Präsident spricht von ein bis dreitausend US-$ pro installiertem KW, in der Summe bedeutet dies 33 Mrd. US-$ oder 60 Mrd. R$.
9. Energiepreise/Steuergelder: Wegen dieser exorbitanten Kosten müsste hinterher auch der Energiepreis besonders hoch sein, um die Kosten wieder reinzuspielen. Makaber ist, dass der Industriestrom mit öffentlichen Geldern subventioniert wird. Die brasilianischen Steuerzahler unterstützen so indirekt das Projekt. Bestraft werden die brasilianischen Städte durch hohe Energiekosten.
10. Menschen: Die sozio-ökologische Dimension der bisherigen Untersuchungen (UVPs) ist unzureichend. Es wird nur über technische Möglichkeiten, nicht aber über menschliche Schicksale geschrieben.

Quelle der Zusammenfassung: Kooperation Brasilien KoBra
Der Offene Brief an Präsident Lula bei Dreikönigsaktion