Freitag, 27. Juni 2014

Belo Sun Mining ohne Vorlizenz für Goldprojekt am Xingu

Ein Bundesgericht in Altamira hob die Vorlizenz für das Goldabbauprojekt am Xingu der kanadischen Bergbaufirma Belo Sun Mining auf, weil keine Umweltstudien über die Auswirkungen des Projekts auf die betroffenen indigenen Siedlungen Paquizamba und Arara da Volta Grande gemacht wurden. Die Umweltauflagen schreiben das allerdings vor.

Die Vorlizenz ist die erste Etappe im Genehmigungsverfahren und erlaubt nur die Planungen des Projekt, aber keine Bautätigkeiten.

Bereits im November 2013 war das Projekt wegen fehlender Untersuchungen der Auswirkungen auf die indigene Bevölkerung gestoppt worden

Blog-Archiv zum Goldprojekt von Belo Sun am Xingu

Consultor Jurídico, 25 de junho de 2014
Impacto indígena
Licença para projeto de mineração próximo a Belo Monte é suspensa

A concessão de licença ambiental para empreendimento sem estudo de impacto a indígenas que vivem próximos acarreta grave violação à legislação ambiental e aos direitos dos índios. Com esse entendimento, a Justiça Federal no Pará suspendeu a licença prévia do projeto Volta Grande de Mineração, planejado pela mineradora canadense Belo Sun na mesma região onde vem sendo construída a hidrelétrica de Belo Monte, no rio Xingu (PA).

A licença prévia é a primeira etapa do processo de licenciamento e permite apenas o planejamento das instalações, sem nenhuma construção. O sinal verde foi dado pelo Conselho Estadual do Meio Ambiente (Coema) do Pará em 2013, mas o processo de licenciamento já havia sido suspenso por meio de liminar, após Ação Civil Pública apresentado pelo Ministério Público Federal.

Em sentença sobre o caso, o juiz federal Sérgio Wolney Batista Guedes, da Vara Federal de Altamira, avaliou ser “incontroverso” que o projeto causará impactos para os povos das Terras Indígenas Paquiçamba, Arara da Volta Grande e Ituna/Itatá, “com reflexos negativos e irreversíveis para a sua qualidade de vida e patrimônio cultural”.


A Publica, 8.8.2014
Em busca da mineradora canadense Belo Sun
Repórteres viajam ao rio Xingu para conhecer projeto de extração de ouro

Kanada: Historisches Urteil nach 30-jährigem Rechtsstreit


Südostschweiz.ch, 27.6.2014
Gerichtserfolg für Ureinwohner in Kanada
Kanadas Oberstes Gericht hat in einem historischen Urteil den Rechtsanspruch einer Gruppe von Ureinwohnern über ihr altes Siedlungsgebiet anerkannt. Damit braucht es fortan immer die Zustimmung der Ureinwohner, falls jemand auf ihrem Gebiet Projekte realisieren will.

Montreal. – Das Urteil fiel zugunsten der rund 3000 Angehörigen der halbnomadischen Volksgruppe der Tshilqot'in. Sie hätten das «historische Recht» zur Besiedlung und Nutzung eines Gebiets von 2000 Quadratkilometern in der westlichen Provinz British Columbia, urteilte das Gericht am Donnerstag.

Das Urteil könnte weitreichende Bedeutung für andere indigene Völker haben und sich auf zahlreiche Minen-, Forst- und andere Wirtschaftsprojekte auswirken.

Im Jahr 2012 hatte ein Gericht in British Columbia den Anspruch der Tshilqot'in noch zurückgewiesen, weil sie nicht bewiesen hätten, dass ihr Vorfahren zur Zeit der Ankunft der ersten europäischen Siedler ein «bestimmtes Stück Land» in dem Gebiet nutzten.

Das Oberste Gericht urteilte nun aber, dass ein «historisches Recht» sich auch auf Gebiete erstrecke, die etwa fürs Jagen und Fischen genutzt wurde, und über die ein Volk «eine effektive Kontrolle» hatte zur Zeit «der Etablierung der europäischen Souveränität».

Zustimmung der Ureinwohner nötig
«Diese Entscheidung wird sicher als eines der wichtigsten und grundlegendsten Urteile des Obersten Gerichts von Kanada in die Geschichte eingehen», sagte der Sprecher der Versammlung der Ersten Nationen, Ghislain Picard.

Die Versammlung ist die Hauptvertretung der rund 1,4 Millionen Ureinwohner des Landes. Mit dem Urteil endet ein rund 30-jähriger Rechtsstreit, der begonnen hatte, als die Provinzregierung 1983 eine Genehmigung zum Holzeinschlag in einer Region erteilt hatte, welche die Ureinwohner als Teil ihres angestammten Siedlungsgebiets betrachteten.

Die Anerkennung ihres Rechtsanspruchs auf das Gebiet bedeutet nicht, dass sie vollständig darüber verfügen können. Doch kann die Regierung künftig keine Wirtschaftsprojekte mehr genehmigen ohne die Zustimmung der Ureinwohner, wenn sie nicht ein übergeordnetes öffentliches Interesse nachweist und die Ureinwohner für ihre Verluste entschädigt. (sda)


BBC-News, 27.6.2014
Canada high court grants land title to Tsilhqot'in group
The Supreme Court of Canada has granted the Tsilhqot'in First Nation title to more than 1,700 sq km of its ancestral land in British Columbia.

Mittwoch, 18. Juni 2014

Belo Monte: Stromproduktion wird sich um mindestens ein Jahr auf 2016 verschieben

Noch Ende Mai verlautbarte das Konsortium Norte Energia, dass die Bautätigkeiten des Kraftwerksprojekts Belo Monte fast 50 % erreicht hätten. Nun richtete es ein Ansuchen um Änderung der Fristen für die Stromproduktion an die Nationale Energieagentur ANEEL.
In der Begründung heißt es, dass es seit Baubeginn im September 2011 durch Streiks, Demonstrationen und Baustellenbesetzungen an mindestens 300 Tagen zum völligen oder teilweisen Arbeitsstillstand gekommen sei. Diese Unterbrechungen sowie Verzögerungen bei diversen Baugenehmigungen trugen dazu bei, dass nicht wie vorgesehen bereits im Februar 2015 die ersten Turbinen von Belo Monte in Betrieb gehen können.

Das Projekt Belo Monte hat zwei Orte der Energiegewinnung. Beim Staudamm Pimental sollen mit Durchlaufturbinen 233 MWh und beim Hauptkraftwerk Belo Monte do Pontal mit 18 Turbinen insgesamt 11.000 MWh Strom produziert werden.
Pimental hätte ab Februar 2015 ans Netz gehen sollen. Dieses Vorhaben muss mindestens auf April 2016 verschoben werden.

Wegen Stromlieferverträge und vorgesehener Strafen bei Nichterfüllung ist Norte Energia zu dieser Vorgangsweise gezwungen. ANEEL will das Ansuchen prüfen und Alternativen ermöglichen.

Folha, 14.6.2014
Norte Energia afirma que cronograma de Belo Monte depende da Aneel

Folha, 14.6.2014
Belo Monte deve atrasar geração de energia em pelo menos um ano

G1-O Globo, 17/06/2014
Aneel analisa pedido para adiar entrada em operação de Belo Monte
Norte Energia alega que invasões e paralisações levaram a atraso na obra.
Se aprovado, cronograma da hidrelétrica pode atrasar em ao menos 1 ano.

Estadão, 17 Junho 2014
Norte Energia pede à Aneel revisão do cronograma de Belo Monte
A concessionária Norte Energia, responsável pela usina de Belo Monte (PA), entrou na Agência Nacional de Energia Elétrica (Aneel) com pedido de revisão do cronograma da obra, disse nesta terça-feira o diretor-geral da agência, Romeu Rufino.
"Eles entraram com o pedido. A Aneel está analisando, como tantos outros pedidos de revisão de cronograma. Não temos ainda posição", disse a jornalistas, antes da reunião semanal da diretoria da agência reguladora.
Segundo a Norte Energia, o pedido está associado ao impacto causado por bloqueios de acesso e invasões do canteiro de obras, além de liminares judiciais que teriam afetado o cronograma dos trabalhos.

Estadão, 20.5.2014
Construção de Belo Monte alcançou 50 %, diz Norte Energia

Jornal da Energia, 20.5.2014
Belo Monte: interrupções em mais de 300 dias de trabalho
Apesar do impacto causado por paralisações, manifestações e greves, Norte Energia garante que cronograma da obra não foi afetado

Samstag, 14. Juni 2014

Bischof Erwin Kräutler wird 75


Kathpress, 13.06.2014
Bischof Kräutler wird 75: Option für die Armen und für Amazonien
Aus Österreich stammender Bischof im Rückblick auf fünf Jahrzehnte kompromisslosen Einsatzes für Brasiliens Urwald-Bewohner - "Kathpress"-Protrait von Johannes Pernsteiner

Brasilia-Wien, 13.06.2014 (KAP) Er gilt als streitbarer Kirchenmann, der sich in Fragen der Menschenrechte, der skrupellosen Ausbeutung Amazoniens wie auch in Kirchenthemen kein Blatt vor den Mund nimmt: "Dom" Erwin Kräutler, Bischof der Amazonas- Diözese Xingu, wird am 12. Juli 75 und erreicht somit das Alter, mit dem Bischöfe üblicherweise um Pensionierung ansuchen. Bereits 49 Jahre seines Lebens hat der österreichische Ordensmann in Brasilien verbracht. Seine Biografie, die er im Tyrolia-Buch "Mein Leben für Amazonien" darlegt, spiegelt die Geschichte der vergangenen Jahrzehnte des Amazonas-Regenwaldes, seiner Völker und seiner Kirche wider, die er selbst entscheidend mitgeprägt hat.

Geboren wurde Kräutler am 12. Juli 1939 in Koblach (Vorarlberg). Er ging hier mit dem heutigen St. Pöltner Bischof Klaus Küng zur Schule und war Mitbegründer der Katholischen Arbeiterjugend Vorarlbergs. Nach der Matura trat er in Liechtenstein in die "Kongregation der Missionare vom Kostbaren Blut" ein, studierte in Salzburg Theologie und Philosophie und wurde am 3. Juli 1965 zum Priester geweiht. Monate später ging er als Missionar in die Prälatur Xingu im brasilianischen Amazonas-Bundesstaat Para, wo sein Onkel Erich Kräutler Bischof war. Xingu ist mit 368.000 Quadratkilometern die flächenmäßig größte Diözese Brasiliens und hat heute 700.000 Einwohner, davon 10.000 Indios.

Als "ersten Dolchstoß" für den Amazonas und dessen Bewohner bezeichnet Kräutler den Bau der Transamazonica in den 1970er-Jahren. Die Straße quer durch den Urwald löste enorme Zuwanderung und soziale Spannungen aus und verschärfte auch den seelsorglichen Notstand. Brasiliens Bischöfe reagierten, angespornt durch das Zweite Vatikanische Konzil: Waren zuvor die wenigen Missionare der Region in rein sakramentalen Diensten tätig, entstanden nun hunderte von ausgebildeten Laien geleitete kirchliche Basisgemeinden, die der junge Priester Kräutler aktiv unterstütze und regelmäßig besuchte. Die Bischofskonferenz gründete 1972 den Indianer-Missionsrat CIMI, dessen Präsident Kräutler von 1983 bis 1991 und später erneut ab 2006 war.

Einsatz für Indios und Landarbeiter

1980 wurde Kräutler zum Koadjutor seines Onkels, 1981 zu dessen Nachfolger als Bischof ernannt. "Eine Fülle von Problemen der Menschen auf der Transamazonica ist auf mich hereingestürzt", sagt er im Rückblick. Schließlich stehe er als Bischof inmitten der "gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und auch kirchenpolitischen Auseinandersetzung" und könne nicht so tun, als ob ihn "das alles nichts angeht". Hieß es aus Wirtschaft und Politik, er solle doch bei seiner "spezifisch religiösen Mission" bleiben, wies er dies zurück: Es gehe um Menschenrechte, Menschenwürde und oft auch "um Leben und Tod", und: "Ich kann das Evangelium ja nicht den Toten verkünden".

Sein Credo, Kirche müsse mit den Benachteiligten gehen statt nur für sie eintreten, nahm Kräutler wörtlich. Bei einer Demonstration von Plantagenarbeitern, denen man neun Monate den Lohn vorenthalten hatte, wurde er 1983 von der Militärpolizei verprügelt. Der Ruf der Menschen "Lasst ihn los, er ist unser Bischof!" sei für ihn die "zweite Bischofsweihe" gewesen, betont Kräutler oft. Sein Leben wurde jedoch zugleich immer gefährlicher: 1987 rammte ein Kleinlastwagen in einem inszenierten Autounfall seinen Pkw und ließ ihn schwerverletzt zurück, während sein Beifahrer starb. Mehrere Mitstreiter Kräutlers, darunter der Priester Hubert Mattle (1995) und die Ordensschwester Dorothy Mae Stang (2005), wurden kaltblütig ermordet. Infolge der bis heute anhaltenden Morddrohungen lebt Kräutler in Brasilien seit 2006 unter ständigem Polizeischutz.

Was Kräutler Feinde bescherte, war vor allem sein unbeugsamer Einsatz für Indios, Kleinbauern und Landarbeiter in der Verteidigung ihrer Rechte gegenüber Großgrundbesitzern, Landspekulanten und Holzhändlern. Der Bischof war federführend beteiligt, dass die Indios 1988 zu Vollbürgern Brasiliens wurden und Rechte bekamen, deren Umsetzung allerdings nur schleppend vorankommt: Weiter gibt es Probleme mit Grundbesitz und Landnutzung, verschärft von Straflosigkeit, Menschenhandel sowie fehlendem politischen Willen zum Erhalt des Amazonas. Gravierende Menschenrechtsprobleme wie die katastrophale Gesundheitsbetreuung würden sich nicht ändern, solange Eigenbestimmung und Mitsprache der Indigenen nicht voll umgesetzt seien, sagt Kräutler.

Menschen- und Umweltschützer

Weltweit bekannt wurde Kräutler durch sein hartnäckiges Eintreten gegen das Mega-Kraftwerk "Belo Monte" am Xingu-Fluss, nahe der Bischofsstadt Altamira. Der bereits gestartete Bau des weltweit drittgrößten Wasserkraftwerks, dessen Stausee Ausmaße des Bodensees hat und 40.000 Anwohner vertrieben hat, werde "auf Biegen und Brechen, mit einer Strategie der vollendeten Tatsachen" durchgepeitscht, so der Bischof. "Brasilien leugnet alles, was nicht sein darf, so Kräutlers Kritik, die sich immer wieder auch gegen die europäischen Beteiligten des Projekts, darunter Andritz (Ö), Voith-Siemens (D)und Alstom (F), richtete.

Ganz erfolglos ist der lange Widerstand in Kräutlers Augen nicht gewesen, zumindest habe sich die Staatsanwaltschaft auf Seite der Indigenen und der Flussbewohner gestellt, viele Prozesse würden weiter laufen und neue Allianzen wie etwa mit Umweltorganisationen seien entstanden. Für sein Indio-Engagement, zu dem auch das Eintreten gegen die Regenwald-Abholzungen und -Brandrodungen für Biodiesel-Monokulturen oder Sojaplantagen gehört, erhielt der Bischof 2010 den "Alternativen Nobelpreis". Der laut WWF "wichtigste Menschen- und Umweltschützer Brasiliens" betonte mehrfach, die Welt dürfe sich im Amazonas keine Atempause gönnen, wolle sie der Zukunft "mehr als nur Kahlschlag, Wüste und Chaos" hinterlassen.

Bischof Kräutler erhielt auch zahlreiche andere internationale und österreichische Ehrungen, u.a. den "Romero-Preis" der Katholischen Männerbewegung, das Ehrendoktorat der Universitäten Innsbruck, Luzern, Bamberg und Para, das Goldene Ehrenzeichen des Landes Vorarlberg und das Große Goldene Ehrenzeichen mit dem Stern der Republik Österreich, zudem ist er Ehrenbürger seiner Heimatgemeinde Knoblach und fast aller politischen Gemeinden am Xingu. Er selbst bezeichnet sich als "Brasilianer, in Österreich geboren": 1978 erhielt er zusätzlich die brasilianische Staatsbürgerschaft, wiewohl er sich in seinem Geburtsland weiterhin heimisch fühlt und regelmäßig zu Vorträgen, Solidaritätsaktionen und Firmungen kommt.

Offene Baustellen

Der Kirche im Amazonas praktiziere heute den Dialog und Respekt mit den Indios, betont Kräutler: Sie wolle kein christliches Weltbild "überstülpen", sehe ihre Kulturen nicht als "Subkulturen". Viele Probleme seien dennoch weiter ungeklärt - etwa dass 70 Prozent der Gemeinden von Xingu wegen Priestermangels sonntags keine Eucharistie feiern. Hoffnungen auf neue Wege wie den Einsatz bewährter Männer (viri probati) in Gemeindeleitung und Eucharistiefeier sieht er durch Papst Franziskus bestärkt. Wie sehr dem lateinamerikanischen Pontifex die Situation der Indios am Herzen liegt, zeigt seine lange Vatikan-Begegnung am 4. April mit Kräutler, dessen Inputs beim ersten Papstschreiben zu Ökologie und der Bewahrung der Schöpfung einfließen sollen.

Durchaus traut Kräutler dem Papst aus Lateinamerika zu, er werde für die weltweiten Auswüchse eines "menschenverachtenden Kapitalismus" ähnlich bedeutsam werden "wie Johannes Paul II. in Hinblick auf den seinerzeitigen kommunistischen Ostblock", schreibt er. Auch dem Wojtyla-Papst, der für seine Haltung gegenüber der Befreiungstheologie oft in Kritik stand, war Kräutler mehrmals begegnet - und von ihm im Einsatz für die kirchlichen Basisgemeinden stets bestärkt worden, betont der Bischof. Die Anliegen der Befreiungstheologie hält er für "nach wie vor aktuell", wenngleich es heute um sie nicht mehr die großen Diskussionen und Auseinandersetzungen wie in den 1980er-Jahren gebe. "Sie ist wie selbstverständlich in den Alltag eingegangen", so Kräutler.

Aufgabe seines Nachfolgers wird die Teilung der Riesen-Prälatur Xingu in drei Diözesen sein, blickt Kräutler in dem gemeinsam mit dem Publizisten Josef Bruckmoser verfassten Buch in die Zukunft. Er selbst wolle nach Annahme seines Rücktritts durch den Papst "teils in Brasilien, teils in Österreich" leben, für Firmungen, Einkehrtage oder den Orden zur Verfügung stehen, das Diözesanarchiv in Altamira ordnen oder eine "Geschichte des Xingu" schreiben.


Deutschlandradio, 14.6.2014
"Bei Belo Monte geht man über Leichen"
Bischof Erwin Kräutler engagiert sich für die Indios in Brasilien
Erwin Kräutler im Gespräch mit Philipp Gessler
Menschen protestieren am 8.2.2011 gegen das Staudamm-Projekt Belo Monte am Rio Xingu in Brasilien
Demonstration gegen das Staudamm-Projekt Belo Monte am Rio Xingu in Brasilien (picture-alliance / dpa / Joedson Alves)
Seit Jahrzehnten setzt sich Erwin Kräutler für die Rechte der Indianer am Amazonas ein. Es gehe nicht an, dass ein Wirtschaftssystem Menschen für überflüssig erkläre, sagt der österreichisch-brasilianische Bischof.

Fifa zensiert Indio-Protest bei Eröffnungsfeier der WM

Werá Jeguaka Mirim mit traditionellem Kopfschmuck und Protestbanner "Demarcação"

TAZ-Blog, 14.6.2014
Indigenen-Protest zum WM-Auftakt (aktualisiert): Von der Fifa zensiert
“Demarcação já! – Landausweisung jetzt!” Mit diesem Banner protestierte der 13-jährige Guarani-Indígena Werá Jeguaka Mirim aus dem Dorf Krukutu ganz im Süden von São Paulo Minuten vor dem WM-Anpfiff gegen die Indianerpolitik des brasilianischen Staates.
(Mit vielen Fotos und Links)

Morgenpost, 14.6.2014
Fifa zensiert Indio-Protest bei Eröffnungsfeier der WM
Das Spruchband eines 13-jährigen Jungen, auf dem bessere Lebensumstände für Indios gefordert werden, war im Fernsehen nicht zu sehen. Die Fifa wünscht keine politischen Äußerungen bei der WM.

Die Szene haben vermutlich alle noch vor Augen, die sich die Eröffnungsfeier der Fußball-Weltmeisterschaft in Brasilien vor dem heimischen Bildschirm am Donnerstagabend angeschaut haben.

Allein in Deutschland haben über sieben Millionen zugesehen. Nach allerhand Gesang und akrobatischen Übungen betraten drei Kinder den Rasen des Corinthians-Stadions in Sao Paulo. Sie hielten weiße Tauben in ihren Händen, die sie im Mittelkreis fliegen ließen, umringt von den Spielern des Gastgeber-Landes.

Eines der Kinder war weiß, eines dunkelhäutig und eines indigener Abstammung. Sie sollten damit symbolisch stehen für die verschiedenen Bevölkerungsgruppen des größten und bevölkerungsreichsten südamerikanischen Landes. Und die Friedenstauben sollten symbolisieren, wie gut alle miteinander klarkommen.

13-Jähriger Indio-Junge protestiert mit Spruchband

Allerdings bekamen die TV-Zuschauer weltweit etwas nicht mit, was dem Indio-Jungen sehr wichtig war. Er enthüllte, nachdem er seine Taube freigelassen hatte, ein Spruchband mit der Aufschrift "Demarcacao", was ins Deutsche übersetzt so viel heißt wie "Abgrenzung".

Dieser kurze Moment wurde aus den Übertragungen, die mit Zeitverzögerung gesendet werden, herausgeschnitten. Der 13-jährige Fabio ist Angehöriger des Volkes der Guarani, das nahe Sao Paulo lebt und das immer weiter an den Rand gedrängt wird.

Über die Zensur berichten mehrere überregionale brasilianische Medien. Und, dass den WM-Organisatoren ebenso wie dem Weltverband Fifa nicht daran gelegen ist, auf die Probleme der Ureinwohner hinzuweisen.

Die Guarani fordern mehr Lebensraum

Fabio tat dies dann wenigstens verbal. Er war auch gar nicht erstaunt darüber, dass sein Protest nicht im Fernsehen zu sehen war. "So etwas wollen die nicht zeigen", sagte er, "die wollen Frieden zwischen den Völkern zeigen, dass alles schön und toll ist. Aber die Situation hier ist eine andere."

Demnach lebt das Volk der Guarani auf begrenztem Raum unter sehr erschwerten Lebensbedingungen. Und es wartet darauf, dass Politiker endlich wie versprochen ein Gesetz unterschreiben, in dem ihnen ein größeres Gebiet zum Leben zugebilligt wird. Die Eröffnungsfeier hätten die Guarani deshalb als gute Möglichkeit gesehen, auf ihre Situation hinzuweisen. Sie seien nicht gegen die Weltmeisterschaft an sich. Seit Tagen demonstriert das Volk auch schon gegen seine Lebensumstände.


Süddeutsche Zeitung, 15.6.2014
Protest bei WM-Eröffnung
Millionen Augen auf einen kleinen Brasilianer
Sein Dorf ist stolz auf ihn: Beim WM-Eröffnungsspiel lässt der 13 Jahre alte Werá Jeguaka Mirim vom Volk der Guaraní zunächst eine Friedenstaube in die Luft steigen - danach startet der Ureinwohner seine Protestaktion

Manchmal öffnet die Welt ein winziges Fenster. Oder jemand reißt es auf, und plötzlich steht ein Unbekannter ganz kurz im Mittelpunkt. Dann ist nur noch die Frage, ob ihm auch wirklich jemand zuschaut. Das war zunächst das Problem des Werá Jeguaka Mirim. Dabei richteten sich zunächst Hunderte Millionen Augen auf den 13 Jahre alten Brasilianer, als er gemeinsam mit zwei Landsleuten am vergangenen Donnerstag in der Arena Corinthians von São Paulo diese Fußball-WM eröffnete.

Fifa-Patron Joseph Blatter und Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff blieben aus Angst vor Pfiffen stumm, stattdessen durfte dieser indianische Schüler gemeinsam mit einem hellhäutigen Jugendlichen und einem dunkelhäutigen Mädchen Friedenstauben in den Himmel entlassen.

Werá Jeguaka Mirim aus dem Volk der Guaraní trug dabei auf dem Kopf traditionellen Federschmuck und ansonsten wie seine beiden Mitstreiter Kleidung in neutralem Weiß. So viel bekam das Publikum im Stadion und vor den Fernsehern noch mit. Die Geste sollte im Auftrag der Funktionäre völkerverbindend wirken.

Als er den Platz verließ, zückte Werá Jeguaka Mirim jedoch ein rotes Transparent, das er in der Hosentasche versteckt hatte. Darauf stand: "Demarcação". Abgrenzung. Es ist das Motto der brasilianischen Ureinwohner, die eigenen Grund und Boden fordern, denn seit Jahrhunderten bestimmt die weiße Oberschicht. Aber die Kameras und die meisten Blicke wendeten sich da schon wieder ab und dem Anstoß zu, kurz darauf gewann Brasilien 3:1 gegen Kroatien.


ORF, 28.6.2014
WM-Pokal-Ausstellung abgebrochen
Bei Protesten von etwa 2.500 WM-Gegnern ist es in Brasilia zu Tumulten gekommen. Die Polizei war mit massiven Kräften in der Hauptstadt im Einsatz und setzte Tränengasgranaten ein. An der Protestaktion beteiligten sich auch rund 300 Indios, die mehr Rechtssicherheit für Landflächen und Reservate forderten. Wegen der Demonstration wurde die Ausstellung des WM-Pokals, der zurzeit in Brasilia ist, aus Sicherheitsgründen abgebrochen.

Frankfurter Rundschau, 28.5.2014
Indianer protestieren gegen die WM
Rund 300 Indios haben gemeinsam mit mehr als 2000 Demonstranten in Brasiliens Hauptstadt Brasilia gegen die Fußball-WM demonstriert.

NZZ, 28.5.2014
FOTOSTRECKE: Indianer protestieren gegen Fussball-WM
In Brasilien hat die Fussball-Weltmeisterschaft wiederholt den Unmut der unterschiedlichsten Gruppen hervorgerufen. Erstmals schlossen sich den Protesten auch Indianer an.

Mittwoch, 11. Juni 2014

Bischof Kräutler hat "ungutes Gefühl" bei WM


Kleine Zeitung, 11.6.2014
Bischof Kräutler hat "ungutes Gefühl" bei WM
Als "Indio-Bischof" hat es Erwin Kräutler weit über die Grenzen Brasiliens hinaus zu Bekanntheit gebracht. Sein fast 50 Jahre währender Einsatz für die indigenen Völker im größten Land Südamerikas bescherte dem gebürtigen Vorarlberger den Alternativen Nobelpreis, aber auch zahlreiche Morddrohungen, weshalb er seit acht Jahren unter ständigem Polizeischutz steht.

Nachzulesen sind die Erlebnisse des bald 75-Jährigen in seinem neuen Buch "Erwin Kräutler - mein Leben für Amazonien", in dem auch die sozialen Auswirkungen der Fußball-WM in Brasilien angeschnitten werden. Im Gespräch mit der Austria Presse Agentur erzählte Kräutler vom Ärger der Menschen über hohe Ausgaben für Stadien und fehlende "FIFA-Standards" bei der Infrastruktur und berichtete auch über seine Papst-Audienz im April.

APA: In Ihrem Buch bezeichnen Sie sich als ein "in Österreich geborener Brasilianer". Freut sich der Brasilianer in Ihnen auf die Fußball-WM?
Kräutler: "Ich habe zum Fußball eine enge Beziehung und schaue mir sicher Spiele im Fernsehen an. Ich habe aber auch ein ungutes Gefühl bei der WM. Da sind Milliarden für Stadien rausgeschmissen worden, die nachher niemand mehr braucht. Dafür gibt es in anderen Bereichen wie Bildung, Gesundheit, Transport und Sicherheit keine FIFA-Standards. Deswegen demonstrieren die Leute in Brasilien, und diese Demos sind prinzipiell friedlich. Nur sind bei 100.000 Menschen immer ein paar Chaoten dabei, und darauf stürzen sich dann die Medien."

APA: Durch Korruption gehen in Brasilien schon seit vielen Jahren regelmäßig Milliarden verloren - warum haben sich die Menschen erst in den letzten Monaten in Massen gegen die Verschwendung von öffentlichen Geldern aufgelehnt?
Kräutler: "Wahrscheinlich waren die Ausgaben für die WM der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat. Für die Regierung waren die Demonstrationen rund um den Confederations Cup letztes Jahr ein wahnsinniger Schock, die hätte nie gedacht, dass so viele Leute auf die Straße gehen."

APA: Unmittelbar vor der WM werden die Probleme von Brasilien durch die größere mediale Aufmerksamkeit immer sichtbarer - wurde dieses Land mit seinem starken Wirtschaftswachstum in Europa zu positiv dargestellt?
Kräutler: "Ganz sicher. Aus Sicht der Regierenden sind Fortschritte passiert, aber denen geht es beim Fortschritt nur um Bruttosozialprodukt, Exporte und Wirtschaftswachstum. Wir haben von Entwicklung einen anderen Begriff, da geht es um Lebensqualität, und da mangelt es enorm. Politiker und Konzerne sind nur auf schnellen Profit aus."

APA: Sollte eine Fußball-WM erst gar nicht an ein Land wie Brasilien vergeben werden, das Geld für Investitionen in anderen Bereichen viel dringender braucht?
Kräutler: "Ich würde nicht sagen, dass Brasilien die WM nicht veranstalten kann. Aber selbst ein Weltmeistertitel würde nichts daran ändern, dass drei Tage nach dem Finale wieder Katerstimmung herrscht, weil in der Infrastruktur vieles im Argen liegt. Und es ist ein Wahnsinn, welche Unterwürfigkeit die FIFA von der brasilianischen Regierung verlangt, da wurde fast eine Diktatur aufgebaut. Dabei wurde die brasilianische Bevölkerung nicht einmal gefragt, ob sie die WM überhaupt haben will."

APA: Bietet die WM nicht wenigstens die Chance für die indigenen Völker Brasiliens, auf ihre Benachteiligung aufmerksam zu machen?
Kräutler: "Ja, und diese Chance werden sie sicher nützen. Ihre Vertreter fordern schon jetzt in den großen Städten völlig zurecht ihre in der Verfassung verankerten Rechte ein, die von der Regierung missachtet werden. Dass die Rechte der indigenen Bevölkerung in die Verfassung aufgenommen wurden, war einer meiner größten Erfolge, aber was nützt es, wenn diese Rechte nicht zur Anwendung kommen?"

APA: Was hat Ihnen Papst Franziskus in diesem Zusammenhang bei Ihrer Privat-Audienz im April geraten?
Kräutler: "Er freut sich, dass meine Mitarbeiter und ich uns für diese Völker einsetzen, das ist ihm ein großes Anliegen. Er hat gesagt, man muss Courage und Mut aufbringen, für sie einzutreten, ohne Angst vor Rückschlägen. Für diese Völker geht es um Leben und Tod - der Tod kann nicht nur physisch, auch kulturell eintreten. Die Kirche kann hier nicht ihre Augen verschließen. Sie muss sich nicht nur an die geografische, sondern auch an die existenzielle Peripherie begeben."

APA: Sie gelten als Unterstützer der Befreiungstheologie, die vor allem in europäischen Kirchenkreisen kritisiert wird. Haben Sie für diese Skepsis Verständnis?
Kräutler: "Leider ist die Befreiungstheologie in Europa missverstanden und als marxistisch bezeichnet worden, doch das stimmt nicht. Ich möchte den Papst nicht für die Befreiungstheologie vereinnahmen, aber alle Anliegen der Befreiungstheologie hat der Papst auch. Es geht um die Würde aller Menschen. Und wir wollen keine Kirche, die über den Sternen hängt, sondern eine, die ganz nah bei den Menschen ist."

APA: Wie lange werden Sie noch bei den Menschen in Amazonien sein? Schließlich müssen Sie nach Ihrem 75. Geburtstag am 12. Juli laut Kirchenrecht Ihren Rücktritt einreichen.
Kräutler: "Meine Prälatur Xingu ist so groß, dass sie dreigeteilt wird, also werde ich wahrscheinlich drei Nachfolger bekommen und es kann dauern, bis die gefunden sind. Deshalb denke ich, dass mein Abschied als Bischof nicht abrupt passieren wird."

Chile stoppt Mega-Staudammprojekt in Patagonien


taz.de, 11.6.2014
HidroAysén in Chile: Wasserkraftprojekt ist gescheitert
Es polarisierte die chilenische Gesellschaft wie kein anderes Umweltthema. Die Pläne für das Wasserkraftprojekt HidroAysén sind nun vom Tisch.

BUENOS AIRES taz | „Das Wasserkraftprojekt HidroAysén ist hiermit zurückgewiesen.“ Chiles Umweltminister Pablo Badenier verkündete am Dienstag Gutes. Zuvor hatten die sechs zuständigen Minister die bereits ausgestellte Umweltverträglichkeitsbescheinigung für das geplante Großprojekt im Süden des Landes einstimmig zurückgezogen.

Stattdessen gaben sie den 35 Beschwerden von Einzelpersonen und Umweltorganisationen gegen das Vorhaben statt. Vor dem Sitzungsgebäude in Chiles Hauptstadt Santiago lagen sich die ProjektgegnerInnen vor Freude jubelnd und weinend in den Armen.
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Kein Vorhaben hatte das Umweltbewusstsein der chilenischen Bevölkerung und den Umgang mit den natürlichen Ressourcen und den Zugriff darauf in den vergangenen vier Jahren so stark verändert und geprägt wie „HidroAysén“.

Im Mai 2011 kam es zur ersten großen Umweltdemonstration des Landes als rund 100.000 Teilnehmer in der Hauptstadt Santiago das Ende der Planungen für „HidroAysén“ sowie den Erhalt von Natur und Wasser einforderten. Das Projekt „HidroAysén“ sah den Bau von insgesamt fünf Staudämmen und fünf Wasserkraftwerken vor.
Eine Region in Aufruhr

Durch die Aufstauung der Flüsse Baker und Pascua wären knapp 6.000 Hektar Land überflutet worden. Mit einer 2.000 Kilometer langen Hochspannungstrasse sollte der Strom aus dem Süden in die dicht besiedelte Landesmitte geleitet werden. „HidroAysén“ sollte mit einer eine Leistung von 2.750 Megawatt 20 Prozent des zukünftigen Strombedarfs des Landes decken.

Bauen wollte das spanisch-chilenischen Konsortium Endesa-Colbún. Die Kosten wurden zunächst auf 3,2 Milliarden US-Dollar veranschlagt. Ab 2019 sollte der erste Strom geliefert werden, 2025 sollte das letzte der fünf Kraftwerke ans Netz gehen. Die Umweltverträglichkeit des Projekts war dem Konsortium in einer mehr als umstrittenen Entscheidung der Umweltkommission der Provinzhauptstadt Coyhaique in Aysén im Mai 2011 bescheinigt worden.

Die Entscheidung versetzte wenig später die gesamte Region in Aufruhr und mündete schließlich in einen zähen juristischen und politischen Streit. Die chilenische Aysén-Region ist eines der wasserreichsten Gebiete im südamerikanischen Patagonien. Chiles neoliberales Wasserrecht erlaubt privaten Unternehmen den Besitz und die Nutzung von Wasser in Bächen und Flüssen – auch ohne Eigentümer des Bodens zu sein, über den dieses Wasser fließt. In Patagonien befinden sich die Nutzungsrechte für Wasser in den Händen privater Großunternehmen.

Auch wenn das Betreiberkonsortiums jetzt 30 Tage Zeit hat, um beim Umweltgericht in Valdivia Berufung gegen die Entscheidung einzulegen und in letzter Instanz den Obersten Gerichtshof anrufen kann, ist das Projekt mit der jetzigen Regierung politisch nicht zu machen. Präsidentin Michelle Bachelet hatte bereits vor ihren Amtsantritt im März 2014 angemahnt, dass das Projekt in der geplanten Weise nicht umsetzbar sei.



ORF.at, 11.6.2014
Die chilenische Regierung hat ein umstrittenes Staudammprojekt blockiert. Der Ministerrat von Staatschefin Michelle Bachelet verweigerte gestern den Bau von fünf verbundenen Wasserwerken in der südchilenischen Region Aysen die Umweltgenehmigung, wie das Nachrichtenportal Emol berichtete. Das Vorhaben habe die möglichen Umweltschäden nicht ausreichend in Betracht gezogen, heißt es in dem Regierungsbeschluss.
Durch das Projekt sollten rund 20 Prozent des chilenischen Energiebedarfs gedeckt werden. Der Bau sah zwei neue Kraftwerke auf dem Fluss Baker und drei auf dem Pascua-Fluss vor. Knapp 6.000 Hektar Land würden von Stauseen überflutet werden.



Handelsblatt, 11.6.2014
Chile stoppt Mega-Staudammprojekt
Die chilenische Regierung hat die Pläne für einen Mega-Staudamm in Patagonien verworfen. In der wegen seiner Naturschätze berühmten Region sollten zwei Flüsse gestaut und tausende Kilometer Leitungen gebaut werden.

Plattform-Archiv zu "Patagonien"


BBC Mundo, 10 de junio de 2014
Gobierno de Chile rechaza el polémico proyecto Hidroaysén
El Comité de Ministros de Chile, encabezado por el ministro de Medio Ambiente Pablo Badenier, anunció este martes su decisión de rechazar el polémico proyecto de Hidroaysén.

Diario Finanzieiro, 11.6.2014
Día D para HidroAysén ante Comité de Ministros y las nuevas aristas que se abren
Pese al carácter definitivo que tendría esta decisión no agotará el tema, sino que abrirá un nuevo frente ante la Justicia Ambiental.

BBC, 10.6.2014
Chile rejects huge hydro-electric project in Patagonia
The Chilean government has rejected what would have been the biggest energy project in the country's history.

Dienstag, 10. Juni 2014

Bischof Kräutler erzielt höchste TV-Reichweite bei ORF-Schwerpunktwoche "Wasser"

PlattformBeloMonte - Mit einem 30 Jahre alten Bildmaterial und einem Interview aus dem Jahr 2010 schaffte es Bischof Erwin Kräutler - diesmal wenig saisongemäß im Winteranorak - auf der wichtigsten Informationsplattform der Österreicher zur TOP-Einschaltquote von 32 % Marktanteil.

Bischof Erwin Kräutler am 29. Mai auf ORF im Winteranorak
OTS, 7. Juni 2014
ORF-Initiative "Mutter Erde" erfolgreich gestartet

ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz: "Es freut mich, dass unserer gemeinsam mit den NGOs gestarteten Umweltinitiative 'Mutter Erde' dieser in jeder Hinsicht vielversprechende Auftakt gelungen ist und wir dieses nachhaltige Projekt erfolgreich etablieren konnten. Nachhaltigkeit und Umweltschutz sind zentrale Zukunftsthemen, und der ORF kann seine Funktion als wichtigste Informationsplattform der Österreicherinnen und Österreicher dadurch auch in diesem Bereich noch besser wahrnehmen."

Die höchsten TV-Reichweiten der "Mutter Erde braucht dich."-Schwerpunktwoche zum Thema "Wasser" erzielten die "FeierAbend"-Ausgabe vom 29. Mai über die gefährliche Mission des austrobrasilianischen Bischofs Erwin Kräutler im Kampf gegen das umstrittene Staudamm-Projekt Belo Monte im Amazonas-Gebiet mit 771.000 Zuschauer/innen bei 32 Prozent Marktanteil, der Austro-"Tatort - Der Wächter der Quelle" am 1. Juni mit 594.000 Zuschauer/innen bei 20 Prozent Marktanteil und die "Universum"-Dokumentation "Das Große Barriere Riff - Paradies im Ozean" am 3. Juni mit 430.000 Zuschauer/innen bei 17 Prozent Marktanteil.


Hintergrund:
FeierAbend 2010: Bischof Kräutler: Einer von uns
Orientierung, 8.6.2008: Der Bischof, die Indios und die Befreiung

Donnerstag, 5. Juni 2014

Raoni bittet in Paris um Solidarität gegen Zerstörung Amazoniens

Kazike Raoni Metuktire und Megaron Txucarramae in Paris

Kazike Raoni Metuktire (84) und Megaron Txucarramae vom Volk der Kajapó befinden sich auf einer Informationsreise durch Europa. In Paris beklagen sie die Umweltzerstörung in Amazonien durch den Bau von Wasserkraftwerken wie Belo Monte am Xingu oder entlang der Flüsse Tapajos und Teles Pires. Der französische Konzern Alstom ist daran federführend beteiligt. Weitere Veranstaltungen in Brüssel, London, Monaco und Oslo sind geplant.

AFP, 5.6.2014
Cacique Raoni pede que Amazônia não seja esquecida por causa da Copa
A Copa do Mundo de futebol no Brasil não deve nos fazer esquecer do destino da Amazônia, pediu em Paris o cacique indígena Raoni, líder da etnia Kayapó, afirmando que esta luta também passa pela França.
Raoni e seu sucessor, Megaron, acusaram em Paris várias empresas de "destruir seu meio ambiente".
"Viemos de muito longe para transmitir nossa inquietação", declarou Megaron Txucarramae ao lado de seu tio, Raoni Metuktire, de 84 anos, cujo disco labial e cocar de penas se tornaram famosos no mundo inteiro há 25 anos através do cantor Sting, com quem fez um apelo a favor da floresta amazônica.
Os dois indígenas brasileiros iniciaram na terça-feira em Paris um novo giro de sensibilização que continuará em Bruxelas, Londres, Mônaco e Oslo.

Le Monde, 04.06.2014
Le chef indien Raoni de passage en France
Même en période de Coupe du monde, « la déforestation continue », a rappelé mardi 3 juin le chef Raoni, figure de la résistance des peuples indigènes du Brésil, de passage à Paris dans le cadre d'une tournée en Europe pour sensibiliser à la protection de l'Amazonie.

Raoni.com

Montag, 2. Juni 2014

Bischof Kräutler: Nach dem WM-Jubel erwartet Brasilien Katerstimmung


Kathpress, 02.06.2014
Kräutler: Nach dem WM-Jubel erwartet Brasilien Katerstimmung

Amazonas-Bischof in "Kleiner Zeitung": Ausgaben für die Stadien fehlen im Sozial-, Gesundheits- und Bildungsbereich - Belo-Monte-Staudamm von Regierung und Unternehmen trotz Gesetzwidrigkeit durchgepeitscht

Klagenfurt, 02.06.2014 (KAP) Brasilien steht in den Augen von Bischof Erwin Kräutler ein böses Erwachen nach der WM bevor: Im Gegenzug für die WM-Ausgaben würden bald "Milliarden" im Sozial-, Gesundheits- und Bildungsbereich fehlen - "und nach dem Jubel eines möglichen neuerlichen Weltmeisterschaftstitels kommt dann die Katerstimmung. Die grausame und ungerechte Realität umfängt uns wieder", so der aus Vorarlberg stammende Bischof der Amazonas-Diözese Xingu, der sich derzeit in Österreich aufhält, im Interview mit der "Kleinen Zeitung" (Sonntag).

Im Blick auf die meist friedlichen Demonstrationen rund um die Fußball-WM begrüße er es, "wenn junge Leute auf die Straße gehen, um das wahre Antlitz Brasiliens bloßzulegen", so der 2010 mit dem Alternativen Nobelpreis ausgezeichnete Bischof. Millionen Brasilianer würden die Geschehnisse im Vorfeld der WM als "katastrophalen Unfug" bezeichnen, denn "Milliarden wurden und werden in den Bau von Stadien und Infrastruktur hineingebuttert, um den FIFA-Anforderungen gerecht zu werden". Absehbar sei, dass viele der Stadien später bloß "weiße Elefanten" seien, da es außerhalb der WM in der Mehrzahl der neuen Spielstätten nicht genügend Besucher gebe.

Unterstützung signalisierte der Bischof für die Forderungen vieler Brasilianer nach "FIFA-Standards" für Spitäler, Gesundheitsposten, Schulen, Universitäten, Transport und öffentliche Sicherheit. Kräutler wörtlich: "Solange es für Kinder nicht einmal anständige Schulbänke gibt, Kranke in Spitalsgängen auf dem Boden liegen oder in langen Warteschlangen vor einem Gesundheitsamt tot umfallen, Arbeiter und Angestellte tagtäglich stundenlang in Bussen wie in Sardinendosen eingepfercht zum Arbeitsplatz fahren müssen, ist es ein Skandal, Milliarden für Fußballstadien hinauszuschmeißen."

Seine Kritik wiederholte der Bischof auch am Kraftwerksbau Belo Monte: Vergangenen Sonntag seien Indio-Vertreter mit "Tränengas und Gummigeschoßen" empfangen und teils verletzt worden, als sie gegenüber Vertretern der Baufirma Norte Energia S.A. die von den Regierungsbehörden vor Baubeginn geforderten Bedingungen einmahnen wollten. "Braucht es noch mehr, um aufzuzeigen, wie die Bauherren mit den Indios umgehen?", so der Amazonas-Bischof. Keine der 63 Bedingungen, die die Indios und die Umweltbehörde vor Baubeginn gefordert hatten, sei bis dato erfüllt worden.

Erst Kraftwerk bauen, dann Einwände hören
Kräutler nannte die Vorgehensweise der Regierung und der beteiligten Unternehmen - darunter die österreichische Andritz AG - eine rücksichtslose "Strategie der vollendeten Tatsachen": Keinen der Akteure würde es kümmern, dass der weiter fortschreitende Kraftwerksbau "gesetzeswidrig" sei, worauf auch die mehr als ein Dutzend von der Staatsanwalt angestrengten Prozesse deuteten: Alle seien in Schubladen verschwunden "und werden wahrscheinlich erst behandelt, wenn die Turbinen laufen". Vielleicht würde dann der Richter feststellen, "dass Belo Monte eigentlich gar nicht hätte gebaut werden dürfen", so der Bischof sarkastisch.

Bei den Indios, für deren Rechte sich Kräutler seit Jahrzehnten einsetzt, gehe es derzeit "um das physische und kulturelle Überleben": Die "63 Quadratmeter großen Serienbetonhäuser aus Fertigteilen", in die 40.000 Menschen zwangsumgesiedelt werden, seien für die Betroffenen wie "Käfige" und eine massive Gefahr für die familiären Beziehungen.

Ganz allgemein nehme bei den meisten Parlamentariern eine "anti-indigene Einstellung" zu, viele Indios würden weiterhin von Großgrundbesitzern aus ihren Gebieten vertrieben oder müssten in menschenunwürdigen Behausungen an den Straßen vegetieren, zudem seien jährlich Dutzende Indios Opfer von Mordanschlägen. "Jugendliche wählen den Freitod, um der Qual zu entkommen", so der Bischof.


Kurier, 29.05.2014
Bischof Kräutler: "Wer steigt da nicht auf die Barrikaden"
Der in Brasilien tätige Geistliche übt massive Kritik an den Umständen der Fußball-WM.

Das Eröffnungsspiel zur Fußball-Weltmeisterschaft (Brasilien gegen Kroatien) in São Paulo wird er am 12. Juni noch in seiner alten Heimat Österreich verfolgen, wo er derzeit zu Besuch ist. Doch schon beim zweiten Antreten der Seleção (gegen Mexiko am 17. Juni) wird Bischof Erwin Kräutler wieder in seiner Diözese im Amazonasgebiet sein. Im KURIER-Interview lässt der gebürtige Vorarlberger kein gutes Haar an den Umständen des sportlichen Großereignisses.

KURIER:Die WM beginnt in wenigen Tagen. Wie ist die Stimmung in Brasilien?Bischof Erwin Kräutler:Es gibt natürlich einen ungeheuren Fußball-Enthusiasmus im Land, zugleich aber auch viele Missstände. Und weil die ganze Welt nach Brasilien blickt, werden die Menschen das nützen, um darauf hinzuweisen. Ich glaube, wir können uns noch gar nicht vorstellen, was da auf uns zukommt.

Konkret: Was liegt im Argen?

Im Gesundheits-, im Bildungs- und im Transportbereich sind wir weit weg von den Standards, die uns die FIFA (Weltfußballverband) für die Stadien etwa vorschreibt. In den Städten beispielsweise müssen sich die Menschen nach einem harten Arbeitstag in völlig überfüllte Busse zwängen, wie die Sardinen, und brauchen dann wegen des Verkehrschaos oft zwei Stunden nach Hause. Oder: Selbst in Rio liegen die Patienten in den Spitälern auf dem Boden. Das ist menschenunwürdig. Wer steigt da nicht auf die Barrikaden?!

Das heißt, Sie halten die zu erwartenden Proteste für berechtigt?

Ja, aber verstehen Sie mich nicht falsch: Ich bin nicht gegen Fußball, nur die Proportionen stimmen nicht. Denn während es in den genannten Sektoren an allen Ecken mangelt, wurden Milliarden für Stadien-Bauten ausgegeben. Nehmen Sie das Beispiel Brasilia. Hier gibt es überhaupt keine Fußball-Tradition wie in Rio oder São Paulo. Die Mannschaft dort spielt in einer Liga, die in Österreich der Landesliga entspricht. Die Arena wird nach der WM ein "weißer Elefant" sein – ebenso die in Manaus. Die Regierung will uns mit "Brot und Spielen" abspeisen, aber das lassen sich immer mehr Brasilianer nicht gefallen.

Wer trägt den Protest?

Federführend sind junge Leute von den Unis und höheren Schulen, die etwa über Facebook gut vernetzt sind, aber auch Arbeiter gehören dazu. Die oberen Zehntausend sicher nicht, die sitzen dann in den Stadien.

Vielfach arten die Demonstrationen allerdings in Gewalt aus...

... ja, das vermittelt kein gutes Bild. Im Prinzip aber will die Jugend friedlich ihren Forderungen Nachdruck verleihen. Doch bei 500.000 Demonstranten mischen sich halt leider auch einige Chaoten unter die Menge, die dann das mediale Interesse auf sich ziehen.

In Brasilien ist für viele die FIFA ein richtiges Feindbild. Warum ist das so?

Weil sie autoritär und präpotent auftritt, und die Regierung ist ihr hörig. Aber wir brauchen keine Regierung über der Regierung. Der frühere Präsident Lula hat die WM und auch Olympia (2016) ins Land geholt, und seither sind die Verantwortlichen nur noch unterwürfig. So akzeptiert die FIFA keine Standeln von Einheimischen in einem bestimmten Umkreis der Stadien. Für die Bevölkerung ist das Wahnsinn, die gehören zu unserer Kultur.

Wird die WM Auswirkungen auf die Präsidentschaftswahlen im Herbst haben?

Wenn Brasilien Weltmeister wird, wird der Jubel quer durch das Land alles andere zunächst zudecken. Aber die Euphorie wird vergehen, denn die Probleme sind deswegen ja nicht verschwunden. Und wenn Brasilien nicht Weltmeister wird, wird das sehr wohl Folgen für die Politik haben.

Welche?

Der nationale Frust wird dann so groß sein, dass Präsidentin Dilma (Rousseff) bei der angepeilten Wiederwahl sicher Stimmen verlieren wird. Der Frust wird auch die Proteste noch mehr anheizen. Und die Milliarden, die die Regierung für den Bau der FIFA-Stadien hinausgeschmissen hat, werden noch intensiver eingeklagt werden.

Werden Sie sich die WM-Partien im Fernsehen anschauen?

Natürlich! Gerade wenn Brasilien spielt, kann man ohnehin nichts anderes machen, da steht das ganze Land still. Es hätte gar keinen Sinn, da einen Gottesdienst oder eine Versammlung anzusetzen.

Zu wem halten Sie?

Die Frage ist überflüssig (Brasilien).

Noch eine persönliche Frage: Sie werden heuer 75 Jahre alt. Laut Kirchenrecht müssen sie zu diesem Zeitpunkt dem Papst ihren Rücktritt anbieten, der ihn annehmen kann oder auch nicht. Haben Sie schon Hinweise, was passieren wird?

Ich überlasse diese Entscheidung ganz dem Papst. Aber ich glaube, dass das nicht von einem Tag auf den anderen erledigt sein wird. Denn meine Diözese (Xingu), die so groß wie Deutschland ist, wird dreigeteilt. Das ist wichtig, weil die Distanzen enorm sind. Ich denke, dass ich dieses Projekt noch abwickeln soll.

Das heißt: Sie bleiben noch eine Zeit lang Bischof?

Kann gut sein.

Bischof Erwin Kräutler beim Zirkel Montfort in Altach


Vorarlberg Online, 2.6.2014
Besuch von Bischof Erwin Kräutler beim Zirkel Montfort

Auf seinem Besuch im heimatlichen Vorarlberg hat Bischof Erwin Kräutler, “Dom Erwin”, Ende Mai den Zirkel Montfort des VCV in Altach besucht und über seine Arbeit in Brasilien berichtet:

Das Thema der letzten Zeit ist meine bevorstehende Pensionierung, da ich am 12. Juli 2014 das 75. Lebensjahr erreichen werde. Der entsprechende Artikel im Codex Iuris Canonici lautet: „Can. 401 — § 1. Ein Diözesanbischof, der das fünfundsiebzigste Lebensjahr vollendet hat, ist gebeten, seinen Amtsverzicht dem Papst anzubieten, der nach Abwägung aller Umstände entscheiden wird.” Demgemäß werde ich im Juni einen formellen Brief an den Papst schicken, in dem ich ihm meinen Rücktritt anbieten werde. Dann warte ich ab.

Am 2. September 1981 trat ich die Nachfolge meines Onkels Erich als Bischof der Territorialprälatur Xingu an. Sie ist mit 368 086 km² (viereinhalbmal so groß wie Österreich) das flächenmäßig größte Bistum Brasiliens. Mittlerweile leben hier an die 700 000 Einwohner, jeweils um die 200 000 Menschen in drei Kommunen. Sie werden von 27 Priestern, von denen mehr als die Hälfte Einheimische sind, betreut. Die Gemeinde Altamira ist doppelt so groß wie Österreich und hat drei Filialkirchen und 14 Pfarren mit je dreißig bis neunzig kirchlichen Basisgemeinden (insgesamt 850).

90 % der Gemeinden haben keinen regelmäßigen Gottesdienst mehr, 70 % feiern nur zwei bis drei Mal im Jahr eine heilige Messe. Der Priestermangel ist ein großes Problem, das ich auch schon bei Papst Benedikt angesprochen habe. Vielleicht könnte man den Diakonen mehr Rechte einräumen und damit auch den Zölibat überdenken. Die 400 Mitglieder zählende Bischofskonferenz von Brasilien setzte eine Kommission ein, die Lösungen erarbeiten soll. Alle sollen ein Recht auf die Eucharistiefeier haben.

Innerhalb meiner Amtszeit ist die Bevölkerung um das Zehnfache gewachsen und ich mit ihr. Jedes Jahr besuche ich alle Pfarreien, was keineswegs einfach ist. Mein Nachfolger wird sich aber sicher schwer tun. Das riesige Gebiet sollte daher dreigeteilt werden, so dass ich wohl der einzige Bischof sein werde, der gleich drei Nachfolger erhalten soll. Damit dieser Prozess ins Laufen kommt, werde ich alles vorbereiten. Meine Unterredung mit dem Papst am 4. April endete mit dem scherzhaft gemeinten Auftrag: „Sag dem Nuntius, er soll gleich drei Nachfolger bestimmen.” So werde ich sicher nicht schon an meinem Geburtstag am 13. Juli in Götzis sein. Wer weiß, wie lange ich noch im Amt sein werde. Es geht mir ja gesundheitlich gut. Seit der Malaria im Jahre 1971 war ich nie mehr ernsthaft krank, selbst das bei meinen Mitarbeitern grassierende Dengue-Fieber habe ich nicht bekommen. Was ich nach meiner Pensionierung mache, weiß ich noch nicht – wahrscheinlich bin ich hier und dort. Seit den 70er Jahren habe ich die Doppelstaatsbürgerschaft. Damals war ich Chef der Alphabetisierungskampagne und mein Bundesbruder Landtagspräsident Dipl.-Vw. Siegi Gasser hat mir dabei geholfen, dass ich beim Erwerb der brasilianischen Staatsbürgerschaft meine österreichische behalten konnte. In Koblach habe ich ein kleines Apartment, das mir meine Nichte, der ich das von meinem Vater geerbte Elternhaus übergeben habe, eingerichtet hat. Ich werde jedenfalls nicht der Schatten meines Nachfolgers sein.

„Die Welt muss von den Geschehnissen hier erfahren, sie muss erkennen, wie vernichtend die Zerstörung der Wälder und indigener Völker sich auf die ganze Welt auswirkt.” - Kayapó-Anführer

Der Bau des Staudamms Belo Monte ist ein brennendes Thema. Es ist unglaublich, was da an Zerstörung passiert. Die Zustände sind chaotisch. Vor dem Bau wurden von der Umweltbehörde 40 Bedingungen gestellt, von den indigenen Völkern 23. Keine einzige wurde erfüllt. 10.000 bis 20.000 Menschen (Wissenschaftler sprechen sogar von 100 000) werden vom Kraftwerksbau angezogen und strömen plötzlich ins Land. Das schafft große Probleme, weil die Städte nicht über die nötige Infrastruktur verfügen, die einen solchen gigantischen Zustrom verkraften könnten. Altamira ist hoffnungslos überfüllt. Es gibt zu wenig öffentliche Einrichtungen wie Schulen und Spitäler, die Wohnungssituation ist dramatisch. Die unnatürlichen Lebensumstände sind die eigentliche Tragödie des Staudammbaus. Jedes Wochenende gibt es 3 bis 4 Morde in Altamira, die Prostitution ist grausam und die Polizei ist machtlos. Nach der fünfjährigen Bauzeit wird ein Heer von Arbeitslosen übrigbleiben und auf der Suche nach einem Lebensunterhalt Regenwaldflächen roden.

Der Staudamm Belo Monte wird ein Gebiet größer als der Bodensee überfluten, ein Drittel von Altamira geht unter im Stausee. Moskitos und andere tropische Krankheiten übertragende Tiere finden darin ideale Brutstätten. Der Stromgewinn, der derzeit mit 11 Gigawatt (11 Milliarden Watt) angegeben wird, wird nach Meinung vieler Experten im Durchschnitt nur 4,3 GW betragen, weil der Xingu extreme Wasserschwankungen aufweist. Um diese auszugleichen, muss man weitere, geschätzte 60 Kraftwerke im Amazonasgebiet bauen. Dabei kommt der Strom nicht etwa der Bevölkerung zu gute, sondern wird hauptsächlich für die weit entfernte Aluminiumgewinnung benötigt, eine auch nicht gerade umweltverträgliche Technik.

Mindestens 40 000 Menschen werden durch Zwangsumsiedelung aus ihrer Heimat vertrieben. Die ihnen angebotenen Wohnverhältnisse entsprechen nicht ihrer Kultur. Zwar leben auch sie nicht mehr in Großfamilien mit 12 bis 14 Kindern, sind es aber gewöhnt, Freunde und Verwandte aufzunehmen und über Nacht zu beherbergen. Bei den viel zu kleinen Wohneinheiten, die man ihnen zugewiesen hat, ist ihnen das nicht mehr möglich. Die Familien leiden darunter, sagen zu müssen, dass sie nun keinen Platz mehr für ihre Gäste haben.

Brasilien ist ein Rechtsstaat mit einer demokratisch gewählten Regierung. Die Staatsanwaltschaft hat bereits 15 Prozesse gegen Belo Monte eingebracht, die jedoch nur schleppend vorangehen. Die Regierung verfolgt die „Strategie der vorhandenen Tatsachen” oder drastischer ausgedrückt „die Strategie der Straßenwalze”. Leider geht es auch dem österreichischen Turbinenhersteller Andritz AG mehr um Arbeitsplätze als um den Schutz der Umwelt und der indigenen Völker.

“Sehr lange Zeit griff der weiße Mann unser Denken und den Geist unserer Ahnen an. Jetzt soll er aufhören damit. Unsere Gebiete sind die heiligen Orte unseres Volkes, hier wohnt unser Schöpfer, der nicht geschändet werden darf.” (aus: Indianische Erklärung von Altamira, 1989)

In Brasilien gibt es 280 indigene Völker, deren Rechte in der Verfassung verankert sind. Erst im brasilianischen Staatgesetz von 1966 wurden sie, die man bis dahin nur als „Waldbewohner (silvicolas)” bezeichnet hat, wie auch Nasenbär oder Jaguar welche sind, in die „nationale Gesellschaft” integriert, womit ihnen dieselben Rechte und Pflichten zustehen wie allen Bürgern. In der Praxis sieht es allerdings anders aus. So zieht ein Indianermord auch heute noch keine Haftstrafe nach sich.

Mitarbeiter der katholischen Bischofskonferenz Brasiliens (CNBB) und Vertreter von Ordenskongregationen gründeten 1972 den Indianermissionsrat CIMI. Er unterstützt die indigenen Völker bei der Durchsetzung ihrer Rechte. Im Mittelpunkt stehen die Anerkennung und der Respekt vor der Würde und der eigenen Identität der Indigenen, ihrer Kultur und Religion. Die CIMI fordert für die indigenen Völker des Recht auf Land, das Recht auf eine eigene Kultur und das Recht auf Selbstbestimmung als ethnische Minderheit. Hätte die katholische Kirche in den 80er Jahren nicht so vehement diese Forderungen vertreten, so gäbe es wohl heute keine indigene Bevölkerung mehr.

Zurzeit laufen im Kongress Bestrebungen, die Rechte der indigenen Völker wieder aus der Verfassung zu streichen. Indianer gehen in die Hauptstadt, um dagegen zu protestieren. Die Präsidentin Dilma Rousseff muss mit den aufgebrachten Indios reden. Die Indigenen sind stolze Bürger Brasiliens, weil ihre Rechte in der Verfassung verankert sind.

Die Fußball-WM ruft bei der Bevölkerung Brasiliens großen Unmut hervor. Milliarden werden für den Bau und Ausbau der Stadien in den 12 Austragungsorten der WM und deren Infrastruktur (Flugplätze, Straßen) hineingesteckt. Allein der Neubau des Stadions Mané Garrincha in Brasilia verschlingt 620 Millionen Euro, fast dreimal mehr als ursprünglich geplant. Dabei hat Brasilia nicht einmal eine Fußballtradition. Jetzt baut man riesige Stadien, die wohl nie wieder voll werden und für die man so viel Geld hinausgeworfen hat. Geld, das man dringend benötigte, um Wohnungen zu bauen, den öffentlichen Verkehr auszubauen, Schulen und Spitäler zu errichten. Die Vereinbarungen zwischen der Regierung Brasiliens und der FIFA beschränken den inoffiziellen Verkauf rund um die Stadien innerhalb eines Radius von zwei Kilometern.

Gerade Jugendliche verabreden sich via Facebook zu Protesten. Ich bin glücklich über diese jungen Menschen, die das nicht mehr mitmachen wollen. Die Demonstrationen laufen prinzipiell friedlich ab. Aber wie überall gibt es auch dabei den einen oder anderen Steine werfenden Chaoten, von dem dann im Fernsehen berichtet wird. “Die Indianervölker werden nur in ihrer Mit-Welt befreit. Ohne Land, ohne die Flüsse und ohne den Wald gibt es keine ‚gute Nachricht’ für die Indianervölker”. (Bischof Erwin Kräutler, Altamira, langjähriger Präsident des CIMI).