Freitag, 22. Mai 2015

US-Katholiken kritisieren Vatikan-Klimagipfel und Öko-Enzyklika


Religion.orf.at, 29.4.2015
Ban Ki Moon bei Vatikan-Klimagipfel: Ärmste fliehen
Der Klimawandel ist das „bestimmende Thema unserer Zeit“: Das hat UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon bei dem hochkarätig besetzten Gipfel im Vatikan betont, der am Dienstag eröffnet wurde.
Kritik am Klimagipfel im Vatikan übten unterdessen konservative US-Katholiken. Deren Wortführer kritisierten dabei auch Papst Franziskus. Maureen Mullarkey, Kolumnistin des katholischen Magazins „First Things“, schrieb, Franziskus solle sich besser aus Dingen heraushalten, von denen er nichts verstehe. Sie meinte, der Papst gebe mit seiner Positionierung in der Klimadebatte eine „Nuancierung zugunsten von apokalyptischem Alarmismus“.
Auch die Kolumnistin Rachel Lu hielt dem Vatikan im Magazin „Crisis“ vor, „pseudoreligiöse Sensibilitäten der Progressiven“ zu bedienen, statt einfach anzuerkennen, dass Klimaveränderungen „normal“ sind. Dieselbe Linie verfolgt auch der katholische Meinungsführer, Historiker und „First Things“-Mitherausgeber George Weigel.
Die katholischen republikanischen Politiker John Boehner, der Sprecher des Repräsentantenhauses, Budgetkomitee-Leiter Paul Ryan sowie die Präsidentschafts-Aspiranten Jeb Bush, Marco Rubio, Bobby Jindal, Chris Christie und Rick Santorum folgen bisher diesen kritischen Einschätzungen. Für sie dürfte es äußerst unangenehm werden, wenn der Papst im September vor der UNO-Vollversammlung in New York und vor dem Kongress in Washington Klartext sprechen wird.
69 Prozent aller US-Katholiken erkennen laut einer kürzlich erfolgten Umfrage der Yale-Universität einen menschlichen Anteil an der Klimaveränderung an. Und selbst die Hälfte der republikanischen Wähler wünscht sich laut „New York Times“ eine Politik, die etwas gegen den Klimawandel tut.


Kathpress, 21.05.2015
US-Wahlkampf macht Papst zum Kronzeugen für neue Klimapolitik
Unfreiwilliger Auftritt in Werbespot gegen republikanische Klimaskeptiker - Papstberater Maradiaga entsetzt über Widerstand in den USA gegen die Umweltenzyklika bereits vor ihrer Veröffentlichung


Bistumspresse, 28.4.2015
Klimagipfel im Vatikan: Die Temperatur steigt
Es grummelt unter den konservativen Katholiken in den USA: Papst Franziskus mischt sich zu sehr in die Klimadebatte ein. "Apokalyptischer Alarmismus" sei fehl am Platz. Aktuell tagt im Vatikan ein Klimagipfel.


Katholisch.de, 18.1.2015
"Die Natur vergibt nie"
Franziskus verrät Details über seine Umwelt-Enzyklika
"Gott vergibt immer, wir - die Menschen - vergeben manchmal, die Natur vergibt aber nie", zitierte er ein Sprichwort.


Katholisches.info, 13. Mai 2015
Die versenkte Öko-Enzyklika – Papst Franziskus und seine „Baustellen“
(Rom) Die angekündigte und seit Wochen fertiggestellte Öko-Enzyklika wurde laut dem Vatikanisten Sandro Magister zurückgezogen und eingestampft. Grund dafür sei, so der Vatikanist, daß Papst Franziskus sich wohl bewußt wurde, daß der derzeitige Text keine Chance hätte, die Prüfung durch die Glaubenskongregation unter Leitung von Kardinalpräfekt Gerhard Müller zu bestehen. Kardinal Müller dürfte dem Papst zu verstehen gegeben haben, daß der Entwurf unannehmbar ist.


Radio Vatikan Blog, 20. Mai 2015
Debatte vor der Debatte
Es sind üble persönliche Angriffe, die in der Bloggerwelt derzeit umgehen. Wir warten auf die angekündigte Enzyklika des Papstes zum Thema Schöpfung und Ökologie und das ist scheinbar genug, dass sich einige Menschen mit Schaum vor dem Mund in Rage reden.
Ein Beispiel aus der vergangenen Woche: Da wurde schlicht behauptet, die Enzyklika würde zurück gezogen, weil dem Papst klar geworden sei, dass sie der Überprüfung durch die Glaubenskongregation nicht standhalten würde. Und das von einer Webseite, die „katholisch“ im Titel führt. Garniert wurde das durch wüste persönliche Attacken gegen einen der vermuteten und herbeispekulierten Ghostwriter des Papstes, Erzbischof Manuel Fernandez. Das ist leider gang und gäbe geworden, vor allem in Italien und bei uns: wenn man nicht mehr weiter weiß, wird man halt persönlich.
Für uns eher weniger nachvollziehbar ist die Debatte, wie sie in den USA tobt. Da ist es vor allem das Thema „Klimaerwärmung“, das die Gemüter in Wallung bringt. Auch da gibt es persönliche Attacken, zum Beispiel durch George Weigel gegen Erzbischof Marcello Sorondo, den Kanzler der Päpstlichen Akademie der Wissenschaften, der ein Symposion zum Thema Klima veranstaltet hatte. Ohne den Text zu kennen – das kann man gar nicht oft genug wiederholen: ohne den Text zu kennen – schreibt der Bescheidwisser Weigel über die „global-warming-encyclical“. Der Vatikan sei unfähig, den pre-Veröffentlichungs-Spin zu kontrollieren. Lieber Herr Weigel, der Spin, das sind Sie!


Papstgeflüster, 12. Mai 2015
Papas Liebling grummelt?
Was war denn das, haben sich viele Leser der italienischen Tageszeitung „Corriere della Sera“ beim Sonntagsfrühstück gefragt. Der argentinische Erzbischof Víctor Manuel Fernández holte zum großen Schlag gegen einige römische Kuriale aus. Das wäre nicht weiter aufmerkenswert, wäre Fernández irgendein Erzbischof “vom anderen Ende der Welt”. Doch er ist einer der engsten Vertrauten von Papa Francesco, Ghostwriter von Evangelii gaudium und vieler anderer Bergoglio-Texte. Schon wollen Beobachter, wie der italienische Vatikanist Sandro Magister, der zu den bestinformierten Vatikanisten und zu den schärfsten Kritikern von Franziskus zählt, Risse im bisher engen Verhältnis von Bergoglio und Fernández ausgemacht haben.


Radio Vatikan, 22.5.2015
Kommentar: Der zwangsrekrutierte Papst
Die Papst-Enzyklika zum Thema Ökologie wird mit Spannung erwartet, aber auch jetzt schon, bevor sie veröffentlicht ist, bestimmt sie die kirchliche Debatte. Und nicht nur diese, wie Pater Bernd Hagenkord beobachtet hat. Ein Kommentar über die Zwangsrekrutierung des Papstes zu politischen Zwecken und darüber, dass Papst Franziskus vor die verschiedenen Wägen gespannt werden wird, ganz gleich, was er in seiner Enzyklika sagen wird.


globalmagazin.com (ohne Datumangabe)
Kirche und Klimaschutz: „In dubio non agitur“(?)
George Pell sprach vor der Jahresversammlung der Global Warming Policy Foundation (GWPF). Das ist ein Think-Tank von Klimaskeptikern mit Sitz an der Themse. Als Losung gab der Kirchenmann den abgewandelten Latein-Vers aus: „in dubio non agitur – Handle nicht, wenn Du zweifelst.“

One Christian Perspective on Climate Change
by Cardinal George Pell, October 2011 (als PDF)

Warum Kardinal George Pell gegen Klimaschutz auftritt:
It is the poor who are paying the price for expensive green energy policies...
Heating and electricity bills are going up and fuel poverty is increasing in the name of saving the planet...


Freitag, 15. Mai 2015

Für deutschen Strom werden Appalachen-Berggipfel weggesprengt

ORF.at, 15.5.2015
Berge in USA werden flach
Kohleabbau hat in den USA nichts mehr mit Bergarbeitern in finsteren Stollen zu tun - heute werden Berggipfel einfach weggesprengt und dann der Rohstoff über Tage gefördert. Diese Methode hat verheerende Auswirkungen - in den Appalachen im Osten des Landes fehlen mittlerweile 500 Bergspitzen. Der entstehende Feinstaub und abgelagerte Schwermetalle verschmutzen das Grundwasser und gefährden die Gesundheit der Bewohner. Für ein Verbot reichte das bisher nicht, der Widerstand wächst aber. Und auch die Wirtschaft, wenngleich aus anderen Gründen, hat langsam Zweifel an der Nachhaltigkeit der Methode.


20min.ch, 15.8.2014
UBS hilft nicht mehr, Berge zu sprengen
Die UBS war lange einer der grössten Geldgeber für ein Kohleabbauverfahren, bei dem Bergspitzen gesprengt werden. Die Bank will sich nun aus dem umstrittenen Geschäft zurückziehen.


INFOsperber.ch, 27. Nov 2013
Brisanter Brennstoff für deutschen Strom
Deutschland produziert Strom mit Kohle aus aller Welt. Mit verheerenden Folgen. Der Bergbau zerstört die Natur und tötet Menschen.
Trotz erneuerbaren Energien und Klimawandel: Die dreckigste aller Arten, Strom zu erzeugen, boomt in Deutschland wieder. Im ganzen Land laufen Kohlekraftwerke auf Hochtouren. Der Atom-Ausstieg bedeutet auch: Deutschlands Bedarf nach Steinkohle wächst immens.


Zeit-Online, 16.4.2013  (als PDF)
Energieversorgung
Sterben für deutschen Kohlestrom
Deutschland importiert Kohle aus aller Welt. Mit Folgen. Paul Corbit Brown aus den Appalachen sagt: Der Bergbau für eure Kohle tötet uns.


ChangeYourWorldNow
Mountaintop Removal: Kohleabbau in den USA
Die Umwelt-Organisation Urgewald hat in ihrem Dossier über Deutschlands Steinkohleimporte Bitter Coal geschrieben, dass im Jahr 2011 33,65 Millionen Tonnen Steinkohle für die deutschen Kohlekraftwerke importiert wurden. Würde mensch diese Menge an Steinkohleimporten in einen einzigen Güterzug tun – so Urgewald – dann würde dieser aus 660.000 Waggons bestehen, um die über 100 Klimakiller- Kraftwerksblöcke in Deutschland zu beliefern.


Deutschlandradio, 24.2.2012
Kampf um die letzten Berge
Die Wunden der Erde, Teil 5: Steinkohlentagebau in den Appalachen
In den US-amerikanischen Appalachen wurden bis heute schon mehr als 500 Berggipfel weg gesprengt um an die darunter liegende Kohle zu gelangen. Mit gewaltigen Lastern wird der Energierohstoff dann zur Weiterverarbeitung gefahren, Zurück bleiben für immer gezeichnete Landschaften, denn für den Abbau wird Primärwald zerstört, die abgetragene Erde schwemmt in Flussläufe und verändert deren Ökologie.


Spiegel.de, 2.4.2009
Berge ohne Spitzen
In den US-amerikanischen Appalachen werden Hunderte Gipfel weggesprengt, um an Kohle heranzukommen. Viel zu spät bemüht sich die Umweltbehörde um den Schutz der artenreichen Natur.


WOZ, 2.12.2009
Kohleabbau in den USA: Geköpfte Berge
Sie pflügen die Landschaft um, verschmutzen das Wasser und verpesten die Luft. Die Kohlegesellschaften in West Virginia nehmen keine Rücksicht auf die Natur und die BewohnerInnen. Doch Kohle ist begehrt, und die USA sind vom klimaschädigenden Energieträger abhängig.


arte, 30.5.2009
USA – Massaker in den Appalachen
Unter Energieexperten werden die USA auch das Saudi Arabien der Kohle genannt: in den Vereinigten Staaten von Amerika lagern rund ein Drittel aller weltweit bekannten Kohlereserven, und die reichen bei derzeitigem Verbrauch noch weit über 200 Jahre.

"Appalachen" auf Wikipedia

Donnerstag, 14. Mai 2015

Unermüdlich, engagiert und streitbar – Bischof Erwin Kräutler im Gespräch


Ö1 - Praxis - Religion und Gesellschaft, 13.5.2015 (Audio)
Unermüdlich, engagiert und streitbar – Bischof Erwin Kräutler im Gespräch

Er gilt als einer der prominentesten Kämpfer für die Rechte indigener Völker am Amazonas und er hat dafür auch schon den alternativen Nobelpreis erhalten. Vor kurzem ist der austro-brasilianische Bischof Erwin Kräutler mit dem Ehrenpreis des österreichischen Buchhandels für Toleranz in Denken und Handeln ausgezeichnet worden.

Die Jury hat den Einsatz des Vorarlbergers für die Menschen in seiner Diözese Xingu, deren Lebensraum durch die Abholzung des Regenwaldes und durch das Staudamm-Projekt Belo Monte massiv gefährdet ist, gewürdigt. Kerstin Tretina hat mit ihm bei seinem Österreich-Besuch über seine Erfolge und Niederlagen, die Zusammenarbeit mit Papst Franziskus bei der sogenannten Ökologie-Enzyklika und über einen seiner persönlichen Heiligen, Oscar Romero, gesprochen.

Samstag, 9. Mai 2015

Bischof Kräutler: "Wirtschaft, die tötet" in Brasilien Realität


Kathpress (KAP), 08.05.2015
Bischof Kräutler: "Wirtschaft, die tötet" in Brasilien Realität
Eine "Wirtschaft, die tötet", wie sie Papst Franziskus in seinem Schreiben "Evangelium gaudii" heftig kritisiert, ist in Lateinamerika häufig Realität. Das hat der austro-brasilianische Bischof Erwin Kräutler im "Kathpress"-Interview betont. Er kritisiert einmal mehr scharf den Wirtschaftskurs der neuen-alten brasilianischen Regierung und blickt den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro 2016 ohne positive Erwartungen entgegen. Wie bei der Fußball-WM 2014 würden die armen Menschen davon nicht profitieren, ganz im Gegenteil werde die Kluft zwischen Arm und Reich im Land immer größer, so der Bischof. Was sich rund um den Kraftwerksbau Belo Monte und die Zwangsumsiedlung von bis zu 50.000 Menschen abspielt, sei unfassbar, so der Bischof weiter.

Hohe Erwartungen hat Kräutler indes an die kommende Öko-Enzyklika von Papst Franziskus, bei der es nicht nur um bloßen Umweltschutz gehen werde. Die Zerstörung des Amazonas-Regenwaldes, die Unterdrückung der indigenen Bevölkerung und die zunehmende Kluft zwischen Arm und Reich im Land dürfe nicht mehr länger hingenommen werden", so Kräutler. "Was hier am Amazonas geschieht hat Konsequenzen für die ganze Welt", warnte Kräutler. Zudem gelte es, die Verantwortung nicht nur für die Gegenwart sondern auch für kommende Generationen ernst zu nehmen. Die Schöpfungstheologie werde ausgeweitet und nehme auch die realen Lebensumstände der Menschen in den Blick. Bischof Kräutler hat für die Papst-Enzyklika wichtige inhaltliche Beiträge geleistet und zugearbeitet.

Kritik an Brasilianischer Politik
Kein gutes Haar ließ der Bischof einmal mehr an der brasilianischen Präsidentin Dilma Rousseff und ihrer Politik. Dass deren Arbeiterpartei eine solche inhaltliche Entwicklung nehmen werde, "habe ich mir nicht einmal in meinen schlimmsten Albträumen vorstellen können", sagte der Bischof. Fortschritt und Entwicklung ließen sich für die Regierung allein an Wirtschaftsdaten messen. Das habe aber nicht mit mehr Lebensqualität für die breite Masse der Bevölkerung zu tun. Steigende Rohstoffexporte und eine boomende Agroindustrie seien das Maß der Dinge, die Ökologie oder der Schutz traditioneller Dorfgemeinschaften blieben auf der Strecke.

Der Zugang zu Gesundheit und Bildung sei nach wie vor gerade im Bundesstaat Para, in dem sich die Diözese von Bischof Kräutler befindet, sehr schlecht. Punktuelle Sozialaktivitäten würden bei weitem nicht ausreichen. Auch der öffentliche Transport sei eine Katastrophe. "Das ist unmenschlich, wie die Menschen wie Tiere zusammengepfercht in Bussen zur Arbeit und wieder zurück fahren müssen." Die Regierung habe dafür aber kein Ohr. "Präsidentin Rousseff ist nicht dialogfähig", so das Urteil Kräutlers.

"Anti-indigene Kampagne"
Besonders schlimm sei es um die Rechte der indigenen Bevölkerung gestellt. Die Regierung habe immer wieder gezeigt, dass sie für die Indios nichts übrig habe, stellte Kräutler fest. Er ortete gar eine "anti-indigene Kampagne", die derzeit im brasilianischen Nationalkongress gefahren werde. Dabei, so betonte Kräutler, gehe es in der Indigenen-Frage nicht um Almosen. Die Indios hätten von der Verfassung verbriefte Rechte.

1987/88 war es gelungen, im Grundgesetz zu verankern, dass die Indios ein Recht auf ihr angestammtes Land, ihre Kultur, Sprache und Religion hätten. Zuvor seien sie als "Waldbewohner" bezeichnet worden, hätten sich in die Gesellschaft integrieren und ihre Identität aufgeben sollen. Nach 1988 wurden dann aber zumindest 50 Prozent der den Indios zugesicherten Fläche abgegrenzt. Das sei auch für den weltweiten Klimaschutz von enormer Bedeutung, so Bischof Kräutler, der sich auch als Präsident des Indianermissionsrates der brasilianischen Bischofskonferenz (CIMI) für die Indios einsetzt.

Der Bischof hatte zuletzt immer wieder vor Tendenzen in der brasilianischen Politik und Wirtschaft gewarnt, diese Verfassungsbestimmung wieder zu lockern und über die Landrechte der Indios neu zu verhandeln.

Auf Fußball-WM folgen Olympische Spiele
Die Regierung habe aus der Fußball-WM 2014 nichts gelernt, so das Resümee von Bischof Kräutler. Für die Fußballfans aus aller Welt und die anderen Touristen sei die WM vielleicht ein schönes Erlebnis gewesen, die breite Masse der armen Bevölkerung habe davon aber nicht profitieren können, kritisierte der Bischof. Es sei zu befürchten, dass sich diese Entwicklung nun mit den Olympischen Spielen 2016 in Rio de Janeiro fortsetzen werde. Derzeit seien die Spiele im Land allerdings noch kein großes Thema. Es sei aber jedenfalls sicher, dass die geplanten Projekte für die Spiele wieder nicht vollständig fertig sein werden.

Wie Bischof Kräutler weiter berichtete, seien die Zustände rund um das Kraftwerk Belo Monte am Amazonas-Zufluss Xingu skandalös. Ein Drittel der Stadt Altamira werde überflutet, zwischen 40.0000 und 50.000 Menschen seien davon betroffen und müssten ihre Häuser verlassen. Diese Personen würden entweder in Fertigteilhäuser am Stadtrand von Altamira umgesiedelt oder könnten sich eine Entschädigung auszahlen lassen, so Kräutler. Die Ersatzwohnungen seien jedoch oft in einem schlechten Zustand und die Entschädigungszahlungen zu niedrig.

Die neuen Siedlungen seien zudem weit weg vom Zentrum der Stadt, kritisierte Kräutler. Die Menschen würden von der Regierung einfach im Regen stehen gelassen. Es fehle dort jede Infrastruktur. "Die Kirche hat dafür auch keine Mittel. Das ist Aufgabe des Staates", so Kräutler: "Die Kirche hat in Altamira drei Schulen gebaut, für die Kinder aus der armen Bevölkerungsteilen. Die werden jetzt umgesiedelt und die Schulen unter Wasser gesetzt. Und weil die Regierung in den neuen Siedlungen keine Schulen baut, sollen wir jetzt nochmals Schulen errichten? Das können wir nicht!", zeigte sich der Bischof empört.

Im "Kathpress"-Interview nahm der Bischof auch zu der in heimischen Wirtschaftskreisen kritisch aufgefassten Stelle aus dem Papstschreiben "Evangelium gaudii" Stellung, in der der Papst von einer Wirtschaft spricht, die töte. Man müsse diese Passage im Lateinamerika-Kontext des Papstes verstehen, erläuterte Kräutler: In Brasilien würden immer noch viel zu viele Arbeitnehmer unter sklavenähnlichen Bedinungen ihrer Tätigkeit nachgehen müssen. Das sei ein anderer Kontext als in Österreich: "Der Papst wollte damit sicher nicht direkt irgendeinem Unternehmen in Österreich die Leviten lesen." Zugleich wolle der Papst damit aber darauf hinweisen, dass jedes Unternehmen auch soziale Verantwortung habe und jeder Unternehmer - "in Österreich wie in Brasilien - aufgefordert sei, sein Gewissen in dieser Hinsicht zu erforschen.

Toleranzpreis des Buchhandels
Bischof Kräutler hält sich derzeit für einige Tage in Österreich auf. Am Donnerstagabend erhielt er in Wien den Ehrenpreis des österreichischen Buchhandels für Toleranz in Denken und Handeln. Die Auszeichnung ist mit 10.000 Euro dotiert. Er wolle stets einen Dialog mit allen Menschen führen und niemanden ausgrenzen, so Kräutler gegenüber "Kathpress". Respekt für den anderen und ein Dialog auf Augenhöhe seien seine Maxime.

Erwin Kräutler wurde 1939 in Vorarlberg geboren und trat in den Orden der Missionare vom Kostbaren Blut ein. Er studierte Theologie und Philosophie in Salzburg und ist seit seiner Priesterweihe 1965 als Missionar in Brasilien tätig, seit 1981 ist er Bischof von Xingu. Für seinen Einsatz für die Umwelt und die indigenen Völker wurde er mehrfach ausgezeichnet, u. a. mit dem Romero-Preis, mehreren Ehrendoktoraten sowie 2010 mit dem Alternativen Nobelpreis. Zuletzt veröffentlichte Kräutler das Buch "Mein Leben für Amazonien. An der Seite der unterdrückten Völker" (Tyrolia Verlag) und "Kämpfen, glauben, hoffen: Mein Leben als Bischof am Amazonas" (Vier Türme).

Freitag, 8. Mai 2015

Bischof Erwin Kräutler erhielt Ehrenpreis des Österreichischen Buchhandels

Obmann Michael Kernstock, Bischof Erwin Kräutler, HVB-Präsident Benedikt Föger / © Katharina Roßboth
Hauptverband des Österreichischen Buchhandels, 08.05.2015
Bischof Erwin Kräutler erhielt Ehrenpreis des Österreichischen Buchhandels

Am Donnerstag, 7. Mai 2015, wurde im Palais Festetics der Ehrenpreis des Österreichischen Buchhandels für Toleranz in Denken und Handeln an Bischof Erwin Kräutler überreicht.

Der mit 10.000 Euro dotierte Preis wurde von HVB-Präsident Benedikt Föger und dem Obmann des Fachverbandes Buch- und Medienwirtschaft, Michael Kernstock, verliehen. Präsident Föger hob in der Begrüßung hervor, dass Frieden und Toleranz jene gesellschaftlichen Eckpfeiler seien, auf denen jeder intellektuelle Diskurs und die Auseinandersetzung mit Kunst und daher auch mit Literatur fußen.

Laudator Univ.-Prof. Dr. Heinrich Schmidinger, Rektor der Universität Salzburg und Vorsitzender der Rektorenkonferenz, spannte in seiner Rede einen Bogen der Toleranzgeschichte und spürte den spirituellen Wurzeln von Bischof Kräutlers Engagement für die Menschen in Amazonien, ihres natürlichen Lebensraumes und ihrer Kultur nach.

In seiner Dankesrede betonte Bischof Kräutler, wie wichtig Toleranz in seiner täglichen Arbeit als Priester in Brasilien ist: "Es geht darum, auf die Menschen zuzugehen, sie dort abzuholen, wo sie sind. Das bedeutet auch, die Religion der Menschen zu respektieren. Ich bedanke mich für den Preis und sehe ihn auch als Auftrag, weiterhin für diese Toleranz einzutreten."

Über den Preisträger

Erwin Kräutler, geboren 1939 in Vorarlberg, trat in den Orden der Missionare vom Kostbaren Blut ein. Er studierte Theologie und Philosophie in Salzburg und ist seit seiner Priesterweihe 1965 als Missionar in Brasilien tätig, seit 1981 ist er Bischof der Prälatur Xingu. Für seinen Einsatz für die Umwelt und die indigenen Völker wurde er mehrfach ausgezeichnet, u. a. mit dem Romero-Preis, mehreren Ehrendoktoraten sowie 2010 mit dem Alternativen Nobelpreis.

Zuletzt erschien von ihm Mein Leben für Amazonien. An der Seite der unterdrückten Völker (gemeinsam mit Josef Bruckmoser, Tyrolia 2014)

Bischof Kräutler begeistert mit Vortrag in Seitenstetten


Pressestelle Diözese St. Pölten, 7.5.2015
Bischof der Armen Erwin Kräutler begeisterte 500 Interessierte in Seitenstetten

Seitenstetten, 07.05.2015 (dsp) 500 Interessierte kamen ins Benediktinerstift Seitenstetten, um sich das anzuhören, was der austro-brasilianische Bischof Erwin Kräutler zu sagen hat. Als Verteidiger der Rechte der indigenen Völker im Amazonas-Gebiet stellt sich der 75-Jährige in den Dienst der Unterdrückten, der Armen und jener, die am Rande der Gesellschaft stehen.

Dafür riskiert er sein Leben, weil er sich mit den Mächtigen anlegt, auf Todeslisten gesetzt wurde und deswegen steht er seit neun Jahren unter permanentem Polizeischutz. Einst sei er als Bischof seiner Diözese Xingu – der flächenmäßig größten in Brasilien - spontan in Häuser gegangen und die gastfreundlichen Bewohner hätten sich über diese Besuche gefreut.

Seit 50 Jahren lebt und wirkt Dom Erwin wie sie ihn nennen in Brasilien. Als junger Priester brach er auf, ohne die Sprache der Menschen in Brasilien zu kennen. Doch als ausgebildeter Altphilologe fiel es ihm leicht die Sprache zu lernen. Die Menschen hätten ihn herzlich empfangen und sie hätten bald erkannt, dass er jemand ist, der für sie da sein will. „Ich bin mit den Menschen zusammengewachsen“, so Kräutler. Nach 15 Jahren wurde er zum Bischof ernannt. Er fragte Priester, Ordensleute und Laien, was sie sich von ihm fortan wünschten. Da kam: weiterhin die gute priesterliche Kollegialität leben, ein betender Bischof zu sein und vor allem nicht vom Schreibtisch aus die Diözese zu leiten.

Dem kam er in eindrucksvoller Weise nach: Er ist stets in seinem riesigen Pfarrgebiet unterwegs und so hat er Not und Elend kennengelernt. Aufgrund seines Einsatzes für die Unterdrückten und für Zuckerrohrbauern wurde er sogar von der Polizei verhaftet.

Eine entscheidende Stunde für sein Wirken seien die Regierungspläne gewesen, einen Staudamm am Amazonas Nebenfluss Belo Monte zu errichten. Als „Aufwiegler“ wurde er von der Polizei wieder festgenommen, geschlagen und gedemütigt. Da hätten die Menschen erkannt: „Das ist UNSER Bischof und sie riefen: Last ihn frei!“ Das sei so etwas wie eine „Sternstunde“ in den Beziehungen mit den Menschen gewesen. Da Medien rasch und breit davon berichteten, wurden die Anliegen der indigenen Völker erst bekannt. Was ihn so gefährdet? In dem Gebiet der Indios werden viele Ressourcen vermutet und mächtige Kreise würden diese gerne ausbeuten – auf Kosten des Lebens der dortigen Bevölkerung.

Als Vorsitzender des brasilianischen Bischöfliches Rates für die indigenen Völker konnte er viel erreichen. In der alten Verfassung stand geschrieben, dass diese in die Gesellschaft eingegliedert werden sollen. Damit wäre die Kultur und Lebensweise von Menschen aufgegeben worden, die laut Kräutler seit 40.000 Jahren in dem Gebiet leben. Er sagte, es sei das Ärgste, Menschen ihre Identität abzusprechen und grausam nicht so sein zu lassen, wie sie wollen. In der Verfassung der 1980er Jahre wurden also auch Rechte der indigenen Völker festgehalten. Diese seien aber wieder in Gefahr, da gewisse Strömungen dies gerne revidiert hätten. Bischof Kräutler: „Ohne den Einsatz der katholischen Kirche gebe es diese indigenen Völker wohl nicht mehr.“ Im Jahre 2010 wurde er für seinen Einsatz für die Menschenrechte der Indios und die Erhaltung des tropischen Regenwaldes im Amazonas-Gebiet mit dem alternativen Nobelpreis ausgezeichnet.

Die Kirche in Brasilien lebe vor allem in den Basisgemeinden, Laien würden viel an Verantwortung übernehmen. In den 800 Gemeinden seiner Diözese gebe es in 90 Prozent keine regulären Sonntagsgottesdienste. Zu schaffen mache der Kirche, dass es derzeit eine regelreche Völkerwanderung in Brasilien gebe. Daher gebe es einfach Orte, wo einfach keine katholischen Kirchen mehr da seien.

Die Christen in seiner Region würden spüren, dass sich Jesus mit Menschen am Rande der Gesellschaft identifizieren würde und dass Gott von Fesseln befreie. Der Kirche könne er nur empfehlen – wie es auch Papst Franziskus gesagt hat – die Türen zu öffnen: Nicht nur damit Menschen hereinkommen, sondern auch damit Kirche hinausgehe zu den Menschen. Dieses Raus- und Zugehen zu den Menschen mache den Papst wohl auch so populär.

Was ihn auf Spur halte? Er frage sich immer – und sei damit ganz gut gefahren: „Was würde Jesus tun?“ und dabei habe er großes Gottvertrauen. Die Revolution, die Jesus angezettelt habe, würde bis heute nachwirken. Dafür brauche es aber auch das Tun und den Einsatz der Christen. Das gehöre für ihn zum großen Wort Barmherzigkeit dazu.

NÖN.at, 11.5.2015
Bischof Kräutler: „Habe längst Geruch der Schafe“
Brasilien und ein Leben unter Todesdrohung.

Wache Augen, ein verschmitztes Lächeln, eine Aura der Gelassenheit: Erwin Kräutler, Bischof der Diözese Xingu in Brasilien, ist ohne Zweifel ein Mensch, der seine Mitte gefunden hat.

Er weiß was er tut und warum er es tut. Nicht umsonst lautet eines der Bibelzitate, die ihn in seinem Wirken leiten: „Daran haben wir die Liebe erkannt. Dass er sein Leben für uns eingesetzt hat. Auch wir sind es schuldig unser Leben für die Schwestern und Brüder einzusetzen (1 Joh 3,16)“.

Nach seiner Wahl zum Bischof der Diözese Xingu vor 35 Jahren hat er die Menschen gefragt, was sie sich von ihrem Bischof erwarten. „Eine der Antworten war, dass ich die Diözese nicht vom Schreibtisch aus leiten, sondern hinausgehen, und am eigenen Leib erleben und verspüren soll, wie es den Menschen geht.“

Papst Franziskus hat jüngst den Priestern aufgetragen, dass sie den „Geruch der Schafe“ annehmen sollen. „Ich lebe das schon seit Jahrzehnten“, sagt Erwin Kräutler.

Nur drei bis vier Monate im Jahr verbringt er im Bischofssitz in Altamira. Die andere Zeit reist er durch seine Diözese, per Flugzeug, per Auto und sehr viel mit dem Schiff.

Seine Diözese ist flächenmäßig viereinhalb Mal so groß wie Österreich. Für rund 800 Gemeinden (jede Pfarre umfasst zwischen 30 und 100 Gemeinden) stehen ihm 31 Priester zur Verfügung. „90 Prozent der Einwohner haben keine reguläre Eucharistiefeier, 70 Prozent nur zwischen drei oder vier Mal im Jahr“, berichtete Kräutler den rund 500 interessierten Zuhörern, die am Mittwochabend zu seinem Vortrag ins Stift Seitenstetten gekommen waren (siehe auch Fotoserie).

Das Bildungshaus St. Benedikt hatte Kräutler eingeladen. Ohne engagierte Laien, so erzählte der Bischof, „könnten die kirchlichen Strukturen in seiner Diözese nicht aufrechterhalten werden.“

Vor allem Frauen sind es, die ehrenamtlich Verantwortung übernehmen. „Und alle fünf Jahre gibt es eine Großversammlung des Volkes Gottes, da schickt jede Gemeinde einen Delegierten und da werden dann die pastoralen Schwerpunkte bestimmt und geschaut, was gut war und was wir besser machen können.“

„Es gibt bei uns ein Sprichwort, das in etwa so lautet:
Wenn nichts mehr geht, dann geh zum Bischof.“
Bischof Erwin Kräutler

Als Präsident des CIMI, des Indianermissionsrates der brasilianischen Bischofskonferenz, setzt sich Bischof Kräutler auch für die Belange der indigenen Völker ein. Und das mit Erfolg: 1980 wurden erstmals ihre Rechte in der Verfassung Brasiliens verankert. Widerstand dagegen gibt es aber von Unternehmern und Politikern bis heute.

Kräutler ergreift für alle Menschen in seiner Diözese Partei, denen ein Unrecht geschieht. „Es gibt bei uns ein Sprichwort, das in etwa so lautet: Wenn nichts mehr geht, dann geh zum Bischof“, erzählt er.

Genau das haben auch die Eltern von Schulmädchen getan, die misshandelt und missbraucht wurden. Kräutler hat die Täter angezeigt – mächtige Leute, auch Wirtschaftsbosse darunter. Seit neun Jahren steht sein Name deshalb auf einer Todesliste.

Seit neun Jahren auf einer Todesliste
Die Regierung hat ihm Leibwächter beigestellt. „Wenn ich aus der Tür gehe, sind zwei Leute da, beim Gottesdienst ebenso wie bei Versammlungen. Das hat die soziale Dimension meines Lebens stark eingeschränkt. Früher bin ich am Abend öfter durch die Straße gegangen und Leute haben mich spontan zum Kaffee eingeladen. Mit zwei Polizisten im Schlepptau will ich aber nicht in die Häuser gehen“, sagt Kräutler.

Wie real die Gefahr für sein Leben ist, zeigen schreckliche Ereignisse. Eine seiner Mitarbeiterinnen, Ordensschwester Dorothy Stang, wurde 2005 erschossen. Kräutler selbst überlebte schon im Jahr 1987 ein als Autounfall getarntes Attentat nur schwer verletzt, ein Mitbruder starb.

„In Österreich genieße ich schon sehr, dass ich mich frei bewegen kann, ohne Leibwächter“, sagt der Bischof. Der gebürtige Vorarlberger kommt jedes Jahr rund um Pfingsten in seine Heimat und spendet in Pfarren das Sakrament der Firmung.

„Bei uns drüben ist auch nicht das Problem, dass es
arme Leute gibt, sondern dass sie arm gemacht werden.“
Bischof Erwin Kräutler


Im Mostviertel war er zum ersten Mal. Am Vormittag erzählte er Schülern des Stiftsgymnasiums über sein Leben und seine Arbeit, am Abend Erwachsenen und er warb natürlich auch um Unterstützung für seine Diözese. Denn in Brasilien gibt es keine, Kirchensteuer.

„Die Leute besteuern sich selbst. Sie geben das, was sie sich leisten können. Ich bitte auch Österreicher darum, sich selbst zu besteuern und meine Arbeit zu unterstützen. Zum Glück gibt es Menschen, die das tun.“ Es gehe da nicht um Almosen, sondern um gerechtes Teilen.

Vergleiche zwischen Österreich und Brasilien will Kräutler nicht anstellen. „Ich habe ja nichts dagegen, dass es den Leuten hier gut geht. Bei uns drüben ist auch nicht das Problem, dass es arme Leute gibt, sondern dass sie arm gemacht werden. Der Graben zwischen denen, die sehr viel haben und jenen, die nichts haben, ist unendlich tief. Bei Großgrundbesitzern und anderen Unternehmen herrschen oft sklavenähnliche Verhältnisse. Bei diesem wirtschaftlichen System kann ich nicht mittun.“

Schweigen konnte Kräutler auch nicht, als 1983 Zuckerrohrbauern Geld, das ihnen zustand, neun Monate lang vorenthalten wurde. Er nahm an einer Demonstration teil. Die Militärpolizei verhaftete ihn und schlug ihn zusammen. „Da riefen die Menschen: Lasst unseren Bischof frei!“ erzählt Kräutler. Das habe seine Verbundenheit mit ihnen noch gestärkt.

Kampf gegen einen Monsterstaudamm
Derzeit kämpft er auch gegen den Bau des Monsterstaudamms von Bel Monte, durch den der Fluss Xingu auf einer Fläche von 502 Quadratkilometern aufgestaut werden soll. Die Lebensgrundlage von 40.000 indigenen Bewohnern ist bedroht – und das Ökosystem des Amazonas-Regenwaldes, das wichtig für das Gesamtklima der Erde ist.

Auch bei Kräutlers Besuch beim Papst im April 2014 war das Projekt Thema. „Die Kirche muss sich klar für die Bewahrung der Schöpfung aussprechen. Ich habe noch den tropischen Regenwald erlebt. In den letzten fünfzig Jahren wurde viel kaputt gemacht“, sagt er.

Bei seinem Papstbesuch trug Kräutler übrigens dieselbe Soutane, wie bei der Bischofsweihe vor 35 Jahren. „Ich brauche sie ja sonst nicht.“ Von kirchlichem Pomp und Ämterdünkel hält er nicht viel. „Wir müssen endlich von diesem alten Zopf wegkommen.“ Er selbst sieht sich als Knecht Christi Jesu (Röm 1,1).

Wie lange er noch in Amt ist, ist ungewiss. Mit 75 Jahren hat der Bischof in Rom seinen Rücktritt angeboten. „Ich werde aber auch, wenn ich nicht mehr in der vorderen Reihe stehe, wie wir in Brasilien sagen, meine Fußballschuhe nicht an den Nagel hängen“, versichert Kräutler.



momag.at, 07.05.2015
Vortrag in Seitenstetten: Bischof Erwin Kräutler gab Einblicke in sein Leben in Brasilien.
Bischof Erwin Kräutler lebt seit 50 Jahren in Brasilien und setzt sich dort für die Armen und Unterdrückten ein. Dass das Leben dort nicht immer leicht für ihn ist erzählte er 500 Interessierten bei einem Vortrag am 6. Mai im Stift Seitenstetten.

Mit 26 Jahren ging der Geistliche nach Brasilien. Und das Ganze ohne die Sprache zu können. Die Verständigung fiel ihm jedoch nicht schwer und er sei “schnell mit den Menschen zusammengewachsen”, sagt Kräutler. Er verstand sich auf Anhieb mit den Leuten und setzte sich für die Unterdrückten und Zuckerrohrbauern ein, was ihm sogar eine Verhaftung durch die Polizei und Morddrohungen einbrachte.

Als die Regierung einen Staudamm am Amazonas-Nebenfluss Belo Monte errichten wollte, stellte er sich quer und wurde erneut von der Polizei verhaftet. Dies war ein besonderer Moment für Kräutler, denn die Menschen erkannten schnell, das sich ihr Bischof für sie einsetze. Das Gefährliche bei dieser Aktion war nämlich auch, dass in dem Gebiet einige Ressourcen vermutet wurden und die eingeborene Bevölkerung unter der Ausbeutung gelitten hätte.

Laut der alten Verfassung sollte die indigene Bevölkerung in die Gesellschaft eingegliedert werden. Damit wäre jedoch die Kultur und Lebensart von den Menschen, die seit 40.000 Jahren in dem Gebiet leben, aufgegeben worden. Den Menschen ihre Identität abzusprechen sei jedoch das Allerschlimmste für sie. Die Rechte der indigenen Bevölkerung seien immer wieder schwer in Gefahr und „ohne den Einsatz der katholischen Kirche gebe es diese indigenen Völker wohl nicht mehr.“ meint der Bischof von Xingu.

Seine durchgehende Motivation sei Jesus und er frage sich immer “Was würde Jesus tun?”. Er spüre auch, dass sich Jesus mit Menschen am Rande der Gesellschaft identifizieren würde.

Seine gefährlichen Einsätze brachtem ihm schon zahlreiche Auszeichnungen ein, darunter der alternative Nobelpreis und der Bruno Kreisky Preis für Verdienste um die Menschenrechte.


Bezirksblätter Amstetten, 7.5.2015
Seitenstetten: 500 kamen zu Bischof Erwin Kräutler
500 Interessierte kamen ins Benediktinerstift Seitenstetten und lauschten den Worten des austro-brasilianischen Bischofs Erwin Kräutler.
Als Verteidiger der Rechte der indigenen Völker im Amazonas-Gebiet stellt sich der 75-Jährige in den Dienst der Unterdrückten, der Armen und jener, die am Rande der Gesellschaft stehen.

Montag, 4. Mai 2015

Bischof Kräutler im Kardinal König Haus am 5. Mai


Leben am Rand der Gesellschaft
Ein Abend mit Bischof Erwin Kräutler

Bischof Erwin Kräutler hat wie kein anderer Österreicher die Entwicklung der Kirche auf dem lateinamerikanischen Subkontinent seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil mitgestaltet. Und kein anderer kann diese Geschichte so authentisch erzählen wie der Ordensmann von den Missionaren vom Kostbaren Blut, der wegen seines persönlichen Einsatzes mehrfach nur knapp dem Tode entronnen ist.
Erwin Kräutler pflegt Jahr für Jahr den Kontakt zu seiner Familie sowie zu Freunden und Unterstützern in Europa. Er ist gefragter Gesprächspartner und Experte zu Fragen des Umweltschutzes und der Rechte der indigenen Völker im Amazonasgebiet. Zuletzt hat ihn Papst Franziskus zu sich gebeten, damit seine Erfahrung im Widerstreit zwischen dem naturnahen Leben der Indios im Regenwald und den Interessen der globalen Wirtschaft, die weite Teile des Xingu durch das riesige Kraftwerk Belo Monte vernichtet, in ein päpstliches Schreiben zur Ökologie einfließen kann.

Teilnahmebeitrag: € 10,- Mindestspende, die zur Gänze Bischof Erwin Kräutler für seine Arbeit zur Verfügung gestellt wird.

Anmeldung erforderlich im Kardinal König Haus


Samstag, 2. Mai 2015

Rohstoffplünderung für den Fortschritt - ohne Rücksicht

ORF.at, 2.5.2015
Auf der dunklen Seite des Fortschritts
Einblick in Chinas "Hölle auf Erden"
Der technologische Fortschritt, auf den die Gesellschaft nicht mehr verzichten will, fordert schwerwiegende Opfer. Das zeigt sich etwa in Teilen Chinas, wo der Raubbau an erforderlichen Rohstoffen ungezügelt betrieben wird. Eine Projektgruppe hat eine solche „verborgene“ Gegend bereist und liefert triste Bestandsaufnahmen.