Samstag, 13. Februar 2016

Bischof Kräutler hinterfragt "saubere Energie" in Amazonien

Bischof Kräutler über die Ungerechtigkeit am Amazonas

Bayrisches Fernsehen, 22.2.2016
Bischof Kräutler - Die Stimme der Indios



Fränkische Nachrichten, 13.2.2016
Hoffnung auf Recht ein Gesicht geben
Würzburg. Als eine "menschliche Tragödie" hat Bischof Erwin Kräutler aus dem brasilianischen Bistum Xingu die Vertreibung der Menschen für den Bau eines Staudamms am Amazonas bezeichnet. Er sprach bei einer Pressekonferenz am Donnerstag im Würzburger Burkardushaus anlässlich der bundesweiten Eröffnung der 58. Misereor-Fastenaktion in Würzburg.

Brasilien ist das Beispielland der Aktion, die am Sonntag, 14. Februar, um 11 Uhr mit einem Gottesdienst im Kiliansdom eröffnet wird. Sie steht unter dem Leitwort "Das Recht ströme wie Wasser". Die Misereor-Fastenaktion lenke den Blick auf globale Zusammenhänge, sagte Bischof Dr. Friedhelm Hofmann. "Es geht darum, das Bewusstsein der Verantwortung füreinander wachzurufen und bessere Lebensbedingungen zu schaffen."

Gemeinsam mit Brasilien

"Wir freuen uns, dass das Bistum Würzburg als Ort der bundesweiten Eröffnung ausgesucht wurde", sagte Bischof Hofmann. Erstmals gebe es eine gemeinsame Fastenaktion mit der brasilianischen Bischofskonferenz und dem Rat der christlichen Kirchen in Brasilien (CONIC). Seit dem Jahr 2012 verbinde eine Partnerschaft mit der Diözese Óbidos das Bistum Würzburg mit Brasilien. Vorausgegangen seien langjährige Kontakte zu Missionaren, die aus der Diözese Würzburg stammen.

"Immer mehr Menschen haben für diese Partnerschaft und vor allem für die Menschen in Brasilien Feuer gefangen", sagte Bischof Hofmann. "Eine große Freude ist für mich der intensive Austausch und das Engagement vieler junger Menschen." Die Diözese Würzburg unterstütze in Óbidos die Bereiche Gesundheit, Bildung, Pastoral sowie die Kommission für Landpastoral (CPT). Diese unterstütze die Menschen, oft einfache Fischer und Kleinbauern, in ihren Rechten, erklärte Bischof Hofmann.

Durch die Eröffnung der Misereor-Fastenaktion im Bistum Würzburg würden Synergien zwischen Misereor und den an Brasilien interessierten Gemeinden und Gruppen entstehen. Diese zeigten sich auch im umfangreichen Programm zur Fastenaktion mit mehr als 100 Veranstaltungen.

Über 180 Projekte

Misereor unterstütze über 180 Projekte in Brasilien, erklärte Monsignore Pirmin Spiegel, Hauptgeschäftsführer von Misereor, über eine Live-Zuschaltung direkt aus Brasilien. Zwei davon seien als Beispielprojekte gewählt worden.

So setze sich das "Centro Gaspar Garcia" in der Millionenstadt São Paulo für das Recht auf Wohnen ein. "Ich habe gesehen, unter welchen menschenunwürdigen Bedingungen die Menschen dort leben." So gebe es in manchen Stadtteilen weder Trinkwasser noch eine Abwasserentsorgung.

Das zweite Projekt beschäftige sich mit dem geplanten Staudamm am Fluss Tapajós, einem südlichen Nebenfluss des Amazonas. Dort drohe vielen Menschen die Vertreibung aus ihrer Heimat. "Wir fordern, die Rechte der indigenen Munduruku und der Menschen, die dort leben, zu respektieren und zu unterstützen", erklärte Spiegel. "Wir alle sind angesprochen, der Hoffnung auf Recht und Gerechtigkeit ein Gesicht zu geben."

Menschliche Tragödie

Von seinem Kampf gegen den Bau des Wasserkraftwerks "Belo Monte" berichtete Bischof Kräutler. Die Stadt Altamira beispielsweise sei auf 150 000 Einwohner angewachsen, ohne dass die entsprechende Infrastruktur geschaffen wurde. "Wir stehen buchstäblich vor einem Chaos."

Im Zuge des Staudammbaus seien ganze Gemeinden "einfach vom Erdboden verschwunden". Gemeinschaften würden zerrissen, die Kultur der Menschen zerstört. "Es ist eine menschliche Tragödie." Wasserkraft werde als "saubere Energie" bezeichnet, und die Regierung von Brasilien setze auf riesige Wasserkraftwerke.

Strategie der Straßenwalze

"Doch kein Mensch spricht davon, was im Umfeld passiert", sagte Kräutler. Menschen würden von ihrem Grund und Boden vertrieben, Hunderttausende Quadratkilometer Regenwald gerodet.

Bischof Erwin Kräutler sprach in Würzburg von einer "Strategie der Straßenwalze", mit der über die Menschen hinweg entschieden werde.

"Wir hoffen, dass unsere Erfahrung den Menschen am Tapajós Rückendeckung gibt im Kampf gegen dieses Projekt." Zudem gebe es Studien, laut denen Amazonien eine klimaregulierende Funktion für die ganze Erde habe. "Wenn Amazonien nicht mehr ist, dann wird das weit über die Staatsgrenzen und den Atlantik hinweg den ganzen Planeten Erde betreffen", warnte er.