Freitag, 1. Juni 2018

P. Amaro Lopes wird Beteiligung an Mord unterstellt

Der Geschäftsmann Luciano Albano Fernandes wurde am Abend des 19. Mai im Wohnsitz der Großfamilie in Anapu erschossen. Laut Polizeiangaben ging er gegen 22:00 Uhr auf die Veranda, um ein Telefongespräch zu führen. Dort sollen ihn die tödlichen Schüsse getroffen haben. Luciano hätte sich noch blutüberströmt in die Wohnung geschleppt, wo ihm die beiden Brüder Cláudio und Silvério zu Hilfe kamen und ihn ins Spital von Anapu brachten. Dort erlag er seinen Verletzungen. Luciano war 52 Jahre alt und gilt als Pionier der Region.

Sein Bruder Silvério Fernandes, Ex-Vizebürgermeister von Altamira, veröffentlichte auf Facebook ein Video: "Landbesetzer drangen in unser Haus ein... und schossen ihm in die Brust...". Er zeigte sein T-Shirt mit dem Gesicht von Jair Bolsonaro, einem Kandidaten für den bevorstehenden Wahlkampf,  und sagt: "Mein Bruder, du musst uns helfen! Wir müssen diese Land-Invasoren bekämpfen! Sie sind Kriminelle und Banditen. In Anapu gibt es nur mehr Kriminelle. Mein Bruder, du musst kommen und uns helfen! Du bist unsere einzige Hoffnung!"

Laut Polizei laufen die Ermittlungen und das Motiv der Tat ist noch nicht geklärt. Dennoch versuchen Fazendeiros, Polizei und die Medien, die Kleinbauern der Siedlungsprojekte für den Mord verantwortlich zu machen. Natürlich wird P. Amaro mit hinein gezogen - auch wenn er seit 27. März im Gefängnis sitzt -, indem ihm immer wieder vorgeworfen wird, die Leute zum illegalen Handeln anzustiften.

Aufgrund der Schwere der Behauptungen und Anschuldigungen machten verschiedene Organisationen, die die Situation in Anapu gut kennen, folgende Klarstellungen:

Quelle: CPT-Nacional, 1 de junho de 2018 - Übersetzung von PlattformBeloMonte

Erklärungen zu den Konflikten in Anapu und zur Inhaftierung von P. Amaro

1 - Wir verteidigen das Leben und nicht den Tod! Wir sind ganz klar gegen die Ermordung sowohl von Arbeitern als auch Fazendeiros. Denn der Einsatz von Gewehren zum Niedermähen von Menschen ist nicht der Weg, um die Landkonflikte zu lösen. Wir unterstützen den Kampf ländlicher Arbeiter für ein Stück Land und wehren uns gegen jeden Versuch, soziale Bewegungen zu kriminalisieren. Wir möchten erwähnen, dass es in allen Gebieten, in denen die CPT-Anapu Landlose unterstützt, Prozesse beim Bundesgericht über die Legalisierung öffentlicher Grundstücke, die von Fazendeiros und Grileiros illegal besetzt sind, gibt. Nur im Gleba Bacajá in der Gemeinde Anapu haben das Nationale Institut für Agrarreform (INCRA) und die Bundesanwaltschaft (MPF) beim Bundesgericht 26 Klagen gegen Fazendeiros und Grileiros eingebracht, weil sie 27 Parzellen mit einer Gesamtfläche von 80.000 Hektar illegal beanspruchen. Bei diesen Prozesse ist die Landpastoral (CPT) keine anklagende Partei.

2 - Die Parzelle mit der Nr. 44 ist die Fazenda Santa Maria, die von Luciano Fernandes und anderen Mitgliedern der Familie gerichtlich verhandelt wird. INCRA und MPF haben eine Klage auf Annullierung des Immobilienregisters und den Antrag auf Rückführung in öffentliches Gut beantragt, mit dem Ziel, diese Flächen im Zug der Agrarreform für nachhaltige Landwirtschaft an die Kleinbauern zu vergeben. Das Bundesgericht von Altamira bestätigte den Antrag von INCRA und der MPF und entschied für die Aufhebung des bestehenden Eigentumseintrags in Bezug auf Parzelle 44, wodurch es wieder öffentliches Gut wird. Die Familie Fernandes hat Einspruch vor TRF1 (0038381-03.2010.4.01.3900 / PA) eingebracht, das Urteil ist noch ausständig.

3 - Seit der Ermordung der Missionarin Dorothy Stang am 12.02.2005 wurden 14 Kleinbauern in der Gemeinde Anapu bei Landkonflikten ermordet. Die Zivilpolizei von Anapu war bisher nicht in der Lage, die für die Verbrechen Verantwortlichen zu ermitteln, anzuklagen und zu verhaften. Die Polizei vermittelt so den Eindruck, einseitig zu agieren, ohne ihre Nähe zu den Fazendeiros und Grileiros zu verbergen, die illegal die öffentlichen Ländereien besetzen. Die Straffreiheit für diese Verbrechen ist eine der Ursachen für die Kontinuität der Gewalt.

4 - Die Festnahme von P. AMARO LOPES bestätigt diese Handlungsweise der Zivilpolizei von Anapu: gegen Leute, die sich für die Agrarreform einsetzen, wird vorgegangen; wer sie zu verhindern sucht, bleibt straffrei. Erstens überging der Postenkommandant Rubens Mattoso die Zuständigkeit des Agrarkonfliktbüros (DECA), da es sich um agrarpolitisch motivierte Straftaten handelt. Er beauftragte nicht DECA mit den Ermittlungen, sondern die Polizeistelle von Anapu. Zweitens, weil die Vorwürfe, die zur Festnahme von P. Amaro führten, vom Präsidenten der Landwirtschaftskammer von Anapu und von mehr als 20 Fazendeiros der Region ausgingen, die vor der Polizeistation Schlange standen, um alle möglichen Vorwürfe gegen P. AMARO vorzubringen.

5 - P. AMARO ist das Opfer falscher Anschuldigungen von Fazendeiros und der Zivilpolizei von Anapu, um ihn hinter Gitter zu bringen und ihn dadurch an seinen Aktivitäten zu hindern. Die Staatsanwaltschaft fand keine Belege, die die von der Polizei vorgebrachten Anschuldigungen wie angebliche sexuelle Nötigung (Art. 216A), Anstiftung zu illegalem Handeln (Art. 146) und Bedrohung (Art. 147 des Strafgesetzbuches) bestätigt hätten. Auch ohne Beweise gaben der Polizeikommandant und andere Vertreter der Zivilpolizei Interviews für TV-Sender und Zeitungen und behaupteten, Amaro hätte diese und andere Verbrechen geübt. Eine wahre Kampagne der Demoralisierung von P. Amaro setzte ein. Und auch jetzt sagen Zivilpolizei und Fazendeiros, die Interesse an öffentlichen Ländereien in der Region haben, dass der Tod von Luciano Fernandes mit der Verhaftung von P. AMARO zusammenhängt. Diese neue Anklage versucht die Freilassung von P. Amaro zu verhindern und sie stellt einen weiteren Angriff auf die Arbeit der Prälatur am Xingu und der Landpastoral in Anapu dar.

6 - Diese Verleumdungen haben zum Ziel ab: a) die Prozesse der Landenteignungen in Anapu zu stoppen, um so die Schaffung der von Dorothy initiierten Projekte für nachhaltige Entwicklung (PDS) zu verhindern; b) die Kleinbauern zu kriminalisieren, indem sie mit Straftaten in Verbindung gebracht werden, wo sie eigentlich Opfer sind; c) Druck gegen die Justiz im Fall von Regialdo Pereira Galvão aufzubauen, der zu 25 Jahren verurteilt wurde, weil er einer der Hauptschuldigen an dem Mord an Dorothy war; seine Freilassung soll erreicht werden d) die Rückkehr von Pater Amaro nach Anapu und die Kontinuität seiner Arbeit zu verhindern.

7 - Die Hasspropaganda gegen den Kampf für die Landreform, die vom Agrarsektoren in Anapu über WhatsApp geführt und in regionalen Medien wiedergegeben wird, bedroht die Anführer der Landbewegung und der Landpastoral. Trotz der vielen Angriffe und Bedrohungen werden sich die sozialen Bewegungen jedoch weiterhin gegen Gewalt, für P. Amaros Freiheit, gegen Kriminalisierung sozialer Bewegungen und für die Umsetzung der Agrarreform einsetzen.

Belém/Altamira, 1. Juni 2018

Comissão Pastoral da Terra de Anapu
Comissão Pastoral da Terra Regional Pará
Sociedade Paraense de Defesa dos Direitos Humanos – SDDH
Terra de Direitos
União Brasileira de Mulheres – UBM
Instituto Paulo Fonteles de Direitos Humanos – IPF
Fase Amazônia – FASE
Cáritas - Regional Norte 2
Comissão de Justiça e Paz - CJP - CNBB Norte 2
Centro de Estudos e Defesa do Negro do Pará
CAIC - Conselho Amazônico de Igrejas Cristãs
CEBI - Centro de Estudos Bíblicos
Comitê Dorothy