Dienstag, 11. Februar 2020

Bischof Nann: Franziskus habe Gänswein "die Flügel beschnitten"


Katholisch.de 11.2.2020
Reinhold Nann begrüßt Aufgabenverschiebung des Erzbischofs
Deutscher Bischof kritisiert Gänswein: "In Machtspiele verstrickt"
Die Form ist ungewöhnlich: Der aus Freiburg stammende Bischof Reinhold Nann hat Georg Gänswein in einem als "Nachruf" bezeichneten Blogeintrag scharf kritisiert. Darin schreibt er auch aus der gemeinsamen Zeit im Priesterseminar.

In ungewöhnlicher Form kritisiert der deutsche Bischof und Prälat von Caraveli in Peru, Reinhold Nann (59), Erzbischof Georg Gänswein (63), weil dieser im Vatikan "tief in die Machtspiele der Kurie verstrickt" sei. In seinem aktuellen Internetblog mit dem Titel "Georg Gänswein – Ein Nachruf" begrüßte es Nann, dass sich der wie er selbst aus dem Erzbistum Freiburg stammende Gänswein bis auf weiteres auf seine Aufgabe als Privatsekretär des emeritierten Papstes Benedikt XVI. konzentriere. Dafür trete er nicht mehr als Präfekt des päpstlichen Hauses "immer strahlend lächelnd hinter dem Papst" auf: "Nun ist damit Schluss – endlich."

Franziskus habe Gänswein "die Flügel beschnitten", so Nann weiter. Er selbst habe schon länger den Eindruck, "dass die Clique um Benedikt den armen alten emeritierten Papst ganz kräftig manipuliert und für ihre Intrigen einspannt. Und der Drahtzieher bei all dem kann eigentlich nur der Sekretär gewesen sein." Nun habe er sich "überreizt", genau wie vorher schon Kardinal Gerhard Ludwig Müller, dessen Amt als Präfekt der Glaubenskongregation Papst Franziskus nicht verlängert habe.

Er bete jeden Tag für Papst Franziskus, betonte Bischof Nann, "dass er die Böcke von den Schafen im Vatikan unterscheiden kann und im Heiligen Geist die Kurie und die Kirche erneuert". Der 2017 von Franziskus zum Bischof ernannte Geistliche ergänzte, Gänswein sei schon in der gemeinsamen Zeit im Priesterseminar "hart im verbalen Angriff" und "extrem konservativ" gewesen. In einer deutschen Pfarrei wäre Gänswein "durch seine polarisierende Art untragbar gewesen".

Nann ging vor mehr als 20 Jahren nach Peru und arbeitete dort als Pfarrer in Armengemeinden der Hauptstadt Lima sowie im Andenhochland und im Amazonasgebiet. Im Mai 2017 wurde er von Franziskus zum Prälaten der Territorialprälatur Caravelí ernannt und im August desselben Jahres zum Bischof geweiht. Der Vatikan hatte vor wenigen Tagen bestätigt, dass Gänswein sich bis auf weiteres auf seine Aufgabe als Privatsekretär von Benedikt XVI. konzentriere. Von einer Entlassung oder Beurlaubung als Präfekt des Päpstlichen Hauses sei aber nichts bekannt.

Zuvor hatten "Die Tagespost" und andere Medien berichtet, Gänsweins Ablösung sei unter anderem auf die "unglückliche Präsentation" eines Buches von Kardinal Robert Sarah über Priestertum und Zölibat zurückzuführen, zu dem Benedikt XVI. einen Aufsatz beisteuerte. Die Publikation wurde von vielen als Affront gegen Franziskus aufgefasst. (bod/KNA)



Nann präzisiert seinen "Nachruf vom 9.2." - siehe weiter untern:
Blog von Reinhold Nann, 17.2.2020
Zum „Nann-Gaenswein Konflikt“: Hintergruende und Zuruecknahme meiner Worte
Der Anlass fuer meine Aeusserungen waren die Vorgaenge im Vatikan:

Papst Franziskus hat viele Gegner im Vatikan, die ihn loswerden wollen. Ihm wird von extrem konservativen Kreisen Haeresie und Goetzendienst vorgeworfen. Der einzige wirklich sichtbare Kopf des Wiederstands ist Erzbischof Vigano, die anderen halten sich bedeckt. Nach aussen wird oft der emeritierte Papst Benedikt als Widersacher vorgeschoben, aber ich glaube nicht, dass dem so ist. Das unglueckliche Agieren Gaensweins im Zusammenhang der Veroeffentlichung des Sarah-Benedikt Buches hat nun mit grosser Wahrscheinlichkeit zu seiner „Beurlaubung“ beigetragen und seine bisherige Schluesselrolle in den innervatikanischen Auseinandersetungen deutlich gemacht.

Der eigentliche Hintergrund ist aber aehnlich wie im Film „Die zwei Paepste“ kein persoenlicher Konflikt, sondern einer der dahinterstehenden Kirchenbilder, den ich hier nur sehr vereinfacht darstellen kann:

Da gibt es die Kirche der Kulturkampf-Zeit: En vermeintlicher heiliger Rest schottet sich mit hohen Mauern gegen die boese Welt und ihren „Zeitgeist“ ab. Dagegen steht die Konzilskirche, die Bruecken baut zu dieser Welt, nicht um sie wieder beherrschen zu wollen sondern um in ihr „Samenkoerner“ des Lichtes zu entdecken und die frohe Botschaft von Jesus Christus im Dialog zur Sprache zu bringen.

Ich werde mich auch weiterhin mit aller Kraft und vor allem in meiner Praelatur fuer die Konzilskirche einsetzen.

Jesus hat sich zwar auch mit aller Deutlichkeit den Pharisaern entgegengesetzt, aber er hat dabei nie einen mit Namen angegriffen. Dies und die Schaerfe meiner Ausdruecke war mein Fehler und hat leider dazu beigetragen, dass die Presse den Konflikt der Kirchenbilder auf einen persoenlichen Konflikt reduzierte. Ich bitte Erzbischof Gaenswein und alle die ich damit verletzt habe um Entschuldigung und nehme meine Worte des „Nachrufs“ zurueck.



Blog von Reinhold Nann, 9.2.2020
Georg Gaenswein - Ein Nachruf

Lange war Georg Gaenswein ein Medienstar und einflussreicher Mann im Vatikan. Als Kardinal Ratzingers Privatsekretaer wurde er zum Sekretaer des Papstes Benedikt. Kurz vor dessen Ruecktritt wurde er Praefekt des paepstlichen Hauses mit dem Titel Erzbischof. Immer strahlend laechelnd hinter dem Papst. Auch bei Franziskus bis vor wenigen Tagen. Nun ist damit Schluss – endlich. Denn Georg Gaenswein ist tief in die Machtspiele der Kurie verstrickt. Jetzt hat ihm Franziskus die Fluegel beschnitten. Erstmal ist er von seinen offiziellen Aufgaben im Vatikan “beurlaubt”, wie man das so schoen nennt. Er darf aber weiterhin Altenpfleger von Benedikt sein.

Ich gebe es gerne zu: er war mir schon seit unserer gemeinsamen Zeit im Priesterseminar in Freiburg unsympathisch. Schon damals sehr auf sein Auesseres bedacht, strahlendes Laecheln aber hart im verbalen Angriff, extrem konservativ. Nach seinem Aufbaustudium im Kirchenrecht ging er gleich nach Rom. In einer deutschen Pfarrei oder Dioezese waere er durch seine polarisierende Art untragbar gewesen. In der Kurie war er nicht nur ein Privat-Sekretaer. Er hat sich seine Kontakte aufgebaut. In dem durchaus umstrittenen Buch “Sodom” von Frederic Martel werden seine Kontakte mit Kardinal Mueller, Kardinal Sarah und der Fuerstin Gloria von Thurn und Taxis beschrieben. Eine “Lobby” eigener Art.

Die Affaere mit dem Buch von Sarah – Ratzinger brachte nun das Fass zum Ueberlaufen. Gaenswein selbst bekam offenbar nasse Fuesse und forderte Sarah auf, die Mitautorenschaft von Benedikt aus dem Buchtitel zu streichen. Ich hatte in letzter Zeit schon oefter den Eindruck, dass die Clique um Benedikt den armen alten emeritierten Papst ganz kraftig manipuliert und fuer ihre Intrigen einspannt. Und der Drahtzieher bei all dem kann eigentlich nur der Sekretaer gewesen sein. Nun hat er sich ueberreizt. Genau wie vorher Mueller. Ciao Don Giorgio.

Ich bete jeden Tag fuer Papst Franziskus. Dass er die “Boecke” von den “Schafen” im Vatikan unterscheiden kann und im Heiligen Geist die Kurie und die Kirche erneuert.