Kathpress, 01.02.2022 (KAP) "Frauen ins Amt! Männer der Kirche solidarisieren sich" lautet der Titel des neuen Buches der deutschen Ordensfrau und Theologin Philippa Rath; und unter den 102 dort für mehr Geschlechtergerechtigkeit in der Kirche argumentierenden Männern sind neben Laienkatholiken, Theologen, Priestern und Ordensleuten auch einige Bischöfe. Auch zwei hochrangige Kirchenvertreter mit Österreichbezug - der aus Vorarlberg stammenden Altbischof von Xingu im Amazonasgebiet, Erwin Kräutler, und der aus der Schweiz stammende Propst von St. Gerold, Martin Werlen - sprechen sich in dem Sammelband dezidiert für ein Frauenpriestertum aus. Kräutler gestand, er kenne kein Argument gegen die Weihe von Frauen, "das mich überzeugen könnte".
Weiters kommen in dem Buch zu Wort; der Münchner Erzbischof Kardinal Reinhard Marx, der stellvertretende Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Franz-Josef Bode (Osnabrück), die Bischöfe Gerhard Feige (Magdeburg) und Heiner Wilmer (Hildesheim), der Baseler Bischof Felix Gmür, der frühere Bischof von Evreux, Jacques Gaillot, Ex-ZdK-Präsident Thomas Sternberg, Ordensmann und Erfolgsautor Anselm Grün sowie der in München lebende österreichische Jesuit und Publizist Andreas Batlogg.
Bereits vor genau einem Jahr hatte Philippa Rath, Ordensfrau aus dem Benediktinerinnenkloster in Eibingen bei Rüdesheim, mit ihrem Buch "Weil Gott es so will" für Aufsehen gesorgt. Es enthielt Lebenszeugnisse von 150 Frauen, die sich zur Priesterin oder Diakonin berufen fühlen, diese Berufung aber in der Katholischen Kirche nicht leben können. Jetzt legt Sr. Philippa nach: Ihr gemeinsam mit dem Würzburger Hochschulpfarrer Burkhard Hose herausgegebene Buch "Frauen ins Amt!" sei Zeugnis eines Bewusstseinswandels vieler Männer in der Kirche. "Bei anderen bahnt sich ein Umdenken an, bei wieder anderen sind noch 'dicke Bretter zu bohren'", sagte Rath der deutschen Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).
Kräutler: "Frage brennt auf dem Herzen"
Keine Überzeugungsarbeit mehr ist beim austro-brasilianischen Bischof Erwin Kräutler zu leisten - für die hätten schon seine Schwester Ermelinde und die christlichen Basisgemeinden in Amazonien gesorgt, wie er schrieb. Seine vor zwei Jahren verstorbene Schwester sei als Ordensfrau und Pastoralassistentin jahrzehntelang in Dornbirn-St. Martin "priesterlich" tätig gewesen, habe gepredigt, Menschen seelsorglich begleitet, schrieb Kräutler. "Immer wieder fragte sie mich, wenn ich in Österreich war: 'Warum, um Gottes willen, bin ich von der Priesterweihe ausgeschlossen?'" Nun sei sie tot, so der Bischof. "Aber ihre Frage brennt mir auf dem Herzen."
All die immer wieder genannten Argumente gegen die Frauenordination "sind unverständlich und verblassen angesichts der Realität, in der wir als Kirche in Amazonien leben", betonte Kräutler. Er erinnerte an eine Weg weisende Bischofsversammlung im Jahr 1972, die Frauen und Männern die Ausbildung zu Gemeindeleiterinnen in dem extrem priesterarmen Amazonien ermöglichte. Tausende kirchliche Basisgemeinden - heute zu mindestens zwei Dritteln von Frauen geleitet - seien die Folge gewesen. Diese lebten ihren Glauben weitgehend priesterlos - und damit auch "eucharistielos", wies Kräutler hin.
Dafür, dass diesen Gemeinden "der Kern des Mysteriums der Kirche", wie es Johannes Paul II. einmal ausdrückte, fehle, machte der Altbischof die kirchliche Gesetzgebung und Lehrschreiben wie "Ordinatio sacerdotalis" (1994) eben jenes polnischen Papstes verantwortlich. Kräutler hält es für notwendig, das Evangelium in die heutige Zeit zu inkulturieren und die Kirchenämter für Frauen zu öffnen. "Es geht doch schlicht und einfach um die pastoralen Bedürfnisse unserer Zeit! Und nicht um Geschichtsschreibung!", so sein abschließender Appell an Reformgegner.
"Von der Ver-Achtung zur Be-Achtung"
Propst Martin Werlen blickte in seinem Beitrag auf seine lange Zeit als Abt von Einsiedeln zurück, als er das ihm ebenfalls unterstellte Schweizer Benediktinerinnenkloster Fahr aufwertete und dessen "mühsamen Weg von der Ver-Achtung zur Be-Achtung" ebnete. Seine damalige Überzeugung sei gewesen, "dass das Miteinander der beiden Gemeinschaften gerade in unserer Zeit ein prophetisches Zeichen für das Miteinander von Mann und Frau in der Kirche werden könnte". Zuletzt habe die Priorin von Fahr am 1. August 2021, dem Schweizer Nationalfeiertag, im Hauptgottesdienst in Einsiedeln gepredigt, freute sich Werlen über seine nachhaltige Weichenstellung.
Und er fügte die Hoffnung hinzu, "dass auch Frauengemeinschaften bald umsetzen können, was der heilige Benedikt für benediktinische Gemeinschaften vorsieht: Brauchen sie jemanden mit Weihevollmacht, soll die verantwortliche Person ein geeignetes Mitglied aus der Gemeinschaft weihen können."
Marx gegen männerdominierte "Sonderwelt"
Die vier deutschen Diözesanbischöfe Marx, Bode, Feige und Wilmer sprachen sich nicht explizit für katholische Priesterinnen aus, halten aber Kirchenreformen in der Frauenfrage für unverzichtbar. Der Münchner Kardinal Marx etwa schrieb in dem Sammelband, er könne sich "für die Zukunft schwer vorstellen, dass wir eine 'Synodale Kirche' entwickeln, in der Männer und Frauen gemeinsam arbeiten, beraten, diskutieren und am Schluss nur ein Kreis von Bischöfen Entscheidungen trifft". Er empfinde es - so Marx weiter - zunehmend als eine "für viele Menschen immer merkwürdigere 'Sonderwelt', die sich in Bischofskonferenzen, in der Kurie in Rom, aber auch in Priesterseminaren zeigt". Er sehe dort heute stärker als früher "ein Defizit: ein Fehlen des aktiven Mittuns, Beratens und auch Entscheidens von Frauen".
Für Bischof Bode besteht "die theologische und spirituelle Notwendigkeit, Kirche auch sakramental stärker durch Frauen prägen zu lassen" und "Frauen mehr und tiefer an den Entscheidungen der Kirche partizipieren zu lassen". Sein Amtskollege Feige schrieb, eine Weihe von Frauen rigoros abzulehnen, überzeuge viele Menschen nicht mehr. Bischof Wilmer bedauerte, dass Frauen in der Kirche "zu wenig gehört" würden. "Uns allen entgehen damit lebenswichtige und lebensspendende Charismen."
Die beiden Herausgeber von "Frauen ins Amt!", Rath und Hose, beobachten eigenen Worten zufolge ein anwachsendes "kritisches Mannsein" in der Kirche. "Ich treffe auf immer mehr Männer in der katholischen Kirche, auch Amtsträger, die nicht länger 'Gefangene' zugeschriebener Privilegien sein wollen. Sie wollen, dass sich veraltete patriarchale Rollenbilder ändern", sagte Hose der KNA. Dass der Vatikan ein Priestertum der Frau ausschließt, kommentierte Ordensfrau Rath mit: "Denkverbote und 'Basta'-Entscheidungen waren noch nie überzeugend und zukunftsweisend." Reformiere sich die Kirche nicht rasch, dann werde sie letztlich "in ihrem eigenen Relevanzverlust untergehen". Denn die Frauenfrage sei zentral, so die Delegierte beim Reformdialog "Synodaler Weg" der Katholischen Kirche in Deutschland.
Der Band "Frauen ins Amt! Männer der Kirche solidarisieren sich" von Philippa Rath und Burkhard Hose (Hrsg.) erschien im
Verlag Herder >>, umfasst 304 Seiten und kostet 25,80 Euro.