Dienstag, 16. Juli 2024

Erwin Kräutler: "Wir haben nur diese Welt"



„Eine andere Welt ist möglich“
Der aus Vorarlberg stammende Bischof Erwin Kräutler feierte vor kurzem seinen 85. Geburtstag. Im Rupertusblatt-Interview beschreibt er seine schönsten Begegnungen als Bischof und seine „Liebe zu Salzburg“.

RB (Ingrid Burgstaller): Sie kamen als „Fremder“ an den Xingu. Wie sind Sie zum „Freund“ der Menschen geworden?
Bischof Erwin Kräutler: Schon damals, als ich im Dezember 1965 hier ankam, habe ich mich nicht als „Ausländer“ oder „Fremder“ empfunden. Ich wurde so herzlich aufgenommen, sodass ich gar nicht anders denken konnte, als zu diesen Menschen zu gehören. Seither sind 59 Jahre vergangen und ich weiß, dass ich hierhergehöre.


RB: Was waren Ihre schönsten Begegnungen?
Bischof Erwin Kräutler: Ich tue mich schwer, die schönsten herauszufiltern. Zwei möchte ich erwähnen.
Die erste fand in einem Dorf der Kayapó statt. Ich hatte mich bemüht, ihre Sprache zu erlernen, damit ich mich besser mit den Indios verständigen und ihnen beweisen konnte, wie sehr ich sie schätze und liebe. Als ich wieder einmal ins Dorf kam, erklärte mir der Kazike: „Du bist kein Weißer, sondern unser Verwandter“ und die Frau des Häuptlings adoptierte mich auch gleich und bat, sie fürderhin nicht mehr Moangri (ihr Name) anzusprechen, sondern „Nhiruwa“ („Mama“).
Die zweite Erfahrung ist aus der Zeit, als ich aufgrund meines Einsatzes für die immer wieder missachteten Menschenrechte der Indios und der armen Bevölkerung unmissverständliche Drohungen erhielt. Hier in Porto de Moz, wo ich in diesen Tagen wieder bin, kam vor dem Schlusssegen der Messe plötzlich eine Frau zum Altar, nahm mir das Mikrofon aus der Hand und sagte: „Dom Erwin, wir wissen, wie es dir geht, aber lass dich nicht einschüchtern. Du weißt, dass wir dich lieben. Du gehörst uns!“. Und es gab Tränen und tosenden Applaus.


RB: Sie sind als Pendler zwischen den Welten bezeichnet worden. Sind Sie in beiden Welten, also Österreich und Brasilien, daheim?
Bischof Erwin Kräutler: Ich habe mich selbst nie als „Pendler zwischen den Welten“ verstanden. Ich bin in den letzten Jahrzehnten zwar öfters nach Europa gereist als in den ersten Jahrzehnten meines Hierseins. Als meine Eltern noch lebten war es mir eine Selbstverständlichkeit, ein paar Wochen bei ihnen zu verbringen, aber ich war dann trotzdem nicht nur in Koblach, sondern sehr viel unterwegs und habe im Ländle vielen jungen Leuten die Firmung gespendet. Oft war ich auch zu Vorträgen, Seminaren und Versammlungen eingeladen und habe diese Termine gerne angenommen. Aufgrund meiner Ämter bei der Bischofskonferenz war ich auch oft in Rom und anderswo.
Ich habe meine Wurzeln nie verleugnet, aber Heimat ist für mich immer dort, wo man sich wohl, geliebt und dazugehörig fühlt.


RB: Sie sind von Koblach über Salzburg nach Altamira. Der Salzburger Erzbischof Andreas Rohracher hat Sie zum Priester geweiht. Sie haben sogar denselben Wahlspruch. Sie sind Absolvent und Ehrendoktor der Universität Salzburg, heute trägt in Salzburg ein Preis Ihren Namen ... Was verbinden Sie mit Salzburg?
Bischof Erwin Kräutler: Zunächst zu meinem Wahlspruch als Bischof. Ich entdeckte erst, als ich einmal schon als Bischof im Salzburger Dom in die Krypta hinunterging. Ich kannte alle Erzbischöfe nach Andreas Rohracher: Eduard Macheiner, der mich damals noch als Weihbischof 1964 im Kolleg St. Josef in Aigen zum Subdiakon und in St. Peter zum Diakon geweiht hat, Karl Berg, Georg Eder, Alois Kothgasser. Selbstverständlich kenne ich auch den heutigen Erzbischof Franz Lackner.
In der Domkrypta sind die Wahlsprüche der Erzbischöfe zusammen mit ihren Namen und ihrer Amtszeit auf jedem der Epitaphe zu lesen. Und da war ich unendlich überrascht, als ich bei Andreas Rohracher, der mich am 3. Juli 1965 zum Priester geweiht hat, den Wahlspruch las, den ich 1980 auch für mein Bischofsamt auswählte: „Servus Christi Jesu“ (Röm 1,1), nur in der Reihenfolge der Worte wie im griechischen Urtext.
Mit Salzburg verbindet mich eine große Liebe zu dieser Stadt und dem Land. Die sechs Jahre Universitätsstudium haben mich geprägt, die Jahre der Auseinandersetzung mit mir selbst, ob der Priesterberuf wohl die richtige Entscheidung ist, dann die Weihe im Dom und der Abschied, als ich bereits den Entschluss gefasst hatte, mein Priestertum in Amazonien zu leben. Ich habe viele Städte kennen gelernt, aber immer, wenn ich gefragt werde, welche für mich die schönste Stadt der Welt ist, gebe ich, ohne auch nur ein bisschen zu zögern zur Antwort: Salzburg.
Und jedes Mal, wenn ich wieder hier bin, mache ich so etwas wie einen Nostalgiespaziergang in der Altstadt, auf den Nonnberg, in den Dom, in die Franziskanerkirche, nach St. Peter, zum Festspielhaus und ihm gegenüber das Gebäude der Theologischen Fakultät.


RB: Was heißt für Sie Nachfolge Christi? Hat sich Ihr Glaube verändert?
Bischof Erwin Kräutler: Mein Glaube hat sich im Laufe meines Lebens nicht viel verändert, sondern eher vertieft. All die Erfahrungen, die ich machen durfte, sind mit meiner Glaubensüberzeugung verbunden. Als ich wenige Monate nach der Priesterweihe nach Brasilien ausreiste, ging ich einer ungewissen Zukunft entgegen. Die Entscheidung war gefallen. Also Abschied von Eltern und Geschwistern und vielen Personen, die mir lieb waren und, sofern sie noch leben, heute noch lieb sind. Auf meinem Primizbildchen hatte ich die Worte aus dem 1. Johnannesbrief drucken lassen: „Daran haben wir die Liebe erkannt, dass Er sein Leben für uns eingesetzt hat. So ist es auch unser Auftrag, das Leben für die Brüder und Schwestern einzusetzen“ (1 Joh 3,16). Und als Priester der Kongregation vom Kostbaren Blut lebe ich aus der Spiritualität des Blutes Christi: Jesu Liebe bis zum Äußersten, bis zu seinem letzten Blutstropfen. Joh 13,1: „Da er die Seinen liebte, liebte er sie bis zum Ende“ – Joh 19,30 „Es ist vollbracht“ – wörtlich übersetzt: „Jetzt ist zum Ende (= Äußersten) gelangt“.


RB: Sie haben sich als Bischof auf Seiten der Armen gestellt. Das war nicht ungefährlich. Wie sind Sie damit umgegangen?
Bischof Erwin Kräutler: Es gab tatsächlich Stunden, die für mich schwierig waren, aber Angst hatte ich eigentlich nie. Man kann nicht fortwährend in Angst und Schrecken leben. So hatte ich einfach ein tiefes Vertrauen auf den Lieben Gott, dass wohl nichts passieren wird. Denn ich war ja nur von einer verschwindenden Minderheit angefeindet worden, weil ich mich für Recht und Gerechtigkeit einsetzte. Und viele der damaligen Gegner geben mir heute sogar Recht, gerade im Zusammenhang mit Belo Monte, weil genau das eingetreten ist, was ich vorhersah. Fünfzehn Jahre lang stand ich zudem unter einem von der Regierung angeordneten Polizeischutz. Mit wirklich sehr wenigen Ausnahmen habe ich nie schlaflose Nächte gehabt.


RB: Als Präsident des Indigenen-Missionsrats CIMI haben Sie für die Rechte der indigenen Völker gekämpft. Wie ist heute die Situation?
Bischof Erwin Kräutler: Siebzehn Jahre war ich Vorsitzender dieses bischöflichen Rates für Indigene Völker. Eines meiner größten Erfolgserlebnisse war, dass es uns gelungen ist, die Indigenen-Rechte in der Verfassung von 1988 zu verankern. Aber der Salto von den Verfassungsparagrafen in die konkrete Wirklichkeit ist nicht vollends geschehen. Im Kongress sitzen mehrheitlich anti-indigene Abgeordnete und Senatoren.


RB: Was können wir von den indigenen Völkern in Sachen Schutz der Mit-Welt und Klimaschutz lernen?
Bischof Erwin Kräutler: Genau das können wir von den Indios lernen, nämlich was die Welt scheinbar nicht von ihnen lernen will: Respekt vor der Mit-Welt, und noch mehr: die Liebe zu unserer Mit-Welt. Die Indios sind keine „Heiligen der Letzten Tage“, aber sie sind uns haushoch überlegen in der Art und Weise wie sie mit der Natur umgehen. Die verdammte Habgier und die skrupellose Ausbeutung der Ressourcen unseres Planeten sind die „strukturellen Sünden“ von Wirtschaft und Gesellschaft. Wir müssen endlich zur Kenntnis nehmen, dass wir nur diese Welt haben und es keinen „Plan B“ gibt.


RB: Die junge Generation steht vielen Ungewissheiten gegenüber. Haben Sie eine Hoffnungs-Botschaft für die jungen Menschen?
Bischof Erwin Kräutler: Ja, ganz ehrlich tut mir die junge Generation irgendwie Leid. Welche Perspektiven haben sie, wie sieht ihre Zukunft tatsächlich aus? Ich denke, diese ungewisse Realität muss uns „ältere“ Menschen doch ermuntern, die Anliegen der Jugend ernst zu nehmen und ihre Demonstrationen nicht zu beschimpfen, sondern sie zu unterstützen, übrigens ganz im Sinne des Weltsozialforums: „Eine andere Welt ist möglich!“


RB: Gerade wird viel über kirchliche Synodalität gesprochen. Wie muss sich Kirche entwickeln, damit sie relevant im Leben der Menschen bleibt?
Bischof Erwin Kräutler: Veränderung? Längst fällige und notwendige Reformen werden auch die lange Bank geschoben. Und Synodalität? Die jetzige Mammut-Synode ist vielleicht der Ankick für ein ganz neues Verständnis von Kirche. Aber solange ein streng hierarchisch gegliedertes System mit einem bis auf den letzten Punkt und Beistrich herausgetüftelten Codex Iuris Canonici das sakrosankte Grundgesetz ist, wird es schwer sein, eine Kirche als synodale Gemeinschaft mit synodaler Teilhabe aller Christenmenschen und mit einer synodalen Sendung aller in die Welt von heute zu verstehen und zu etablieren. Solange in unserer Kirche „Geschlechtergerechtigkeit“ immer noch ein Reizwort ist und die Frauen, die mehr als die Hälfte aller katholischen Gläubigen ausmachen, aufgrund ihres „Frau-seins“ von der Weihe ausgeschlossen sind, wird es nie echte Synodalität geben.


Wissenswert
Ein Leben in und für Amazonien:
Bischof em. Erwin Kräutler (Dom Erwin) ist am 12. Juli 1939 in Koblach geboren, er ist Mitglied der Kongregation der Missionare vom Kostbaren Blut. Von 1981 bis 2016 war er Bischof der Prälatur Xingu. Für seinen Einsatz für die Mit-Welt und die indigenen Völker wurde er mehrfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Alternativen Nobelpreis.

Samstag, 13. Juli 2024

Erwin Kräutler: Kirchenrecht, Frauen und Arme sind Barrieren für eine synodale Kirche


"Die Gefahr ist nach wie vor groß, dass sich unsere Kirche, gerade nach dem skandalösen und schrecklichen Missbrauchskapitel, wieder besonders mit sich selbst beschäftigt. Die "Synodalsynode" kann sicher nicht über ihren eigenen Schatten springen. Aber ein Rückzug "aus der bösen Welt" in die nach Weihrauch duftenden Sakristeien oder der Versuch, durch liturgische Großveranstaltungen mit viel Pomp, lauter Musik und prächtigen Gewändern die Massen anzulocken, ist sicher der falsche Weg", warnt Erwin Kräutler, emeritierter Bischof vom Xingu, Altamira.

Seiner Meinung nach ist das Instrumentum laboris viel mehr ad intra als ad extra gerichtet. Hier sein Beitrag:


Synode für eine synodale Kirche II –
das Kirchenrecht, die Frauen und die Armen.

Am vergangenen 13. Juni sagte Papst Franziskus laut Vatican News: „Ich wünsche mir, dass nach dieser Synode die Synodalität als ständige Handlungsweise in der Kirche auf allen Ebenen bestehen bleibt und in die Herzen aller, der Hirten wie der Gläubigen, eindringt, bis sie zu einem gemeinsamen kirchlichen Stil wird. All dies erfordert jedoch eine Veränderung, die in jedem von uns stattfinden muss, eine echte Umkehr“.

Das ist ein besonders mutiger Wunsch unseres Papstes Franziskus! Dieses päpstliche Wort in Gottes Ohr! Immer wollte Papst Franziskus von uns „mutige“ Vor- und Ratschläge: „Sean corajudos!“ (seid couragiert!) sagte er uns Bischöfen, aber auch Priestern, vielen Frauen und Männern, Indigenen und armen Menschen.Und diese immer wieder angemahnte „Courage“ steht ganz im der Nähe der „parrhesia“ der Apostelgeschichte.

Die Erfahrung, die ich 2019 bei der Synode für Amazonien machte, hat leider meine Hoffnungen etwas getrübt. Es gab damals weit mehr als zwei Drittel der „Synodenväter“, die für das weibliche Diakonat votierten und für die weit abgelegenen Regionen Amazoniens und die Indigenen Volksgruppen auch verheiratete Priester wünschten.

Übrigens urgierten wir damals mit allem Nachdruck das „Frauenstimmrecht“ bei einer Synode. Und bei der jetzigen „Synode für eine synodale Kirche“ sind nun tatsächlich auch die „Synodenmütter“ und nicht nur „-väter“ stimmberechtigt, wenn auch das rechtsextreme Lager in unserer Kirche dagegen Sturm läuft.

Aber, in seinem nachsynodalen Schreiben zur Amazonas-Synode nimmt Papst Franziskus mit keiner einzigen Silbe zu unserem Wunsch Stellung, endlich das weibliche Diakonat wieder einzurichten, oder eine Dispens vom Zölibat für Priester in bestimmten kulturellen Lebenswelten ins Auge zu fassen, um den „eucharistischen Notstand“ zu beheben.

Das Thema der aktuellen „Mammut“-Synode „Für eine synodale Kirche: Gemeinschaft, Teilhabe und Sendung“ hätte es in sich, den Aufruf Johannes des Täufers in unsere Zeit zu transportieren: „Stimme eines Rufers in der Wüste: Bereitet den Weg des Herrn! Macht gerade seine Straßen! Jede Schlucht soll aufgefüllt und jeder Berg und Hügel abgetragen werden. Was krumm ist, soll gerade, was uneben ist, soll zum ebenen Weg werden. Und alle Menschen werden das Heil Gottes schauen“ (Lk 3,4-6).

Dazu ein paar Hinweise auf einige besonders schwerwiegende Barrieren für eine synodale Kirche:


Gemeinschaft?

Wie kann synodale Gemeinschaft in einem streng hierarchisch gegliederten System, mit einem bis auf den letzten Punkt und Beistrich herausgetüftelten kategorischen Iuris Canonici funktionieren, demzufolge schon in der kleinsten Pfarreinheit der Pfarrer kirchenrechtlich befugt ist, seinen eigenen Willen, sogar ohne jede Begründung gegen ein überwiegendes Votum der Mitglieder des Pfarrkirchenrates und der Gemeinde durchzusetzen? 

Wie kann eine Diözese synodal sein und leben, wenn es jetzt im Instrumentum laboris heißt „die Entscheidungskompetenz des Bischofs (...) ist unveräußerlich“ und dazu noch erklärt wird, dass diese These „auf der von Christus errichteten hierarchischen Struktur der Kirche beruht“ (IL 2024, Nr. 70)? Wo und wann hat denn Jesus die „hierarchische Struktur der Kirche“ errichtet? Kann denn wirklich mit dem „Du bist Petrus…“ (Mt 16,18) bewiesen werden, dass Jesus die ganze hierarchische Machtpyramide mit den vielfältigen Stufen und Rängen „errichtet“ hat?

Wie kann eine Diözese als synodale „Gemeinschaft“ wirklich verstanden werden, wenn Bischöfe, in einem undurchsichtigen Prozess, über die Köpfe aller Diözesanen Gremien hinweg, ohne jede Rücksprache mit Vertreterinnen oder Vertretern der Ortskirche, ja nicht einmal mit dem scheidenden Bischof, einfach zu Hirten bestimmt und ernannt werden, für ein Volk Gottes, das sie weder kennen noch jemals besucht haben? Und dieser Vorgang wird dazu noch mit dem Etikette „Wahl“ versehen!


Teilhabe?

Teilhabe, Partizipation, meint nicht nur teil-„haben“, sondern auch teil-„nehmen“! Es handelt sich um das Recht eines jeden Christenmenschen, zu seiner Kirche zu gehören, mit seiner Familie „Teil“ dieser Kirche zu sein, Verantwortung übernehmen und mitbauen zu dürfen. Dieses Zugehörigkeitsgefühl – und nicht nur -gefühl – sondern auch Zugehörigkeits-Recht ist ausschlaggebend für eine synodale Gemeinschaft.

Unsere Kirche tut sich verdammt schwer, das allgemeine Priestertum aller Christgläubigen (Lumen Gentium, 10) zu apostrophieren. Immer wieder – und heute auch in Lateinamerika – erhebt sich aus den Truhen vergangener Jahrhunderte ein von uns als längst verschollen geglaubter Klerikalismus. Es gibt Priester, und auch Bischöfe, die es als ihren Auftrag verstehen, die „alte Disziplin“ wiederherzustellen. Den Amtsträgern in der Kirche soll endlich die „althergebrachte“ Autorität zurückerstattet werden.

Damit wird die Kluft zwischen Amtsträgern und Laien, statt sie zu überwinden, noch mehr vertieft: kirchliche Amtsträger haben zu „unterweisen“ und Laien zu „gehorchen“. Ein solcher Trend ist gefährlich und vor allem anti-synodal, weil er dem widerspricht, was Jesus gesagt hat: „Die Könige herrschen über ihre Völker und die Mächtigen lassen sich Wohltäter nennen. Bei euch aber soll es nicht so sein, sondern der Größte unter euch soll werden wie der Kleinste, und der Führende wie der Dienende“ (Lk 22,25-26).

Kirchliche „Autorität“ erhebt nicht jemanden über das Volk! Im Gegenteil, wir sind „für“ das Volk da und „mit“ dem Volk Gottes unterwegs. Das ist Synodalität im Sinne Jesu!

Teilhabe ist aber auch das Thema, mit dem wirklich jede Synodalität in unserer Kirche steht und fällt: die „Teilhabe“ der Frau in unserer Kirche! Und da ist es für mich unverständlich, warum unser Papst Franziskus gerade dieses Thema aus dem Synodenprogramm gestrichen und, wie es scheint, auf den St. Nimmerleinstag hinausgeschoben hat. Zwei Kommissionen haben schon in der Geschichte der christlichen Urgemeinden herumgewühlt und kamen auf keinen grünen Zweig, weil eine Diakonatsweihe im heutigen Sinn, beispielsweise bei Phöbe (Röm 16,1), nicht nachgewiesen werden kann, genauso wie eine Priesterweihe damals ganz sicher nicht im Ritus Romanus gespendet wurde, wie es heute in unseren Kathedralen geschieht.

Es geht, um Gottes Willen, doch nicht darum, was vor zweitausend Jahren tatsächlich gegolten hat oder nicht, sondern es geht um Antworten auf die Herausforderungen unserer Zeit. Wenn Frauen seit Jahrzehnten in den allermeisten Gemeinden Amazoniens, in den Städten und „im Busch“, als Gottesdienst- und Gemeindeleiterinnen, Katechetinnen und Religionslehrerinnen wirken, das Wort Gottes verkünden und auslegen, zur Taufspendung und kirchlichen Assistenz bei Eheschließungen beauftragt sind, und es Ihrem Einsatz zu verdanken ist, dass die Kirche in Amazonien überhaupt „lebt“, dann muss nun doch, um Gottes Willen, die „Geschlechtergerechtigkeit“ auch in unserer Kirche ankommen! Im Klartext: die Weihegnade darf Frauen nicht länger verweigert werden!

Die Annahme, dass in der Kirche das „petrinische“ und „marianische“ Prinzip getrennt aufscheinen, ist schrecklich tendenziös! Frauen sind „marianisch“, Männer „petrinisch“ – psychologischer Nonsens! Es gibt sie und wird sie immer geben: petrinische Frauen, aber auch marianische Männer. Und umgekehrt! Oder noch klarer ausgedrückt: in jeder Frau gibt es petrinische, wie auch in jedem Mann marianische Qualitäten. All diese Eigenschaften sind gleichwertig! Von Gott am sechsten Tag der Schöpfung geschaffen und „als sehr gut“ befunden (Gen 1,31)! Und wir haben sie beide in uns, die petrinische und die marianische! Gott sei Dank!


Sendung?

„Die Kirche ist von Christus gesandt, die Liebe Gottes allen Menschen und Völkern zu verkünden und mitzuteilen“ (Ad Gentes, 10). Dieses Wort aus dem Dekret des II. Vatikanischen Konzils „über die Missionstätigkeit der Kirche“ weist die Richtung der Sendung jedes Christen, jeder Christin.

Ich bin überzeugt, dass Jorge Mario Bergoglio zum Papst gewählt wurde, weil er im Vorkonklave für eine Kirche plädierte, die aus sich herausgeht und sich an die Peripherie wagt, nicht nur an die geographische, sondern die existenzielle, das heißt die Menschen an den Rändern der Gesellschaft abholt, genau dort wo sie leben, mit all ihren Nöten und Hoffnungen, ihrer Ausgegrenztheit und ihren Erwartungen. Er wählte den Namen „Franziskus“ als weiteren Beweis dafür, dass er es ernst meint mit einer Kirche, die Papst Johannes XXIII schon im Jahre 1962, kurz vor der Eröffnung des II. Vatikanischen Konzils, schon „Kirche der und für die Armen“ nannte. Bei seiner ersten Audienz für die Medienvertreter am 16. März 2013 sagte Papst Franziskus: „Wie sehr möchte ich eine arme Kirche und eine Kirche, die für die Armen da ist“.

Franziskus ging nach Lampedusa, nach Lesbos, in die Gefängnisse, wusch Strafgefangenen, auch Musliminnen, die Füße, entschuldigte sich bei Indigenen in Kanada, war zutiefst gerührt über den Schrei der Indigenen in Puerto Maldonado, wenige Monate vor Beginn der Amazonien-Synode, und so weiter und so fort. An päpstlichen Beispielen fehlt es nicht! Und es gibt in der Kirche sicher viele Formen der Hinwendung zu den Ausgegrenzten und Ausgebeuteten, aber die Gefahr ist groß, dass sich diese Kirche gerade nach dem skandalösen, grausigen Missbrauchskapitel wieder besonders mit sich selbst beschäftigt. Die „Synodalsynode“ kann sicher nicht über den eigenen Schatten springen, aber ein Rückzug „aus der bösen Welt“ in weihrauchgeschwängerte Sakristeien oder der Versuch durch liturgische Groß- und Kleinveranstaltungen mit viel Pomp, Trara und prunkvollen Gewändern wieder die Massen anzuziehen, ist sicher der falsche Weg.

Für Franz von Assisi war die Begegnung mit den Aussätzigen das konkrete Zusammentreffen mit dem leidenden Herrn Jesus. Das Schlüsselerlebnis schlechthin, um Franz von Assisi, den Namensgeber unseres Papstes, überhaupt verstehen zu können. Wer und wo sind die „Aussätzigen“ unserer Zeit und Welt? Wie und warum leben Menschen „an den Peripherien“, in Slums und Favelas, unter Brücken und zusammengepfercht in schmutzigen Baracken? Warum wird Indios und Aborigines das Recht auf ihre Identität abgesprochen? Warum werden sie aus ihrem angestammten Land vertrieben? Warum sterben Menschen „vor der Zeit“, weil sie nicht genug zu essen haben? Warum erreichen Kinder nicht das Erwachsenalter? Warum, um Gottes Willen, ist wieder Krieg, der am ärgsten wieder die Armen trifft? Diese grauenvolle Litanei hört noch lange nicht auf! Sendung der Kirche? Was ist die Mission der Kirche? „Die Liebe Gottes allen Menschen und Völkern zu verkünden und mitzuteilen“! Wie soll das konkret und synodal geschehen? – Das sind nur ein paar wenige Fragen, die Teil Zwei der Welt-Synode „Eine synodale Kirche: Gemeinschaft, Teilhabe, Sendung“ zu beantworten hat.

Das nun veröffentlichte Instrumentum laboris 2024 spricht nur „am Rande“ von Armen, also nur „peripherisch“. Die Ränder der Gesellschaft, die Peripherien sind ja der Ort, an dem die Armen leben! Ich fand das Wort „pobre(s)“ (Arme) ganze sieben Mal unter den insgesamt 21.504 Wörtern in den 112 Paragrafen und noch einmal als Fußnote. Und das erschüttert mich!

Warum gibt es in Teil III „Orte“ kein eigenes Kapitel über die Armen und die Ausgeschlossenen vom „Bankett des Lebens, zu dem alle Menschen gleichermaßen von Gott eingeladen sind“ (Johannes Paul II., Sollicitudo Rei Socialis, Nr. 39)? Das Instrumentum laboris beklagt eine „Welt, in der die Mächtigen die Armen, die Ausgegrenzten und die Minderheiten ignorieren“ (IL 2024, Nr. 20). Ignorieren denn nur die Mächtigen „dieser Welt“ die Armen?

Der Text empfiehlt: „Ein besonders wichtiger Punkt in diesem Zusammenhang ist es, den Menschen zuzuhören, die verschiedene Arten von Armut und Marginalität erleben“ (IL 2024, Nr. 54). Kommt denn das Synodenpapier erst jetzt drauf, dass es wichtig ist, den Menschen zuzuhören, insbesondere den Menschen, denen sonst niemand zuhört? Das wäre nun tatsächlich ein wesentlicher Schritt zu einer, im kirchlichen Alltag, gelebten Synodalität.

Aber, um diesen Menschen überhaupt zuhören zu können, müssen wir uns erst einmal aus unserer kirchlich geschützten Geborgenheit hinaus in die geächtete, verabscheute Ungeborgenheit der Peripherien hineinwagen! Das ist doch nun wirklich nicht leicht! Und das Instrumentum laboris gibt auch keinen Rat, wie dies geschehen könnte oder soll.

Das Instrumentum laboris für Teil-Zwei der Synode ist leider mehr „ad intra“ der Kirche gerichtet als „ad extra“, an die „Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen von heute, besonders der Armen und Bedrängten aller Art“ (Gaudium et Spes, n. 1).

Altamira, 12. Juli 2024

Erwin Kräutler
Bischof em. vom Xingu


“Por uma Igreja Sinodal” II, o Direito Canônico, as mulheres e os pobres
REPAM, 11.7.2024

Montag, 8. Juli 2024

Dom Erwin Kräutler wird 85



Amazonas-Bischof Kräutler wird 85 und ist vom Papst enttäuscht
Man kennt ihn weltweit als Amazonas-Bischof. «Dom Erwin» nennen sie ihn im
Regenwald in Brasilien – er gehört zu den Leuten dort. Am Freitag wird Erwin Kräutler 85. Zu seinem Geburtstag sagt der «Anwalt der Indios», warum er von Papst Franziskus enttäuscht ist.
Kath.ch, 11.7.2024

"Amazonas-Bischof" Erwin Kräutler wird 85 Jahre alt
Kämpfer für Wald und Indigene
Der österreichische Amazonas-Bischof Erwin Kräutler hat sich als Umweltschützer und Kämpfer für die Unterdrückten international einen Namen gemacht. Zu seinem 85. Geburtstag am Freitag zieht er Bilanz und spart nicht mit Kritik.
Domradio, 12.07.2024



Bischof Kräutler zum 85er: Barrieren für Synodalität überwinden
Brasilianisch-österreichischer Bischof gegenüber "Kathpress": Kirche braucht mehr Teilhabe und Geschlechtergerechtigkeit, soll Frauen Weihegnade nicht länger verweigern - Kritik am jüngsten Synoden-Arbeitspapier
Katholisch.at, 11.7.2024


Elbs: Bischof Kräutler steht für bedingungslose Nächstenliebe
Feldkircher Bischof über in Amazonien tätigen Amtskollegen: "Stimme für jene, die nicht gehört werden" - Erzabt Birnbacher würdigt "einen der berühmtesten Ordensmänner Österreichs"
Katholisch.at, 11.7.2024



Bischof Kräutler 85. Geburtstag
Am 12. Juli 2024 wird Bischof Erwin Kräutler 85 Jahre alt. Franz Helm, selbst viele Jahre als Steyler Missionar in Brasilien, würdigte zum 80er sein Engagement für die Menschen und die Mitwelt im Amazonasgebiet. Unter Einsatz seines Lebens kämpft „Dom Erwin“ gegen die Ausbeutung und die Zerstörung des Lebensraums. Befreiungstheologisch geprägt versteht er Mission als Lernen und Hören. 
Feinschwarz.net, 7.7.2024


Bis zum Äußersten - Bischof Erwin Kräutler
Er wurde bei einem Mordanschlag schwer verletzt – und Jahre später mit dem alternativen Nobelpreis ausgezeichnet: Erwin Kräutler, gebürtiger Vorarlberger, war von 1981 bis 2015 katholischer Bischof von Xingu, der flächenmäßig größten Diözese Brasiliens. Der Film von Peter Beringer zeichnet die wichtigsten Lebensstationen Kräutlers nach: ein Portrait anlässlich des 85. Geburtstags, das zeigt, wie sich der christliche Glaube des austro-brasilianischen Bischofs in seinem tatkräftigen Engagement für die indigene Bevölkerung Amazoniens und für die Erhaltung des Regenwaldes manifestiert.
kreuz und quer, 09.07.2024 (Video)

Montag, 1. Juli 2024

Bischof Nann in Peru aus gesundheitlichen Gründen zurückgetreten



Sabbatzeit im Alter von 63 Jahren
Papst nimmt überraschend Rücktritt von deutschem Bischof Nann an
Normalerweise sind Bischöfe bis zum Alter von 75 Jahren im Amt. Nun hat Papst Franziskus den Rücktritt des deutschen Bischofs Reinhold Nann angenommen – seit 2017 stand er einer Prälatur in Peru vor. Hintergrund ist seine angeschlagene Gesundheit.
Katholisch.de, 1.7.2024


Papst Franziskus nimmt vorzeitigen Rücktritt von deutschem Bischof in Peru an
Der aus Deutschland stammende Bischof der Territorialprälatur Caravelí in Peru, Reinhold Nann, ist im Alter von nur 63 Jahren von seinem Amt zurückgetreten. Papst Franziskus nahm das entsprechende Gesuch am Montag an. Inzwischen hat Nann gesundheitliche Gründe für seinen Rücktritt angegeben.

„Vor sieben Jahren habe ich mit großem Enthusiasmus in der Prälatur angefangen und viele Fortschritte erzielt“, erinnerte Nann in seiner Stellungnahme am Montag und erwähnte „die schrittweise Umsetzung des Plans zur pastoralen Erneuerung, die Wiedereinführung der Familienkatechese, die Schaffung der Pfarrcaritas“, aber auch „die Umsetzung von Präventionsprotokollen in jeder Pfarrei“ sowie „die Weihe von drei Priestern“. Er habe zudem „Aufgaben auf nationaler Ebene“ und andere Tätigkeitsbereiche gehabt.

Dies alles sowie „einige Enttäuschungen“ hätten „im Laufe der Zeit Stress und Bluthochdruck“ verursacht, führte Nann aus. „Seit der Corona-Zeit hat meine körperliche und geistige Gesundheit nachgelassen und ich habe das Gefühl, dass ich nicht mehr die gleiche Kraft wie früher habe. Nach einigen Kontrolluntersuchungen empfahlen mir die Ärzte, mir eine Auszeit zu gönnen, um mich zu erholen.“

So habe er sich entschlossen, „von meinem Amt als Bischof von Caravelí zurückzutreten und um ein Sabbatjahr zu bitten. Meine Behandlungen und meine Genesungszeit werde ich in Deutschland verbringen, mit der emotionalen Unterstützung meiner Mutter und meiner Brüder und Schwestern.“

Nann dankte „Gott und dem Volk Gottes der Prälatur Caravelí für den gemeinsamen Weg in diesen Jahren. Ich bin glücklich und ein wenig müde zugleich. Ich bitte um Vergebung für meine Ungeduld und andere Fehler, die ich gemacht habe.“

Der nunmehr emeritierte Bischof war 1987 für das Erzbistum Freiburg zum Priester geweiht worden. In den 1990er Jahren ging er als sogenannter Fidei-Donum-Priester für einige Jahre nach Peru. Nach einer mehrjährigen Unterbrechung ging es für ihn im Jahr 2002 zurück. 2017 wurde er zum Bischof geweiht. Nann ist Mitglied beim Schönstatt-Institut Diözesanpriester.

Im März 2020, zu Beginn der globalen Corona-Einschränkungen, sorgte Nann für Schlagzeilen, als er seinen Priestern zunächst die Erlaubnis zu erteilen versuchte, Beichten telefonisch zu hören, diese aber wenige Tage später schon wieder rückgängig machen musste. Tatsächlich handelt es sich um keine gültige Beichte, wenn sie per Telefon vorgenommen werden soll.

Nach einer Missbrauchsstudie über das Fidei-Donum-Programm, also über jene Priester, die als Missionare aus Deutschland in verschiedene Länder der Welt gesandt wurden, erklärte Nann im Jahr 2022: „Ich leugne nicht und bin zutiefst beschämt, dass es auch unter Fidei-Donum-Missionaren Missbrauchstäter gab und gibt.“

In der Öffentlichkeit werde indes „durch Vermutungen ein ungerechter Generalverdacht hergestellt, als wären alle Fidei-Donum-Priester, oder doch zumindest ein großer Teil, Missbrauchstäter gewesen“.

„Fidei-Donum-Missionare werden auf eigenen Wunsch ausgesandt“, erläuterte Nann. „Die Bischöfe ‚entledigen‘ sich daher nicht unliebiger Priester, aber straffällig gewordene Priester können unter Umständen auf diese Weise aus Deutschland geflüchtet sein.“

Dies sei laut Akten „in 3 Fällen geschehen, unter aktiver Mithilfe von Emil Stehle. Von insgesamt 400 Fidei-Donum-Priestern waren das 3, also 0,75%. Es war zwar kein Einzelfall aber eben auch nur ein verschwindend geringer Prozentsatz.“

Im Jahr 2023 brachte Nann die Kritik am deutschen Synodalen Weg mit dem Begriff Klerikalismus in Verbindung. „In der Lateinamerikanischen Kirchenversammlung und beim Anhören für die Weltsynode wurde als Hauptproblem der Klerikalismus ausgemacht“, erläuterte er. „Ein Klerus, der sich als Kaste versteht und alle Macht in der Kirche in seinen Händen konzentriert und diese auch nicht abgeben will."

„Diese klerikalistischen Kreise sind es, die den deutschen synodalen Weg als Schreckgespenst der Kirche an die Wand malen“, schlug der Bischof den Bogen. „Seine Themen sind hier zwar auch vorhanden aber noch weitgehend tabu und kaum mehrheitsfähig. Indem der deutsche Weg verteufelt wird, kann man indirekt den synodalen Weg der Weltkirche torpedieren und damit soll letztlich Franziskus selbst getroffen werden, der mit der Weltsynode wichtige Themen des II. Vatikanischen Konzils endlich umsetzen will: das Kirchenmodell des Volkes Gottes, das eine radikale Umgestaltung des pyramidalen und monarchischen Amtsverständnisses mit sich bringt.“
CNA-Deutsch, 2. Juli 2024
 

 
Mein Ruecktritt als Bischof von Caraveli

Heute hat der Vatikan meinen Rücktritt als Bischof von Caraveli angenommen und Ricardo Rodriguez, einen Weihbischof aus Lima als vorübergehenden apostolischen Administrator eingesetzt.

Vor 7 Jahren habe ich mit viel Enthusiasmus als Bischof von Caraveli angefangen. Ich habe vieles erreicht: ein Pastoralplan zur schrittweisen Erneuerung der Prälatur, die Wiedereinführung der Familienkatechese in mehreren Pfarreien, die Gründung von Pfarrcaritasgruppen in fast allen Pfarreien, eine Priestersolidaritaetskasse, 2 Hilfezentren für familiäre Gewalt, die Einführung von Praeventionsprotokollen in allen Pfarreien, 3 Priesterweihen und eine Neuordnung der Behörde für den Religionsunterricht…

Außerdem hatte ich Aufgaben auf nationaler Ebene als Präsident von Caritas del Perú, Vizepräsident der Partnerschaft, bischöflicher Begleiter der Familienkatechese, Mitglied in der bischöflichen Kommission zum Schutz Minderjähriger sowie in der Schoenstattbewegung.

Mit der Zeit haben mir diese Aufgaben neben einigen Enttäuschungen auch Stress und hohen Blutdruck beschert. Seit der Zeit des Covid hat sich meine körperliche und geistige Gesundheit verschlechtert und ich spüre deutlich, dass ich nicht mehr die Kräfte für dieses Amt habe. Nach einigen Untersuchungen haben mir die Ärzte geraten, eine Aus- und Erholungszeit zu nehmen. Daher habe ich die Entscheidung getroffen, vom Bischofsamt zurückzutreten und eine Auszeit (Sabbatjahr) zu nehmen.

Nach der Übergabe der Prälatur an meinen Nachfolger werde ich diese Sabbatzeit unter anderem im Elternhaus und im Recollektiohaus in Münsterschwarzach zubringen. Was danach kommt, werde ich dort im Gebet und Nachdenken entscheiden.

Ich habe mit meiner Ungeduld und Ungestüm wohl auch manchen Schaden angerichtet, für den ich ehrlich um Verzeihung bitte.

Ich danke allen, die den Weg als Bischof mit mir mitgegangen sind, besonders auch meinen Freunden in Deutschland, denen diese Mitteilung gilt.

Vielen Dank auch allen Spendern, die meine Arbeit hier unterstützt haben. Die Prälatur steht heute finanziell auf eigenen Füssen, ist aber auf Hilfe in sozialen Anliegen immer noch auf Spenden aus dem Ausland angewiesen. Ihr könnt darum frei entscheiden, ob Ihr Eure Spenden nun einstellen wollt, weil sie ja nun nicht mehr über mich gehen können, oder ob ihr weiterhin die sozialen Projekte der Prälatur unterstützen wollt. Dies geht wie bisher über Adveniat auf das Konto der Prälatur und wird dann für die Caritasarbeit in den Pfarreien verwendet. Es gibt keine administrativen Kosten, alles geht direkt an die Bedürftigen.

An Weihnachten erscheint wahrscheinlich ein neuer Rundbrief von mir.

Caraveli, 1.7.24

Mit der Bitte um Euer Gebet verabschiede ich mich
Euer emeritierter Bischof Reinhold Nann

Quelle: Blog von Reinhold Nann, 1 DE JULIO DE 2024


Geografische Lage der Prälatur:

Karte der Provinzen und Bezirke von Peru >>

Straßenkarten der Regionen der Prälatur >>


Dieser Bischof geht wirklich an die Ränder
Zwanzig Jahre lang betreute Reinhold Nann als Priester die Andendörfer der Diözese Trujillo, zu denen auch die Dilsberger Partnergemeinde Motil gehört. Im August 2017 wurde Reinhold Nann dann überraschend zum Bischof der Diözese Caraveli im Süden Perus ernannt. Nann erfuhr von seiner Ernennung mitten im tropischen Regenwald.
Deutsch-Blog, 28.2.2018

Donnerstag, 27. Juni 2024

Offener Brief an den Papst fordert Frauenpriestertum



Frauenpriestertum: Drei Schweizer Unterschriften unter dem Offenen Brief an den Papst

Zwölf reformorientierte Gruppierungen wenden sich in einem Offenen Brief an Papst Franziskus – darunter drei aus der Schweiz. Sie verlangen, dass die Weltsynode im Herbst auch das Thema Frauenpriestertum diskutiert. Simone Curau-Aepli vom Schweizerischen Katholischen Frauenbund sagt: «Die Gleichwürdigkeit aller Getauften muss endlich konkretisiert werden.»

Im Brief wird festgehalten: Über das Frauenpriestertum wird schon lange diskutiert. Seit Beginn des Zweiten Vatikanischen Konzils steht es auf der Tagesordnung. Es gibt bereits rund «300 Frauenpriesterinnen contra legem» (rechtswidrig, Red.), seit der ersten öffentlichen, kirchenrechtswidrigen Frauenweihe der «Donau sieben» im Jahr 2002. Die päpstliche Bibelkommission hat 1976 festgestellt, dass sich aus dem Neuen Testament kein Verbot von Priesterinnen herauslesen lasse. Und es gibt auch Bischöfe, die sich dafür einsetzen – etwa Erwin Kräutler.

Die Absage von Papst Johannes Paul II. von 1994 an das Frauenpriestertum ist laut dem Brief eine «lehramtliche Auffassung», die sich ändern könne und auch müsse. Und daran sollten sich die Christinnen und Christen beteiligen.

Kath.ch, 26.6.2024




Video-Interview mit Amazonien-Bischof über Reformen in der Kirche
Bischof Erwin Kräutler will über Weihe für Frauen nachdenken
Kirche und Leben, 30. NOVEMBER 2017

Donnerstag, 15. Februar 2024

Der Amazonas-Regenwald nähert sich dem Kipppunkt



Der Amazonas-Regenwald könnte 2050 einen Kipppunkt erreichen und kollabieren
Klimastress wird weltweit sichtbar – als Dürre, Höchsttemperaturen an Land und im Meer und häufigere Extremereignisse. Je größer die Belastung, desto eher verstärken sich diese nachteiligen Effekte: Ökosysteme werden weniger resilient, Arten können sich nicht schnell genug an den Wandel anpassen. Eine neue Studie im Fachjournal "Nature"hat sich mit einem wichtigen Klimapfeiler befasst, dem Amazonas-Regenwald. Laut den Ergebnissen der Analyse könnte er schon 2050 einen Kipppunkt erreichen. Denn zehn bis 47 Prozent der Amazonaswälder dürften dann unter gewaltigem Wasserstress leiden, der zum Kollaps dieses Ökosystems führen kann.
Der Standard, 14.2.2024


Amazonas-Regenwald könnte Klima-Kipppunkt schon 2050 erreichen
Der Amazonas-Regenwald beherbergt über 40 Millionen Menschen und gut zehn Prozent aller Arten auf der Erde. Damit ist er ein wichtiger Lebensraum für die globale Biodiversität. Zudem haben die Bäume dort enorme Mengen Kohlenstoff aus der Atmosphäre gespeichert. Würden alle Bäume dort sterben und dieses CO2 wieder freisetzen, entspräche das den menschlichen Emissionen von 15 bis 20 Jahren. Unterm Strich kühlt der Amazonas-Regenwald als Kohlenstoffsenke die Erde ab und trägt maßgeblich zur Stabilisierung des Klimas bei. Doch wie lange der Regenwald diese Aufgabe noch erfüllen kann, ist fraglich. Denn der Klimawandel setzt dem Ökosystem zu, immer häufiger kommt es zu Dürren und Wasserstress. Nimmt diese Belastung weiter zu, wird der Regenwald eines Tages einen Kipppunkt erreichen und unter dem Stress zusammenbrechen, warnen Wissenschaftler seit Langem. Bislang gingen sie jedoch davon aus, dass das nicht mehr in diesem Jahrhundert passieren wird.
wissenschaft.de, 14.2.2024


Dürre, Abholzung, Waldbrände – kippt der Amazonas-Regenwald?
Der Regenwald im Amazonas-Gebiet in Südamerika gilt als weltweit größter tropischer Regenwald mit Schlüsselrolle für das Weltklima. Eine Rekorddürre, Abholzung und Brände gefährden den artenreichen Wald jedoch immer stärker. Nähert sich der Amazonas Regenwald jetzt einem Kipppunkt? Forscher halten es für möglich, dass sich ein Großteil des Waldes in eine Savanne verwandeln könnte – dafür würde schon ein Verlust von einem Viertel der Waldfläche reichen.
mdr, 04.01.20024


Kippt das System Regenwald?
Dem Amazonas-Gebiet setzt vieles zu: das Wetterphänomen El Niño, aber auch die Folgen des Klimawandels. Für die Menschen, die dort leben, sind die Folgen schon jetzt massiv. Ist die Entwicklung noch umkehrbar?
tagesschau.de, 03.12.2023


Sonntag, 11. Februar 2024

Erwin Kräutler zum 19. Todestag von Schwester Dorothy Stang

Gedanken zum 19. Todestag von Schwester Dorothy Mae Stang, NDdN.

Martyrium im tropischen Regenwald

Am 12. Februar jährt sich zum 19. Mal der Todestag von Schwester Dorothy Stang. An einem Samstag, es war noch früh am Morgen, wurde sie im Jahre 2005 im Alter von 73 Jahren mit sechs Schüssen aus nächster Nähe von gedungenen Pistoleros im Auftrag von Großgrundbesitzern an einer Nebenstraße der Gemeinde Anapu, Pará, ermordet.

Menschen, die ihr Blut für das Reich Gottes, vergossen haben, dürfen nie vergessen werden. Die Erinnerung an die Märtyrer ist Teil der Geschichte und der Liturgie unserer Kirche. Wer Märtyrer vergisst, ignoriert selbst das vom Herrn Jesus vergossene Blut. Der Tod Jesu am Kreuz ist das herzbewegendste und erschütterndste Martyrium aller Zeiten. Martyrium ist die totale und bis zu den letzten Konsequenzen verwirklichte Selbsthingabe, aus Liebe zu Gott und den Mitmenschen. „Da er die Seinen liebte, die in der Welt waren, liebte er sie bis zum Äußersten“ (Joh 13,1). Es mag verschiedene Gründe für das Martyrium geben, aber das Grundmotiv ist immer dasselbe: die größere Liebe.

In meiner Predigt beim Auferstehungsgottesdienst am 15. Februar 2005 erzählte ich, was ich über die letzten Momente im Leben von Dorothy erfahren konnte. Ihre Mörder wollten wissen, ob sie bewaffnet sei. Auf eine „Order“ der beiden Auftragskiller öffnete Schwester Dorothy ihren Stoffbeutel und zeigte ihnen, was sie als ihre Waffe bezeichnete: die Bibel. Ihre letzte Geste ist die letzte Botschaft, die Dorothy uns hinterlassen hat. Es ist das Wort Gottes, das uns auf unserem Weg inspiriert und leitet. „Die Waffen, mit denen wir kämpfen, sind nicht menschlicher Art. Es sind die mächtigen Waffen Gottes, mit denen man Festungen niederreißen kann“ (2 Kor 10,4).  Einige der Seligpreisungen des Matthäus-Evangeliums (Mt 5,1-12) beziehen sich ausdrücklich auf den Einsatz für Gerechtigkeit und Frieden: „Selig sind, die nach Gerechtigkeit hungern und dürsten“ (V. 6), „selig sind die Barmherzigen“ (V. 7), „selig sind, die Frieden stiften“ (V. 9), „selig sind, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden“ (V. 10). Und von denen, die ihr Leben für die Gerechtigkeit, für mehr Menschlichkeit, für die Menschenwürde, für die Menschenrechte riskieren, heißt es: „Ihnen gehört das Himmelreich“.

Und die Seligpreisungen fügen dabei hinzu: alle, die Beleidigung, Verfolgung, Diffamierung und Verleumdung erleiden, sind besonders gesegnet (V. 12): „Freut euch und jubelt...“ Wie kann man sich freuen, jubeln, wenn man verfolgt wird, wenn man angegriffen wird in dem, was einem so teuer ist, der gute Namen, der gute Ruf? Aber, es gibt ein wichtiges Detail im heiligen Text. Der Grund zur Freude sind nicht die Angriffe, die Feindseligkeiten selbst, sondern das Leiden „um meinetwillen“. Darin liegt der tiefste Grund für das Martyrium, das Martyrium des vergossenen Blutes, aber auch das Martyrium als Zeugnis eines ganzen Lebens, das dem Herrn geweiht ist und seinem Reich. Dieses Martyrium setzt eine grenzenlose Leidenschaft voraus, wie Paulus im Brief an die Philipper bekennt: "Was mir aber ein Gewinn war, das habe ich um Christi willen als Verlust erkannt. (...) Seinetwegen habe ich alles aufgegeben" (Phil 3,7-8).

Ökologie: Schwester Dorothy, Stimme für den Regenwald und seine Bewohner.

Schwester Dorothy kam mir vor wie die „Stimme eines Rufers in der Wüste“ (Mk 1,3). Die Wüste ist dabei nicht ein Meer von Sand und Dünen, die sich am Horizont verlieren. Im Amazonasgebiet ist es das von Menschen geschaffene Unheil, die skrupellose „Ver-wüstung“ einer einst heilen Welt von Wald und Wasser, die seit unvordenklichen Zeiten von indigenen Völkern und später auch von Siedlern entlang der Flüsse, bewohnt war. Sie haben sich von den Früchten des Waldes ernährt und in Frieden mit der Natur, ihrer „Mit-Welt“ gelebt. Als ob von blindem Wahn besessen, um jeden Preis reich zu werden, verlieren Menschen alle Hemmungen und schrecken nicht davor zurück, Flora und Fauna, Pflanzen und Tiere aller Art und Gattungen auf Tausenden von Hektar Regenwald in einem grauenhaften Feuermeer zu vernichten.

Entwaldung und Brandrohdung werden zu Synonymen für wirtschaftliche Entwicklung. Diese Perversion beginnt mit dem Bau der Transamazonas-Straße zu eskalieren. Am 10. Oktober 1970 kommt Präsident Medici mit Ministern und anderen Honoratioren nach Altamira, um den Bau der Riesenstraße feierlich zu eröffnen, die von Osten nach Westen 3000 km quer durch Amazonien geschlagen werden sollte. Ein Paranussbaum wird vor den Augen der brasilianischen Militärregierung gefällt. Nie kann ich den beinahe hysterischen Applaus beim dumpf dröhnenden Aufprall des gefällten Baumes vergessen, der auf den bereits von jeder Vegetation entblößten rotbraunen Lehmboden ächzend einschlug. Am Wurzelstock des gefällten Urwaldriesen, dem König der Wälder, wurde eine Bronzetafel angebracht: „An diesen Ufern des Xingu, inmitten des Amazonasdschungels, beginnt der Präsident der Republik mit dem Bau der Transamazônica, in einem historischen Aufbruch zur Eroberung dieser gigantischen grünen Welt“. Der Baumstrunk ist bis heute ein Mahnmal. Die Erinnerungstafel wurde kurze Zeit nach den Feierlichkeiten abmontiert und entwendet.

Dorothy kam 1982 an den Xingu und erlebte die Raserei der großflächigen Abholzung aus nächster Nähe. Seit Beginn ihres Dienstes zugunsten der Kleinbauern und Migranten aus anderen Bundesstaaten hat sie ihre Stimme erhoben und keine Mühe gescheut, um Großgrundbesitzer, Holzfäller und Viehzüchter, die ihr sanftes Stimmchen hörten - sanft war nur ihre Stimme -, davon zu überzeugen, dass in naher Zukunft häufige Katastrophen immer größeren Ausmaßes, noch nie dagewesene Dürren, ausgetrocknete Flussarme im Amazonasgebiet und fatale Überschwemmungen in den südlichen und südöstlichen Bundesstaaten die Folge der menschlichen Aggression gegen die Natur sein werden. Den Adressaten ihrer mahnenden Worte wurde sie zum Stachel im Fleisch. Sie bildeten ein Komplott und gaben Pistoleros den Auftrag die Schwester zu erschießen. So brachten sie ihre prophetische Stimme zum Schweigen. Aber die Umweltkatastrophen, die sie vorhersagte, wurden wahr und nehmen mit jedem Jahr zu.

Amazonien für Menschen die dort leben oder für skrupellose Ausbeutung?

Was sich seit Jahrzehnten im Amazonasgebiet abspielt, basiert auf dem in den Geschichtsbüchern beschriebenen Vorgehen aller Eroberungszüge der Menschheitsgeschichte. Nach der „Entdeckung“ wird die neue „Provinz“ bis aufs Blut ausgebeutet, ohne dass sich ein Invasor verpflichtet fühlte, eine Gegenleistung zu erbringen, es sei denn in eigenem Interesse und zum eigenen Vorteil. So ähnlich wird bis heute Amazonien als "Provinz" angesehen: eine Provinz mit ungeahntem Reichtum an Bodenschätzen, eine Provinz voll von Edelhölzern aller Arten, eine Provinz, deren Flüsse für die Energiegewinnung aufgestaut werden und schließlich eine letzte Region Brasiliens, die für die Landwirtschaft, Viehzucht und den Anbau von Soja niedergebrannt und so „urbar“ gemacht werden kann. Seither gibt es Konflikte mit den indigenen Völkern und später mit den Bauernfamilien und Bewohnern entlang der Flussufer. Sie dauern bis heute an und kosteten und kosten immer noch viele Menschenleben.

 In den ersten beiden Regierungen von Luis Inácio Lula da Silva wurden moderatere Brandrodungsdaten und Abholzungsquoten veröffentlicht, die nicht immer der Realität entsprachen. Mehr und mehr aber begann die ökologische Frage zum Politikum zu werden und die Zahl der Aktivisten auf der internationalen Bühne und Verteidiger des tropischen Regenwaldes stieg von Jahr zu Jahr. Klimawissenschaftler wiesen nach, dass der tropische Regenwald Amazoniens von enormer Bedeutung für das Klimagleichgewicht des Planeten ist. Auf Vorwürfe aus dem Ausland, Brasilien kümmere sich nicht oder zu wenig um den Umweltschutz in Amazonien, reagierte Lula zunächst irritiert: „Wir wollen der Welt zeigen, dass sich niemand mehr um unseren Wald kümmert als wir selbst. Und wir lassen nicht zu, dass irgendwelche Ausländer ihre Nasen in Angelegenheiten stecken, die sie nichts angehen. Wir wissen selbst, welche Art von Entwicklung Amazonien braucht!“. „Dein Wort in Gottes Ohr!“ dachte ich mir und hoffte zu Gott, dass dem Versprechen, sich endlich um die Wälder zu kümmern, auch Taten folgen.

2018 kam dann Jair Messias Bolsonaro an der Regierung. Eine Katastrophe für die Einhaltung der geltenden Umweltgesetzgebung! Bolsonaro begünstigte die Expansion der Viehzüchter und den Holzraubbau in Amazonien, ja er genehmigte sogar das Unwesen tausender illegaler Goldgräber in indigenen Gebieten. Während der Pandemie plagiierte er das Motto für Amazonien seines „Umweltministers“ Ricardo Salles: „Freier Eintritt für das Vieh!“.

Lula ist seit 2022 wieder brasilianischer Präsident. Gleich in seiner Antrittsrede versprach er „Null Abholzung bis 2030“ und wiederholte dieses Versprechen auch auf dem Umweltgipfel in Dubai: „Unser Ziel ist es, Null Abholzung im Amazonasgebiet und Null Treibhausgasemissionen in der Energiematrix zu erreichen sowie die Regenerierung von degradiertem Weideland zu fördern“. In Bezug auf die indigenen Völker fügte er hinzu: „Niemand kennt unsere Wälder besser und kann sie effektiver verteidigen als diejenigen, die seit Urzeiten dort leben. Jedes für die Indigenen Völker demarkierte Land ist ein neues Umweltschutzgebiet!“. Lula erhielt zu Recht Beifall, auch von der internationalen Gemeinschaft, weil er schließlich der von seinem Vorgänger verschuldeten immer weiter schwelenden Zerstörung des Regenwaldes Einhalt zu bieten versprach.

Dennoch bleiben zwei Bedenken bestehen:

1. Null Abholzung bis 2030? Diese Zeitspanne ist viel zu lang. Wenn die Abholzung und Brandrodung im gleichen Tempo wie 2023 weitergehen, werden bis 2030 weitere Millionen Hektar Regenwald vom Angesicht der Erde verschwunden sein. Allein zwischen Januar und November 2023 wurden 93.945 Brände im brasilianischen Amazonasgebiet gemeldet. Auch wenn im Vergleich zu den 11 Monaten des Jahres 2022 (112.027) ein Rückgang von 16 Prozent zu verzeichnen ist, so waren die Brände, die im Amazonasgebiet loderten, dennoch apokalyptisch. Jeder, der in der zweiten Oktoberhälfte und der ersten Novemberhälfte in Altamira, Pará, war, erinnert sich mit Schrecken an diese Wochen, in denen die Menschen zusätzlich zu den extrem heißen Temperaturen noch an schlechter Atemluftqualität zu leiden hatten, die vor allem für Kinder, ältere Menschen und schwangere Frauen gesundheitsschädlich ist. Und Altamira ist zwar die größte Gemeinde im Amazonasgebiet und in Brasilien (159.500 Quadratkilometer), aber dennoch nur ein Teil davon!

2. Auch wenn Lula die Finanzmittel für das IBAMA (Brasilianisches Institut für Umwelt und erneuerbare natürliche Ressourcen) aufgestockt hat, um Holzfäller und Viehzüchter besser zu überwachen und sie an der illegalen Abholzung Amazoniens zu hindern, wird all das Geld nicht den gewünschten Erfolg bringen, wenn im Kongress weiterhin der Geist des „Freier Eintritt für das Vieh!“ herrscht. Zudem ist in der Umweltgesetzgebung von einem „illegalem“ Holzeinschlag die Rede, was impliziert, dass es einen „legalen“ Holzeinschlag gibt, der durch die Umweltgesetzgebung gedeckt ist. Das ist ein fataler Widerspruch! „Null Abholzung“ kann keinen „legalen“ Holzeinschlag erlauben. Großflächiges Abholzen oder Brandrodung in Amazonien sind "Umweltverbrechen", die strafrechtlich streng zu ahnden sind.
 
Bei allen Konflikten geht es um die brasilianische Umweltgesetzgebung und die Bundesverfassung selbst, die die Existenz von Gebieten außerhalb des kapitalistischen Marktes garantiert, zum Beispiel indigene Gebiete (Art. 232 und 233) oder Nationalparks. Und genau gegen diese verfassungsrechtlichen Vorgaben erheben sich das Agrobusiness und seine Verbündeten immer wieder. Ihre Parole lautet: „Kein Land außerhalb der Marktwirtschaft! Alles Land muss genutzt und verwertet werden, muss produzieren, um Einkommen und Gewinne zu garantieren“. Diejenigen, die das Gegenteil behaupten, sagen: „Alles Land ist ein Geschenk Gottes. Indigene Völker, Quilombolas, Bauernfamilien und Flussbewohner haben das Recht auf ihr angestammtes Gebiet, den heiligen Boden ihrer Mythen und Riten und ihrer eigenen Existenz, die Garantie für ihr Leben. Dieses angestammte Land muss daher geschützt werden und darf nicht einer brutalen, skrupellosen Ausbeutung und Plünderung anheimfallen, auch im Hinblick auf künftige Generationen“. Wer diese These verteidigt, läuft immer Gefahr, als Feind des Fortschritts und der Entwicklung geächtet und im schlimmsten Fall wie Schwester Dorothy und so viele andere im Amazonasgebiet „beseitigt“ zu werden, weil sie sich gegen die Interessen und die Gier derjenigen stellen, die Land, Wald, Wasser und sogar die Luft als bloße Ware für das Agrobusiness, für Industrie und Klein- und Großunternehmen betrachten, zum Nachteil anderer sozialer Schichten und fast immer unter Missachtung die elementarsten Regeln des Umweltschutzes.
 
Frauen als Protagonistinnen in Gesellschaft und Kirche

Ich bin seit fast 60 Jahren am Xingu, und in den letzten sechs Jahrzehnten gab es große Mühen im Einsatz für die Menschenwürde und die Menschenrechte. In all den verschiedenen Formen des Engagements war eine Konstante unweigerlich zu beobachten: es waren Frauen, die an vorderster Front standen. Als Altamira wegen der grauenvollen Verbrechen an Kindern und Jugendlichen eine schreckliche Zeit erlebte, trauerten die Frauen nicht nur mit den Familien um die betroffenen Kinder, sondern gründeten das „Komitee zur Verteidigung der Kinder und Jugendlichen von Altamira“. In Altamira gab es einen Arbeiterkreis und eine Gewerkschaft der Landarbeiter. Als diese Organismen immer mehr zu wünschen übrigließen, ergriffen Frauen die Initiative und gründeten die "Bewegung der Frauen vom Land und aus der Stadt". Die überwiegende Mehrheit im Fürsorgerat in allen Gemeinden am Xingu und an der Transamazonasstraße sind Frauen.

Im Bistum Xingu entstanden nach dem bahnbrechenden Treffen der Bischöfe Amazoniens in Santarém 1972 Hunderte von kirchlichen Basisgemeinden. Die meisten von ihnen wurden und werden von Frauen geleitet und koordiniert. Das Gleiche gilt für Pfarrgemeinderäte, Pastoralräte und Liturgieteams. Ohne Frauen würde es unsere Kirche in vielen Regionen gar nicht geben.

Vor allem im Zusammenhang mit dem Bau des Staudamms von Belo Monte habe ich mich oft gefragt: „Was ist der tiefe Grund für den auffallenden weiblichen Protagonismus bei all den Protesten, Demonstrationen und Aufmärschen? Tatsache ist, dass die Männer von Altamira und den umliegenden Gemeinden vom Geldregen bei Tag und Nacht träumten und von einer deutlichen Erhöhung der Chancen auf gut bezahlte Arbeitsplätze. Erst spät kam die Ernüchterung nach den ausgeträumten Träumen, die nicht einmal ansatzweise in Erfüllung gingen. Die Frauen nahmen von Anfang an eine viel kritischere Position zum Wasserkraftwerk ein. Es dauerte nicht lange bis sie merkten, dass die vielen Regierungsversprechen, die von IBAMA und FUNAI geforderten Grundbedingungen für den Bau allesamt vor dem „ersten Spatenstich“ zu erfüllen, nur dazu dienten, die Bevölkerung zu beruhigen oder bei Laune zu halten. Fortan sprachen die Frauen nicht mehr von Belo Monte, sondern nannten das Staudammprojekt "Belo-Monster". Und sie beließen es nicht etwa bei einem hinter vorgehaltener Hand ausgesprochenen „Wir sind dagegen!“, sondern sie benannten und beklagten ohne Umschweife die Übel, die über die Bevölkerung von Stadt und Land hereinbrachen: ein sterbender Fluss und entwaldete Inseln, abertausende Fische verendeten, Umweltschäden, Artensterben, Gewässerverschmutzung und Bodenkontamination; dazu in der Stadt: fehlende Gesundheitszentren und medizinische Versorgung, unzureichende Schulen, höhere Lebensmittelpreise, fehlende sanitäre Grundversorgung, offene Abwasserkanäle, eine Zunahme der Kriminalität, Lärmbelästigung und andere Dinge, die für das Wohlbefinden der Menschen und eine angemessene Infrastruktur für das städtische Leben notwendig sind.

Ich bin überzeugt, dass Frauen, ob sie biologisch gesehen nun Mütter sind oder nicht, „intuitiv“ ihre Fürsorge stets dem „Nachwuchs“ widmen. Und das ist wohl der tiefste Grund, warum sie sich im sozialen und humanitären Bereich so selbstlos einsetzen. Sie erspüren Gefahren und Risiken, Bedrohungen und Gewalt, aber erkennen auch Freuden und anerkennen den Segen gemeinsamen Wirkens zum Wohle der Allgemeinheit. Es handelt sich hier um die Verflechtung des Spirituellen und Emotionalen mit dem Rationalen, die Intuitionen hervorbringt, die über die logische Verbindung von Ursache und Wirkung oder die Schlussfolgerung aus den Prämissen eines aristotelischen Syllogismus hinausgehen. Oder anders ausgedrückt: die Frauen vom Xingu denken und urteilen wohl mehr mit dem Herzen!

„Dorothy vive!“

Dorothy ist tot. Aber ihre Schwestern von Notre Dame, die mit ihr in Gemeinschaft lebten, setzen Dorothys Weg fort und widmen sich den Menschen, die Dorothy nicht ihrem Schicksal überlassen wollte. Am 2. Februar 2005, zehn Tage vor ihrer Ermordung, sagte sie zu einem Journalisten – ich war dabei und habe das selbst gehört: „Ich weiß, dass sie mich töten wollen, aber ich werde nicht weglaufen. Mein Platz ist hier, an der Seite dieser Menschen, die ständig von Leuten gedemütigt werden, die sich für mächtig halten.“  Heute sind es zudem Laien, Frauen und Männer, junge und alte, die sich der edlen Sache widmen, für die Schwester Dorothy nicht zögerte, ihr Leben einzusetzen. Die Begeisterung kommt in dem Refrain zum Ausdruck, der Jahr für Jahr und immer wieder von den Menschen in den Gottesdiensten anlässlich ihres Todestages wiederholt wird: "Dorothy vive, vive para sempre!“ (Dorothy lebt, sie lebt weiter!).
 
Altamira, 12. Februar 2024

       Erwin Kräutler
Bischof em. am Xingu




Reflexões para o 19º aniversário de morte da Irmã Dorothy Mae Stang. Artigo de Dom Erwin Kräutler
"Irmã Dorothy chegou 1982 na Prelazia do Xingu e viu de perto o frenesi das derrubadas em grande escala. E desde que chegou falou e não mediu esforços, querendo convencer a quem ouvia sua vozinha mansa – mansa era apenas sua voz – de que, num futuro bem próximo, frequentes calamidades em cada vez maiores proporções serão consequência das violentas agressões de homens insensatos à natureza", escreve Dom Erwin Kräutler, bispo emérito do Xingu.
Instituto Humanitas Unisinos,15 Fevereiro 2024

Dienstag, 23. Januar 2024

Dammbruch in Brumadinho mit verheerenden Langzeitfolgen


Brasilien: Fünf Jahre nach Dammbruch „geht Verbrechen weiter“

Die Menschenrechtlerin Marina Oliveira hat in einem Interview mit Kathpress über die verheerenden Langzeitfolgen des Dammbruchs in Brumadinho vom 25. Januar 2019 gesprochen. Oliveira betonte dabei die Rolle Europas im Kampf um Gerechtigkeit für die Opfer der Katastrophe.
VaticanNews, 23.1.2024

Fünf Jahre nach Dammbruch:
"Verbrechen in Brumadinho geht weiter"
Wien, 22.01.2024 (KAP) Auch am fünften Jahrestag der verheerenden Dammkatastrophe von Brumadinho vom 25. Jänner 2019 bleiben deren Folgen für die im brasilianischen Bundesstaat Minas Gerais liegende Region allgegenwärtig und Gerechtigkeit für die Opfer bleibt ein Wunschdenken. "Die Umwelt ist verseucht, die Bevölkerung ist krank, die meisten Betroffenen wurden noch nicht entschädigt und die Gerichtsprozesse gegen die beteiligten Firmen in Brasilien und Deutschland kommen nicht voran", fasste die Menschenrechtsaktivistin Marina Oliveira die Lage im Interview mit der Nachrichtenagentur Kathpress zusammen.

Oliveira stammt selbst aus Brumadinho. Das Miterleben der Katastrophe und der Verlust von Verwandten und Freunden motivierten die inzwischen 28-Jährige, sich für die Aufarbeitung des Geschehens und für andere vom Bergbau betroffene Gemeinden einzusetzen - wissenschaftlich, in kirchlichen und zivilgesellschaftlichen Vereinen sowie als Beraterin der Bischöfe Lateinamerikas. Die französische Regierung verlieh ihr dafür im Dezember den renommierten "Prix des droits de l'Homme 2023". Er ergeht an Menschen, die sich - oft unter Einsatz ihres Lebens - für Menschenrechte und die Umwelt engagieren.

"Bis heute ist der 25. Jänner für uns in Brumadinho ein Trauma", berichtete Oliveira. Als damals um 12.28 Uhr das Abraumbecken der Eisenerzmine "Corrego do Feijao" brach, ergoss sich eine Schlammlawine von 13 Millionen Kubikmetern mit toxischen Schwermetallrückständen oberhalb der Kleinstadt südöstlich von Belo Horizonte. Sie verschüttete Bergarbeiter wie auch etliche Bewohner, wobei 272 Menschen - die Betroffenen rechnen auch zwei noch ungeborene Kinder dazu - den Tod fanden. Drei Menschen wurden noch immer nicht gefunden unter den teils meterdicken Schlammschichten, die weiterhin das Wasser örtlichen Flusses Rio Paraopeba trüben.

Weitreichende Folgen

Fünf Jahre später sieht man auch Langzeitfolgen der Kontaminierung: "26 Gemeinden mit insgesamt einer Million Menschen sind beeinträchtigt, vor allem die Kinder. Durch die Verseuchung des Wassers haben wir hohe Schwermetallwerte im Körper, besonders Arsen, Blei, Cadmium und Mangan. Selbst bei den Kindern unter sechs Jahren ist jedes zweite betroffen", schilderte Oliveira. Die Zahl der Atemwegs- und Hauterkrankungen sei explodiert, Depressionen mit 70 Prozent enorm hoch und es gebe selbst unter Jugendlichen und Kindern viele Suizide. Die lokalen Behörden würden alles daransetzen, diese Folgen zu vertuschen.

Besonders schändlich ist laut der Aktivistin das Verhalten der beteiligten Firmen. Zu nennen sei hier vor allem die Betreiberfirma Vale, die mit 54 Milliarden US-Dollar Jahresumsatz zu den drei größten Bergbaukonzernen der Welt zählt. Probleme mit dem Staudamm waren schon vor dem Unglück bekannt, dennoch genehmigte die deutsche TÜV Süd bei einer Inspektion Ende 2018 entgegen allen Zweifeln den Betrieb - um ihre Geschäftsverbindungen zu Vale zu stärken, so lautet der Vorwurf. In den Strafprozessen in Brasilien und München - angeklagt sind 16 Personen wegen fahrlässiger Tötung und Umweltverbrechen - schieben beide Firmen einander die Schuld zu, zum Leidwesen der Opfer.

Gemeinsames Einstehen für Rechte

Der Gerechtigkeit geschuldet wären einerseits Entschädigungen. Vale einigte sich mit der Regierung des Bundesstaates Minas Gerais 2021 auf einen Rekord-Schadenersatz für lateinamerikanische Verhältnisse von umgerechnet knapp 6 Milliarden Euro. Ein Großteil davon ging an Infrastruktur-Projekte in der Region, nur ein winziger Bruchteil an die Opfer - wobei es Auszahlungen nur für Einzelpersonen gab, während man eine Kollektiventschädigung für den ganzen Ort vermied. "Die Firma Vale wollte so einen Präzedenzfall verhindern. "Wer sich dagegen wehrt, wird eingeschüchtert, kriminalisiert, verfolgt und manchmal sogar getötet", berichtete die junge Menschenrechtlerin, die wegen ihres Einsatzes auch bereits selbst Bedrohungen ausgesetzt war.

Notgedrungen hätten sich deshalb die Bewohner Brumadinhos zusammengeschlossen, um für die Verteidigung ihrer Rechte auf sauberes Wasser und gesunde Böden sowie vor allem die Wahrung der Menschenwürde der Minenarbeiter gemeinsam einzustehen. Den Rahmen dafür bieten die örtlichen Kirchengemeinden, in denen schon zu Beginn alle Hilfsmaßnahmen gemeinsam mit der Caritas koordiniert worden waren. Der Kontakt mit Betroffenen-Gruppen anderer Minenstädte habe ihr gezeigt, dass Brumadinho "kein Sonderfall" ist, sagte Oliveira. "Das Verbrechen geht weiter und wiederholt sich tagtäglich an vielen Orten."

Die Gefahr weiterer ähnlich verheerender Dammbrüche sei enorm, gebe es doch allein im Bundesstaat Minas Gerais 40 Staudämme, die als noch instabiler gelten, als man einst jenen von Brumadinho einschätzte. In der Stadt Mariana, gut 100 Kilometer weiter östlich, brach bereits 2015 ein noch größeres Rückhaltebecken. Überall werde, um möglichst billig zu erzeugen und den Profit zu maximieren, der Tod von Menschen und die Zerstörung der Natur in Kauf genommen. Das sei ihr bei der Lektüre der Papst-Schreiben "Laudato si" und "Laudate Deum" sowie der Texte der Amazonien-Synode bewusst geworden, sagte die Aktivistin. "Man raubt späteren Generationen deren Recht auf Leben."

Europas Schlüsselrolle

Immer noch gibt es in Brumadinho jeden 25. des Monats zu Mittag eine Mahnwache im Gedenken an die Katastrophe und zum Jahrestag eine "Wallfahrt für integrale Ökologie". Bei dieser "Romaria" werden auch für kommenden Donnerstag mehrere tausend Menschen erwartet. Mit jedem Jahr wird das Erinnern jedoch mühsamer: Die Fortschritte sind spärlich, die Straflosigkeit scheine sich angesichts der sich schleppenden Prozesse fortzusetzen, was die Menschen mürbe mache. Praktisch wie auch ideell wichtig ist deshalb Rückhalt von außen, unter anderem aus Österreich: So liefert etwa die Dreikönigsaktion Unterstützung für die juristischen Kosten der zivilgesellschaftlichen Betroffenen-Gruppen und beschäftigte sich mit einer Fallstudie eingehend mit dem Thema. Auch der für Weltkirche-Angelegenheiten zuständige Bischof Werner Freistetter stattete dem Bergbauort noch 2019 einen Solidaritätsbesuch ab.

Europa ist im Kampf um gerechtere Bedingungen am Amazonas ein wichtiger Mitspieler, betonte Oliveira. "Viele Entscheidungen, die uns in Brasilien betreffen, werden in Europa, Nordamerika oder Australien getroffen. Wenn die EU als größter Wirtschaftsblock Gesetze erlässt, strahlt das auch auf uns aus." Insofern sei das jüngst beschlossene EU-Lieferkettengesetz "zumindest ein guter Beginn", wenngleich besser auch der Finanzsektor berücksichtigt hätte werden sollen, "denn Vale bekommt viele Finanzmittel aus der EU". Sinnvoll sei jedenfalls, die Wertschöpfungsketten genauer anzusehen, unterstrich die Menschenrechtlerin; nicht zuletzt importiere auch Österreich für seine Stahlerzeugung brasilianisches Eisenerz.

(Weitere Infos und Fallstudie: https://www.dka.at/rohstoffe/fallstudie-engagement-beweisen)

Samstag, 13. Januar 2024

Brandrodung am Neusiedlersee zu Übungszwecken

 

Schilfbrand mit Übungsansage am Samstag bei Jois
Am 13. Jänner wird die Feuerwehr im Schilfgürtel zwischen Jois und Winden Feuer legen – bei der Übung wird ganz nebenbei das Altschilf verschwinden
Der Standard, 12.1.2024


200 Hektar Schilf in Brand gesetzt
Am Samstag hat bei Jois (Bezirk Neusiedl am See) im Schilfgürtel des Neusiedler Sees eine Brandschutzübung stattgefunden. 200 Hektar Schilf wurden kontrolliert abgebrannt. Hunderte Einsatzkräfte nahmen an der Übung, die auch wissenschaftlich begleitet wurde, teil.
ORF, 13.1.2024