Das Oberste Gericht berät über die Gültigkeit des "Marco Temporal 1988", der "Zeitmarke 1988". Die Verfassung von 1988 garantiert den Indigenen einen Anspruch auf traditionelle Siedlungsgebiete. In den vergangenen Jahren wurden aber immer mehr Gebietszuteilungen geblockt. Argumentiert wurde, dass nur Gebiete an die Indigenen zugeteilt werden dürfen, die am 5. Oktober 1988, also dem Tag des Inkrafttretens der Verfassung, tatsächlich besiedelt waren.
Damit würden die Indigenen Ansprüche auf Gebiete verlieren, in denen sie in den Jahrzehnten vor 1988 vertrieben wurden. Besonders während der Militärdiktatur (1964-1988) waren ganze Völker gewaltsam zwangsumgesiedelt worden.
"Dolchstoß ins Herz der Völker"
Erst vor wenigen Wochen hatte der emeritierte Bischof von Altamira in Brasilien, Erwin Kräutler, gegenüber der Nachrichtenagentur Kathpress und weiteren österreichischen kirchlichen Medien die dramatischen Folgen der von Präsident Jair Bolsonaro angestrebten Öffnung der Indigenen Gebiete für eine wirtschaftliche Nutzung beschrieben. Die Nutzung wäre nicht nur ein Dolchstoß ins Herz der dort lebenden Völker, sondern ganz besonders auch ein "weiterer folgenschwerer Angriff auf das Ökosystem Amazoniens mit Konsequenzen, die nicht an der Grenze Brasiliens halt machen", sagte Kräutler.
In den 1980er Jahren hatte die katholische Kirche in Brasilien während der Verfassungsgebenden Versammlung zusammen mit Vertretern der Indigenen Völker nachdrücklich die Verankerung deren Grundrechte im Verfassungstext verlangt und die Forderungen auf der Basis der Allgemeinen Menschenrechte durchgesetzt. Der aus Vorarlberg stammende Bischof Kräutler war damals Vorsitzender des Rates für Indigene Völker der Brasilianischen Bischofskonferenz.
Räumungsklage gegen Indigene
Aktuell beschäftigt sich das Oberste Gericht Brasiliens konkret mit dem Fall des Volkes der Xokleng aus Südbrasilien. Die Teilstaatsregierung von Santa Catarina hat eine Räumungsklage für das indigene Gebiet Ibirama-La Klano eingereicht, auf dem neben den Xokleng auch Indigene der Völker Guarani und Kaingang leben. Der Spruch des Obersten Gerichts dürfte richtungsweisend für die künftige Rechtsprechung sein.
Zuletzt hatte das Gericht zwar mehrfach Aufsehen erregende Urteile gegen die Regierung ausgesprochen. In früheren Jahren gab es jedoch auch Urteile zugunsten der "Zeitmarke 1988". Auch eine Verzögerung des Urteilsspruchs um mehrere Monate ist denkbar.
Bestätigt das Oberste Gericht die "Zeitmarke 1988", wäre dies auch ein Sieg der Agrarlobby und von Staatspräsident Bolsonaro, die gegen Landzuteilung an Indigene kämpfen. Das Land solle vielmehr für die landwirtschaftliche Produktion und Förderung von Bodenschätzen geöffnet werden. Die Bolsonaro-Regierung hat bereits die Zuteilung von 27 Indigenengebieten geblockt, wie der katholische Indigenen-Missionsrat Cimi berichtet.
Zuteilungen an Indigene liegen auf Eis
Ursprünglich sollten die Indigenengebiete bis spätestens 1993 an die Indigenen abgegeben werden. Doch laut der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) liegen derzeit 237 Zuteilungen auf Eis. Neben den Gerichten beschäftigt die Zeitmarke auch das Parlament. HRW forderte am Dienstag die Kongressmitglieder auf, ein Gesetz zur Einführung der "Zeitmarke 1988" abzulehnen. Derzeit wartet es im Abgeordnetenhaus auf die entscheidende Abstimmung, bevor es in den Senat weitergereicht wird.
Am Dienstag protestierten rund 6.000 Indigene aus ganz Brasilien im Regierungsviertel der Hauptstadt Brasilia für ihre Landrechte. Die Interamerikanische Kommission für Menschenrechte erklärte derweil, die Einführung der Zeitmarke verstoße gegen internationales Recht. Der UN-Sonderberichterstatter für Indigenenrechte, Jose Francisco Cali Tzay, appellierte an das Oberste Gericht, die Zeitmarke abzulehnen.
Protest von Brasiliens Indigenen
Mit einem Protestcamp in der Hauptstadt wehren sich Brasiliens Indigene gegen eine Eisenbahntrasse mitten durch den Amazonas. Zudem machen ihnen Gesetzesvorhaben und ein Gerichtsverfahren ihre Territorien streitig.
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Die mächtige Agrarfraktion im Kongress sieht die ILO-Konvention als "Hindernis für die Entwicklung und eine Einschränkung der nationalen Souveränität"
AKTUALISIERUNG:
Indígenas protestam em Brasília contra medidas que dificultam demarcação de terras
Grupo ocupou Esplanada dos Ministérios durante tarde desta terça-feira (24). Todas pistas, sentido Congresso Nacional, foram interditadas por cerca de uma hora; indígenas caminharam até Praça dos Três Poderes.
Supremo pode julgar nesta quarta se é legal marco temporal para demarcação de terras indígenas
Pelo marco temporal, índios só podem reivindicar a demarcação de terras nas quais já estivessem estabelecidos antes da data de promulgação da Constituição de 1988.