Mittwoch, 28. August 2024

Dom Erwin Kräutler feiert erste Messe im neuen Stadtviertel

Dom Erwin Kräutler, emeritierter Bischof am Xingu, feierte die erste Messe auf dem Gelände der Gemeinschaft Unserer Lieben Frau von Fatima, der Schutzpatronin des Stadtviertels Agua Azul in Altamira. Es war ein wichtiger Meilenstein für die Gemeinschaft, die zum "Seelsorgebereich Pater Frederico Tschol" gehört.
Bei dieser Gelegenheit wurde auch das 20-jährige Priesterjubiläum von Pater Rodolfo gefeiert, der für die Verwaltung des Viertels verantwortlich ist. Eine schöne Art, seine Arbeit und seinen Einsatz in den letzten zwei Jahrzehnten zu würdigen und zu feiern!


Dienstag, 27. August 2024

Vor 25 Jahren starb Dom Hélder Câmara



Zum 25. Todestag von Erzbischof Dom Hélder Pessoa Câmara
Der Unbequeme
Vor 25 Jahren starb der brasilianische Erzbischof Dom Hélder Pessoa Câmara. Mit seinen Forderungen nach mehr Gerechtigkeit für die Ärmsten prägte er schon damals die lateinamerikanische Kirche und tut dies auch noch bis heute.
Domradio, 27.08.2024



Vor 25 Jahren starb Armenbischof Dom Helder Camara
Scharfer Verstand und großes Herz
Mehrfach wurde er für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen. Lange vor Papst Franziskus träumte er von einer armen Kirche und lebte sie. Bischof Helder Camara war seiner Zeit voraus und setzte sich unermüdlich für die Armen ein.
Domradio, 27.08.2024


Dom Hélder Câmara auf wikipedia >>


Blog-Archiv:

Dienstag, 6. August 2024

Vor 40 Jahren erschien Ratzingers Instruktion zur Befreiungstheologie



Vor 40 Jahren erschien Vatikan-Dokument
Als Ratzinger das "Nein" gegen die Befreiungstheologie formulierte
Die Theologie der Befreiung setzt sich für die Armen und Unterdrückten in Lateinamerika an – doch der Vatikan hatte ideologische Probleme damit. Joseph Ratzinger schrieb deshalb eine "Instruktion über einige Aspekte der Theologie der Befreiung", die von vielen als eine Drohung verstanden wurde.
Katholisch.de, 6.8.2024
Herder Korrespondenz, 5.8.2024




Bewegung entstand in den 1960er Jahren in Lateinamerika

So hat die Befreiungstheologie Antworten auf Missstände gesucht
Wie kann eine Theologie aussehen, die Unrecht nicht nur wahrnimmt, sondern auch in der Praxis darauf reagiert? Die Befreiungstheologie widmet sich dieser Aufgabe. Der Theologe Stefan Silber erklärt im katholisch.de-Interview, was diese Theologie besonders macht – und für die Mächtigen gefährlich.
Katholisch.de, 27.8.2022


Joseph Ratzinger unterdrückte die Befreiungstheologie in Lateinamerika
Papst Franziskus entschuldigt sich in Kanada für die Verbrechen der katholischen Kirche im Kolonialismus. Papst Benedikt XVI. behauptet hingegen in Brasilien, die indigenen Völker Amerikas hätten «sich im Stillen nach Christus gesehnt». Odilo Noti spricht im kath.ch-Interview (9.1.2023) über das schwierige Verhältnis von Joseph Ratzinger zur Befreiungstheologie.


Josef Sayer über die Befreiungstheologie:
Nicht Ratzinger war das Problem, sondern das Opus Dei und die USA

Der Pastoraltheologe Josef Sayer warnt vor vorschnellen Urteilen über Joseph Ratzingers Verhältnis zur Befreiungstheologie. Die Widersacher seien vor allem das Opus Dei und die USA gewesen. 2007 habe Benedikt XVI. gesagt, die «Option für die Armen» sei in der Christologie grundgelegt. Dieser Satz habe «wie ein Blitz eingeschlagen».
Kath.ch, 2.1.2023


Wichtige Daten zur Theologie der Befreiung
Domradio >>


INSTRUKTION ÜBER EINIGE ASPEKTE DER "THEOLOGIE DER BEFREIUNG"
vatican.va >>

INSTRUKTION ÜBER DIE CHRISTLICHE FREIHEIT UND DIE BEFREIUNG
vatican.va >>

Montag, 22. Juli 2024

17. Wallfahrt des Waldes zum Gedenken an Dorothy Stang

Die 17. Wallfahrt des Waldes hatte zum Thema "Bildung und Umwelt". Eine Erziehung zum Leben verteidigt das Land, den Wald, die Gemeinden, die landwirtschaftlichen Familienbetriebe und die Gemeinschaftsschulen mit qualitativ hochwertiger Bildung.
Die Wallfahrt fand vom 18. bis 21. Juli 2024 im Landesinneren von Anapu-PA statt, wo Schwester Dorothy Stang 2005 ermordet wurde. Sie ist ein Akt des Widerstands und des Kampfes zur Verteidigung des Lebens der Bewohner des Waldes.


Dienstag, 16. Juli 2024

Erwin Kräutler: "Wir haben nur diese Welt"



„Eine andere Welt ist möglich“
Der aus Vorarlberg stammende Bischof Erwin Kräutler feierte vor kurzem seinen 85. Geburtstag. Im Rupertusblatt-Interview beschreibt er seine schönsten Begegnungen als Bischof und seine „Liebe zu Salzburg“.

RB (Ingrid Burgstaller): Sie kamen als „Fremder“ an den Xingu. Wie sind Sie zum „Freund“ der Menschen geworden?
Bischof Erwin Kräutler: Schon damals, als ich im Dezember 1965 hier ankam, habe ich mich nicht als „Ausländer“ oder „Fremder“ empfunden. Ich wurde so herzlich aufgenommen, sodass ich gar nicht anders denken konnte, als zu diesen Menschen zu gehören. Seither sind 59 Jahre vergangen und ich weiß, dass ich hierhergehöre.


RB: Was waren Ihre schönsten Begegnungen?
Bischof Erwin Kräutler: Ich tue mich schwer, die schönsten herauszufiltern. Zwei möchte ich erwähnen.
Die erste fand in einem Dorf der Kayapó statt. Ich hatte mich bemüht, ihre Sprache zu erlernen, damit ich mich besser mit den Indios verständigen und ihnen beweisen konnte, wie sehr ich sie schätze und liebe. Als ich wieder einmal ins Dorf kam, erklärte mir der Kazike: „Du bist kein Weißer, sondern unser Verwandter“ und die Frau des Häuptlings adoptierte mich auch gleich und bat, sie fürderhin nicht mehr Moangri (ihr Name) anzusprechen, sondern „Nhiruwa“ („Mama“).
Die zweite Erfahrung ist aus der Zeit, als ich aufgrund meines Einsatzes für die immer wieder missachteten Menschenrechte der Indios und der armen Bevölkerung unmissverständliche Drohungen erhielt. Hier in Porto de Moz, wo ich in diesen Tagen wieder bin, kam vor dem Schlusssegen der Messe plötzlich eine Frau zum Altar, nahm mir das Mikrofon aus der Hand und sagte: „Dom Erwin, wir wissen, wie es dir geht, aber lass dich nicht einschüchtern. Du weißt, dass wir dich lieben. Du gehörst uns!“. Und es gab Tränen und tosenden Applaus.


RB: Sie sind als Pendler zwischen den Welten bezeichnet worden. Sind Sie in beiden Welten, also Österreich und Brasilien, daheim?
Bischof Erwin Kräutler: Ich habe mich selbst nie als „Pendler zwischen den Welten“ verstanden. Ich bin in den letzten Jahrzehnten zwar öfters nach Europa gereist als in den ersten Jahrzehnten meines Hierseins. Als meine Eltern noch lebten war es mir eine Selbstverständlichkeit, ein paar Wochen bei ihnen zu verbringen, aber ich war dann trotzdem nicht nur in Koblach, sondern sehr viel unterwegs und habe im Ländle vielen jungen Leuten die Firmung gespendet. Oft war ich auch zu Vorträgen, Seminaren und Versammlungen eingeladen und habe diese Termine gerne angenommen. Aufgrund meiner Ämter bei der Bischofskonferenz war ich auch oft in Rom und anderswo.
Ich habe meine Wurzeln nie verleugnet, aber Heimat ist für mich immer dort, wo man sich wohl, geliebt und dazugehörig fühlt.


RB: Sie sind von Koblach über Salzburg nach Altamira. Der Salzburger Erzbischof Andreas Rohracher hat Sie zum Priester geweiht. Sie haben sogar denselben Wahlspruch. Sie sind Absolvent und Ehrendoktor der Universität Salzburg, heute trägt in Salzburg ein Preis Ihren Namen ... Was verbinden Sie mit Salzburg?
Bischof Erwin Kräutler: Zunächst zu meinem Wahlspruch als Bischof. Ich entdeckte erst, als ich einmal schon als Bischof im Salzburger Dom in die Krypta hinunterging. Ich kannte alle Erzbischöfe nach Andreas Rohracher: Eduard Macheiner, der mich damals noch als Weihbischof 1964 im Kolleg St. Josef in Aigen zum Subdiakon und in St. Peter zum Diakon geweiht hat, Karl Berg, Georg Eder, Alois Kothgasser. Selbstverständlich kenne ich auch den heutigen Erzbischof Franz Lackner.
In der Domkrypta sind die Wahlsprüche der Erzbischöfe zusammen mit ihren Namen und ihrer Amtszeit auf jedem der Epitaphe zu lesen. Und da war ich unendlich überrascht, als ich bei Andreas Rohracher, der mich am 3. Juli 1965 zum Priester geweiht hat, den Wahlspruch las, den ich 1980 auch für mein Bischofsamt auswählte: „Servus Christi Jesu“ (Röm 1,1), nur in der Reihenfolge der Worte wie im griechischen Urtext.
Mit Salzburg verbindet mich eine große Liebe zu dieser Stadt und dem Land. Die sechs Jahre Universitätsstudium haben mich geprägt, die Jahre der Auseinandersetzung mit mir selbst, ob der Priesterberuf wohl die richtige Entscheidung ist, dann die Weihe im Dom und der Abschied, als ich bereits den Entschluss gefasst hatte, mein Priestertum in Amazonien zu leben. Ich habe viele Städte kennen gelernt, aber immer, wenn ich gefragt werde, welche für mich die schönste Stadt der Welt ist, gebe ich, ohne auch nur ein bisschen zu zögern zur Antwort: Salzburg.
Und jedes Mal, wenn ich wieder hier bin, mache ich so etwas wie einen Nostalgiespaziergang in der Altstadt, auf den Nonnberg, in den Dom, in die Franziskanerkirche, nach St. Peter, zum Festspielhaus und ihm gegenüber das Gebäude der Theologischen Fakultät.


RB: Was heißt für Sie Nachfolge Christi? Hat sich Ihr Glaube verändert?
Bischof Erwin Kräutler: Mein Glaube hat sich im Laufe meines Lebens nicht viel verändert, sondern eher vertieft. All die Erfahrungen, die ich machen durfte, sind mit meiner Glaubensüberzeugung verbunden. Als ich wenige Monate nach der Priesterweihe nach Brasilien ausreiste, ging ich einer ungewissen Zukunft entgegen. Die Entscheidung war gefallen. Also Abschied von Eltern und Geschwistern und vielen Personen, die mir lieb waren und, sofern sie noch leben, heute noch lieb sind. Auf meinem Primizbildchen hatte ich die Worte aus dem 1. Johnannesbrief drucken lassen: „Daran haben wir die Liebe erkannt, dass Er sein Leben für uns eingesetzt hat. So ist es auch unser Auftrag, das Leben für die Brüder und Schwestern einzusetzen“ (1 Joh 3,16). Und als Priester der Kongregation vom Kostbaren Blut lebe ich aus der Spiritualität des Blutes Christi: Jesu Liebe bis zum Äußersten, bis zu seinem letzten Blutstropfen. Joh 13,1: „Da er die Seinen liebte, liebte er sie bis zum Ende“ – Joh 19,30 „Es ist vollbracht“ – wörtlich übersetzt: „Jetzt ist zum Ende (= Äußersten) gelangt“.


RB: Sie haben sich als Bischof auf Seiten der Armen gestellt. Das war nicht ungefährlich. Wie sind Sie damit umgegangen?
Bischof Erwin Kräutler: Es gab tatsächlich Stunden, die für mich schwierig waren, aber Angst hatte ich eigentlich nie. Man kann nicht fortwährend in Angst und Schrecken leben. So hatte ich einfach ein tiefes Vertrauen auf den Lieben Gott, dass wohl nichts passieren wird. Denn ich war ja nur von einer verschwindenden Minderheit angefeindet worden, weil ich mich für Recht und Gerechtigkeit einsetzte. Und viele der damaligen Gegner geben mir heute sogar Recht, gerade im Zusammenhang mit Belo Monte, weil genau das eingetreten ist, was ich vorhersah. Fünfzehn Jahre lang stand ich zudem unter einem von der Regierung angeordneten Polizeischutz. Mit wirklich sehr wenigen Ausnahmen habe ich nie schlaflose Nächte gehabt.


RB: Als Präsident des Indigenen-Missionsrats CIMI haben Sie für die Rechte der indigenen Völker gekämpft. Wie ist heute die Situation?
Bischof Erwin Kräutler: Siebzehn Jahre war ich Vorsitzender dieses bischöflichen Rates für Indigene Völker. Eines meiner größten Erfolgserlebnisse war, dass es uns gelungen ist, die Indigenen-Rechte in der Verfassung von 1988 zu verankern. Aber der Salto von den Verfassungsparagrafen in die konkrete Wirklichkeit ist nicht vollends geschehen. Im Kongress sitzen mehrheitlich anti-indigene Abgeordnete und Senatoren.


RB: Was können wir von den indigenen Völkern in Sachen Schutz der Mit-Welt und Klimaschutz lernen?
Bischof Erwin Kräutler: Genau das können wir von den Indios lernen, nämlich was die Welt scheinbar nicht von ihnen lernen will: Respekt vor der Mit-Welt, und noch mehr: die Liebe zu unserer Mit-Welt. Die Indios sind keine „Heiligen der Letzten Tage“, aber sie sind uns haushoch überlegen in der Art und Weise wie sie mit der Natur umgehen. Die verdammte Habgier und die skrupellose Ausbeutung der Ressourcen unseres Planeten sind die „strukturellen Sünden“ von Wirtschaft und Gesellschaft. Wir müssen endlich zur Kenntnis nehmen, dass wir nur diese Welt haben und es keinen „Plan B“ gibt.


RB: Die junge Generation steht vielen Ungewissheiten gegenüber. Haben Sie eine Hoffnungs-Botschaft für die jungen Menschen?
Bischof Erwin Kräutler: Ja, ganz ehrlich tut mir die junge Generation irgendwie Leid. Welche Perspektiven haben sie, wie sieht ihre Zukunft tatsächlich aus? Ich denke, diese ungewisse Realität muss uns „ältere“ Menschen doch ermuntern, die Anliegen der Jugend ernst zu nehmen und ihre Demonstrationen nicht zu beschimpfen, sondern sie zu unterstützen, übrigens ganz im Sinne des Weltsozialforums: „Eine andere Welt ist möglich!“


RB: Gerade wird viel über kirchliche Synodalität gesprochen. Wie muss sich Kirche entwickeln, damit sie relevant im Leben der Menschen bleibt?
Bischof Erwin Kräutler: Veränderung? Längst fällige und notwendige Reformen werden auch die lange Bank geschoben. Und Synodalität? Die jetzige Mammut-Synode ist vielleicht der Ankick für ein ganz neues Verständnis von Kirche. Aber solange ein streng hierarchisch gegliedertes System mit einem bis auf den letzten Punkt und Beistrich herausgetüftelten Codex Iuris Canonici das sakrosankte Grundgesetz ist, wird es schwer sein, eine Kirche als synodale Gemeinschaft mit synodaler Teilhabe aller Christenmenschen und mit einer synodalen Sendung aller in die Welt von heute zu verstehen und zu etablieren. Solange in unserer Kirche „Geschlechtergerechtigkeit“ immer noch ein Reizwort ist und die Frauen, die mehr als die Hälfte aller katholischen Gläubigen ausmachen, aufgrund ihres „Frau-seins“ von der Weihe ausgeschlossen sind, wird es nie echte Synodalität geben.


Wissenswert
Ein Leben in und für Amazonien:
Bischof em. Erwin Kräutler (Dom Erwin) ist am 12. Juli 1939 in Koblach geboren, er ist Mitglied der Kongregation der Missionare vom Kostbaren Blut. Von 1981 bis 2016 war er Bischof der Prälatur Xingu. Für seinen Einsatz für die Mit-Welt und die indigenen Völker wurde er mehrfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Alternativen Nobelpreis.

Samstag, 13. Juli 2024

Erwin Kräutler: Kirchenrecht, Frauen und Arme sind Barrieren für eine synodale Kirche


"Die Gefahr ist nach wie vor groß, dass sich unsere Kirche, gerade nach dem skandalösen und schrecklichen Missbrauchskapitel, wieder besonders mit sich selbst beschäftigt. Die "Synodalsynode" kann sicher nicht über ihren eigenen Schatten springen. Aber ein Rückzug "aus der bösen Welt" in die nach Weihrauch duftenden Sakristeien oder der Versuch, durch liturgische Großveranstaltungen mit viel Pomp, lauter Musik und prächtigen Gewändern die Massen anzulocken, ist sicher der falsche Weg", warnt Erwin Kräutler, emeritierter Bischof vom Xingu, Altamira.

Seiner Meinung nach ist das Instrumentum laboris viel mehr ad intra als ad extra gerichtet. Hier sein Beitrag:


Synode für eine synodale Kirche II –
das Kirchenrecht, die Frauen und die Armen.

Am vergangenen 13. Juni sagte Papst Franziskus laut Vatican News: „Ich wünsche mir, dass nach dieser Synode die Synodalität als ständige Handlungsweise in der Kirche auf allen Ebenen bestehen bleibt und in die Herzen aller, der Hirten wie der Gläubigen, eindringt, bis sie zu einem gemeinsamen kirchlichen Stil wird. All dies erfordert jedoch eine Veränderung, die in jedem von uns stattfinden muss, eine echte Umkehr“.

Das ist ein besonders mutiger Wunsch unseres Papstes Franziskus! Dieses päpstliche Wort in Gottes Ohr! Immer wollte Papst Franziskus von uns „mutige“ Vor- und Ratschläge: „Sean corajudos!“ (seid couragiert!) sagte er uns Bischöfen, aber auch Priestern, vielen Frauen und Männern, Indigenen und armen Menschen.Und diese immer wieder angemahnte „Courage“ steht ganz im der Nähe der „parrhesia“ der Apostelgeschichte.

Die Erfahrung, die ich 2019 bei der Synode für Amazonien machte, hat leider meine Hoffnungen etwas getrübt. Es gab damals weit mehr als zwei Drittel der „Synodenväter“, die für das weibliche Diakonat votierten und für die weit abgelegenen Regionen Amazoniens und die Indigenen Volksgruppen auch verheiratete Priester wünschten.

Übrigens urgierten wir damals mit allem Nachdruck das „Frauenstimmrecht“ bei einer Synode. Und bei der jetzigen „Synode für eine synodale Kirche“ sind nun tatsächlich auch die „Synodenmütter“ und nicht nur „-väter“ stimmberechtigt, wenn auch das rechtsextreme Lager in unserer Kirche dagegen Sturm läuft.

Aber, in seinem nachsynodalen Schreiben zur Amazonas-Synode nimmt Papst Franziskus mit keiner einzigen Silbe zu unserem Wunsch Stellung, endlich das weibliche Diakonat wieder einzurichten, oder eine Dispens vom Zölibat für Priester in bestimmten kulturellen Lebenswelten ins Auge zu fassen, um den „eucharistischen Notstand“ zu beheben.

Das Thema der aktuellen „Mammut“-Synode „Für eine synodale Kirche: Gemeinschaft, Teilhabe und Sendung“ hätte es in sich, den Aufruf Johannes des Täufers in unsere Zeit zu transportieren: „Stimme eines Rufers in der Wüste: Bereitet den Weg des Herrn! Macht gerade seine Straßen! Jede Schlucht soll aufgefüllt und jeder Berg und Hügel abgetragen werden. Was krumm ist, soll gerade, was uneben ist, soll zum ebenen Weg werden. Und alle Menschen werden das Heil Gottes schauen“ (Lk 3,4-6).

Dazu ein paar Hinweise auf einige besonders schwerwiegende Barrieren für eine synodale Kirche:


Gemeinschaft?

Wie kann synodale Gemeinschaft in einem streng hierarchisch gegliederten System, mit einem bis auf den letzten Punkt und Beistrich herausgetüftelten kategorischen Iuris Canonici funktionieren, demzufolge schon in der kleinsten Pfarreinheit der Pfarrer kirchenrechtlich befugt ist, seinen eigenen Willen, sogar ohne jede Begründung gegen ein überwiegendes Votum der Mitglieder des Pfarrkirchenrates und der Gemeinde durchzusetzen? 

Wie kann eine Diözese synodal sein und leben, wenn es jetzt im Instrumentum laboris heißt „die Entscheidungskompetenz des Bischofs (...) ist unveräußerlich“ und dazu noch erklärt wird, dass diese These „auf der von Christus errichteten hierarchischen Struktur der Kirche beruht“ (IL 2024, Nr. 70)? Wo und wann hat denn Jesus die „hierarchische Struktur der Kirche“ errichtet? Kann denn wirklich mit dem „Du bist Petrus…“ (Mt 16,18) bewiesen werden, dass Jesus die ganze hierarchische Machtpyramide mit den vielfältigen Stufen und Rängen „errichtet“ hat?

Wie kann eine Diözese als synodale „Gemeinschaft“ wirklich verstanden werden, wenn Bischöfe, in einem undurchsichtigen Prozess, über die Köpfe aller Diözesanen Gremien hinweg, ohne jede Rücksprache mit Vertreterinnen oder Vertretern der Ortskirche, ja nicht einmal mit dem scheidenden Bischof, einfach zu Hirten bestimmt und ernannt werden, für ein Volk Gottes, das sie weder kennen noch jemals besucht haben? Und dieser Vorgang wird dazu noch mit dem Etikette „Wahl“ versehen!


Teilhabe?

Teilhabe, Partizipation, meint nicht nur teil-„haben“, sondern auch teil-„nehmen“! Es handelt sich um das Recht eines jeden Christenmenschen, zu seiner Kirche zu gehören, mit seiner Familie „Teil“ dieser Kirche zu sein, Verantwortung übernehmen und mitbauen zu dürfen. Dieses Zugehörigkeitsgefühl – und nicht nur -gefühl – sondern auch Zugehörigkeits-Recht ist ausschlaggebend für eine synodale Gemeinschaft.

Unsere Kirche tut sich verdammt schwer, das allgemeine Priestertum aller Christgläubigen (Lumen Gentium, 10) zu apostrophieren. Immer wieder – und heute auch in Lateinamerika – erhebt sich aus den Truhen vergangener Jahrhunderte ein von uns als längst verschollen geglaubter Klerikalismus. Es gibt Priester, und auch Bischöfe, die es als ihren Auftrag verstehen, die „alte Disziplin“ wiederherzustellen. Den Amtsträgern in der Kirche soll endlich die „althergebrachte“ Autorität zurückerstattet werden.

Damit wird die Kluft zwischen Amtsträgern und Laien, statt sie zu überwinden, noch mehr vertieft: kirchliche Amtsträger haben zu „unterweisen“ und Laien zu „gehorchen“. Ein solcher Trend ist gefährlich und vor allem anti-synodal, weil er dem widerspricht, was Jesus gesagt hat: „Die Könige herrschen über ihre Völker und die Mächtigen lassen sich Wohltäter nennen. Bei euch aber soll es nicht so sein, sondern der Größte unter euch soll werden wie der Kleinste, und der Führende wie der Dienende“ (Lk 22,25-26).

Kirchliche „Autorität“ erhebt nicht jemanden über das Volk! Im Gegenteil, wir sind „für“ das Volk da und „mit“ dem Volk Gottes unterwegs. Das ist Synodalität im Sinne Jesu!

Teilhabe ist aber auch das Thema, mit dem wirklich jede Synodalität in unserer Kirche steht und fällt: die „Teilhabe“ der Frau in unserer Kirche! Und da ist es für mich unverständlich, warum unser Papst Franziskus gerade dieses Thema aus dem Synodenprogramm gestrichen und, wie es scheint, auf den St. Nimmerleinstag hinausgeschoben hat. Zwei Kommissionen haben schon in der Geschichte der christlichen Urgemeinden herumgewühlt und kamen auf keinen grünen Zweig, weil eine Diakonatsweihe im heutigen Sinn, beispielsweise bei Phöbe (Röm 16,1), nicht nachgewiesen werden kann, genauso wie eine Priesterweihe damals ganz sicher nicht im Ritus Romanus gespendet wurde, wie es heute in unseren Kathedralen geschieht.

Es geht, um Gottes Willen, doch nicht darum, was vor zweitausend Jahren tatsächlich gegolten hat oder nicht, sondern es geht um Antworten auf die Herausforderungen unserer Zeit. Wenn Frauen seit Jahrzehnten in den allermeisten Gemeinden Amazoniens, in den Städten und „im Busch“, als Gottesdienst- und Gemeindeleiterinnen, Katechetinnen und Religionslehrerinnen wirken, das Wort Gottes verkünden und auslegen, zur Taufspendung und kirchlichen Assistenz bei Eheschließungen beauftragt sind, und es Ihrem Einsatz zu verdanken ist, dass die Kirche in Amazonien überhaupt „lebt“, dann muss nun doch, um Gottes Willen, die „Geschlechtergerechtigkeit“ auch in unserer Kirche ankommen! Im Klartext: die Weihegnade darf Frauen nicht länger verweigert werden!

Die Annahme, dass in der Kirche das „petrinische“ und „marianische“ Prinzip getrennt aufscheinen, ist schrecklich tendenziös! Frauen sind „marianisch“, Männer „petrinisch“ – psychologischer Nonsens! Es gibt sie und wird sie immer geben: petrinische Frauen, aber auch marianische Männer. Und umgekehrt! Oder noch klarer ausgedrückt: in jeder Frau gibt es petrinische, wie auch in jedem Mann marianische Qualitäten. All diese Eigenschaften sind gleichwertig! Von Gott am sechsten Tag der Schöpfung geschaffen und „als sehr gut“ befunden (Gen 1,31)! Und wir haben sie beide in uns, die petrinische und die marianische! Gott sei Dank!


Sendung?

„Die Kirche ist von Christus gesandt, die Liebe Gottes allen Menschen und Völkern zu verkünden und mitzuteilen“ (Ad Gentes, 10). Dieses Wort aus dem Dekret des II. Vatikanischen Konzils „über die Missionstätigkeit der Kirche“ weist die Richtung der Sendung jedes Christen, jeder Christin.

Ich bin überzeugt, dass Jorge Mario Bergoglio zum Papst gewählt wurde, weil er im Vorkonklave für eine Kirche plädierte, die aus sich herausgeht und sich an die Peripherie wagt, nicht nur an die geographische, sondern die existenzielle, das heißt die Menschen an den Rändern der Gesellschaft abholt, genau dort wo sie leben, mit all ihren Nöten und Hoffnungen, ihrer Ausgegrenztheit und ihren Erwartungen. Er wählte den Namen „Franziskus“ als weiteren Beweis dafür, dass er es ernst meint mit einer Kirche, die Papst Johannes XXIII schon im Jahre 1962, kurz vor der Eröffnung des II. Vatikanischen Konzils, schon „Kirche der und für die Armen“ nannte. Bei seiner ersten Audienz für die Medienvertreter am 16. März 2013 sagte Papst Franziskus: „Wie sehr möchte ich eine arme Kirche und eine Kirche, die für die Armen da ist“.

Franziskus ging nach Lampedusa, nach Lesbos, in die Gefängnisse, wusch Strafgefangenen, auch Musliminnen, die Füße, entschuldigte sich bei Indigenen in Kanada, war zutiefst gerührt über den Schrei der Indigenen in Puerto Maldonado, wenige Monate vor Beginn der Amazonien-Synode, und so weiter und so fort. An päpstlichen Beispielen fehlt es nicht! Und es gibt in der Kirche sicher viele Formen der Hinwendung zu den Ausgegrenzten und Ausgebeuteten, aber die Gefahr ist groß, dass sich diese Kirche gerade nach dem skandalösen, grausigen Missbrauchskapitel wieder besonders mit sich selbst beschäftigt. Die „Synodalsynode“ kann sicher nicht über den eigenen Schatten springen, aber ein Rückzug „aus der bösen Welt“ in weihrauchgeschwängerte Sakristeien oder der Versuch durch liturgische Groß- und Kleinveranstaltungen mit viel Pomp, Trara und prunkvollen Gewändern wieder die Massen anzuziehen, ist sicher der falsche Weg.

Für Franz von Assisi war die Begegnung mit den Aussätzigen das konkrete Zusammentreffen mit dem leidenden Herrn Jesus. Das Schlüsselerlebnis schlechthin, um Franz von Assisi, den Namensgeber unseres Papstes, überhaupt verstehen zu können. Wer und wo sind die „Aussätzigen“ unserer Zeit und Welt? Wie und warum leben Menschen „an den Peripherien“, in Slums und Favelas, unter Brücken und zusammengepfercht in schmutzigen Baracken? Warum wird Indios und Aborigines das Recht auf ihre Identität abgesprochen? Warum werden sie aus ihrem angestammten Land vertrieben? Warum sterben Menschen „vor der Zeit“, weil sie nicht genug zu essen haben? Warum erreichen Kinder nicht das Erwachsenalter? Warum, um Gottes Willen, ist wieder Krieg, der am ärgsten wieder die Armen trifft? Diese grauenvolle Litanei hört noch lange nicht auf! Sendung der Kirche? Was ist die Mission der Kirche? „Die Liebe Gottes allen Menschen und Völkern zu verkünden und mitzuteilen“! Wie soll das konkret und synodal geschehen? – Das sind nur ein paar wenige Fragen, die Teil Zwei der Welt-Synode „Eine synodale Kirche: Gemeinschaft, Teilhabe, Sendung“ zu beantworten hat.

Das nun veröffentlichte Instrumentum laboris 2024 spricht nur „am Rande“ von Armen, also nur „peripherisch“. Die Ränder der Gesellschaft, die Peripherien sind ja der Ort, an dem die Armen leben! Ich fand das Wort „pobre(s)“ (Arme) ganze sieben Mal unter den insgesamt 21.504 Wörtern in den 112 Paragrafen und noch einmal als Fußnote. Und das erschüttert mich!

Warum gibt es in Teil III „Orte“ kein eigenes Kapitel über die Armen und die Ausgeschlossenen vom „Bankett des Lebens, zu dem alle Menschen gleichermaßen von Gott eingeladen sind“ (Johannes Paul II., Sollicitudo Rei Socialis, Nr. 39)? Das Instrumentum laboris beklagt eine „Welt, in der die Mächtigen die Armen, die Ausgegrenzten und die Minderheiten ignorieren“ (IL 2024, Nr. 20). Ignorieren denn nur die Mächtigen „dieser Welt“ die Armen?

Der Text empfiehlt: „Ein besonders wichtiger Punkt in diesem Zusammenhang ist es, den Menschen zuzuhören, die verschiedene Arten von Armut und Marginalität erleben“ (IL 2024, Nr. 54). Kommt denn das Synodenpapier erst jetzt drauf, dass es wichtig ist, den Menschen zuzuhören, insbesondere den Menschen, denen sonst niemand zuhört? Das wäre nun tatsächlich ein wesentlicher Schritt zu einer, im kirchlichen Alltag, gelebten Synodalität.

Aber, um diesen Menschen überhaupt zuhören zu können, müssen wir uns erst einmal aus unserer kirchlich geschützten Geborgenheit hinaus in die geächtete, verabscheute Ungeborgenheit der Peripherien hineinwagen! Das ist doch nun wirklich nicht leicht! Und das Instrumentum laboris gibt auch keinen Rat, wie dies geschehen könnte oder soll.

Das Instrumentum laboris für Teil-Zwei der Synode ist leider mehr „ad intra“ der Kirche gerichtet als „ad extra“, an die „Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen von heute, besonders der Armen und Bedrängten aller Art“ (Gaudium et Spes, n. 1).

Altamira, 12. Juli 2024

Erwin Kräutler
Bischof em. vom Xingu


“Por uma Igreja Sinodal” II, o Direito Canônico, as mulheres e os pobres
REPAM, 11.7.2024