Donnerstag, 21. Februar 2019

Auftraggeber der Ermordung von Dorothy Stang muss wieder ins Gefängnis


Das Bundesgericht (STF) in Brasília hob am Dienstag (19.2.) die Entscheidung von Richter Marco Aurélio Mello auf, der im Mai letzten Jahres den Fazendeiro Regivaldo Pereira Galvão habeas corpus gewährte. "Taradão" war 2010 als Auftraggeber zur Ermordung der US-Missionarin Dorothy Stang im Jahr 2005 in Anapu (PA) zu 30 Jahren Gefängnis verurteilt worden. Mello hatte die Freilassung damit begründet, dass das Urteil noch nicht rechtskräftig sei und Galvão gegen seine Verurteilung noch über gerichtliche Mittel verfügen könne, weshalb er nicht inhaftiert werden dürfe.

Auch bei dieser Verhandlung vertrat Mello die Position des Rechts auf Habeas Corpus. Die anderen vier Richter vertraten jedoch die Ansicht, dass eine Verhaftung nach einer Verurteilung in dritter Instanz, die 2017 erfolgt ist, möglich ist. Damit muss Galvão wieder ins Gefängnis, um die damals reduzierte Strafe von 25 Jahren zu verbüßen.

Die amerikanische Notre Dame-Missionarin Dorothy Mae Stang wurde am 12. Februar 2005 im Alter von 73 Jahren in Anapu, südwestlich von Pará, getötet. Sie arbeitete mit Kleinbauern und Basisgemeinschaften in der Region von Anapu an Projekten zur nachhaltigen landwirtschaftlichen Entwicklung, der sogenannten PDS Esperança.

Nach Angaben des Staatsanwaltschaft wurde der Tod der Missionarin von den Großgrundbesitzern und Viehzüchtern Vitalmiro Bastos de Moura ("Bida") und Regivaldo Galvão ("Taradão) in Auftrag gegeben. Amair Feijoli da Cunha ("Tato") hatte zur Durchführung des Mordes Geld von Vitalmiro erhalten (Reais 50.000) und gilt als Vermittler. Beide wurden zu je 18 Jahren Gefängnis verurteilt.

Rayfran das Neves Sales bekannte sich als Mörder und wurde als Täter zu 27 Jahren Gefängnis verurteilt, darf aber seit Juli 2013 den Rest der Haft unter Hausarrest verbüßen. Clodoaldo Carlos Batista hatte Rayfran bei der Tat begleitet und wurde als Mittäter zu 17 Jahre Gefängnis verurteilt. Nach einem Gefängnisausgang in Belém im Februar 2011 kehrte er nicht mehr zurück und ist seither auf der Flucht.


Kathpress, 22.2.2019
Mord an Kräutler-Mitarbeiterin: Auftraggeber kommt wieder in Haft
Brasiliens Oberstes Gericht hob Einstweilige Verfügung auf, die den im Fall der Ermordung der US-Ordensfrau Dorothy Stang zu 25 Jahren Haft verurteilten Landbesitzer auf freien Fuß setzte
Brasilia, 22.02.2019 (KAP/KNA) Brasiliens Oberstes Gericht hat den bereits in drei Instanzen verurteilten Auftraggeber des Mordes an der US-Ordensfrau Dorothy Stang zurück ins Gefängnis beordert. Damit hob das Gericht die von einem der Obersten Richter im Mai erlassene Einstweilige Verfügung auf, die den zu 25 Jahren Haft verurteilten Landbesitzer auf freien Fuß setzte, wie brasilianische Medien am Donnerstag berichten. Der 2005 verübte Mord an Stang, die eng mit dem brasilianisch-österreichischen Amazonas-Bischof Erwin Kräutler zusammenarbeitete, sorgte für internationales Aufsehen; die Justizposse zeigt die Langsamkeit der brasilianischen Justiz. Beobachter haben die Vermutung, dass an dem Fall ein juristisches Exempel statuiert werden soll.

Der Oberste Richter Marco Aurelio Mello hatte dem Landbesitzer Reginaldo Pereira Galvao im Mai zugestanden, in Freiheit auf die Revision seines Falles vor dem Obersten Gericht zu warten. Galvao war 2010 erstinstanzlich zu 30 Jahren Haft verurteilt worden. Er soll für den Mord an Stang, die sich für die Rechte von Kleinbauern im Amazonasgebiet engagiert hatte, mehrere tausend Euro gezahlt haben.

Doch bereits 2012 gestand Richter Mello Galvao zu, in Freiheit auf seine Berufung in zweiter Instanz zu warten. Obwohl die Strafe von dieser Instanz bestätigt wurde, blieb Galvao weiterhin frei. Die dritte Instanz reduzierte seine Strafe 2017 auf 25 Jahre. Dank Mellos Einstweiliger Verfügung blieb er auf freiem Fuß.

Die katholische Landpastoral Brasiliens hatte damals die Freilassung Galvaos kritisiert. Sie verdeutliche die absurden Zustände rund um die Landfrage in Brasilien. Im Februar 2005 war die damals 73-jährige Missionarin Stang in der Stadt Anapu erschossen worden. Galvao hat als einziger der fünf Verurteilten seine Strafe noch nicht angetreten. Die vier Mittäter sind inzwischen wieder frei, nachdem ihre Haftzeiten reduziert wurden.

Hintergrund des juristischen Hin-und-Hers ist die Frage, ob Verurteilte die Haft antreten müssen, bevor die vierte Instanz entschieden hat und damit der Rechtsweg völlig ausgeschöpft ist. Am 10. April will das Gericht diese Frage erneut beraten. Aufgrund der Langsamkeit des überlasteten Obersten Gerichts verjähren viele Fälle. Wer über gute und teure Anwälte verfügt, die das Verfahren bis zur vierten Instanz tragen, hat große Chancen, straffrei zu bleiben.

Anders sieht die Realität für die meisten der rund 800.000 Häftlinge in Brasilien aus. Etwa die Hälfte wartet im Gefängnis auf den Prozess in erster Instanz; sie sitzen also meist in unzulänglich langer Untersuchungshaft. Doch es trifft auch Prominente: Der wegen Korruption und Geldwäsche verurteilte Ex-Präsident Luiz Inacio Lula da Silva (2003-2010) sitzt seine Haftstrafe seit fast einem Jahr ab, obwohl die Revisionen in dritter und vierter Instanz noch anstehen. Seine Verteidiger halten ihn deswegen für einen "politischen Gefangenen".


Tiroler Tageszeitung, 22.2.2019
Mord an Kräutler-Mitarbeiterin: Auftraggeber kommt wieder in Haft
Brasilia (APA) - Brasiliens Oberstes Gericht hat den in dritter Instanz zu 25 Jahren Haft verurteilten Auftraggeber des Mordes an der US-Ordensfrau Dorothy Stang zurück ins Gefängnis beordert. Damit hob das Gericht die von einem der Obersten Richter im Mai erlassene Einstweilige Verfügung auf, die den Landbesitzer auf freien Fuß setzte, wie brasilianische Medien am Donnerstag laut Kathpress berichteten.

Die Mitarbeiterin des aus Vorarlberg stammenden Amazonas-Bischofs Erwin Kräutler hatte sich für die Rechte von Kleinbauern im Amazonasgebiet engagiert. Im Februar 2005 wurde die damals 73-jährige Missionarin in der Stadt Anapu erschossen. Für die Tat wurde der Landbesitzer Reginaldo Pereira fünf Jahre später in erster Instanz zu 30 Jahren Haft verurteilt. Ein Gericht hatte ihn für schuldig befunden, für den Mord an Stang mehrere tausend Euro gezahlt zu haben.

Aufgrund des juristischen Instanzenweges ist Pereira Galvao der einzige der fünf Verurteilten, der seine Haftstrafe noch immer nicht angetreten hat. Die vier Mittäter waren zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt worden, sind inzwischen jedoch wieder auf freiem Fuß, nachdem ihre Haftzeiten reduziert wurden.

Hintergrund des juristischen Tauziehens ist die Frage, ob Verurteilte die Haft antreten müssen, bevor die vierte Instanz entschieden hat und damit der Rechtsweg völlig ausgeschöpft ist. Etwa die Hälfte der rund 800.000 Häftlinge in Brasilien wartet im Gefängnis auf den Prozess in erster Instanz. Auch der wegen Korruption und Geldwäsche verurteilte Ex-Präsident Luiz Inacio Lula da Silva (2003-2010) sitzt seine Haftstrafe seit fast einem Jahr ab, obwohl die Revisionen in dritter und vierter Instanz noch anstehen. Seine Verteidiger halten ihn deswegen für einen „politischen Gefangenen“.



O Globo, 20/02/2019
STF manda prender fazendeiro condenado por ser mandante da morte de Dorothy Stang
Regivaldo Galvão foi condenado em segunda instância a 30 anos de prisão. No ano passado, o ministro Marco Aurélio Mello mandou soltá-lo, mas Primeira Turma revogou decisão.


Estadão, 20/02/2019
Supremo manda prender ‘Taradão’, condenado por assassinato de Dorothy Stang
Decisão é da Primeira Turma da Corte; ministro Marco Aurélio Mello havia concedido habeas corpus a Regivaldo Pereira Galvão, sentenciado a 30 anos de prisão pelo assassinato de missionária norte-americana, em 2005, em Anapu (PA)

Fazendeiro condenado pela morte de Dorothy Stang volta à prisão

Decisão foi expedida pelo STF