Freitag, 1. Februar 2019

Kommentar: Furcht im Regenwald


Mittelbayrische, 31. Januar 2019
Furcht im Regenwald

Ein Kommentar von Thomas Schmidt, Pfarrer

Seit Jahren ist das riesige Amazonasbecken in Gefahr. Die Abholzung hat wieder zugenommen. Insbesondere der Anbau von (Gen-)Soja und die Viehwirtschaft sind auf dem Vormarsch. Dazu kommen der Bau von riesigen Staudämmen und die Ausbeutung der Bodenschätze: Eisenerze, seltene Erden, Gold, Bauxit und Öl und eben auch das wertvolle Tropenholz selbst. Aber nicht nur das: Seit 2013 nimmt nach Berichten der kirchlichen Landpastoralkommission CPT die Gewalt gegen Vertreter*innen sozialer Bewegungen und gegen Indigene wieder zu. Allein 2017 sind ihr 70 Menschen zum Opfer gefallen.

Mit der Wahl Jair Bolsonaros zum Präsidenten Brasiliens wird sich diese Entwicklung verschärfen. Er hat schon im Wahlkampf angekündigt „keinen Zentimeter Land“ den traditionellen Völkern zu überlassen und große Flächen des Amazonas-Regenwaldes für Bergbau- und Landwirtschaftsunternehmen freizugeben. Es herrscht wieder Furcht am Amazonas.

Vor dem Hintergrund dieses Szenarios hat Papst Franziskus für den Oktober eine Amazonassynode nach Rom einberufen. Kirchliche Basisgruppen, Menschenrechtsorganisationen und Bischöfe erarbeiten Vorschläge, wie die Kirche die Rechte der indigenen Völker verteidigen und den Wald schützen kann. Die Schlüsselrolle spielen die Bewohner*innen der Region selbst: Mit ihrer Lebensweise sind sie die Hüter des Waldes und schützen damit letztlich das Leben auf der ganzen Erde. Die Solidarität mit dem Überlebenskampf dieser Menschen ist so ein dringendes Gebot für unser Handeln in Europa.

Wir müssen die Frage stellen, wer die Produkte kauft, die aus dem Amazonas in die ganze Welt exportiert werden: In wessen Autos wird das Aluminium verbaut, das aus dem Bauxit der Amazonasregion gewonnen wird? Wessen Schweine werden mit dem Gensoja gefüttert, das auf riesigen ehemaligen Waldflächen angebaut wird? Welche Banken und Aktienfonds finanzieren das? Zur Solidarität mit den Menschen im Amazonasbecken gehört auch die Frage , wie wir produzieren und konsumieren. Papst Franziskus weist in seiner Enzyklika Laudato Si‘ zu Recht darauf hin, dass alles mit allem verbunden ist. Der Amazons ist in Gefahr, die Welt ist in Gefahr, und nur gemeinsame Anstrengungen in allen Teilen der Welt können sie retten.