Sonntag, 28. Juni 2015

Öl-Plattformen in der Bucht von Rio

orf.at, 27.6.2015
Wirtschaftshoffnung vs. natürliche Idylle
Es ist das Postkartenmotiv Nummer eins von Rio de Janeiro - die Christusstatue mit Blick über die Stadt, den Zuckerhut und in die darunterliegende Bucht Guanabara. Seit vor der Küste gigantische Mengen an Öl entdeckt wurden, ist der brasilianische Touristenhotspot aber nicht mehr ganz so idyllisch. In mehreren tausend Metern Tiefe verstecken sich immense Energieressourcen, durch deren Förderung sich Brasilien einen wahren Wirtschaftsschub erhofft. Ob dieser auch tatsächlich realisiert werden kann, ist immer unsicherer. Die Risiken sind nämlich enorm.


Mehr zum Thema:

Spiegel-Online, 21.10.2013
Brasilien: Fünf Konzerne ersteigern Riesen-Ölfeld vor Rio
Es geht um bis zu zwölf Milliarden Barrel Öl in großer Meerestiefe: Ein Konsortium aus Europa, China und Brasilien hat sich die Förderrechte für ein riesiges Ölfeld vor der Küste Rio de Janeiros gesichert. Kritiker sprechen vom Ausverkauf des Landes.

Der Tagesspiegel, 22.10.2013
Rohstoff-Auktion
Brasilien vergibt Riesen-Ölfeld und wird zur neuen Energiesupermacht
Eine der größten Ölquellen der Welt kam in Brasilien unter den Hammer. Käufer ist ein kurioses internationales Konsortium aus fünf Konzernen. Die strategische Bedeutung des Deals ist riesig für das südamerikanische Land.

Zeit-Online, 4.11.2013
Einfach abgeschreckt
Vor Rio de Janeiro liegt ein riesiges Ölfeld. Die meisten internationalen Ölkonzerne interessiert das nicht.

Blog-Archiv vom 22.10.2013
Ölfeldauktion in Brasilien: Proteste und nur ein einziger Bieter

Samstag, 27. Juni 2015

CIMI-Bericht: Morde an Indigenen sind 2014 um 32,1 % gestiegen


Blickpunkt Lateinamerika, 25.6.2015
Cimi-Bericht: Gewaltausmaß gegen Indigene alarmierend

Eine Indígena vom Volk der Kokama bei der traditionellen Gesichtsbemalung ihrer Tochter in der Stadtrand-Siedlung Brasilerinho bei Manaus. Foto: Adveniat/Pohl

Cimi, der Indigenenmissionsrat der Brasilianischen Bischofskonferenz, spricht in seinem Bericht für das Jahr 2014 von einem deutlichen Anstieg der Gewalt gegen Indigene in Brasilien.

Das 180 Seiten starke Dokument stellt Berichte von Betroffenen, von indigenen Anführern und indigenen Organisationen, zusammen. Ergänzt werden diese durch Informationen von Cimi-Missionaren, die sich vor Ort ein Bild gemacht haben.

Seit mehr als 20 Jahren rüttelt der Cimi-Bericht Brasilien und die Welt wach. Der Indigenenmissionsrat nennt das Dokument einen kollektiven Aufschrei der mehr als 300 indigenen Völker und der etwa 100 isoliert im Amazonasgebiet lebenden Indigenengruppen.

2014 wurden in Brasilien 138 Indigene umgebracht. Die Zahl der Gewaltdelikte sei insgesamt angestiegen. In 84 Fällen wurde in indigenes Land eingefallen, um illegal Rohstoffe auszubeuten. 135 Indigene begingen Selbstmord. 785 Kinder im Alter bis zu fünf Jahren starben. In 118 Fällen seien Demarkierungen und andere Regelungen, die indigenes Land betreffen, verzögert oder gar nicht umgesetzt worden - mehr als eine Verdoppelung gegenüber 2013. Hier lag der Bundesstaat Pará an der Spitze, in dem das umstrittene Wasserkraftwerk Belo Monte gebaut wird. Der Bericht erkennt generell einen Zusammenhang zwischen staatlicher Verzögerungstaktik bei der Demarkierung indigenen Landes und dem Bau von Wasserkraftwerken.

Brasilien erkennt seine historische Schuld nicht an
Die Anthropologin Lucía Helena Rangel, die Cimi berät und für die Koordination des jährlich erscheinenden Berichtes verantwortlich zeichnet, spricht von einem alarmierenden Ausmaß an Gewalt gegenüber den Indigenen. Es handele sich um ein Muster, das sich stets wiederhole. Unterschiede zum Bericht für 2013 ließen sich kaum erkennen. Rangel sieht die Ursache für den Hass auf die Indigenen in der fehlenden Anerkennung der historischen Schuld, die Brasilien den indigenen Völkern gegenüber auf sich geladen habe. Die Geschichte des Landes sei von Gewalt geprägt. Die Sklavenhaltermentalität wirke im heutigen Brasilien nach. Werde über Menschenrechte gesprochen, so erschaudere die Elite.

Wer Widerstand leistet, riskiert sein Leben
In der Selbstmordstatistik hält der Bundesstaat Mato Grosso do Sul einen erschreckenden Rekord. Hier nahmen sich im vergangenen Jahr 48, zumeist junge Indigene das Leben. Im Zeitraum 2000 bis 2014 betrug die Zahl der Selbstmorde in Mato Grosso do Sul 707. Die Anthropologin Rangel weist auf einen starken Zusammenhang von Selbstmord, Rassismus und Landkonflikten hin. Letztere bildeten auch ganz überwiegend den Hintergrund für die 138 verübten Morde an Indigenen. Die Botschaft: Wer Widerstand leistet, muss damit rechnen, dafür mit seinem Leben zu zahlen. Neben erneut Mato Grosso do Sul entfielen die meisten Fälle auf den Bundesstaat Amazonas und auf Bahia. In einigen Fällen war es zu gewaltsamen Konflikten unter Indigenen gekommen, bei denen Alkohol im Spiel war. Jahr für Jahr steigt dem Cimi-Bericht zufolge die Kindersterblichkeit bei Indigenen. Besonders betroffen waren die Xavante und die Yanomami, die 116 bzw. 46 tote Kinder betrauerten.

Cimi verlangt indigene Wahrheitskommission
Cimi fordert in dem Bericht die Einrichtung einer indigenen Wahrheitskommission, um die schweren Menschenrechtsverletzungen an indigenen Völkern in Brasilien ans Licht zu bringen. Denn vieles bleibt bislang im Verborgenen. Außerdem plädiert der Indigenenmissionsrat für Informationskampagnen in ganz Brasilien, um der Bevölkerung die Respektierung der Rechte der indigenen Völker nahezubringen, welche die Verfassung garantiert. Lucía Helena Rangel hofft, der Bericht trage zu einer humaneren Indigenenpolitik in Brasilien bei.

Bericht Pflichtlektüre für die Verantwortlichen
Cimi möchte mit dem Bericht Jahr für Jahr die Menschen stärker für die indigenen Belange sensibilisieren und den brasilianischen Staat dazu antreiben, sich, wie es seine Pflicht ist, entschlossen für diese einzusetzen. Wer sich an Indigenen vergehe, müsse bestraft werden. Bedauerlicherweise nehme die Gewalt gegen Indigene jedoch Jahr für Jahr zu. Wer dem zuschaue, mache sich zum Komplizen, letztlich vielleicht sogar eines Ethnozids. Der Cimi-Bericht sei für die Verantwortlichen in Brasilien Pflichtlektüre.


amerika21.de, 30.06.2015
Morde an Indigenen in Brasilien haben zugenommen
Missionsrat sieht den Grund in der Verzögerung der Demarkation indigenen Landes. 2014 gab es die höchste Selbstmordrate von Indigenen seit 30 Jahren


CIMI, 19/06/2015
Aumentam os índices de assassinato, suicídio e mortalidade infantil de indígenas, aponta relatório do Cimi
Houve um severo aumento da violência e das violações praticadas contra os povos indígenas no Brasil em 2014, especialmente em relação aos casos de assassinatos, suicídios, mortes por desassistência à saúde, mortalidade na infância, invasões possessórias e exploração ilegal de recursos naturais e de omissão e morosidade na regularização das terras indígenas. Esta é a constatação do Relatório Violência Contra os Povos Indígenas no Brasil – dados de 2014, que o Conselho Indigenista Missionário (Cimi) lançou na tarde desta sexta-feira, 19, na sede da Conferência Nacional dos Bispos do Brasil (CNBB), em Brasília.
Baixe o arquivo: Relatório de Violências Contra os Povos Indígenas – Dados 2014


O Globo, 19/06/2015
Número de índios assassinados cresceu 32,1% em 2014, diz Conselho Indigenista Missionário
Entidade culpa omissão do governo federal por violações dos direitos dos povos indígenas
BRASÍLIA - O número de índios assassinados no Brasil cresceu 32,1% no ano passado. Foram 70 casos em 2014, contra 53 em 2013. Mato Grosso do Sul, onde há vários conflitos entre indígenas e produtores rurais, foi o estado com mais assassinatos: 25. Em seguida vêm Bahia, com 15, e Amazonas, com dez. Os dados são do relatório "Violência contra os povos indígenas no Brasil", divulgado nesta sexta-feira pelo Conselho Indigenista Missionário (Cimi), ligado à Conferência Nacional dos Bispos do Brasil (CNBB). O Cimi culpa principalmente o governo federal pela violação dos direitos dos índios em 2014.


Agencia Brasil, 19.6.2015
Cimi atribui aumento da violência contra índios à demora na demarcação de terras
De acordo com o conselho indigenista, vinculado à Conferência Nacional dos Bispos do Brasil (CNBB), nenhuma terra indígena foi homologada pela presidenta Dilma Rousseff em 2014. No total, 600 áreas são reivindicadas pelos índios como território tradicional. Apenas duas foram identificadas (Xeta Herarekã, no Paraná, e Xakriabá, em Minas Gerais) e uma foi declarada como terra indígena (Paquiçamba, no Pará) pelo Ministério da Justiça.


Instituto Humanitas Unisinos, 29 de julho de 2015
Belo Monte. “O caos estava programado de antemão”, constata bispo
138 índios assassinados (sem contar as tentativas de homicídio), 135 suicídios, 785 crianças indígenas mortas, 118 casos de morosidade na regularização de terras e 84 invasões possessórias. Isso apenas em 2014, segundo o relatório Violência contra os povos indígenas do Brasil, do Conselho Indigenista Missionário (CIMI).
Presidente do CIMI, Dom Erwin Kräutler é bispo do Xingu há 50 anos e um dos maiores opositores da construção da usina de Belo Monte, e por isso conta com autoridade e experiência para explicar o grau de intolerância da sociedade em relação aos indígenas, que sofrem incessantes ataques aos seus direitos desde a chegada do homem branco ao dito “Novo Mundo”. Para ele, essa problemática está engendrada em nossa cultura: “grande parte do material didático das escolas deve ser revisado. A verdadeira história do Brasil precisa ser contada não do ponto de vista dos que ‘descobriram’, mas do ponto de vista das vítimas que são, em primeiro lugar, os povos indígenas”.
Em entrevista exclusiva para o Greenpeace Brasil, 28-07-2015, Dom Erwin Kräutler fala sobre a violência, a mortalidade, o preconceito e a indiferença que ainda permeiam as relações com as comunidades indígenas.

Freitag, 26. Juni 2015

Landkonflikte in Anapu: Fazendeiros machen sich zu Opfern

Schwester Dorothy Stang setzte sich jahrzehntelang in Anapu für eine Landreform und die Ansiedlung von Kleinbauern ein. Um die Jahrtausendwende gelang ihr die Gründungen der Siedlungsprojekte (PDS) Virola Jatobá und Esperança für ca. 600 Familien. Damit wurde Dorothy zur Zielscheibe für die Fazendeiros, die sie am 12.2.2005 durch Pistoleiros erschießen ließen.
Es kam zu Verhaftungen und zu Verurteilungen. Aber inzwischen sind die Mörder und Hintermänner der Tat sind auf freiem Fuß und halten sich wieder im Landesinneren von Anapu auf. Bida und Taradão organisierten vor kurzem auf ihrer Fazenda einen Hahnenkampf. Eine neue Etappe der Landkonflikte ist ausgebrochen. Dabei machen sich die Täter zu Opfern, denn derzeit beklagen die Großgrundbesitzer, dass sie von Kleinbauern und Landlosen bedroht oder überfallen werden. Und Padre Amaro sowie die Landpastoral (CPT) würden dieses Vorgehen unterstützen.


Zu Fronleichnam (4.6.205) wurde Padre Amaro in Anapu von TV Record zu den Vorwürfen interviewt, Geld von Großgrundbesitzern zu kassieren, um Landlose von der Invasion von Ländereien abzuhalten. Das Video dazu wurde am 9. Juni auf Facebook von Rede Altamira veröffentlicht. Demnach würden alle Fazendeiros von Anapu dem Padre Geld geben, um in Ruhe gelassen zu werden.
Padre Amaro bestreitet, Geld bekommen zu haben.  Es gibt keine Beweise. Die Vorwürfe sind absurd.

Am 18. Juni wurde die Erstürmung der Fazenda von Antônio Borges Peixoto sowie dessen Befreiung durch die Bundespolizei gebracht. Dabei beklagt Peixoto, dass er bei all dem gewaltsamen Vorgehen der Invasoren auch seinen Sohn verloren hätte. Er hätte wieder Angst, weil es so sei wir früher, als die Straße abgesperrt und sein Sohn bedroht wurde - "in dieser Kammer da hinten wurde er vor zwei Jahren ermordet", sagt Peixoto.
Augusto starb jedoch vor 3 Jahren aufgrund einer Überdosis an Drogen.

Außerdem ist zu erwähnen, dass die ansässigen und ortskundigen Bauern die meisten der auf dem Video zu sehenden Invasoren nicht kennen, auch nicht den namentlich genannten João Campos. Sie sollen dafür bezahlt worden sein, wie auch einige aus der Gegend, die sich schon immer für Interessen der Großgrundbesitzer verkauft haben, wie Mauro Paulistinha oder Carlos Fleck (Gaucho).
Man geht davon aus, dass "alles gestellt" ist, um die Kleinbauern vor Ort einzuschüchtern und zu kriminalisieren.


TV Record Altamira, 9 de junho de 2015
ANAPÚ: TERRA DO MEDO!
Fazendeiros pagam propina ao Padre para não serem ameaçados

TV Record Altamira, 18. Juni 2015
OPERAÇÃO EM ANAPÚ: POLÍCIA DESOCUPA FAZENDA E LIBERA FAZENDEIRO PEIXOTO QUE ESTAVA EM CÁRCERE PRIVADO.

TV Record Altamira, 24. Juni 2015
CLIMA TENSO EM ANAPÚ, E A RECORD ACOMPANHA COM EXCLUSIVIDADE!
Posseiros invadem fazenda e destroem a sede.

Mehr zum Thema:

Folha do Bico, 14 de fevereiro de 2014
Agricultor de Anapu-PA que recebia proteção da Força Nacional é preso por extorsão
Em Altamira, no sudoeste do Pará, a Polícia Federal prendeu dois agricultores suspeitos de praticar crime de extorsão contra um fazendeiro. Um dos suspeitos era testemunha protegida por policiais da Força Nacional de Segurança há dois anos e meio.

Reporter Brasil, 18/02/2005
Padre Amaro, ameaçado no Pará: “violência só acaba com reforma agrária”
Em entrevista exclusiva, o padre que trabalhava em Anapu (PA) com a irmã Dorothy Stang, assassinada há uma semana, faz um relato sobre a violência que atinge o dia-a-dia dos trabalhadores na região e discute como o Estado pode mudar a realidade amazônica

Freitag, 19. Juni 2015

Bischof Kräutler traut der Umweltenzyklika "bahnbrechende Wirkung" zu

Amazonas-Bischof Erwin Kräutler
"Die Enzyklika hat sicher eine bahnbrechende Wirkung"
Düsseldorf. Er gilt als "Öko-Flüsterer" des Papstes: Amazonas-Bischof Erwin Kräutler ist Mitautor der an diesem Donnerstag im Vatikan veröffentlichten Umweltenzyklika. Er rechnet mit einer bahnbrechenden Wirkung. Die gefährlichen Folgen des Klimawandels erlebt er in Brasilien hautnah mit. Von Lothar Schröder

Wussten Sie vom Thema der Enzyklika und hatte Papst Franziskus Sie bei der Niederschrift hinzugezogen

Kräutler: Papst Franziskus hat mich am 4. April 2014 in Privataudienz empfangen. Ich war bei ihm als Präsident des Rates für Indigene Völker der Brasilianischen Bischofskonferenz und als Sekretär der Bischöflichen Kommission für Amazonien. Bei dieser Begegnung erzählte ich dem Papst von der Zerstörung Amazoniens und den bedrohten Indigenen Völkern, worauf er mir mitteilte, dass er daran denke eine Öko-Enzyklika zu schreiben und bereits Kardinal Turkson beauftragt habe, ein Arbeitspapier zu erstellen. Ich habe dann Papst Franziskus schlicht gebeten, Amazonien und die indigenen Völker in einer Öko-Enzyklika nicht zu vergessen und habe in der Folge dem Kardinal Turkson auf dessen Ersuchen und aufgrund der päpstlichen Empfehlung einige kurz gefasste Vorschläge geschickt. Das war auch schon alles.

Wie groß konnten Sie mit Ihrer Sachkenntnis beratend Einfluss nehmen?

Kräutler: Ich habe getan, was von mir erwartet wurde, nämlich die Situation Amazoniens und der Indigenen Völker zur Sprache gebracht. Die Zerstörung Amazoniens hat weltweite Folgen. Wissenschaftler haben längst auf die klimaregulierende Funktion Amazoniens hingewiesen. Die Indigenen Völker aber überleben nur in ihrer Mit-Welt.

Was erhoffen Sie sich von der Enzyklika – für die Zukunft unseres Planeten im allgemeinen, aber auch für die konkrete Zukunft Lateinamerikas?

Kräutler: Die Enzyklika hat sicher eine bahnbrechende Wirkung, denn sie richtet sich nicht nur an Katholiken, sondern an alle Menschen. Die Ökoproblematik, der Klimawandel und die Erderwärmung sind ja keine konfessionellen Angelegenheiten sondern betreffen die ganze Menschheit und treffen den Lebensnerv aller Völker. Franziskus will als Papst seinen Beitrag leisten, sicher auch im Hinblick auf die UN-Klimakonferenz in Paris vom 30. November bis 11. Dezember dieses Jahres, bei der es um ein neues Abkommen mit verbindlichen Klimazielen gehen wird.

Markiert diese Enzyklika einen Wandel päpstlicher Lehrschreiben, indem weniger die Theologie, sondern mehr die Welt und die Verantwortung der Kirche in der Welt eine Rolle spielt?

Kräutler: Ich verstehe die Enzyklika nicht als un-theologisches Schreiben. Im Gegenteil. Franziskus räumt mit einer durch Jahrhunderte kolportierten Fehlinterpretation und mangelhaften Übersetzung von Genesis 1,28 Papst Franziskus auf. Gott hat den Menschen nicht zum unumschränkten Gewaltherrscher über seine Mit-Welt eingesetzt. Das so oft missverstandene Wort "Macht euch die Erde untertan" muss endlich dem Urtext gemäß ausgelegt werden. Der Auftrag Gottes ist kein Freibrief für eine gewaltsame Inbesitznahme und skrupellose Plünderung der Natur. Der hebräische Urtext "Setzt euren Fuß auf die Erde" will sagen: Gott überträgt dem Menschen Verantwortung und bestellt ihn, alle Dinge und Lebewesen zu betreuen, zu pflegen und zu schützen. "Und Gott sah alles und siehe, es war sehr gut" (Gen 1,31). Genau darin liegen die Fundamente für eine christliche Lehre zur Ökologie. Theologie soll ja keine Reflexion im luftleeren oder aseptischen Raum sein sondern will konkrete Realitäten im Lichte des Wortes Gottes hinterfragen. Genau das ist Sinn und Motivation dieser Enzyklika. Zur christlichen Sichtweise gehört für den Papst selbstverständlich auch die Art und Weise, wie Franz von Assisi die Schöpfung betrachtet hat. Es ist nicht eine anonyme Umwelt, sondern unser Mit-Welt ohne die wir gar nicht leben können. Alles was Gott geschaffen hat ist uns Schwester und Bruder. Wir gehören zusammen und als Menschen tragen wir Verantwortung auch den zukünftigen Generationen gegenüber.

Wie erleben Sie den Klimawandel in Brasilien?

Kräutler: Ich lebe seit 50 Jahren am Xingu, einem rechtsseitigen Nebenfluss des Amazonas. Als ich 1965 ankam, habe ich noch den tropischen Regenwald pur erlebt. Seither ist die Abholzung und Zerstörung dieses gigantischen Biotops so weit fortgeschritten, dass wir bereits den Klimawandel spüren. Die Trocken- und Regenperioden sind kaum mehr voneinander zu unterscheiden, wie dies noch vor 50 Jahren der Fall war. Laut wissenschaftlichen Gutachten hatte auch die katastrophale Wassernot der vergangenen Monate in der Mega-Metropole São Paulo mit der skrupellosen Abholzung und Zerstörung Amazoniens zu tun.

Wird die katholische Kirche mit Papst Franziskus noch stärker als früher zur Weltkirche, in der nicht nur die Probleme dr Europäer für Aufsehen sorgen?

Kräutler: Wieder einmal seit Jahrhunderten ein nicht-europäischer Papst und der erste Papst aus Lateinamerika beweist von selbst schon, dass die Kirche sich nicht auf Europa reduzieren lässt. Ja, der Großteil der katholischen Christen lebt seit Jahrhunderten außerhalb Europas. Papst Franziskus hat bewiesen, dass er offen ist für die Anliegen der gesamten Menschheit und beweist die sicher auch durch die Enzyklika "Laudato Si".

Wie erleben Sie Papst Franziskus, und welche Kontakt konnten Sie bisher Sie zu ihm haben?

Kräutler: Ich bin Papst Franziskus als Kardinal-Erzbischof vom Buenos Aires bei der V. Konferenz des Episkopats von Lateinamerika und der Karibik 2007 in Aparecida, Brasilien, zum ersten Mal begegnet. Ich war damals Delegierter der Brasilianischen Bischofskonferenz. Die Privataudienz, die er mir am 4. April 2014 gewährte, war für mich ein Privileg. Die gut zwanzig Minuten, die ich mit ihm sprechen konnte, waren für mich eine besondere Gelegenheit auf die Problematik im brasilianischen Amazonien hinzuweisen. Papst Franziskus legt keinen Wert auf höfisches Zeremoniell. Er ist sehr brüderlich, offen, herzlich, kann ausgezeichnet hinhören und stellt auch ganz bewusst Fragen nach der persönlichen Meinung seines Gastes. Seine lateinamerikanische Herkunft zeigt sich auch in der Spontaneität und Einfachheit seiner Gesten und Ausdrucksweise.


Religion.orf.at, 19.6.2015
Kräutler: Papst-Enzyklika für „ökologische Bekehrung“
Amazonas-Bischof Erwin Kräutler, Mitautor der am Donnerstag veröffentlichten Umweltenzyklika, rechnet mit einer „gewichtigen Rolle“ des Papst-Dokuments bei der UNO-Klimakonferenz zu Jahresende.


Tiroler Tageszeitung Online, 18.6.2015
Der „Öko-Flüsterer“ des Papstes: Kräutler ist Enzyklika-Mitautor
Vatikanstadt (APA/KAP) - Hätte es einer Bestätigung für das Lebenswerk von „Dom Erwin“ Kräutler bedurft, dann wäre es die Papstwahl von Jorge Mario Bergoglio im März 2013 gewesen. An die Ränder gehen, sich auf die Seite der Entrechteten stellen - was Franziskus fordert, tut der gebürtige Österreicher bereits seit vielen Jahrzehnten.



Spiegel-Online, 18.6.2016
Amazonas-Bischof zur Öko-Enzyklika:
"Es geht ums nackte Überleben"
Von Annette Langer

In seiner Öko-Enzyklika fordert Papst Franziskus einen Wandel im Umgang mit der Natur. Amazonas-Bischof Erwin Kräutler hat seine Erfahrungen mit geprellten Ureinwohnern und profitgierigen Umweltsündern eingebracht. Eine gemeinsame Lesung.

Nun ist sie offiziell vorgestellt: "Laudato si", "Gelobt seist du", die Enzyklika von Papst Franziskus. Das knapp 200 Seiten lange Rundschreiben ist ein aufrüttelndes, klar formuliertes Dokument, das weltweite Umweltsünden aufzählt und die Verantwortung von Politik und Wirtschaft anprangert.

Streckenweise verschwindet die Institution katholische Kirche hinter den Appellen an das Individuum, die Erde vor der Zerstörung zu retten. Denn das, da ist sich der Papst sicher, kann jeder Einzelne, ganz konkret, im Alltag. Der Schutz der Natur, des Planeten, ist für Franziskus ein urchristliches Anliegen.

Die grüne Agenda ist klug gewählt: Sie erlaubt es dem Papst, sein Kardinalanliegen, den Kampf gegen die Armut, mit einzubeziehen. Denn es sind die sozial Schwachen, die am meisten unter Umweltausbeutung und Klimawandel leiden.

Im April 2014 lud Franziskus den brasilianischen Bischof Erwin Kräutler zur Privataudienz nach Rom. Sie sprachen über Kräutlers Diözese Xingu im brasilianischen Bundesstaat Pará, wo Tausende Indigene wegen Großprojekten wie dem Belo-Monte-Staudamm zwangsumgesiedelt werden und der Urwald bedroht ist. Kräutler, Spitzname "Amazonas-Bischof", kämpft seit Jahrzehnten gegen die Baumafia und korrupte Beamte. Dafür wurde er mehrfach mit dem Tod bedroht.

Einige seiner Anmerkungen haben nun Eingang in das päpstliche Schreiben gefunden. Mit SPIEGEL ONLINE sprach der 76-Jährige über seine ersten Eindrücke beim Lesen des päpstlichen Rundschreibens.

"Vor allem aber muss die Menschheit sich ändern." (Absatz 202)

SPIEGEL ONLINE: Die Enzyklika von Papst Franziskus ist ein Appell an alle Weltbürger. Wir sollen bessere Menschen werden - im Handeln (nachhaltig), im Innern (moralisch) und im Kontakt mit Anderen (verantwortlich). Ist das eine freundliche Utopie, ein ambitioniertes Fernziel oder eine ganz konkrete Aufgabenstellung?

Bischof Erwin Kräutler: Der Papst meint das sehr ernst und sehr konkret. Er spricht zu allen Menschen, nicht nur zu den Katholiken, das macht die Stärke der Enzyklika aus. Franziskus hat Kardinäle, Bischöfe und Experten um ihre Meinung und Mitarbeit gebeten, diese Aufgeschlossenheit hat dem Text gutgetan.

"Wir haben vergessen, dass wir selbst aus Erde geschaffen sind, unser Körper ist aus dem Elementen des Planeten geschaffen, die Luft ist die, die wir atmen und ihr Wasser belebt und erquickt uns." (Absatz 2)

Kräutler: Besonders berühren mich natürlich die Stellen, in denen von Amazonien und der Bedeutung der tropischen Regenwälder die Rede ist, dort wo der Papst auf die Rechte der indigenen Völker zu sprechen kommt. Für sie hat ihr Land keinen wirtschaftlichen Wert, sondern es ist ein Geschenk Gottes, es ist heiliges Land, in dem ihre Vorfahren ruhen, das ihre Identität ausmacht und ihre Werteskala bestimmt. Bei der ersten Lektüre habe ich sofort gespürt, dass der Papst nicht von einer anonymen Umwelt spricht, etwas außerhalb von uns, sondern genau das feststellt, was ich im Zusammenhang mit den indigenen Völkern Amazoniens seit Jahren vertrete: Die Umwelt ist unsere "Mit-Welt". Ohne sie leben wir nicht.

SPIEGEL ONLINE: Ihr Widerstand gegen Geschäftemacher, Mafiosi und Umweltsünder hat sie fast das Leben gekostet. Warnt Franziskus eindringlich genug vor der Skrupellosigkeit der Profiteure?

Kräutler: Er nimmt kein Blatt vor den Mund und klagt das heutige Wirtschaftssystem an, das auf Gewinnmaximierung um jeden Preis abzielt und, wie in Brasilien, fast immer ohne Rücksicht auf die Menschenwürde der betroffenen Personen und Völker handelt.

"Innerhalb des Schemas der Rendite ist kein Platz für Gedanken an die Rhythmen der Natur." (Absatz 190)

SPIEGEL ONLINE: Hat der Papst mit dieser erneuten Kapitalismus-Kritik die Befreiungstheologie wieder hoffähig gemacht?

Kräutler: Ich weiß nicht, ob das sein Anliegen ist. Aber vor seinem lateinamerikanischen Hintergrund und durch die Erfahrungen mit Armut und Ausbeutung kann Franziskus Profitgier nur anprangern. Ich halte folgende Passage für den Grundappell des Papstes:

"Auffallend ist die Schwäche der internationalen politischen Reaktion. Die Unterwerfung der Politik unter die Technologie und das Finanzwesen zeigt sich in der Erfolglosigkeit der Weltgipfel über Umweltfragen. Es gibt allzu viele Sonderinteressen, und leicht gelingt es dem wirtschaftlichen Interesse, die Oberhand über das Gemeinwohl zu gewinnen und die Information zu manipulieren, um die eigenen Pläne nicht beeinträchtigt zu sehen. (…) Das Bündnis von Wirtschaft und Technologie klammert am Ende alles aus, was nicht zu seinen unmittelbaren Interessen gehört." (Absatz 54)

Dies ist der rote Faden, der die Enzyklika durchzieht. Franziskus verweist damit auf die Generalversammlung des lateinamerikanischen Episkopats 2007 in Brasilien. Er war damals Mitglied der Redaktionskommission des Schlussdokuments, in dem es weiter heißt:

"Als Propheten des Lebens wollen wir deshalb darauf bestehen, dass bei den Eingriffen in die natürlichen Ressourcen nicht die Interessen von Wirtschaftskreisen den Vorrang haben dürfen, die zum Schaden ganzer Nationen und sogar der Menschheit auf irrationale Weise die Quellen des Lebens vernichten. Die nachfolgenden Generationen haben das Recht, von uns eine bewohnbare Welt zu bekommen und nicht einen vergifteten Planeten".

SPIEGEL ONLINE: Hat die Enzyklika auf die internationalen Akteure in Wirtschaft und Politik irgendeine Wirkung, die über eine kurze Irritation hinausgeht?

Kräutler: Das wird sich erst noch zeigen. Ich hoffe, dass sie nicht nur eine "irritierende" Wirkung hat, nach der man dann so weiter macht wie bisher, sondern dass sie aufrüttelt. Es geht ja nicht um irgendwelche punktuelle Probleme hier oder dort, sondern es geht um unseren ganzen Planeten. Ich glaube, man kann diese Enzyklika nicht lesen und schlicht ad acta legen. Ich bin auch von ihrem hohen Stellenwert bei der Uno-Klimakonferenz in Paris (30. November bis 11. Dezember) überzeugt.

SPIEGEL ONLINE: Franziskus spricht von dem "Drama" einer auf schnelle Ergebnisse ausgerichteten politischen Planung, dem Zwang, kurzfristig Wachstum zu erzeugen. Kommt Ihnen das bekannt vor?

Kräutler: Ich erinnere mich nur zu gut an Brasiliens Ex-Präsidenten Luiz Inácio da Silva, der noch vor ein paar Jahren behauptet hat, Ureinwohner und Nachkommen afrikanischer Sklaven seien Hindernisse für den Fortschritt. Auch Umweltgesetze waren seiner Meinung nach überholt und sollten dem Fortschritt angepasst werden. Der Papst gibt in seiner Öko-Enzyklika nun eine unmissverständliche Antwort auf solche, die Mit-Welt verachtende Behauptungen.

"Der Zugang zu sauberem Trinkwasser ist ein wesentliches, grundlegendes und universales Menschenrecht." (Absatz 30)

SPIEGEL ONLINE: Vehement verweist Franziskus auf die mangelhafte Trinkwasserversorgung in Entwicklungsländern. Hat der Westen den Blick für die großen Probleme des Planeten verloren?

Kräutler: Diese Thematik wird noch viel zu wenig wahrgenommen. Fehlendes Trinkwasser kann Völkerwanderungen bewirken und birgt ein Riesenpotential an internationalen Konflikten in sich. Die Privatisierung dieser Ressource ist wie ein Schlag ins Gesicht der Armen. Aber die Menschen werden sich ihr Wasser holen, koste es was es wolle. Es geht ums nackte Überleben.


Zur Person
Der gebürtige Österreicher Erwin Kräutler ist seit 1980 Bischof und Prälat von Xingu, der mit 350.000 Quadratkilometern flächenmäßig größten Diözese Brasiliens. Er kämpft für die Amazonas-Indios und den Erhalt des Regenwaldes und wurde dafür 2010 mit dem Alternativen Nobelpreis ausgezeichnet. Kräutler bekam immer wieder Morddrohungen. 1987 überlebte er einen Anschlag in seinem Auto schwer verletzt, sein Beifahrer wurde getötet. Seitdem steht er unter Polizeischutz. "Man hat mir die äußere Freiheit genommen. Aber die innere Freiheit, das sagen zu können, was ich will, kann mir niemand nehmen."


Wiener Zeitung, 1.7.2015
"Sterben der Mitwelt bringt uns den Tod"
Bischof Erwin Kräutler freut sich im Interview über die Enzyklika "Laudato Si" und ist besorgt über Entwicklungen in Brasilien.

Donnerstag, 18. Juni 2015

Enzyklika "Laudatio si" fordert interdisziplinären Dialog für Offenheit und Umkehr

Enzyklika Laudato si’ von Papst Franziskus über die Sorge für das gemeinsame Haus

Laudato si’ – Eine ausführliche Zusammenfassung
Dieser Text will eine Hilfestellung zu einem ersten Verständnis der Enzyklika anbieten. Er geht die Entwicklung der Gedanken nach und identifiziert die Hauptthemen.

Leseschlüssel zu Laudato Si'
Mit 246 Absätzen in sechs Kapiteln ist Laudato Si’ ein langer Text, die Lektüre nimmt mehrere Stunden in Anspruch. Stunden, die sich lohnen, aber für die wir an dieser Stelle eine Lesehilfe anbieten wollen.

"Laudato si" - Die zentralen Passagen

Auf 220 Seiten entwirft Papst Franziskus eine umfassende Zusammenschau und Analyse der gegenwärtigen ökologischen und sozialen Krise und er spart nicht mit deutlichen Ansagen
Kathpress, 18.06.2015

Ein Warnschrei für die Schöpfung

In seinem neuen Lehrschreiben „Laudato Si“ fordert Papst Franziskus eine globale ökologische Umkehr. Er spricht sich gegen undifferenzierte genetische Manipulationen aus und ruft dazu auf, den eigenen Körper „als Gabe Gottes“ zu akzeptieren.
FAZ, 18.6.2015

Papst setzt Kirche radikal auf neues Gleis

Die Umwelt-Enzyklika von Papst Franziskus schlägt nach Ansicht des Sozialphilosophen Michael Reder eine neue Richtung in der Kirchengeschichte ein. «Sie setzt das Denken der Kirche radikal auf ein neues Gleis», sagte Professor Reder am Donnerstag in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur. Die katholische Kirche habe das Thema Klimawandel bisher kaum beachtet und auch selber an der Umweltzerstörung mitgewirkt.
Welt, 18.06.2015

Papst Franziskus geißelt die Sünden der Machbarkeit
Mit seiner Umwelt-Enzyklika stellt sich Papst Franziskus in die Tradition vieler seiner Vorgänger – setzt aber auch einen sehr eigenen Ton mit dem Hinweis auf die innere Verwüstung des Menschen.
Welt, 18.06.2015

Denn du bist wuhundeherbar, Herr
Der Papst hat seine Umwelt-Enzyklika "Laudato si" genannt. Der Titel weckt sentimentale Erinnerungen an Lagerfeuer und Weltverbesserungspläne. Aber wer braucht den Sonnengesang des Franziskus, wenn er Solarzellen auf dem Dach hat?
Zeit, 18.06.2015

Papst Franziskus warnt vor sozialen Medien
Wirkliche Weisheit bekommt man nicht in sozialen Medien, schreibt der Papst in seiner Öko-Enzyklika. Vielmehr drohe dort Vereinsamung und "geistige Umweltverschmutzung".
Zeit, 18.06.2015

Papst kritisiert Umweltzerstörung und Profitgier
In seiner ersten allein verfassten Enzyklika "Laudato si" fordert Papst Franziskus einen gewissenhafteren Umgang mit der Natur. Seine Ausführungen sorgen innerhalb der katholischen Kirche für Kontroversen.
Zeit, 18.06.2015

„Laudato Si´ – über die Sorge für das gemeinsame Haus“
Eine Zusammenfassung der neuen Enzyklika von Papst Franziskus, erstellt von Prof. i.R. Dr. Dr.hc. Norbert Mette
Institut für Theologie und Politik (ITP), 18.6.2015

"Laudato si" ist zutiefst franziskanisch
An dieser Enzyklika ist einiges einmalig: Es ist das erste päpstliche Lehrschreiben der Kirchengeschichte, das sich ausschließlich mit Umweltfragen beschäftigt. Und wohl noch nie hat eine Enzyklika so viele Schlagzeilen produziert, bevor sie überhaupt erschienen ist.
Joachim Frank im Gespräch mit Andreas Main
Deutschlandfunk, 19.6.2015


Die Enzyklika “Laudato si'” von Papst Franziskus und die Reaktionen (mit vielen Links)
Serdargunes' Blog, 22.6.2015

Ausgewählte Absätze aus der Enzyklika zu den Themen Brasilien, Amazonas, Eingeborene oder Folgen der Wirtschaft:

21 Pro Jahr werden hunderte Millionen Tonnen Müll produziert, von denen viele nicht biologisch abbaubar sind: Hausmüll und Gewerbeabfälle, Abbruchabfälle, klinische Abfälle, Elektronikschrott und Industrieabfälle, hochgradig toxische Abfälle und Atommüll. Die Erde, unser Haus, scheint sich immer mehr in eine unermessliche Mülldeponie zu verwandeln.


37 [...]Es gibt Orte, die einer speziellen Sorgfalt bedürfen wegen ihrer enormen Bedeutung für das weltweite Ökosystem oder weil sie wichtige Wasserreserven darstellen und so eine Gewähr für andere Formen des Lebens sind.
38. Nennen wir zum Beispiel jene an biologischer Vielfalt überreichen Lungen des Planeten, die das Amazonasgebiet und das Kongobecken darstellen, oder die großen Grundwasservorkommen und die Gletscher. Wir wissen um die Bedeutung dieser Orte für die Gesamtheit des Planeten und für die Zukunft der Menschheit ist nicht unbekannt. Die Ökosysteme der tropischen Urwälder enthalten eine biologische Vielfalt von einer enormen Komplexität, die ganz zu kennen beinahe unmöglich ist, doch wenn diese Wildnisse niedergebrannt oder eingeebnet werden, um Bodenbewirtschaftung zu entwickeln, gehen in wenigen Jahren unzählige Arten verloren, wenn die Gebiete sich nicht sogar in trockene Wüsten verwandeln. Dennoch sieht man sich, sobald man über diese Orte spricht, zu einem heiklen Balanceakt gezwungen, denn man darf auch nicht die enormen internationalen wirtschaftlichen Interessen außer Acht lassen, die unter dem Vorwand, für diese Orte zu sorgen, gegen die Souveränität der betroffenen Nationen verstoßen können. Tatsächlich existieren „Ideen […] das Amazonasgebiet zu internationalisieren: Solche Ideen nützen einzig und allein den ökonomischen Interessen der transnationalen Unternehmen“.[24] Anerkennenswert ist die Aufgabenstellung von internationalen Organisationen und Vereinigungen der Zivilgesellschaft, welche die Bevölkerungen sensibilisieren und kritisch mitwirken – auch unter Einsatz legitimer Druckmittel –, damit jede Regierung ihre eigene und nicht delegierbare Pflicht erfüllt, die Umwelt und die natürlichen Ressourcen ihres Landes zu bewahren, ohne sich an unehrliche lokale oder internationale Interessen zu verkaufen.


52. Die Auslandsverschuldung der armen Länder ist zu einem Kontrollinstrument geworden, das Gleiche gilt aber nicht für die ökologische Schuld. Auf verschiedene Weise versorgen die weniger entwickelten Völker, wo sich die bedeutendsten Reserven der Biosphäre befinden, weiter die Entwicklung der reichsten Länder, auf Kosten ihrer eigenen Gegenwart und Zukunft. Der Erdboden der Armen im Süden ist fruchtbar und wenig umweltgeschädigt, doch in den Besitz dieser Güter und Ressourcen zu gelangen, um ihre Lebensbedürfnisse zu befriedigen, ist ihnen verwehrt durch ein strukturell perverses System von kommerziellen Beziehungen und Eigentumsverhältnissen.

53. Diese Situationen rufen das Stöhnen der Schwester Erde hervor, die sich dem Stöhnen der Verlassenen der Welt anschließt, mit einer Klage, die von uns einen Kurswechsel verlangt. Niemals haben wir unser gemeinsames Haus so schlecht behandelt und verletzt wie in den letzten beiden Jahrhunderten. Doch wir sind berufen, die Werkzeuge Gottes des Vaters zu sein, damit unser Planet das sei, was Er sich erträumte, als Er ihn erschuf, und seinem Plan des Friedens, der Schönheit und der Fülle entspreche. Das Problem ist, dass wir noch nicht über die Kultur verfügen, die es braucht, um dieser Krise entgegenzutreten.


54. Auffallend ist die Schwäche der internationalen politischen Reaktion. Die Unterwerfung der Politik unter die Technologie und das Finanzwesen zeigt sich in der Erfolglosigkeit der Weltgipfel über Umweltfragen. Es gibt allzu viele Sonderinteressen, und leicht gelingt es dem wirtschaftlichen Interesse, die Oberhand über das Gemeinwohl zu gewinnen und die Information zu manipulieren, um die eigenen Pläne nicht beeinträchtigt zu sehen. In diesem Sinn fordert das Dokument von Aparecida (471), „dass bei den Eingriffen in die natürlichen Ressourcen nicht die Interessen von Wirtschaftskreisen den Vorrang haben dürfen, die […] auf irrationale Weise die Quellen des Lebens vernichten“. Das Bündnis von Wirtschaft und Technologie klammert am Ende alles aus, was nicht zu seinen unmittelbaren Interessen gehört.


78. Wenn wir den Wert und die Zerbrechlichkeit der Natur erkennen und zugleich die Fähigkeiten, die der Schöpfer uns verliehen hat, gestattet uns das, heute mit dem modernen Mythos vom unbegrenzten materiellen Fortschritt Schluss zu machen. Eine zerbrechliche Welt mit einem Menschen, dem Gott sie zur Obhut anvertraut, appelliert an unsere Vernunft, um zu erkennen, wie wir unsere Macht orientieren, ausüben und beschränken müssten.


88. Die Bischöfe von Brasilien haben betont, dass die gesamte Natur Gott nicht nur kundtut, sondern auch Ort seiner Gegenwart ist. In jedem Geschöpf wohnt sein lebenspendender Geist, der uns in eine Beziehung zu ihm ruft.[65] Die Entdeckung dieser Gegenwart regt in uns die Entwicklung der „ökologischen Tugenden“ an.[66] Doch wenn wir dies sagen, vergessen wir nicht, dass auch ein unendlicher Abstand besteht und dass die Dinge dieser Welt nicht die Fülle Gottes besitzen. Andernfalls würden wir den Geschöpfen auch keinen Gefallen tun, denn wir würden ihnen nicht ihren eigentlichen und wahren Ort zuerkennen und letztlich zu Unrecht von ihnen erwarten, was sie uns in ihrer Kleinheit nicht geben können.


146. In diesem Sinne ist es unumgänglich, den Gemeinschaften der Ureinwohner mit ihren kulturellen Traditionen besondere Aufmerksamkeit zu widmen. Sie sind nicht eine einfache Minderheit unter anderen, sie müssen vielmehr die wesentlichen Ansprechpartner werden, vor allem wenn man mit großen Projekten vordringt, die ihre Gebiete einbeziehen. Denn für sie ist das Land nicht ein Wirtschaftsgut, sondern eine Gabe Gottes und der Vorfahren, die in ihm ruhen; ein heiliger Raum, mit dem sie in Wechselbeziehung stehen müssen, um ihre Identität und ihre Werte zu erhalten. Wenn sie in ihren Territorien bleiben, sind es gerade sie, die am besten für sie sorgen. In verschiedenen Teilen der Erde stehen sie jedoch unter Druck, ihr Land aufzugeben, um es für Bergbauprojekte bzw. land- und viehwirtschaftliche Pläne frei zu lassen, die nicht auf die Schädigung der Natur und der Kultur achten.


161. Die verhängnisvollen Prognosen dürfen nicht mehr mit Geringschätzung und Ironie betrachtet werden. Wir könnten den nächsten Generationen zu viel Schutt, Wüsten und Schmutz hinterlassen. Der Rhythmus des Konsums, der Verschwendung und der Veränderung der Umwelt hat die Kapazität des Planeten derart überschritten, dass der gegenwärtige Lebensstil, da er unhaltbar ist, nur in Katastrophen enden kann, wie es bereits periodisch in verschiedenen Regionen geschieht.


197. Wir brauchen eine Politik, deren Denken einen weiten Horizont umfasst und die einem neuen, ganzheitlichen Ansatz zum Durchbruch verhilft, indem sie die verschiedenen Aspekte der Krise in einen interdisziplinären Dialog aufnimmt. Oft ist die Politik selbst für den Verlust ihres Ansehens verantwortlich, aufgrund von Korruption oder wegen des Mangels an guter öffentlicher Politik. Wenn der Staat in einer Region seine Rolle nicht erfüllt, können einige Wirtschaftsgruppen als Wohltäter auftreten und unrechtmäßig die reale Macht übernehmen, indem sie sich bevollmächtigt fühlen, gewisse Normen nicht einzuhalten, und sogar Anlass geben zu verschiedenen Formen organisierter Kriminalität, zu Menschenhandel, Drogenhandel und Gewalt – Übel, die sehr schwer auszurotten sind. Wenn die Politik nicht imstande ist, eine perverse Logik zu durchbrechen, und wenn auch sie nicht über armselige Reden hinauskommt, werden wir weitermachen, ohne die großen Probleme der Menschheit in Angriff zu nehmen.

Mittwoch, 17. Juni 2015

Belo Monte: Fähren-Betreiber und Steuermänner fordern Entschädigung


Die Besitzer von Verkehrs- und Linienschiffen am Xingu bei Altamira-PÁ, die Vermieter von Schnellboten sowie die Piloten und Steuermänner demonstrierten am Mittwoch (17.6.) vor dem Büro von Norte Energie in Altamira. Sie wollen als vom Bau des Kraftwerks Belo Monte Betroffene anerkannt werden und fordern Entschädigungen. Wegen der Staudämme sei der Xingu-Fluss nur eingeschränkt beschiffter geworden, Personen- und Frachtbeförderungen seien stark zurück gegangen, was zu Einkommenseinbußen führte.
Außer einer Entschädigung fordern sie einen separaten Hafen beim Stausee, der im Besitz von Norte Energie ist, sowie ein Gebäude für diese Berufssparte.

G1.Globo.com, 17.6.2015
Pilotos e donos de embarcações pedem indenização à Norte Energia
Categoria quer ser reconhecida como atingida pelas obras de Belo Monte.
Manifestantes interditaram o prédio da Norte Energia.

Pilotos e donos de embarcações protestaram nesta quarta-feira (17) em Altamira, no sudoeste do estado, para cobrar o reconhecimento da categoria como uma das atingidas pelas obras da usina hidrelétrica Belo Monte. Os manifestantes interditaram o prédio da Norte Energia para pedir indenização pela perda de atividades, como o transporte de ribeirinhos e fretes.

Segundo a categoria, com a realização das obras, os clientes foram retirados das áreas atendidas para a periferia de Altamira e, com isso, eles tiveram perdas financeiras. Além do pagamento de indenização, eles querem a construção de um porto para as embarcações que ficavam no lago, que agora é área da hidrelétrica, e ainda uma sede para os trabalhadores.

Belo Monte: Verbliebene Flussbewohner sollen mit "Räumungsboot" abtransportiert werden


Der Standard, 17. Juni 2015
Belo Monte: Brasilien soll "Zerstörungsboot" stoppen
Das Konsortium hinter dem Megastaudamm soll in 55 Fällen Vertragsbruch begangen haben, wenn es um Umsiedlungen geht

Brasilia - Bereits seit Jahren wird um das Großprojekt des Belo-Monte-Staudamms in Brasiliens Amazonasregion gestritten. Bereits 2005 vom brasilianischen Kongress genehmigt, begannen die Bauarbeiten im Norden des Landes erst 2011 - heuer soll die erste Turbine des künftig weltweit drittgrößten Staudamms in Betrieb gehen.

Doch noch ist es nicht so weit: Brasiliens Staatsanwaltschaft legte am Dienstag (16.6.2016) einen vorläufigen Bericht vor, wonach das Norte-Energy-Konsortium, das für den Bau verantwortlich ist, mehrfach Übereinkommen im Zusammenhang mit der Umsiedlung der Bewohner im Baugebiet gebrochen habe. Die Staatsanwälte fordern die zuständigen Behörden auf, die Umsiedlung von zumindest 2000 Familien im Gebiet des Amazonas zu stoppen. Viele der betroffenen Menschen sind Angehörige von indigenen Gruppen.

Vertragsbruch
In dem Bericht wird "empfohlen, dass dringend intervenierBericht der Staatsanwälte.
t werden muss, um die Zerstörung und Verletzung der Rechte der zwangsdelogierten Bevölkerung aufzuhalten". In einem Vertrag hatte sich das Konsortium hinter Belo Monte dazu verpflichtet, dass die Bauern und Fischer in der Umgebung des Damms umgesiedelt werden - in Gebiete, wo sie auch künftig die Möglichkeit haben zu überleben. Diesen Vertrag soll das Konsortium 55-mal gebrochen haben, geht es nach dem

Dabei wird unter anderem ein sogenanntes "Zerstörungsboot"(balsa da demolição) hervorgehoben, das den Xingu-Fluss entlangfahre und Familien aus jenen Gebieten vertreibe, die für den Damm geflutet werden sollen. Weder die regionale Regierung noch das Konsortium selbst haben bis jetzt auf den vorläufigen Bericht reagiert.

Menschen in den Regenwald
Dabei ist die Kontroverse um die das Projekt, das 23 Millionen Haushalten in Brasilien Strom bringen soll, nicht nur das Problem der Leute, die vertrieben werden. Vielmehr sind es die zehntausenden Menschen, die zur Baustelle gebracht werden - in einen der artenreichsten Regenwälder weltweit.

Seit Beginn der Bauarbeiten ist laut Informationen des Guardian die Bevölkerung der nächstgelegenen Stadt Altamira von 100.000 auf mehr als 150.000 Menschen gestiegen. Diese brauchen Häuser, Wasser, Elektrizität, Öl und Straßen - Dinge, die das heikle Ökosystem unter Druck setzen und dadurch unter anderem den Bestand von gefährdeten Tierarten stark gefährden.

Abholzung
Für das 10,5 Milliarden Euro teure Dammprojekt muss der Xingu-Fluss zudem auf einer Fläche von 502 Quadratkilometern aufgestaut werden. Und große Teile des Regenwaldes wurden abgeholzt. Das trägt laut Expertenmeinung unter anderem dazu bei, dass nun der Süden Brasiliens von einer historischen Dürre heimgesucht wird.

Da die Wurzeln der verbleibenden Bäume nicht mehr genug Wasser ziehen können, das verdunstet, kann sich keine Wolkendecke bilden, die in den Süden zieht und es dort regnen lässt, sagte der Biologe Philip Fearnside vom Nationalen Amazonas-Forschungsinstitut Inpa im März zum STANDARD. Diese "fliegenden Flüsse" würden bereits seit drei Jahren ausbleiben. (bbl, 17.6.2015)

Inspektion der vom Kraftwerk betroffenen Gebiete
MPF-PA, 15/06/2015
MPF apresenta resultado de inspeção em Belo Monte ao governo federal
Documento traz as constatações preliminares da equipe de inspeção – que reuniu instituições do próprio governo, pesquisadores e organizações não governamentais
O Ministério Público Federal apresentou ao governo federal, em reunião com a Secretaria-Geral da Presidência da República e outros órgãos governamentais, o relatório parcial da inspeção feita no início do mês nas áreas atingidas por Belo Monte, em Altamira, oeste do Pará. O documento enumera 55 constatações sobre o descumprimento das obrigações da usina e violações dos direitos dos atingidos e foi fruto de acordo entre todas as instituições que participaram da inspeção.
A Norte Energia já foi informada sobre as conclusões. O relatório é preliminar e recomenda intervenção urgente no processo para paralisar as demolições e violações de direitos das populações removidas. Uma das primeiras medidas que precisa ser tomada é a paralisação da chamada balsa da demolição, que há meses percorre o Xingu fazendo a remoção dos ribeirinhos e pescadores que estão nas áreas a serem alagadas por Belo Monte.

G1.Globo.com, 15/06/2015
MPF detecta várias irregularidades nas áreas atingidas por Belo Monte
Documento constatou 55 descumprimentos das obrigações da usina.
Entre as violações apontadas no relatório está o direito dos atingidos.

G1.Globo.com, 03/06/2015
MPF conclui inspeção em áreas afetadas por Belo Monte
Representantes de comunidades afetadas foram ouvidos durante inspeção.
Norte Energia vai aguardar o resultado da inspeção para se manifestar.

Estadão, 16.6.2015
MPF ede suspensão de de demolições na região de Belo Monte

Freitag, 5. Juni 2015

Drei Tote bei Einsturz eines Zementsilos in Belo Monte



Beim Zusammenbruch eines Zementsilos auf der Baustelle des Wasserkraftwerks Belo Monte sind laut Angaben des Baukonsortiums Belo Monte (CCBM) drei Arbeiter getötet und drei weitere verletzt worden. Der Unfall ereignete sich Samstag (31.5.) um 2 Uhr in der Früh beim Entladen eines Zement-Transporters.
Die Rettungsmannschaften konnten drei Arbeiter aus der Staubwolke des umgestürzten Silos mit leichten Verletzungen bergen. Weitere drei Arbeiter wurden erst nach 15 Stunden tot unter dem Schutthaufen gefunden.
Die Bundespolizei von Pará hat die Ermittlungen zu den Unfallursachen aufgenommen, das Baukonsortium versprach die Zusammenarbeit. Der Silo hatte eine Kapazität von 1.000 Tonnen Zement.

O Globo, 30/05/2015
Três operários morrem em acidente em Belo Monte
Tubo de cimento se soltou e caiu sobre trabalhadores durante a operação de descarga de um caminhão na madrugada. Três pessoas ficaram feridas

O Globo-Video:
Corpos dos operários que morreram em acidente no PA são liberados

Fox News, 31.5.2015
Three die in collapse of cement silo in Brazil
Three workers were killed and three others injured in the collapse of a cement silo at the construction site of the huge Belo Monte hydroelectric power plant in the Brazilian Amazon, the Belo Monte Construction Consortium, or CCBM, said.


Umwelt-Enzyklika "Laudato si" erscheint am 18. Juni

religion.ORF.at, 5.6.2015
Umwelt-Enzyklika des Papstes erscheint am 18. Juni
Die Enzyklika des Papstes zu Umweltfragen wird am 18. Juni veröffentlicht. Das Lehrschreiben trägt den Titel „Laudato sii“ (Gelobt seist du), wie der Vatikan am Donnerstag mitteilte.

Die erste alleine von Franziskus erarbeitete Enzyklika, die auf Italienisch verfasst wurde, erscheint somit sechs Monate vor dem UN-Klimagipfel in Paris. Nach Angaben des Vatikans befasst sich das Kirchenoberhaupt darin nicht nur mit ökologischen Fragen, sondern auch mit der „Bewahrung der göttlichen Schöpfung“. Mit dem Titel „Laudato sii“ greift der Papst die Worte aus dem „Sonnengesang“ seines Namenspatrons Franz von Assisi (1182-1226) auf.

Verantwortung für das gemeinsame Wohl
Nach Informationen der Wochenzeitung „Die Zeit“ trägt die Enzyklika den Untertitel „Über die Verantwortung für unser gemeinsames Wohl“. Demnach kritisiert der Papst darin die Rücksichtslosigkeit des Menschen gegenüber der Natur sowie den ausufernden Konsumismus und Kapitalismus. Zudem wende er sich gegen die Nutzung der Atomenergie. Franziskus ließ sich für die Enzyklika von zahlreichen Experten und Wissenschaftlern beraten.

Aufruf an die „Mächtigen der Welt“
Der Pontifex äußert sich regelmäßig zu Umweltfragen. Nach dem UN-Klimagipfel in Lima hatte er die Regierungen zu mehr Mut im Kampf gegen den Klimawandel aufgerufen. Vor einigen Wochen erinnerte er die „Mächtigen der Welt“ daran, dass sie sich eines Tages vor Gott rechtfertigen müssten, falls sie den Umweltschutz vernachlässigten.

Franziskus hatte im Juli 2013 seine erste Enzyklika vorgelegt. Das Rundschreiben zu grundlegenden theologischen Fragen mit dem Titel „Lumen Fidei“ (Licht des Glaubens) wurde von Franziskus auf der Grundlage von Aufzeichnungen seines Vorgängers Benedikt XVI. vollendet. Im November 2013 erschien ein Apostolisches Schreiben des Papstes mit dem Titel „Evangelii Gaudium“ (Freude des Evangeliums).


Vorbereitung auf die Umweltenzyklika auf Radio Vatikan Blog
Teil 1: Ökologie des Menschen und der Natur
Teil 2: Verantwortung!


domradio.de, 8.6.2015
Vatikanischer Beitrag für die Umwelt
Die Ohrwurm-Enzyklika naht
Mit Spannung weit über den kirchlichen Bereich hinaus wird die Umweltenzyklika von Papst Franziskus erwartet. Der Titel soll dem Sonnengesang seines Namenspatrons Franz von Assisi entlehnt sein: "Laudato si", übersetzt "Gelobt seist du".