Dienstag, 15. März 2016

Kräutler-Nachfolger: Brasiliens Regierung kehrt Indios den Rücken

Kathpress, 15.03.2016
Kräutler-Nachfolger: Brasiliens Regierung kehrt Indios den Rücken
Erzbischof Paloschi: Minenkonzerne, Holzfäller und Betreiber von Monokulturen dringen illegal in indigene Schutzgebiete ein

Brasilia, 15.03.2016 (KAP/KNA) Der neue Indigenen-Beauftragte der Brasilianischen Bischofskonferenz (CNBB), Erzbischof Roque Paloschi, sieht derzeit wenig Rückhalt für die indigenen Völker in Brasiliens Gesellschaft. In einem Interview mit der deutschen katholischen Nachrichtenagentur KNA machte Paloschi in Porto Velho den von der Agrarlobby beherrschten Kongress, die Regierung sowie die für diese Frage indifferente Bevölkerung für den derzeitigen Stillstand bei der Landzuteilung an die Indigenen verantwortlich.

Eigentlich ist die Markierung indigener Territorien in der Verfassung von 1988 zwingend vorgeschrieben; bis 1993 sollte sie abgeschlossen sein. "Da dies nicht geschah, zog dort Gewalt ein", so Erzbischof Roque. Besonders die sich in der Amazonas-Region ausbreitende Landwirtschaft erhöhe den Druck auf die Schutzgebiete. Dabei garantiere die Einrichtung der Schutzzonen auch ein Überleben des Urwaldes. "Die indigenen Schutzgebiete sind jene, die noch am besten erhalten sind. Leider dringen Minenkonzerne, Holzfäller und Monokulturen auch hier illegal ein", so Paloschi.

Angesichts des fehlenden Rückhalts in der brasilianischen Gesellschaft sei es umso wichtiger, dass sich katholische Netzwerke wie das von Adveniat für die Belange der indigenen Völker einsetzen, so der Erzbischof: "Christen aus Deutschland und anderen Ländern solidarisieren sich mit uns." Es sei "wichtig zu wissen, dass es eine Gemeinschaft gibt, die am Aufbau einer anderen Welt mithilft."

Roque Paloschi (59) hatte im September 2015 das Amt des Präsidenten des Indigenenrates der katholischen Kirche Brasiliens, CIMI, von Erwin Kräutler (76) übernommen. "Da wollen wir anschließen, und zwar besonders beim Kampf gegen Mega-Projekte, die uns von oben einfach vorgesetzt werden", so Paloschi. Nicht einmal die von der Verfassung bei solchen Bauprojekten vorgeschriebenen öffentlichen Anhörungen der Betroffenen würden von der Regierung respektiert, so der neue CIMI-Präsident.

Bereits als Bischof von Roraima hatte sich Roque erfolgreich für die Belange indigener Völker eingesetzt. Die Einrichtung des Indigenengebietes "Raposa Serra do Sol", aus der 2008 alle weißen Siedler zwangsweise ausgewiesen wurden, hat er aktiv begleitet. Das Interview mit Paloschi wurde bei einem durch Adveniat, dem Lateinamerika-Hilfswerk der Katholiken in Deutschland, organisierten Besuch in Porto Velho geführt.


Radio Vatikan, 15.3.2016
Brasilien: Belange indigener Völker schützen


AKTUALISIERUNG:

Blickpunkt Lateinamerika, 24.3.2016
Roque Paloschi: "Stets an der Seite der indigenen Völker"
Seit über einem Jahr ist Roque Paloschi Präsident des Indigenenrates CIMI. Im Interview spricht er über seine Position, Gewalt gegen Indigene und das Mega-Projekt "Belo Monte".