Adveniat, 18.4.2016
Pressemitteilung vom 18. April 2016
Adveniat zum Amtsenthebungsverfahren gegen Präsidentin Dilma Rousseff
Brasiliens Parlament hat mit einer klaren Zweidrittel-Mehrheit für ein Amtsenthebungsverfahren gegen Präsidentin Dilma Rousseff gestimmt. Sechs Monate wird dieser Prozess das stark polarisierte und wirtschaftlich kriselnde Land nun beschäftigen. Die Folge: Das Land ist gelähmt. „Unsere Projektpartner wissen nicht, ob die von ihnen geplanten Seminare, Friedens- und Menschenrechtsfortbildungen auch stattfinden können. Keiner weiß, ob selbst bereits zugesagte Förderungen auch ausbezahlt werden“, berichtet der Brasilien-Referent des Lateinamerika-Hilfswerks Adveniat, Norbert Bolte, von den konkreten Auswirkungen. Verlierer der weitverbreiteten Korruption sind die Armen des Landes. Darauf haben die brasilianischen Bischöfe in einer gemeinsamen Erklärung hingewiesen. Adveniat steht hinter der Auffassung der Brasilianischen Bischofskonferenz, dass nur grundlegende politische Reformen die Krise des Landes beenden können.
Der Vorwurf gegen Dilma Rousseff lautet, dass sie die Haushaltszahlen im Wahljahr 2014 geschönt haben soll, was Juristen eher als administratives Vergehen bewerten. Von dem Amtsenthebungsverfahren gegen die Präsidentin profitieren vorwiegend Politiker, gegen die bereits Verfahren wegen Korruption laufen. Für Adveniat-Referent Norbert Bolte lässt sich dies nur dadurch erklären, dass Rousseff vor allem während ihrer ersten Amtszeit gegen die weitverbreitete Korruption in der brasilianischen Politiker-Elite vorgegangen ist: „Gerade in den ersten Jahren hat sie kompromisslos selbst Minister beim entsprechenden Verdacht beurlaubt und auf gerichtliche Klärungen gedrungen – auch in der eigenen Partei.“ Diese Haltung provozierte den Widerstand derjenigen, die ihre Macht schwinden sahen. Die Folge: Der Druck auf Dilma Rousseff wuchs in den vergangenen Jahren und gipfelte im Amtsenthebungsverfahren.
Adveniat steht an der Seite der brasilianischen Bischöfe, die in einer gemeinsamen Erklärung die bei Unternehmern, Politikern und staatlichen Angestellten verbreitete systemische Korruption als unmoralisch und kriminell kritisieren. „Wer bezahlt für die Korruption? Es sind mit Sicherheit die Armen, ‚die Märtyrer der Korruption‘“, schreibt die Brasilianische Bischofskonferenz mit Bezug auf Papst Franziskus. Für die brasilianischen Bischöfe und das Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat steht fest: Es braucht eine grundlegende politische Reform, die zu einer effektiven politischen Teilhabe des Volkes, einer klaren Gewaltenteilung und glaubwürdigen öffentlichen Institution führt.
Radio Vatikan, 19.4.2016
Brasilien: Die Armen zahlen die Rechnung
Orf.at, 18.4.2016
Fall geht zum Oberhaus
Das Abgeordnetenhaus in Brasilien hat in der Nacht auf Montag für die Einleitung eines Amtsenthebungsverfahrens gegen die amtierende Präsidentin Dilma Rousseff gestimmt. Nachdem deutlich mehr als zwei Drittel der Abgeordneten, nämlich 367 der 513 Parlamentarier, gegen Rousseff votierten, muss sich nun das Oberhaus mit dem Fall befassen.
Einzeln waren die Abgeordneten vom Präsidenten des Parlaments, Eduardo Cunha (PMDB), zur Stimmabgabe aufgerufen worden. Cunha selbst steht unter Verdacht, fünf Millionen Dollar Schmiergeld kassiert und auf Schweizer Konten deponiert zu haben. Für manchen Abgeordneten ist es ein Treppenwitz der Geschichte, dass er federführend das Amtsenthebungsverfahren gegen Rousseff führt. Auch Temer, Rousseffs Vize und einstiger Verbündeter, ist umstritten. Am Ende sammelte die wegen des Bruchs der einstigen Neunparteienkoalition stark gewachsene Opposition 367 Ja-Stimmen - ein Debakel für Rousseff, die nur 137 Nein-Stimmen verzeichnen konnte.
FAZ, 18.4.2016
Brasiliens Präsidentin verliert Votum zur Amtsenthebung
Das Ende der Präsidentschaft von Dilma Rousseff wird immer wahrscheinlicher. Im brasilianischen Parlament kassiert sie eine deutliche Niederlage. Damit nehmen ihre Gegner eine entscheidende Hürde.
SN, 28.4.2016
„Wäre Dilma Rousseff ein Mann...“
Bischof Erwin Kräutler, der seit 51 Jahren in Brasilien lebt, ist
kein Fan von Präsidentin Dilma Rousseff. Doch wie jetzt mit ihr
umgesprungen wird, macht ihn wütend.