Kathpress, 21.04.2016
Kräutler für Entkopplung von Zölibat und Eucharistiefeier
Salzburg, 21.04.2016 (KAP) Der emeritierte Amazonasbischof Erwin Kräutler plädiert für eine Entkopplung von Eucharistiefeier und Zölibat. Sich für ein eheloses Leben zu entscheiden, sei "ganz sicher eine besondere Gnade" und solle "nie abgeschafft" werden, aber die Eucharistiefeier dürfe nicht davon abhängen, ob "zufällig ein zölibatär lebender Priester" vorhanden ist, betonte Kräutler im Interview mit der Salzburger Kirchenzeitung "Rupertusblatt" (aktuelle Ausgabe). Papst Franziskus wolle diese Frage allerdings nicht alleine entscheiden, erinnerte Kräutler an seine Privataudienz 2014, in der der Papst die Bischöfe Amazoniens dazu aufgefordert habe, mutige Vorschläge zum Problem eucharistieloser Gemeinden einzubringen.
Auch zum Priestertum für Frauen befand Kräutler "unmöglich ist da gar nichts!". Schließlich hätten manche Entscheidungen des II. Vatikanischen Konzils noch zur Zeit des I. Vaticanums als herätisch gegolten. Trotzdem sei die Frage der Weihe von Frauen "etwas schwieriger" als etwa die Entkoppelung von Eucharistiefeier und Zölibat, "weil Papst Johannes Paul II. in seinem Apostolischen Schreiben 'Ordinatio Sacerdotalis' vom 22. Mai 1994 scheinbar ein für allemal Türen fest verschließen und seine Meinung für alle Zeiten zementieren wollte". Aber auch dieses Apostolische Schreiben sei kein Glaubenssatz und habe "nicht einmal den Rang einer Enzyklika".
Grundsätzlich wünsche er sich mehr "Unerschrockenheit, Kühnheit, Furchtlosigkeit und gleichzeitig Vertrauen und Leidenschaft" und weniger "lähmende Mutlosigkeit" von Laien, Priestern, Bischöfen und Ordensleuten, so der Altbischof.
Auch nach Emeritierung in Brasilien
Auch nach seiner Emeritierung als Bischof der flächenmäßig größten Diözese Brasiliens, Xingu, will sich Kräutler weiterhin für die indigenen Völker und alle anderen Bevölkerungsschichten einsetzen, die an der "existenziellen Peripherie" leben. "Mein Weg ist noch nicht zu Ende", betonte er; bis an sein Lebensende wolle er "für die Mit-Welt eintreten". Langeweile brauche er dabei nicht zu fürchten, machten es die vielen Einladungen aus Brasilien und Europa doch vielmehr nötig, "den Terminkalender so einzurichten, dass es mir nicht zu viel wird".
Im Rückblick auf seine bereits 51 Jahre am Xingu erklärte Kräutler: "Ich habe es keinen Augenblick in meinem Leben bereut, die Entscheidung getroffen zu haben, mein Leben Gott und seinem Volk am Xingu zu weihen."
Sein Nachfolger, der seit 3. April im Amt befindliche Franziskaner Joao Muniz Alves, gehe ohne Berührungsängste auf die Leute zu und werde "ganz sicher ein guter Hirte für das Volk Gottes am Xingu" sein, erklärte Kräutler. Alves komme zwar aus dem benachbarten Bundesstaat, doch werde auch er einige Zeit benötigen für das Einleben und für das Kennenlernen aller fünfzehn Territorialpfarrein mit zusammen 786 kirchlichen Gemeinden, so Kräutlers Einschätzung. Er selbst wolle weiterhin in der Bischofsstadt Altamira bleiben und seinem Nachfolger zur Seite stehen.
Keine Entspannung erwartete der gebürtige Vorarlberger im gegenwärtigen politischen Machtkampf in Brasilien. "Die Krise, die inzwischen schon Jahre dauert und sich in den letzten Monaten und Wochen arg zugespitzt hat, ist noch lange nicht überwunden." Sollte Präsidentin Dilma Rousseff ihres Amtes enthoben werden, "wird ihr ein Vizepräsident folgen, der noch weniger Vertrauen verdient", so seine Einschätzung. Im Moment wäre niemand im politischen Szenario Brasiliens für ihn wählbar. Die Festnahme zahlreicher bekannter Politiker infolge von Korruptionsskandalen wertete Kräutler jedoch als "sicher sehr positiv".
(Info: Bischof Erwin Kräutler stellt am 27. April in Salzburg sein neues Buch "Habt Mut! Jetzt die Welt und die Kirche verändern" vor).