Bundesgerichtshof im Bundestaat Pará verwirft vorherige Entscheidung des Vorsitzenden. Somit erstmals die juristische Berufung auf "nationales Interesse" gekippt.
Der aktuelle Stein des Anstosses: Altamiras alte Abwässerleitung. Photo: Christian Russau (März 2016) |
Die Bundesstaatsanwaltschaft, die seit Jahren mit über 25 Verfassungsklagen die Rechte der vom Staudamm Belo Monte am Xingu-Fluss im nordbrasilianischen Bundesstaat Pará Betroffenen vertritt, hat einen beeindruckenden Etappensieg errungen: Erstmals gelang es, vor Gericht eine vorherige Entscheidung des Gerichts, die sich explizit auf die juristische Argumentation des Schutzes des "nationalen Interesses" berufen hatte, zu kippen.
Der Sondergerichtshof Corte Especial do Tribunal Regional Federal da 1ª Região (TRF1) im Bundesstaat Pará entschied am 6. April mit neun zu fünf Stimmen, dem Großstaudamm Belo Monte die Betriebsgenehmigung abzuerkennen. Das Argument: Da das 512 Quadratkilometer große Staureservoir des Wasserkraftwerks fertiggestellt und geflutet sei, bestehe bei Wasserhochstand die Gefahr, dass durch Rückstau des Wassers die Gesundheit der flussaufwärts lebenden Bevölkerung am Fluss und in der Stadt Altamira gefährdet sei und in Mitleidenschaft gezogen werden könne, solange das Abwassersystem der Stadt Altamira nicht fertiggestellt sei. Dies hätte vertraglich eigentlich bis spätestens Juli 2014 erfolgt sein müssen. Durch das neu zu bauende Abwassersystem soll verhindert werden, dass die durch die Stauung des Xingu-Flusses ansteigenden Wasserpegel in der Stadt Altamira die bisherigen Abwassergruben überschwemmen und dadurch die Gefahr der Verseuchung des Grundwassers bestehe. Da die dafür vorgesehenen Bauarbeiten, obschon gesetzlich und vertraglich festgelegt, bislang noch immer nicht abgeschlossen sind, hatte die Bundesstaatsanwlatschaft von Pará Klage gegen die Betreiberfirma Norte Energia erhoben. Dieser Klage war zunächst stattgegeben und die Betriebsgenehming annulliert worden, doch der Vorsitzende des zuständige Bundesgerichtshofs für die 1. Region kippte dieses Urteil wieder mit einem juristischen Trick, der in Brasilien seit einer Reihe von Jahren angewandt wird: Durch die sogenannte "suspensão de segurança".
Die in der Vergangenheit wiederholt gerichtlich erzwungenen Baustopps wurden bislang sieben Mal von vorsitzenden Richtern und Bundesrichtern unter dem Verweis auf höherwertige, nationale Interessen aufgehoben. Der Oberste Gerichtshof und die Bundesrichter der Bundestribunale in den Staaten beriefen sich dabei immer wieder auf das Gesetz aus dem Jahre 1964, das die sogenannte "suspensão de segurança" definiert, also das Außerkraftsetzen eigentlich verfassungsrechtlich vorgesehener Prinzipien mit dem Verweis auf höherwertige nationale Interessen. Dieses Rechtskonstrukt stammt noch aus der Zeit der brasilianischen Militärdiktatur (1964-1985). Für die Regierung und die Obersten Richter hatte dieses juristische Konstrukt stets den Vorteil, nicht den Sachverhalt der Klage an sich in dessen Wesensgehalt vor dem Hintergund der verfassungsrechtlichen Bestimmungen beurteilen zu müssen, sondern gestattete den Richtern - ohne sich den Sachverhalt an sich anzuschauen - auf die vermeintliche Gefahr für die "öffentliche Ordnung", das "öffentliche Interesse" und vor allem auf das biedere Argument hinzuweisen, es sei ja schon so viel öffentliches Geld für den Bau ausgegeben worden, so dass ein Baustopp dem Staat wirtschaftlichen Schaden zufügen würde.
Dieser Argumentation ihres eigenen Vorsitzenden wollten nun neun Bundesrichter des zuständigen Gerichtshofs nicht mehr folgen: sie kippten die vorherige Entscheidung ihres Vorsitzenden und setzten die „suspensão de segurança“ erstmals außer Kraft. Die Bundesstaatsanwält*innen, die die erneute Widerspruchsklage vor Gericht eingereicht hatten, erklärten angesichts des bahnbrechenden Urteils: "Das Füllen des Staureservoirs ohne vorheriges Erfüllen der vorgeschriebenen Abwasserentsorgung, die schon vor drei Jahren hätte fertiggestellt werden müssen, setzt die Bevölkerung von Altamira der Gefahr von Krankheiten aus durch die Verseuchung des oberflächennahen wie auch des tieferen Grundwassers", so die Argumentation der zuständigen Bundesstaatsanwält*innen Raquel Branquinho, Felício Pontes und Bruno Calabrich.
Noch aber ist unklar, ob dieses Urteil nicht auch durch die "suspensão de segurança" wiederum aufgehoben werden könnte.
Laut Presseberichten müssten die Bauarbeiten am Staudamm sofort eingestellt werden, aber Norte Energia stand der Presse kurz nach Urteilsverkündung zu keiner Erklärung zur Verfügung. Derzeit sind 10 der geplanten 18 Turbinen des künftig 11 GW-leistungsstarken Staudamms installiert.
Der Sondergerichtshof Corte Especial do Tribunal Regional Federal da 1ª Região (TRF1) im Bundesstaat Pará entschied am 6. April mit neun zu fünf Stimmen, dem Großstaudamm Belo Monte die Betriebsgenehmigung abzuerkennen. Das Argument: Da das 512 Quadratkilometer große Staureservoir des Wasserkraftwerks fertiggestellt und geflutet sei, bestehe bei Wasserhochstand die Gefahr, dass durch Rückstau des Wassers die Gesundheit der flussaufwärts lebenden Bevölkerung am Fluss und in der Stadt Altamira gefährdet sei und in Mitleidenschaft gezogen werden könne, solange das Abwassersystem der Stadt Altamira nicht fertiggestellt sei. Dies hätte vertraglich eigentlich bis spätestens Juli 2014 erfolgt sein müssen. Durch das neu zu bauende Abwassersystem soll verhindert werden, dass die durch die Stauung des Xingu-Flusses ansteigenden Wasserpegel in der Stadt Altamira die bisherigen Abwassergruben überschwemmen und dadurch die Gefahr der Verseuchung des Grundwassers bestehe. Da die dafür vorgesehenen Bauarbeiten, obschon gesetzlich und vertraglich festgelegt, bislang noch immer nicht abgeschlossen sind, hatte die Bundesstaatsanwlatschaft von Pará Klage gegen die Betreiberfirma Norte Energia erhoben. Dieser Klage war zunächst stattgegeben und die Betriebsgenehming annulliert worden, doch der Vorsitzende des zuständige Bundesgerichtshofs für die 1. Region kippte dieses Urteil wieder mit einem juristischen Trick, der in Brasilien seit einer Reihe von Jahren angewandt wird: Durch die sogenannte "suspensão de segurança".
Die in der Vergangenheit wiederholt gerichtlich erzwungenen Baustopps wurden bislang sieben Mal von vorsitzenden Richtern und Bundesrichtern unter dem Verweis auf höherwertige, nationale Interessen aufgehoben. Der Oberste Gerichtshof und die Bundesrichter der Bundestribunale in den Staaten beriefen sich dabei immer wieder auf das Gesetz aus dem Jahre 1964, das die sogenannte "suspensão de segurança" definiert, also das Außerkraftsetzen eigentlich verfassungsrechtlich vorgesehener Prinzipien mit dem Verweis auf höherwertige nationale Interessen. Dieses Rechtskonstrukt stammt noch aus der Zeit der brasilianischen Militärdiktatur (1964-1985). Für die Regierung und die Obersten Richter hatte dieses juristische Konstrukt stets den Vorteil, nicht den Sachverhalt der Klage an sich in dessen Wesensgehalt vor dem Hintergund der verfassungsrechtlichen Bestimmungen beurteilen zu müssen, sondern gestattete den Richtern - ohne sich den Sachverhalt an sich anzuschauen - auf die vermeintliche Gefahr für die "öffentliche Ordnung", das "öffentliche Interesse" und vor allem auf das biedere Argument hinzuweisen, es sei ja schon so viel öffentliches Geld für den Bau ausgegeben worden, so dass ein Baustopp dem Staat wirtschaftlichen Schaden zufügen würde.
Dieser Argumentation ihres eigenen Vorsitzenden wollten nun neun Bundesrichter des zuständigen Gerichtshofs nicht mehr folgen: sie kippten die vorherige Entscheidung ihres Vorsitzenden und setzten die „suspensão de segurança“ erstmals außer Kraft. Die Bundesstaatsanwält*innen, die die erneute Widerspruchsklage vor Gericht eingereicht hatten, erklärten angesichts des bahnbrechenden Urteils: "Das Füllen des Staureservoirs ohne vorheriges Erfüllen der vorgeschriebenen Abwasserentsorgung, die schon vor drei Jahren hätte fertiggestellt werden müssen, setzt die Bevölkerung von Altamira der Gefahr von Krankheiten aus durch die Verseuchung des oberflächennahen wie auch des tieferen Grundwassers", so die Argumentation der zuständigen Bundesstaatsanwält*innen Raquel Branquinho, Felício Pontes und Bruno Calabrich.
Noch aber ist unklar, ob dieses Urteil nicht auch durch die "suspensão de segurança" wiederum aufgehoben werden könnte.
Laut Presseberichten müssten die Bauarbeiten am Staudamm sofort eingestellt werden, aber Norte Energia stand der Presse kurz nach Urteilsverkündung zu keiner Erklärung zur Verfügung. Derzeit sind 10 der geplanten 18 Turbinen des künftig 11 GW-leistungsstarken Staudamms installiert.
Rede Liberal, 7.4.2017
Corte Especial do TRF manda suspender licença de operação de Belo Monte
Decisão do TRF1 suspende a operação da Usina. Justiça exige a realização de obras de saneamento básico de Altamira.
A Corte Especial do Tribunal Regional Federal da 1ª Região (TRF1) suspendeu liminar do mesmo Tribunal que garantia o funcionamento da Usina Hidrelétrica de Belo Monte (UHBM) desde janeiro deste ano. A Corte acolheu recurso do MPF nesta quinta-feira (6). Na prática, a usina deve parar de operar imediatamente, mas ainda continua a execução das obras ainda pendentes.
Em nota enviada ao G1 na manhã de sexta-feira (7), a Norte Energia, empresa responsável pela operação da usina, informou que não tomou conhecimento da decisão do TRF1 e só vai se manifestar quando tiver ciência ou for intimada.
A usina estava autorizada a funcionar desde janeiro, por uma suspensão de segurança do próprio TRF, que derrubou liminar dada pela Justiça de Altamira no mês de setembro de 2016. Na ocasião, a Justiça de Altamira determinava as suspensões das licenças até que fossem integralmente cumpridas as condicionantes relacionadas ao saneamento básico do município.
A operação da usina pode ser retomada apenas com deferimento de recursos na Justiça de Altamira e no Supremo Tribunal de Justiça.
O projeto de saneamento básico deveria ter sido implementado em julho de 2014 e tem o objetivo de evitar a contaminação do lençol freático de Altamira pelo afogamento das fossas rudimentares da cidade, devido ao barramento do rio Xingu.
A suspensão de segurança que barrou a decisão da Justiça de Altamira foi reformada em janeiro porque o presidente do TRF1 entendeu que a paralisação de Belo Monte traria prejuízo à ordem e à economia públicas, ocasionando suspensão de fornecimento de energia elétrica, elevação das tarifas de energia e prejuízos ambientais pelo uso de termelétricas.
Riscos para a população
Para o Ministério Público Federal, “o enchimento do reservatório sem o cumprimento da condicionante do saneamento, que já deveria ter sido realizada há três anos, coloca a população de Altamira em risco de doenças pela contaminação das águas superficiais e profundas”, alegaram os procuradores regionais da República Raquel Branquinho, Felício Pontes e Bruno Calabrich.
Outro argumento foi que a linha de transmissão principal, que levaria energia do Xingu ao Sudeste, não está construída, o que impede dano à economia pública.
Pela decisão da Corte Especial do TRF1, o reservatório da usina não pode ser formado até que seja realizado o saneamento básico de toda a cidade de Altamira, conforme determinava a condicionante da licença de operação concedida pelo IBAMA.
MPF, 6.4.2017
TRF1 suspende licença de operação da usina de Belo Monte
Pela decisão, o reservatório da usina não pode ser formado até que seja realizado o saneamento básico de toda a cidade de Altamira (PA)
MPF, 7.4.2017
Em julgamento histórico, TRF1 decide que Belo Monte não pode seguir desobedecendo licença ambiental
Decisão foi tomada pela Corte Especial do Tribunal ao apreciar suspensão de segurança que favorecia a usina
Agência Brasil, 7.4.2017
Justiça suspende licença de operação da Usina de Belo Monte