Montag, 14. Dezember 2009

Auszeichnungen für Bischof Erwin Kräutler

Das kompromisslose Eintreten von Bischof Kräutler für die Bewahrung der Schöpfung und der Mit-Welt und für die Würde aller Menschen ist international vielfach ausgezeichnet worden.


Im März 2009 wurde ihm das Grosse Goldene Ehrenzeichen mit dem Stern für Verdienste um die Republik Österreich unter anderem für sein Engagement zur Erhaltung des Lebensraumes der indigenen Völker Amazoniens überreicht (Presseaussendung 19.3.2009).
Rede des Österreichischen Botschafters Dr. Glanzer als PDF.


Am 7. Oktober 2009 verlieh ihm die Theologischen Fakultät der Universität Salzburg den Ehrendoktor, um seinen Einsatz für soziale Gerechtigkeit und den Erhalt der Schöpfung zu würdigen. (Radio Vatikan und Wiener Zeitung und ORF-Salzburg und Orientierung vom 11.10.2009).


Curriculum vitae von Bischof Erwin Kräutler mit Chronologie der Auszeichnungen.

Sonntag, 13. Dezember 2009

Das Projekt UHE Belo Monte

Die staatlichen Energiekonzerne Eletrobrás und Eletronorte präsentieren das geplante UHE (= Wasserkraftwerk) Belo Monte als Programm für beschleunigtes Wachstum (PAC - Programa de Aceleração do Crescimento) auf Youtube:

Mit einer überfluteten Fläche von 512 Km2 soll bei einem Gefälle von 90 m die Stromleistung von 11.233 MW erzeugt werden.

Drei Großbaustellen sind geplant: Sitio Pimental, Sitio Bela Vista und Sitio Belo Monte. 18.000 Personen sollen direkt beschäftigt sein, weitere 80.000 indirekt.

Der Damm beim Sitio Pimental wird den Xingu 40 km bis nach Altamira und sogar darüber hinaus zurückstauen.

Große Teile Altamiras werden ständig überflutet sein.

Solche Häuser werden den Betroffenen versprochen. Die Erfahrungen aus anderen Projekten zeigen, dass solche Neuansiedlungen nicht erfolgen.

Belo Monte als Teil eines gigantischen Energiekonzeptes

Belo Monte wäre mit einer geschätzten Leistung von 11.000 MW das größte Wasserkraftwerk auf brasilianischem Boden. Die Gewässer Amazoniens verleiten zu gigantischen Energiekonzepten und zur Planung vieler Wasserkraftwerke. Anlässlich der Auftragsvergabe für das Kraftwerk Jitau am Oberlauf des Rio Madeiras im Mai 2008 brachte O Estadão eine interessante Grafik weiterer geplanter Kraftwerke.



Aktuell: Portal EcoDebate, 10.3.2010
Am Rio Tapajós sind fünf weitere Kraftwerke geplant. Telma Monteiro beklagt in einem Interview: "Kein Fluss der Welt kann das verkraften!"

Lateinamerika Nachrichten Jänner 2008 berichtet von der Lizenzvergabe der Staudämme am Rio Madeira.
Wikipedia listet alle bis 2007 bestehenden, vergebenen und geplanten Wasserkraftwerke Brasiliens auf.

FR, 30.12.2008
Das Madeira-Projekt
Im Rio Madeira werden zwei Wasserkraftwerke gebaut, die mehr Strom erzeugen sollen als die Durchschnittsleistung von fünf deutschen Atomkraftwerken.

Berlin-Online, 7.2.2009
Auf der Achse des Fortschritts
Eisenbahn und Telegrafendraht im Regenwald? Eine Fahrt auf dem Rio Madeira weckt Fragen nach dem Sinn des Modernen

Germany Trade & Invest, 27.05.2009
Brasiliens investiert in Energiesektor
Neue Wasserkraftwerke vor Ausschreibung / Milliardenpaket für Erdölquellen /

Das Wasserkraftwerk Belo Monte

Brasilien braucht für seinen wirtschaftlichen Aufschwung Energie; und die kann nicht groß genug sein. Die Flüsse im Amazonasgebiet stellen eine besondere Verlockung für die Energiegewinnung dar.

Belo Monte ist ein seit mehreren Jahrezehnten geplantes Wasserkraftwerk am Xingu-Fluss unterhalb von Altamira, in Brasilien. Bereits vor 20 Jahren scheiterte die Auftragsvergabe am Protest der Umweltschützer und sicher auch an den mangelhaften Argumenten der Projektbetreiber - die tropischen und geographischen Bedingungen stellen große Herausforderungen dar.


Die Heinrich Böll Stiftung veröffentlichte am 10.11.2009 eine gute Zusammenfassung über Entwicklung und momentanen Stand von Belo Monte und vom Treffen sozialer Bewegungen und Bischof Kräutler mit Ignacio Lula da Silva, Präsident von Brasilien, am 22. Juli 2009 in Brasilia. Lula überrachte mit seiner Position, Belo Monte nicht um jeden Preis zu errichten, versprach öffentliche Diskussionen über Belo Monte und die Anhörung aller Betroffenen und forderte von Eletrobrás eine Klärung der bestehenden Kritikpunkte. (Englisch und Protugiesisch)
Da die Verhandlungen zwischen Umweltbewegungen und Energiesektor schleppend voran gingen, richtete Bischof Kräutler im Oktober 2009 seine Sorgen zu Belo Monte in einem Offenen Brief an Präsident Lula.



Beim XII. Ökumenischen Treffen der Basisgemeinden Brasiliens (CEBs), das vom 21. bis 25. Juli 2009 in Porto Velho im Bundesstaat Rondônia, mitten im Amazonasgebiet, stattfand, kritisierten Dom Frei Luiz Flávio Cappio, Bischof von Barra, und Ruben Siqueira, Vorsitzender der Landpastoral von Bahia, das Programm für beschleunigtes Wachstums (PAC) als Markenzeichen der zweiten Amtsperiode Lulas und meinten, dass der Staat das Wirtschaftswachstum nicht durch Bereitstellung von Infrastruktur um jeden Preis und ohne Rücksicht auf soziale und ökologische Folgen beschleunigen darf.

Interview mit Antonia Melo von der Stiftung Leben, Produzieren und Schützen in den Lateinamerika-Nachrichten vom April 2009: „Wir müssen Belo Monte unbedingt verhindern“.

Dr. Imme Scholz hielt 2005 bei der 5. Wasserwerkstatt in Bonn einen Vortrag zum Thema „Global Governance in der Umwelt- und Wasserpolitik und ihr Einfluss auf nationale Politiken". Darin bringt er Belo Monte sehr ausführlich als Fallbeispiel.

Donnerstag, 26. November 2009

Wir über uns

Plattform Belo Monte lebt von solidarisch gesinnten Frauen, Männern und Jugendlichen in Europa und Brasilien, die sich mit unterschiedlichen Talenten und Kompetenzen für die Durchsetzung der Menschenrechte und die Achtung der menschlichen Würde engagieren.

Wir begleite das Wirken von Dom Erwin in Brasilien seit langem und interessieren uns für die Bewohner Amazoniens.

Einige von uns waren am konziliaren Prozess Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung mit seinen kontinentalen und globalen Impulsen (1989 Basel, 1997 Graz, 2007 Sibiu) beteiligt.

Daraus ist ein besondere Aufmerksamkeit für Amazonien als bedrohter Lebensraum der indigenen Völker entstanden, das im Zuge des Indigenen Treffens Xingu Vivo para Sempre 2008 in Altamira in die Gründung einer Plattform mündete.

Seit 2009 nutzt die Plattform Belo Monte das Internet, um Informationen und Anliegen rasch und umfassender zu verbreiten. Solidarisches, partnerschaftliches Verhalten braucht entsprechende Informationen zur Entscheidungsfindung in unserem Alltag, damit unsere Schwestern und Brüder am Xingu eine Chance auf Zukunft und ein Leben in Fülle haben.

Donnerstag, 1. Juni 2000

Peter Pawlowsky im Gespräch mit Bischof Erwin Kräutler


ORF.at, 1.6.2000
Peter Pawlowsky im Gespräch mit Bischof Erwin Kräutler

Ein Leben für Indianer

Der Vorarlberger Priester Erwin Kräutler wanderte 1965 nach Brasilien aus, wo er sich als Bischof der Diözese Xingu auf die Seite der unterdrückten Amazonas-Indianer und der Landlosen gestellt hat. Für das Engagement der Nächstenliebe riskiert der Bischof bis heute sein Leben. Er hat bereits mehrere Mordanschläge überlebt.

Vortragswoche in Österreich

Aus Anlass des 500. Jahrestages der Entdeckung Brasiliens durch den portugiesischen Seefahrer Pedro Cabral gab es in Österreich eine Vortragswoche des austro-brasilianischen Bischofs Erwin Kräutler.
Im Kulturzentrum der Minoriten in Graz sprach Kräutler zum Thema "Grundpfeiler einer Kultur des Lebens im neuen Jahrtausend".
In einem Gespräch mit Peter Pawlowsky berichtete Bischof Erwin Kräutler, wie er und sein kleines Team der verarmten Bevölkerung helfen.
Aufgezeichnet wurde das Gespräch vom ORF-Landesstudio Steiermark für ALPHA Österreich Mitte Mai im Kulturzentrum der Minoriten in Graz.

Interview mit Bischof Kräutler

Peter Pawlowsky ging in seinem Gespräch mit dem Bischof vor allem auf die Rolle der katholischen Kirche ein.

Rolle der katholischen Kirche
"Es wäre sehr einfach, die Indianer bloß um Vergebung zu bitten", meinte Kräutler zu vergangenen Fehlern auch von Seiten der Kirche. "Viel wichtiger ist es, neue Wege einzuschlagen. Ich werfe keine Steine auf die Missionare der Vergangenheit. Aber es geht darum, dass wir heute andere Zeichen setzen, dass wir mit den Indios sind und sie als Subjekte ihrer Geschichte sehen, die das Heft in der Hand haben".
Das Evangelium dürfe nicht in erster Linie als Wort verkündet werden, sondern als "Wort, das Fleisch geworden ist". Die Indios müssten spüren, dass Jesus einer von ihnen geworden ist.

Kirche für Indianer
Tatsache sei - so Kräutler -, dass sich die katholische Kirche gemeinsam mit anderen Kirchen für die Indianer eingesetzt und so ihr Überleben ermöglicht habe - dies auch gegen die Interessen der Mächtigen. "In dem Augenblick, in dem ich mich auf die Seite der Indianer stelle, bin ich automatisch gegen die Interessen aller möglichen Kapitalisten", so der Bischof.
Es sei schwierig, sich gegen diesen Hass zu stellen, der aus einer "furchtbaren Gier auf das Land" komme.
Die Kirche habe die Aufgabe, auf Strukturen hinzuweisen, die Unrecht sind, unterstrich Bischof Kräutler. Daher verteidige sie die Rechte der Landlosen, die von Großgrundbesitzern von ihrem Land vertrieben worden seien. Wenigen Großgrundbesitzern gehöre in Brasilien mehr als 90 Prozent des nutzbaren Landes; die Kluft zwischen jenen, die sehr gut lebten, und jenen, die schlecht oder praktisch überhaupt nicht leben könnten, sei immer größer geworden, prangerte Kräutler die ungerechten sozialen Verhältnisse an.

Lateinamerikaner als Vorbilder
Der Bischof plädierte für verstärkten Austausch innerhalb der Weltkirche. Die Hilfe, die den Ärmsten zuteil werde, sei keine Einbahnstraße. Kräutler: "Wir könnten von den Lateinamerikanern lernen gemeinschaftlicher zu denken, beim Feiern der Messe spontaner und weniger 'steif' zu sein, und die im eigenen Land gewachsenen Ausdrucksformen mehr einzubringen. Wir müssen ein bisschen mehr zusammenrücken, die jungen Leute so singen lassen, wie sie wollen. Dann würden auch mehr von ihnen in die Kirche kommen".

Lage der Indianer gebessert
Kräutler betonte zusätzlich, dass sich die Lage der Indianer in Brasilien gegenüber 1965, als er nach Brasilien kam, leicht gebessert habe: "Damals sagte man mir, es werde bald keine Indianer mehr geben. Damals waren es 250.000, heute sind es wieder 330.000".


Biographie von Erwin Kräutler

1939 geboren, 1958 Matura in Feldkirch und Eintritt in die Kongregation der Missionare vom Kostbaren Blut.
Studium in Salzburg, 1965 Priesterweihe, anschließend Missionar am Unteren Xingu und Amazonas.
Im Januar 1981 wird er Bischof der flächenmäßig größten brasilianischen Diözese, Xingu, mit rund 350.000 km² und etwa 400.000 Einwohnern, davon 3.500 Indianer. Sein Einsatz gilt der »Option für die Armen und die kulturell anderen«.
Auf seine Proteste gegen politische, soziale und wirtschaftliche Missstände reagieren die Verantwortlichen mit eindeutigen Drohungen.
1983 wird er bei einer Solidaritätsaktion mit Arbeitern, denen man monatelang den Lohn vorenthielt, niedergeschlagen, verhaftet und verhört.
Von 1983 bis 1991 Präsident des Indianermissionsrates der Brasilianischen Bischofskonferenz - CIMI. Derzeit von der Generalversammlung des CIMI für das Referat »Internationale Solidarität« beauftragt.
Kräutlers Einsatz für die Rechte der indigenen Völker in der Verfassung bringen ihm Diffamierung, Angriffe und Todesdrohungen. 1987 wird er bei einem inszenierten Autounfall schwer verletzt, ein Mitbruder kommt ums Leben.

Einsatz für die Indianer

Als Präsident von CIMI erreicht Kräutler 1988 mit internationaler Unterstützung, vor allem aus Österreich, die Anerkennung der Rechte der Indianervölker in der Verfassung. Seither bemüht er sich um die Durchsetzung dieser in der Konstitution verankerten Rechte.
Bei zahlreichen Reden, Vorträgen und Diskussionen im In- und Ausland informiert er die Öffentlichkeit vom Überlebenskampf der indigenen Völker auf dem lateinamerikanischen Kontinent, drängt zum Bewusstseinswandel und zur Verhaltensänderung. Unermüdlich tritt er für die an den Rand gedrückten Menschen ein und fordert gerechte Lebensbedingungen.
Seine Sorge gilt auch der Bewahrung der Schöpfung.
Auf Einladung von Bundeskanzler Vranitzky wirkt der Bischof als Berater bei der österreichischen Delegation bei UNCED im Juni 1992 in Rio de Janeiro mit.
Als Delegierter der Brasilianischen Bischofskonferenz. (CNBB) nimmt er an der IV. Vollversammlung des Lateinamerikanischen Episkopates im Oktober 1992 in Santo Domingo teil.

Auszeichnungen

Das Wirken des Bischofs wurde mit Preisen und Ehrungen ausgezeichnet: Erzbischof-Oscar-A.-Romero-Preis (1988), Binding-Preis für Natur- und Umweltschutz (1989), Dr.-Bruno-Kreisky-Preis für Verdienste um die Menschenrechte (1991), Ehrendoktorat der Sozial- und Wirtschaftswissenschaften, Universität Innsbruck (1992), Dr.-Toni-Ruß-Preis (1992), Doktor der Theologie honoris causa, Theologische Fakultät Luzern (1992), Ehrenbürger von Altamira (Brasilien) (1992), Dr.-Karl-Renner-Preis (1992), Doktor der Theologie honoris causa, Universität Bamberg (1993), Bischof-Kräutler-Preis für Verdienste um die Indígenas Lateinamerikas (1996).