Samstag, 8. August 2020

Konflikt wegen Flutung des Nil-Staudamms in Äthiopien

VaticanNews, 7. 8.2020
Sudan setzt Gespräche zu Staudammprojekt aus
Im Streit der drei Nil-Anrainerstaaten Ägypten, Äthiopien und Sudan um das äthiopische Staudammprojekt „Grand Ethiopian Renaissance Dam“ (GERD) hat Sudan die seit Montag andauernden Gespräche ausgesetzt.

Das Land wolle sich intern beraten, sagte der sudanesische Bewässerungsminister Jassir Abas laut Bericht der Onlinezeitung „Egypt Today“ von diesem Freitag. Hintergrund sind demnach von Äthiopien vorgebrachte neue Bedingungen.

Ägypten hatte zuvor seine Ablehnung der einseitig beschlossenen Füllung des Damms erneut in einem Schreiben an Südafrika als derzeitigem Vorsitz der Afrikanischen Union ausgedrückt. Beide Länder hatten in den vergangenen Tagen ein Angebot Äthiopiens abgelehnt mit der Begründung, es weiche von vorher vereinbarten Punkten ab.

Konflikt um Verteilung des Nilwassers
Die jüngste Verhandlungsrunde war am Montag unter Beteilung von Beobachtern aus den USA, der EU sowie der AU mit dem Ziel aufgenommen worden, ein verbindliches Abkommen zur Befüllung und dem Betrieb des Staudamms zu erzielen. Äthiopien lehnte bisher ein bindendes Abkommen zu rechtlichen und technischen Aspekten des Damms ab.

Mit der Wasserkraftanlage könnte Äthiopien größter Stromexporteur Afrikas werden. Mit 74 Milliarden Kubikmetern aufgestauten Wassers wäre die Talsperre der größte Staudamm des Kontinents. Ägypten befürchtet negative Auswirkungen auf den Lauf des Nils, der die weitaus wichtigste Wasserquelle des Landes ist. Zwischen den Nil-Anrainerstaaten herrscht gibt es seit Jahren Konflikte über die Verteilung des Wassers.


Süddeutsche, 25. Juli 2020
Nil: Äthiopien stellt die Region vor vollendete Tatsachen
Lange leugnete Äthiopien, den Nil mit seinem neuen Damm bereits aufzustauen. Nun verkündet der Ministerpräsident "Historisches" - und löst in Ägypten große Empörung aus.

FAZ, 22.07.2020
Mega-Staudamm in Afrika:
Äthiopien bezeichnet erste Flutung als „historisch“
Mit viel Pathos lobt Äthiopiens Ministerpräsident die Inbetriebnahme des neuen Mega-Staudamms. Ägypten und Sudan fürchten jedoch um ihre Wasserversorgung – und pochen auf eine rechtliche Vereinbarung.

Dom Pedro Casaldáliga 92-jährig verstorben

VaticanNews, 8.8.2020
Brasilien: Bischof Casaldáliga ist tot
Der Befreiungstheologe und Bischof Pedro Casaldáliga ist an diesem Samstag im Alter von 92 Jahren in Brasilien verstorben. Der aus Spanien stammende Altbischof von São Félix in Brasilien litt seit Jahren an Parkinson. Er hatte sich als Kämpfer für die Menschenrechte in Amazonien einen Namen gemacht und trat auch als Dichter und vielgelesener Autor hervor.

Seit seiner Ankunft in Brasilien 1968 lebt der Claretiner-Ordensmann in der abgelegenen Urwaldregion im Teilstaat Mato Grosso, deren erster Bischof er 1971 wurde. Sein Bischofssitz war eine Hütte. Noch im selben Jahr schrieb Casaldáliga den mutigen Hirtenbrief „Eine Kirche im Amazonasgebiet im Kampf gegen Großgrundbesitz und soziale Ausgrenzung". Darin beklagte er Landraub, wachsende Ungerechtigkeit und das Leiden der lokalen, besonders indigenen Bevölkerung.

Die brasilianische Militärdiktatur bedrohte den widerständigen Bischof mehrfach mit dem Tod oder der Ausweisung. Viele seiner Anliegen, darunter auch der Einsatz für die Schöpfung, kamen bei der Amazonien-Synode im Vatikan 2019 zur Sprache. Papst Franziskus zitierte Casaldáliga in seinem nachsynodalen Schreiben „Querida Amazonia".


Dom Pedro Casaldáliga ist tot
mit interessanten Themen, Bildern und Videos:

Nachruf: Dom Pedro ist gegangen
Dom Pedro war eine der wichtigsten Figuren der brasilianischen Kirche und Befreiungstheologie seit der Militärdiktatur. Er hat die brasilianische Bischofskonferenz wesentlich mitgeprägt, den Indianermissionsrat zur Verteidigung der indigenen Völker mitgegründet; er war überzeugter Freund der Landlosenbewegung MST, er hat die Basisgemeindenbewegung unterstützt und an ihren jährlichen Wallfahrten teilgenommen, auch als er wegen seiner Parkinsonkrankheit eigentlich schon gar nicht mehr selbst gehen und sprechen konnte. Der spanischgebürtige Dom Pedro war selbstloser und unbedingter Verteidiger der Menschenrechte, er war Bischof, Politiker im besten Sinne, Dichter – und er war überzeugter Sozialist!

Befreiungstheologe Casaldaliga verstorben
Pedro Casaldaliga, spanischer Ordensmann und einer profiliertesten Vertreter der Befreiungstheologie, ist tot. Der frühere Bischof von Sao Felix in Brasilien starb am Samstag im Alter von 92 Jahren in der Stadt Batatais im Bundesstaat Sao Paulo.

Der linke Flügel des heiligen Geistes
Adveniat zum Tod von Bischof Pedro Casaldáliga
„Mit großer Trauer haben wir bei Adveniat vom Tod von Bischof Dom Pedro Casaldáliga gehört. Wenn er jetzt nach langer schwerer Krankheit den den Weg zu Gott gegangen ist, so bleibt er doch in seiner Kirche und unseren Herzen lebendig."

Befreiungstheologe und Prophet - Pedro Casaldáliga ist tot
In einfachen Jeans und Hemden, an den Füßen meist ein schlichtes Paar Badelatschen, folgte Bischof Pedro Casaldáliga seinem Lebensmotto: „Nichts besitzen, nichts mit sich tragen, nichts verlangen, nichts verschweigen und, vor allem, nichts töten.“

Bischof Pedro Casaldáliga


O Globo, 8.8.2020
Bispo Dom Pedro Casaldáliga morre aos 92 anos
Bispo emérito de São Félix do Araguaia (MT) nasceu na Espanha em 1928 e se mudou para o Brasil aos 40 anos. Ele ficou conhecido por suas posições políticas e pelo trabalho pastoral ligado a causas como a defesa de direitos dos povos indígenas e o combate à violência dos conflitos agrários.

VaticanNews, 8.8.2020
Fallece Monseñor Casaldáliga, escritor y poeta entregado a los más pobres
El Obispo claretiano español Pedro Casaldáliga falleció hoy a los 92 años de edad en Brasil, en la Unidad de Cuidados Intensivos de la Santa Casa Batatais (Sao Paulo), donde se encontraba internado desde el pasado martes.

REPAM manifesta solidariedade à Prelazia de São Félix pela páscoa de Dom Pedro Casaldáliga

Youtube - Claretiano TV, 9.8.2020
Missa de exéquias de Dom Pedro Casaldáliga, CMF

Youtube, Deus e Eu Oficial, 9.8.2020
MISSA DE EXÉQUIAS: Dom Pedro Casaldáliga | AO VIVO

Mittwoch, 5. August 2020

Illegaler Bergbau entlang der Stromtrasse kann nationale Versorgung gefährden



Das Unternehmen  Belo Monte Transmissora de Energia, das für die Stromleitung des Wasserkraftwerks Belo Monte verantwortlich ist, beklagt das Vordringen illegaler Goldgräber in der Xingu-Region im Südosten von Pará. Auch in unmittelbarer Nähe von Strommasten wird gegraben und geschürft, was in einigen Fällen zum Einsturz der Masten führen könnte. Die Folge davon wären vorübergehende Engpässe bei der Stromversorgung im nationalen Netz.

Das Unternehmen ist um die Sicherheit seiner Mitarbeiter besorgt und rät diesen, bei Arbeiten keine Identifizierungen zu tragen, um Angriffe durch die Grubenarbeiter zu vermeiden.

Bei einer Inspektion im Juni stellte das Unternehmen fest, dass Garimpeiros in fünf Gemeinden im Südosten von Pará in der Nähe von Strommasten illegal Bergbau betreiben.
Die Techniker fanden Bohrlöcher in der Nähe der Stromleitung. In einem Fall lässt das ausgedehnt angelegte Straßensystem auf sehr große Tätigkeiten im Bergbau schließen.

Die illegalen Rodungen können auch zu Erdrutschen führen und dadurch die Stromtrasse beschädigen.

Die Überlandleitung wurde im Jahr 2017 eröffnet und erstreckt sich über mehr als zweitausend Kilometer vom Kraftwerk Belo Monte bis zum Umspannwerk Estreito in Minas Gerais und durchquert 65 Gemeinden in den Bundesstaaten Pará, Tocantins, Goiás und Minas Gerais.

Seit Ende 2018 denunziert das Unternehmen Belo Monte Transmissora de Energia die Gefahren durch den illegalen Bergbau bei der Nationalen Agentur für elektrische Energie ANEEL, beim Ministerium für öffentliche Angelegenheiten und bei Umweltinspektionsbehörden.

Im Mai führte die Bundespolizei eine Operation in der Region durch und beschlagnahmte Gesteinsmühlen und Bagger in einigen Garimpos. Eine Person wurde wegen des Besitzes einer illegalen Waffe verhaftet.

Einen Monat später führte auch das Umweltsekretariat von Pará (Semas) eine Aktion zur Bekämpfung des illegalen Bergbaus durch.

Laut dem Sozio-Umwelt-Institut, einer Organisation zur Bekämpfung von Umweltverbrechen am Xingu, deuten die Abholzungen entlang der Stromtrasse auf eine Anstieg von illegalen Bergbautätigkeiten in Pará hin.


O Globo, 3.8.2020
Garimpo ilegal no PA pode causar queda de linha de transmissão de energia elétrica, diz empresa
Problema também pode provocar desabastecimento temporário no sistema nacional, que é interligado.

Montag, 3. August 2020

Totenrituale in Brasilien verboten

Deutsche Welle, 2.8.2020
Totenwache verboten
Brasilien: Das Trauma der Corona-Hinterbliebenen
Für viele Brasilianer ist der Tod alltäglicher als für Europäer. Ihre Trauer macht das nicht einfacher - schon gar nicht in Zeiten von COVID-19. Denn die meisten Rituale, die helfen mit dem Tod umzugehen, sind untersagt.


Lateinamerika: Zweifelhafte Medikamente gegen Corona
Steigende Infektionszahlen, die Unsicherheit und das negative Vorbild populärer Politiker sorgen dafür, dass in Lateinamerika die Nachfrage nach fragwürdigen Präparaten gegen das Corona-Virus steigt. Dubiose Medikamentencocktails, Desinfektionsmittel, aber auch retrovirale Präparate kursieren - nicht nur in den sozialen Medien.

Sonntag, 2. August 2020

Deutsche Fassung von Carta ao Povo de Deus de 152 bispos


Brief an das Volk Gottes

Deutsche Fassung von © AMK 2020 basierend auf „Carta ao Povo de Deus" von O Globo

Wir sind 152 Bischöfe der katholischen Kirche aus unterschiedlichen Regionen Brasiliens, in Gemeinschaft mit Papst Franziskus und seinem Lehramt und in Gemeinschaft mit der Nationalen Bischofskonferenz Brasiliens (CNNB), die sich im Dienste des Evangeliums für die Verteidigung der Erniedrigten, für Gerechtigkeit und Frieden einsetzen. Getragen vom Evangelium und der katholischen Soziallehre schreiben wir in diesen schweren Tagen den Brief an das Volk Gottes, um allen Halt und Trost zur Überwindung von Leid und Ungewissheit zu geben.

Evangelisieren ist die ureigene Mission, die Jesus seiner Kirche hinterlassen hat. „Evangelisieren bedeutet, das Reich Gottes in der Welt gegenwärtig machen.“ (EG 176) Für uns ist das Angebot des Evangeliums mehr als die persönliche Beziehung zu Gott.

Unsere Antwort der Liebe dürfte auch nicht als eine bloße Summe kleiner persönlicher Gesten gegenüber irgendeinem Notleidenden verstanden werden; (…) eine Reihe von Taten, die nur darauf ausgerichtet sind, das eigene Gewissen zu beruhigen. Das Angebot ist das Reich Gottes“ (Lk 4,43 und Mt 6,33) (EG 180). Daraus entspringt das Verständnis vom Reich Gottes als Geschenk, als Verpflichtung und Ziel.

Auf diesem Hintergrund nehmen wir zur gegenwärtigen Realität in Brasilien Stellung. Wir verfolgen weder parteipolitische, wirtschaftliche, ideologische noch andere Interessen. Unser einziges Streben gilt dem Reich Gottes im Hier und Heute der Geschichte, wenn wir eine gerechte, geschwisterliche und solidarische Gesellschaft als Zivilisation der Liebe gestalten.

Brasilien erlebt schwere Zeiten, ist einem turbulenten Sturm ausgesetzt, den es zu bezwingen gilt. (vgl. The perfect storm. Wolfgang Petersen. 2000) Den Sturm ausgelöst haben die Krise des Gesundheitswesens und der völlige wirtschaftliche Zusammenbruch.

Die vom Präsidenten der Republik und anderen Sektoren ausgelösten Spannungen haben die Grundfeste der Republik erschüttert und zu einer tiefgreifenden Regierungskrise geführt.

Das Land gerät immer mehr in gefährliche Sackgassen. Die an der Spitze stehenden Verantwortlichen, Institutionen und zivile Organisationen sind mehr denn je zum Dialog aufgefordert, statt engstirnig ideologische Parolen zu propagieren.

Wir sind aufgerufen, uns den derzeitigen Herausforderungen mit sachlichen Vorschlägen und Abmachungen zu stellen, für das Leben, zum Schutz der besonders Verletzlichen inmitten einer ungleichen, ungerechten und gewaltsamen Gesellschaft. Die aktuelle Lage verträgt keine Gleichgültigkeit.

Wer das Leben verteidigt, muss Position beziehen. Die politischen Entscheidungen, die zu dieser Situation geführt haben, sowie die selbstgefällige und ausschweifende Bundesregierung, erlauben keine Trägheit und Nachlässigkeit, wenn es um die Eindämmung der Übel geht, die über das brasilianische Volk hereingebrochen sind.

Missstände, die auch unser gemeinsames Haus bedrohen, infolge der skrupellosen Plünderungen durch Holzfäller, durch den Bergbau, den Großgrundbesitz und den Predigern des Fortschritts, die sich über die Rechte der Menschen und der Mutter Erde hinwegsetzen.

„Wir können nicht vorgeben, gesund zu sein in einer Welt, die krank ist. Die Wunden, die unserer Mutter Erde zugefügt wurden, bluten auch an uns" (Brief von Papst Franziskus an den Präsidenten Kolumbiens aus Anlass des Weltumwelttages. Vatikan, 05. Juni 2020).

Alle, Menschen und Institutionen, werden in dieser schweren, herausfordernden Zeit nach ihren Taten oder Unterlassungen beurteilt. Systematisch wird ohne wissenschaftliche Belege versucht, die Tausenden von COVID-19-Toten als normal und unvermeidlich abzutun. Als Zufall oder Strafe Gottes wird das sozio-ökonomische Chaos mit Arbeitslosigkeit und Hungersnot betrachtet. Politische Maßnahmen ziehen bloß auf den Machterhalt ab.

Dieser Diskurs folgt weder ethischen und moralischen Prinzipien. Der katholischen Tradition und Soziallehre, die dem Auftrag des Herr und seiner Verheißung folgt, „damit sie das Leben haben und es in Fülle haben“ (Joh 10,10), verschließt er sich.

Die Analyse des politischen Lebens zeigt die Unfähigkeit der Bundesregierung angesichts der Krise. Tückisch waren die Reformen der Arbeitsgesetzgebung und der Sozialversicherung. Statt das Leben der Ärmsten zu verbessern, haben die prekären Bedingungen zugenommen. Es braucht Maßnahmen und Reformen zum Wohle der Menschen und nicht zum Schaden der Schwachen. Verbotene Agrarchemikalien werden wieder zugelassen, die Kontrolle der Abholzung eingestellt. Das ist weder für das Gemeinwohl noch für den sozialen Frieden förderlich. Eine Wirtschaft, die den Prinzipien des Neoliberalismus folgt, die wenigen Mächtigen ein Monopol einräumt zum Nachteil der Bevölkerungsmehrheit, ist nicht nachhaltig.

Die derzeitige Regierung stellt nicht den Menschen und das Wohl aller in den Mittelpunkt, sondern verteidigt unnachgiebig die Interessen einer Wirtschaft, die tötet (vgl. EG 53). Alles hat sich dem Markt und dem Gewinn zu unterwerfen. Unfähigkeit und Inkompetenz kennzeichnen das Vorgehen der Regierung, zum Teil im Widerspruch zu wissenschaftlichen Erkenntnisse, gegen Bundesstaaten, Gemeinden, gegen Behörden und Amtsträger der Republik.

Besorgnis erregend sind die Annäherung an Totalitarismus sowie die Demokratie zersetzende Entscheidungen. Bedenklich sind Lockerungen hinsichtlich der Brasilianischen Verkehrsordnung (PL 3267/2019) und der bevorstehenden Aufweichung der Normen für den Besitz und die Nutzung von Schusswaffen. Manipulativ verbreitete Nachrichten mobilisieren massenhaft radikale Anhänger.

Wir sind entsetzt über die Geringschätzung von Bildung, Kultur und Gesundheit, wie aufgrund der Auseinandersetzungen hinsichtlich der öffentlichen Bildung und der Personalbesetzung in den Ressorts Bildung, Kultur und Umwelt, der Abqualifizierung pädagogischer Prozesse und bedeutender brasilianischer Denker deutlich wurde. Abneigung wird gehegt gegen kritisches Bewusstsein, gegen Meinungs- und Pressefreiheit. Unbedachte, überhebliche Äußerungen gefährden die diplomatischen Beziehungen zu unterschiedlichen Ländern.

Obwohl Brasilien einen der vorderen Plätze bei der Zählung der Infizierten und Toten der Pandemie einnimmt, ist die Situation im Gesundheitsministerium prekär: es fehlt ein ordentlich bestellter Minister, die notwendige Koordination mit anderen staatlichen Einrichtungen liegt im Argen, sträflich vernachlässigt werden die Bedürfnisse von Mitarbeitern der Gesundheitsberufe: sie erkranken, wenn sie Leben retten. Im Umgang mit Angehörigen von COVID-19-Verstorbenen vermisst man Respekt und Sensibilität.

In Bezug auf die Wirtschaft vernachlässigt der Ressortminister die Kleinunternehmer, obwohl sie die meisten Arbeitsplätze im Land schaffen. Vorrang genießen Wirtschaftskonzerne und unproduktive Finanzgruppen. Als Folge der Rezession könnte die Zahl der Arbeitslosen auf über 20 Millionen Brasilianer ansteigen. Gewaltig sind die Einbrüche der öffentlichen Finanzierung der Bereiche Ernährung, Bildung, Schaffung von Wohnraum und Arbeitsmarkt.

Trotz nationaler und internationaler Appelle kümmert sich die Regierung nicht um die Ärmsten und Verletzlichsten der Gesellschaft: indigene Gemeinschaften, Quilombolas, Siedler entlang der Flüsse, sowie Millionen Menschen, die in städtischen Randzonen, in Slums und auf den Straßen leben. Die SARS-CoV-2 Pandemie trifft sie besonders hart, auch weil keine Maßnahmen gegen die Krise im Gesundheitswesen und in der Wirtschaft in Sicht sind. Am 07.07.2020 hat der Präsident der Republik einen vom Nationalkongress und Senat beschlossenen Notfallplan gegen die Verbreitung von COVID-19 unter indigenen Völkern, Quilombolas und traditionellen Gemeinschaften mit 16 Einsprüchen unterzeichnet. Als Begründung führte er unter anderem fehlende Kostenaufstellung an, für die Versorgung mit Trinkwasser und Hygienematerial, die Bereitstellung von Pflege- und Intensivbetten, von Beatmungs- und Sauerstoffgeräten und andere Maßnahmen (vgl. Präsidentschaft der CNBB. Offener Brief an den Nationalkongress. 13.07.2020)

Sogar die Religion wird missbraucht, um Gläubige zu verunsichern, Spaltung zu fördern, Hass zu verbreiten und Spannungen zwischen Kirchen und ihren Führern zu wecken. Jede Verflechtung zwischen Religion und Macht ist in einem säkularen Staat schädlich, besonders die Verquickung fundamentalistischer religiöser Gruppen mit autoritären Machthabern. Wir sind bestürzt, wie der Name Gottes und die göttliche Botschaft verunglimpft, wie Vorurteile und Hass geschürt werden. Statt Liebe zu predigen werden Entscheidungen gerechtfertigt, die dem Reich Gottes und seiner Gerechtigkeit nicht entsprechen.

Es ist die Zeit für Einheit in der Vielfalt. In einem nationalen Dialog mit Humanisten, Förderern der Demokratie, mit Vertretern sozialer Bewegungen, mit Frauen und Männern guten Willens sollen die Achtung der Bundesverfassung und der demokratische Rechtsstaat wieder hergestellt werden. Notwendig sind Ethik in der Politik, Transparenz in Bezug auf Informationen und öffentlicher Haushalt, eine Wirtschaft, die auf das Gemeinwohl abzielt, soziale und ökologische Gerechtigkeit, „Land, Unterkunft und Arbeit“, Schutz der Familien, ganzheitliche und gute Bildung und Gesundheit für alle. Wir unterstützen den Pakt für das Leben und für Brasilien, gezeichnet von der CNBB und fünf Einrichtungen der Zivilgesellschaft. Wir schließen uns Papst Franziskus und seinem Aufruf an die Menschheit für einen „globalen Bildungspakt“ und eine „Wirtschaft von Franziskus“ an. Gemeinsam mit kirchlichen Bewegungen und den Basisbewegungen suchen wir dringend neue Alternativen für Brasilien.

Die Zeit der Pandemie zwingt uns, Abstand zu halten, lehrt uns eine „neue Normalität“ und lässt uns daheim, in unseren Familien die Hauskirche als Ort der Begegnung mit Gott und unseren Schwestern und Brüdern entdecken. Hier muss das Licht des Evangeliums erstrahlen, um zu erkennen: „Diese Zeit erlaubt keine Gleichgültigkeit, (…) keinen Egoismus, (…) keine Spaltung, (…) kein Vergessen“ (Botschaft „Urbi et Orbi“ von Papst Franziskus, Ostern 2020. Rom, 12. April 2020.)

Die Stunde ist da, um vom Schlaf zu erwachen, der uns lähmt, der uns zu bloßen Zuschauern macht, wie Tausende sterben und der uns umgebenden Gewalt. Mit dem Apostel Paulus ermuntern wir:„Die Nacht ist vorgerückt, der Tag ist nahe. Darum lasst uns ablegen die Werke der Finsternis und anlegen die Waffen des Lichts.“ (Röm 13,12)

Der Herr segne dich und behüte dich.
Der Herr lasse sein Angesicht über dich leuchten und sei dir gnädig. (Num 6,24-26)

Samstag, 1. August 2020

152 Bischöfe Brasiliens kritisieren die "Unfähigkeit" der Regierung Bolsonaro


VaticanNews, 1.8.2020
Corona in Brasilien:
Bischöfe werfen Regierung Untätigkeit vor
In Brasilien zieht die Kritik der Bischöfe an der Regierung weitere Kreise. In einem Brief, den etwa ein Drittel aller Bischöfe unterzeichnete, wird der Bundesregierung „Untätigkeit und Unterlassung“ bei der Bekämpfung der Coronavirus-Pandemie vorgeworfen. Das Schreiben sollte dem Exekutivausschuss der Bischofskonferenz eigentlich am 5. August vorgelegt werden, ist aber schon am 26. Juli an die Medien durchgesickert.

„Indem sie ihre Augen vor den Appellen nationaler und internationaler Instanzen verschließt, zeigt die Bundesregierung ihre Apathie und ihre Ablehnung der Ärmsten und Schwächsten der Gesellschaft - nämlich der Indigenen, der Quilombolas (Gemeinschaften ehemaliger afro-brasilianischer Sklaven), der Bevölkerung der städtischen Randgebiete und der Menschen, die zu Tausenden in ganz Brasilien auf der Straße leben“, heißt es in einem Teil des Briefes, den der Katholische Nachrichtendienst CNS einsehen konnte.

Das Zusammenspiel einer beispiellosen Gesundheitskrise, des Zusammenbruchs der Wirtschaft und der Spannungen, die zu einem Großteil vom Präsidenten und anderen Akteuren der Gesellschaft verursacht worden seien, hätte zu einer schweren Regierungskrise geführt, so die Bestandsaufnahme. Die Regierung von Präsident Jair Bolsonaro zeige für die Bereiche Bildung, Kultur, Gesundheit und Diplomatie „Verachtung", was schlichtweg entsetzlich sei, sind sich die Unterzeichner einig.

1.500 Priester unterstützen Brandbrief der Bischöfe
Im Zuge dieser Entwicklungen hatten mehr als 1.500 Priester am 30. Juli einen Brief über die Medien veröffentlicht, in dem sie den Brandbrief der Bischöfe unterstützten. Obwohl Regierungsbeamte die Pflicht hätten, zugunsten der gesamten Bevölkerung, insbesondere der Schwächsten, zu handeln, sei dies „nicht das Projekt der gegenwärtigen Regierung“, klagen sie an. Die Priester bekräftigen ihr Engagement für die Verteidigung des Lebens und die Sorge um die Kranken und kritisieren das bisherige Vorgehen der brasilianischen Regierung.

Hintergrund
Die Initiative, die von einer Gruppe von etwa 30 Bischöfen begonnen wurde, hat inzwischen ein Eigenleben angenommen. Nachdem das Dokument Ende Juli an die Medien durchgesickert war, war in einigen brasilianischen Zeitungen von einer „Spaltung der brasilianischen Bischöfe“ die Rede. Dies wird von den Bischöfen jedoch entschieden zurückgewiesen. „Wir mögen zu bestimmten Themen unterschiedlicher Meinung sein, aber die Gemeinschaft überwiegt", ließ Bischof Manoel Ferreira dos Santos CNS gegenüber verlauten.

Unterzeichnet wurde der Brandbrief unter anderem von Kardinal Claudio Hummes, Erzbischof Emeritus von São Paulo und ehemaliger Leiter der Kongregation für den Klerus; Erwin Kräutler, emeritierter Bischof von Xingu; dem Erzbischof von Manaus, Leonardo Steiner, und dem Bischof von Roraima, Mário Antônio da Silva, dem derzeitigen Vizepräsidenten der Brasilianischen Bischofskonferenz.



Plattform Belo Monte, 2.8.2020
Deutsche Fassung des gesamten Briefs der 152 Bischöfe "An das Volk Gottes"


Blickpunkt Lateinamerika, 30.07.2020
Brasilien: Brief der Bischöfe offenbart Spaltung innerhalb der Kirche
In Brasilien positionieren sich Medienberichten zufolge weitere Bischöfe gegen Präsident Bolsonaro und seinen Umgang mit der aktuellen Krise. Einig sind sich die Kirchenvertreter jedoch offenbar nicht. Die Bischofskonferenz gilt als gespalten in einen progressiven und einen konservativen Flügel.


Domradio.de, 29.7.2020

Brasilianische Bischöfe positionieren sich gegen Bolsonaro
Protestschreiben sorgt weiter für Unruhe
​In Brasilien positionieren sich Medienberichten zufolge weitere Bischöfe gegen Präsident Bolsonaro und seinen Umgang mit der aktuellen Krise. Einig sind sich die Kirchenvertreter im Land jedoch offenbar nicht.


Blickpunkt Lateinamerika, 27.07.2020
Brasilien:
152 Bischöfe erheben Vorwürfe gegen die Regierung Bolsonaro
Eine Gruppe aus 152 Bischöfen, Erzbischöfen und emeritierten Bischöfen aus Brasilien wirft Medienberichten zufolge Präsident Jair Messias Bolsonaro und seiner Regierung Unfähigkeit angesichts der aktuellen Krisenlage vor.
Der als "Brief an das Volk Gottes" (Carta ao Povo de Deus) betitelte Text (veröffentlicht im Blog von Journalist Moisés Mendes) bezeichnet die aktuelle Krise als "perfekten Sturm", für den zum großen Teil Bolsonaro verantwortlich sei.
Die Kritik der Kirchenvertreter sollte ursprünglich am vergangenen Mittwoch von der Bischofskonferenz veröffentlicht werden, wurde von dieser jedoch angeblich zur inhaltlichen Analyse zurückgehalten. Am Samstag veröffentlichte eine Journalistin der Zeitung "Folha de S. Paulo" den Inhalt des Briefes.


Religion.orf.at, 27.7.2020
Brasilien: 152 Bischöfe klagen Bolsonaros Politik an
Brasilien erlebe wegen der Pandemie und der schweren Wirtschaftskrise mit ihren sozialen Folgen einen der schwierigsten Momente seiner Geschichte, heißt es in dem unter anderem von Kardinal Claudio Hummes (85) und dem aus Vorarlberg stammenden emeritierten Amazonas-Bischof Erwin Kräutler unterzeichneten Brief.


Brasil de Fato, 27 de Julho de 2020
Em "Carta ao Povo de Deus", 152 bispos criticam "incapacidade" de Jair Bolsonaro
O documento é assinado pela ala progressista da Conferência Nacional dos Bispos do Brasil (CNBB)

Carlos Lima, 27.7.2020
Em “Carta ao Povo de Deus”, 152 bispos criticam “incapacidade” de Jair Bolsonaro

O Globo, 27.7.2020
Bispos da CNBB assinam carta contra governo Bolsonaro: 'Desprezo pela educação, cultura e saúde nos estarrece'
Documento ainda seria analisado por conselho da Conferência Nacional, mas acabou vazado neste domingo (26). Palácio do Planalto disse que não vai comentar caso.

Brasil 247, 27.7.2020
Carta ao Povo de Deus: uma sinuca para a CNBB
Colunista Marcelo Auler repercute a carta de 152 bispos contra Jair Bolsonaro, mas faz um alerta: segundo cálculo de um religioso para o seu blog, "de 10 a 20% dos bispos e uma proporção maior (talvez 35%) dos padres católicos brasileiros não só apoiam Bolsonaro como apoiam o governo atual e defendem mesmo o ódio, a intolerância e a violência"
A divulgação, na tarde de domingo (26/07), pela coluna de Mônica Bergamo, na Folha de S.Paulo, da Carta ao Povo de Deus, endossada por 152 bispos – entre os quais o cardeal-arcebispo emérito de São Paulo, dom Claudio Hummes; o bispo emérito de Blumenau (SC), dom Angélico Sandalo Bernardino; o arcebispo de Feira de Santana (BA), dom Zanoni Demettino Castro; o bispo de São Gabriel da Cachoeira (AM), dom Edson Taschetto Damian; o arcebispo de Belém (PA), dom Alberto Taveira Corrêa; o bispo prelado emérito do Xingu (PA), dom Erwin Krautler; o bispo auxiliar de Belo Horizonte (MG), dom Joaquim Giovani Mol; e o arcebispo de Manaus (AM) e ex-secretário-geral da CNBB dom Leonardi Ulrich – coloca a cúpula da Conferência Nacional dos Bispos do Brasil (CNBB) em uma sinuca de bico.

Diario do Centro do Mundo, 28 de julho de 2020
“Bolsonaro tem as características do Anticristo”, diz Leonardo Boff

Facebook do CLASP Conselho de Leigos da Arquidiocese de São Paulo do 30 de julho de 2020
Apoio aos bispos que subscrevem a “Carta ao Povo de Deus”
Cristãos leigos e leigas, homens e mulheres de boa vontade, manifestam apoio aos bispos que subscrevem a “Carta ao Povo de Deus”, referente à necropolítica do atual governo federal.
(pedimos que os leigos e leigas apoiadores assinem essa manifestação de apoio e compartilhem com seus contatos, redes e grupos)
Assine sua adesão de apoio

BBC-Brasil, 30/07/2020
Carta de mil padres com críticas a Bolsonaro esquenta racha político na Igreja Católica
Mil e cinquenta e oito padres brasileiros assinaram um manifesto, divulgado na tarde de hoje, em apoio a uma carta de 152 bispos da Igreja Católica com duras críticas ao governo do presidente Jair Bolsonaro (sem partido), tornada pública no fim de semana.

O Vale, 1.8.2020
Padres do Vale assinam carta em apoio a bispos que criticaram Bolsonaro
No documento, os religiosos dizem que o governo federal demonstra "omissão, apatia e rechaço pelos mais pobres", além de "incapacidade para enfrentar crises"
O documento é assinado por religiosos próximos do papa Francisco, como dom Claudio Hummes (arcebispo emérito de São Paulo), dom Angélico Sândalo Bernardino (bispo emérito de Blumenau), dom Erwin Krautler (bispo prelado emérito do Xingu) e dom Leonardo Ulrich Steiner arcebispo de Manaus e ex-secretário-geral da CNBB (Confederação Nacional dos Bispos do Brasil).