Dienstag, 11. März 2014

Bischof Kräutler reagiert empört auf Aussage von Andritz-Chef zu Belo Monte

Kathpress, 10.03.2014
Belo Monte: Bischof Kräutler wirft Andritz-Chef "Zynismus" vor
Austro-brasilianischer Bischof von Xingu äußert sich empört über "beleidigende Unterstellung", Kritiker des Staudamm-Projekts in Amazonien wollten ihr Land als "Museum" erhalten

(KAP) "Das ist blanker Zynismus": Mit scharfer Kritik hat der Bischof von Xingu, Erwin Kräutler, auf jüngste Äußerungen von Andritz-Chef Wolfgang Leitner über das Belo-Monte-Staudammprojekt und den Widerstand dagegen reagiert. "Das Argument, dass wir Brasilien als Museum erhalten wollen, ist eine ausgesprochen primitive und sogar beleidigende, infame Unterstellung", erklärte der austro-brasilianische Bischof, der seit langem Partei für die indigene Bevölkerung und gegen den umstrittenen Mega-Bau in Amazonien ergreift. Leitners Aussagen seien "ein weiterer sarkastischer Affront gegen die Menschen, die von Belo Monte direkt betroffen sind", heißt es in einem von der Initiative "Solidarregion Weiz" - selbst Kritikerin des Staudammbaus - am Montag veröffentlichten Statement Kräutlers.

Der Vorstandsvorsitzende der Andritz AG hatte in einem "Kleine Zeitung"-Interview am 28. Februar auf die Kritik reagiert, der Staudamm am Xingu, einem Nebenfluss des Amazonas, zerstöre die Lebensgrundlage vieler Einheimischer: "Jedes Land, jede Region soll entscheiden, wie sie leben will", so Leitner. Man müsse "vorsichtig sein mit dem Wunsch, ich will, dass Du Museum bleibst." Auch in Österreich würde man sich dagegen wehren, wenn in Brüssel der Alpenregion Fremdenverkehr vorgeschrieben und Industrie verboten würde. Hierzulande sei durch eine hoch entwickelte Infrastruktur der Lärmpegel zwar stark gestiegen, aber "wir haben damit zu leben gelernt".

Zuletzt war auch aus der Steiermark Solidarität mit Bischof Kräutlers Widerstand gegen die Zwangsumsiedlungen im Zuge des gigantischen Staudamms laut geworden: Die "Solidarregion Weiz", wie auch die "Weizer Pfingstvision" und die politisch-spirituelle Bewegung "Way of Hope" aus kirchlichen Bewegungen hervorgegangen, hatte sich zu Beginn des Jahres gemeinsam mit Kräutler in zwei Briefen an "Andritz"-Chef Wolfgang Leitner gewandt und - bisher umsonst - um einen Gesprächstermin ersucht, um auf gravierende Missstände hinzuweisen.

"Mitverantwortung" für Zwangsumgesiedelte

Die "Andritz Hydro", eine Tochter der "Andritz AG", ist eines von drei Unternehmen, die Generatoren für Belo Monte liefern. Konzernvertreter waren laut Bischof Kräutler bisher nicht bereit, sich in dem von den Flutungen betroffenen Gebiet ein Bild vor Ort zu machen. Über drei Talsperren soll der Xingu zu zwei Stauseen mit einer Fläche von zusammen etwa 516 Quadratkilometer (etwa die Größe des Bodensees) aufgestaut werden, was nach Angaben von Kritikern zu 40.000 Zwangsumsiedelungen in teilweise an Legebatterien erinnernde Behausungen führt.

Laut Fery Berger, in der "Solidarregion Weiz" engagierter Theologe, hat Andritz-Chef Leitner bisher auch jeden Kontakt zu den Kritikern in der Steiermark verweigert und auf entsprechende Gesprächseinladungen nicht reagiert. Berger sieht eine "soziale Mitverantwortung" des Konzerns für die Zwangsumgesiedelten und im Staudammprojekt ein unrühmliches Beispiel für das, wozu Papst Franziskus "diese Wirtschaft tötet" ("Evangelii gaudium") gesagt hatte.


Leitner-Interview in der Kleinen Zeitung, 28.2.2014
"Lage in Südamerika (Zellstoffprojekt in Uruguay) nur begrenzt unter Kontrolle"
Wie stehen Sie zur teilweise sehr heftigen Kritik an Projekten wie etwa in Brasilien?

LEITNER: Jedes Land, jede Region soll entscheiden, wie sie leben will. Man muss vorsichtig sein mit dem Wunsch, ich will, dass Du Museum bleibst. Andere Länder haben ganz andere Vorstellungen, Möglichkeiten und Ziele als wir selbst. Wir würden uns auch wehren, wenn in Brüssel entschieden würde, die Alpen sind eine tolle Ferienregion, dort wollen wir keine Industrie, sollen die Leute halt im Fremdenverkehr arbeiten. Auf der Basis einer entwickelten Infrastruktur - ich denke da an die Donaukraftwerke, wenn man die erst heute bauen wollte, gäbe es sicher einen Aufschrei - wenn man das alles dann schon hat, kann man leicht diskutieren. Der Lärmpegel ist halt stark gestiegen und wir haben damit zu leben gelernt.