Dienstag, 1. April 2014

Bischof Erwin Kräutler wird Papst Franziskus über Zerstörung Amazoniens informieren


weltkirche.katholisches.de, 2.4.2014 (mit Video-Interview!)
Es ist ein Desaster
Der österreichische Amazonas-Bischof Erwin Kräutler wird gegen Ende der Woche Papst Franziskus über die Bedrohung der Indios und des Regenwaldes in Amazonien informieren. Wie die Tageszeitung „Salzburger Nachrichten“ (Dienstag) berichtet, will Kräutler dem Papst in einer Sonderaudienz vor allem die dramatischen Folgen des Megastaudamms Belo Monte aufzeigen.

Salzburger Nachrichten, 31.03.2014
Kräutler sucht beim Papst Hilfe für Amazonien
Sonderaudienz. Bischof Erwin Kräutler kämpft für die Indios und den Regenwald. Ende der Woche ist er exklusiv zur Audienz bei Franziskus in Rom.

Josef BRuckmoser ROM (SN). Sie werden nur ein Thema haben, aber das in aller Intensität. Ende dieser Woche wird der österreichisch-brasilianische Bischof Erwin Kräutler in einer exklusiven Audienz in Rom Papst Franziskus die Bedrohung der Indios und des Regenwaldes in Amazonien darlegen.

Der Papst hat bereits seit dem Weltjugendtag 2013 in Rio de Janeiro ein Auge auf Amazonien. Franziskus rief in einer Ansprache an die brasilianischen Bischöfe ausdrücklich zur Bewahrung der Schöpfung auf, „die Gott dem Menschen anvertraut hat, nicht damit er sie ungezügelt ausbeutet, sondern damit er sie zum Garten Gottes macht“. Derzeit bereitet der Papst ein Schreiben über Ökologie und Klimaschutz vor.

Bischof Kräutler will Papst Franziskus die dramatischen Folgen des Kraftwerks Belo Monte aufzeigen. Der Staudamm wird eine große Schleife des Xingu trockenlegen. Gleichzeitig wird der Stausee dieses drittgrößten Wasserkraftwerks der Welt ein Drittel der Provinz- und Bischofsstadt Altamira überfluten. Bis zu 40.000 Bewohner der flussnahen Zone verlieren ihre Häuser. Einem Großteil wird auch die Lebensgrundlage als Fischer entzogen.

Die Ersatzquartiere für die rund 8000 betroffenen Familien sind als dicht verbaute Reihenhaussiedlungen angelegt. Für die Fertigteilhäuser mit neun Zentimeter dünnen Betonmauern gibt die Kraftwerksgesellschaft nur fünf Jahre Garantie – wissend, dass die hohe Luftfeuchtigkeit den Beton im Gegensatz zu den ortsüblichen Baumaterialien Holz oder Ziegel bald angreifen wird.

„Dieser ganze Eingriff in die Natur und in die Lebensgrundlagen Zehntausender Menschen ist umweltpolitisch, sozialpolitisch und rechtlich ein Desaster“, sagt Bischof Erwin Kräutler. „Die brasilianischen Umweltbehörden haben Dutzende Prozesse gegen dieses Kraftwerk angestrengt und die meisten auch in der ersten Instanz gewonnen. Aber der Oberste Gerichtshof in Brasilia hat alle diese Verfahren niedergeschlagen.“

Das Kraftwerk Belo Monte, für das die österreichische Firma Andritz die Turbinen liefert, ist derzeit das schlagendste Beispiel für den Widerspruch zwischen Klimaschutz und globalen Wirtschaftsinteressen. „Beinahe 20 Prozent des Regenwaldes in Amazonien sind bereits durch Brandrodung, landwirtschaftliche Nutzung und Wasserkraftwerke zerstört“, sagt Kräutler. „Nach Ansicht namhafter Wissenschafter in Brasilien ist damit der Punkt erreicht, an dem das Ökosystem Regenwald kippen kann.“

Ein Ende ist nicht abzusehen. Die Präfektur des Bundesstaates Para hat an der Transamazônica unweit der Bischofsstadt Altamira ein vielsagendes Denkmal errichtet. Auf der Tafel steht „Wir betreiben die Konquista und die Kolonisation dieser grünen Erde“.

Als Europäer traut man seinen Augen nicht. Denn mehr als 500 Jahre nachdem mit Kolumbus die Unterwerfung Amerikas begonnen hat, gelten „Konquista“ und „Kolonisation“ in europäischen Geschichtsbüchern als gewaltsamer Prozess der Unterdrückung und Ausbeutung. Das Schwellenland Brasilien sieht dagegen in der Unterwerfung „der grünen Erde“ ein Wirtschaftsprojekt.

Der WWF (World Wide Fund for Nature) erhebt dagegen seit Jahren seine warnende Stimme. „Der Amazonas und seine Nebenflüsse sind eine wichtige Klimaanlage für den gesamten Planeten. Wenn der Regenwald stirbt, hat dies verheerende Auswirkungen nicht nur in Südamerika, sondern auf die Erde insgesamt.“

In Brasilien gehen die wirtschaftlichen Eliten mit allen Mitteln vor, wenn sich jemand ihrer „Konquista“ in den Weg stellt. Erwin Kräutler selbst wurde im Juni 1983 bei einer Protestaktion auf der Transamazônica von der Militärpolizei festgenommen und niedergeschlagen. Im Oktober 1987 hat der Bischof schwer verletzt einen inszenierten „Autounfall“ überlebt. Sein Beifahrer ist gestorben. Als ein Hintermann dieses offensichtlichen Mordanschlags den Leichnam von Kräutlers Mitbruder sah, sagte er: „Sie haben den Falschen erwischt.“


Die Presse, 1.4.2014
Papst: Sonderaudienz für Bischof Kräutler
Der in Brasilien lebende österreichische Bischof Erwin Kräutler wird noch in dieser Woche mit Franziskus zusammentreffen. Thema der päpstlichen Sonderaudienz: der bedrohte Amazonas-Regenwald und der Mega-Staudamm für das Kraftwerk Belo Monte.