Sonntag, 4. Mai 2014

Bischof Kräutler: „Da läuten bei mir die Alarmglocken“

Dom Erwin Kräutler bei der derzeitigen 52. Vollversammlung der brasilianischen Bischofskonferenz  in Aparecida
Radio Vatikan, 3.5.2014
Kräutler: „Da läuten bei mir die Alarmglocken“
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Amazonas-Bischof Erwin Kräutler schlägt Alarm: In seinem Bistum am Xingu-Fluss sind aus seiner Sicht ganze Indianer-Völker vom Aussterben bedroht. Geschäftsleute rissen sich mit Unterstützung aus der Hauptstadt Brasilia den Lebensraum der Indianer unter den Nagel, so der aus Österreich stammende Missionsbischof. In Aparecida hielt Kräutler ein Referat zur Lage der Indianer bei der derzeitigen 52. Vollversammlung der brasilianischen Bischofskonferenz. Unserem Korrespondenten dort sagte er hinterher:

„Wir können nicht untätig zuschauen, wenn Menschen zwischen Leben und Tod sind - das ist eine Aufgabe der Kirche! Unsere indigenen Völker hier sind tatsächlich heute in einer Situation, die wir uns vor drei oder vier Jahren noch nicht vorgestellt haben. Wir haben 1987 sehr darum gekämpft, dass Indianerrechte in die Verfassung kommen, und das ist uns - zusammen mit den indigenen Völkern - gelungen. Wir haben alles getan, um die Abgeordneten an ihre Verantwortung zu erinnern, dass die Rechte der indigenen Völker in die Verfassung gehören.“

Jetzt aber sei das Erreichte gefährdet: Der Wind habe sich gedreht, so Bischof Kräutler. Unter dem Schlagwort PEC 215 sei eine Verfassungsänderung im Gang, um Demaskierungen zu verhindern.

„Es gibt echte anti-indigene Kampagnen in Basilien, insbesondere durch die Vertreter des Agrar-Business. Die sind sehr stark im Kongress in Brasilia vertreten und wollen jetzt an diesen Verfassungsbestimmungen rütteln. Da läuten bei mir die Alarmglocken! Wenn an diesen Bestimmungen gerüttelt wird, ist das mittel- und teilweise sogar kurzfristig der Tod der indigenen Völker. Es geht um die Abgrenzung, die Demarkierung der indigenen Gebiete. In der Verfassung von 1988 heißt es in Artikel 67 der vorläufigen Bestimmungen, dass die Regierung den Auftrag alle indigenen Gebiete innerhalb von fünf Jahren als solche erklären und demarkieren sollte. Nicht einmal die Hälfte davon ist tatsächlich durchgeführt worden!“

Wo aber Indianergebiete nicht verlässlich demarkiert sind, da können Geschäftsleute ihr Unwesen treiben. Zum Schaden der Indigenen, deren Zahl Bischof Kräutler mit „fast fast 900.000 Menschen“ angibt.

„Im Vergleich zur Gesamtbevölkerung ist das natürlich eine verschwindende Minderheit, aber wenn man sich überlegt: Diese 896.000 Indigenen machen 305 verschiedene Völker aus, die es in Brasilien gibt - mit heute noch 274 verschiedenen Sprachen! Das ist meines Erachtens ein Reichtum für Brasilien. Man kann nicht so tun, als ob die indigenen Völker ein Hemmschuh für den Fortschritt oder die Entwicklung wären - im Gegenteil, sie sind ein Reichtum. Und als solcher sollten sie auch verstanden werden.“

Von der „tausendjährigen Erfahrung der Indigenen in ihrem Lebensraum“ könne die ganze Gesellschaft Brasiliens viel lernen, glaubt der vielfach preisgekrönte und vielfach bedrohte Bischof vom Xingu-Fluss.

„Wir haben 16 Prozesse am Hals, weil wir die Verfassung verteidigen“

„Aber wenn man die Entwicklung nur als wirtschaftliches Wachstum versteht, als Rekordernte oder als Steigen des Bruttonationalprodukts, dann sitzen wir natürlich auf der falschen Seite. Für die indigenen Völker sind Entwicklung und Fortschritt immer noch: eine bessere Lebensqualität. In jeder Hinsicht. Sie sprechen vom guten Leben - das bedeutet Leben in Harmonie mit der Natur und den Mitmenschen, auch mit dem, was sie als Transzendenz erfahren und verstehen.“

Er habe den Bischöfen gesagt, dass auch die Kirche in dieser Hinsicht viel von den Indigenen lernen könne. Weil sich die Kirche am Amazonas entschlossen auf die Seite der Indianer stelle, werde sie „kriminalisiert“, ja richtiggehend „verfolgt“, so Bischof Kräutler.

„Wir haben 16 Prozesse von Großgrundbesitzern am Hals, weil wir gesagt haben: Die Indianer haben recht. Wir verteidigen die Verfassung gegen Leute, die von der Verfassung nichts hören wollen. Deswegen werden wir verfolgt! Wir werden heute gerade deswegen verfolgt, weil wir die brasilianische Verfassung verteidigen gegen alle diese Machenschafen und Agressionen von seiten der Großgrundbesitzer... oder durch Leute, die nicht satt werden können und über Leichen gehen, damit sie von heute auf morgen steinreich werden.“


Kathpress, 03.05.2014
Kräutler warnt: Verfassungsrechte der Indios in Gefahr
Austro-brasilianischer Bischof kritisiert Zögern des Staates bei der Absicherung der Lebensräume der indigenen Bevölkerung


CNBB, 02 Maio 2014
Demarcação de terras indígenas é cumprimento da Constituição, diz dom Erwin Krautler
“A situação indígena é uma questão crucial no Brasil”. Desta forma, o bispo de Xingu (PA) e presidente do Conselho Indigenista Missionário (Cimi), dom Erwin Krautler, apresentou o assunto aos participantes da 52ª Assembleia Geral dos Bispos do Brasil, na tarde desta sexta-feira, 2 de maio, em Aparecida (SP). Antes, na coletiva de imprensa, o bispo conversou com os jornalistas sobre o assunto.

Pronunciamento de Dom Erwin Kräutler >>

IHU, 22.5.2014
Faltam interesse e vontade política de assumir a questão indígena, diz dom Erwin Krautler
Bispo do Xingu, na Amazônia, desde 1981, e em seu segundo mandato como presidente do Conselho Indigenista Missionário (Cimi), dom Erwin Krautler acredita que os povos indígenas não têm o que comemorar no Dia do Índio. Para ele, a situação desses povos tradicionais piorou nos últimos anos, tanto pela demora na demarcação de terras indígenas, o que favorece os conflitos fundiários e a violência, quanto pela falta de atenção governamental a direitos como saúde e educação.