Religon.orf.at, 17.6.2019
Amazonien-Synode: Papst stellt Zölibat nicht in Frage
Bei der Präsentation des Arbeitspapiers für die Amazonien-Synode am Montag im Vatikan betonte der Untersekretär der Bischofssynode, Fabio Fabene, Papst Franziskus habe eine allgemeine Aufhebung der Zölibatspflicht ausgeschlossen.
Laut Arbeitspapier soll es bei der Synode im Herbst auch um die Frage der Priesterweihe für verheiratete Männer ( „Viri probati“) und um neue Ämter für Frauen gehen. Das Synodensekretariat habe mit der Forderung nach „Viri probati“ lediglich ein Anliegen aufgenommen, das Befragte bei der Vorbereitung der Synode genannt hatten. Das Fehlen von Eucharistiefeiern wegen des Priestermangels werde vielerorts als „Notstand“ empfunden, dennoch gelte: „Niemand will den Zölibat infrage stellen“, so Fabene.
Ausnahmeregelung für Amazonien
An dem Treffen in Rom nehmen vom 6. bis 27. Oktober Kirchenvertreter aus den betreffenden Ländern wie Brasilien, Bolivien, Venezuela und Peru teil, ebenso jedoch auch Bischöfe aus der ganzen Welt sowie Ordensdelegierte, Laienvertreter und Fachleute. Die Versammlung steht unter dem Thema „Amazonien - neue Wege für die Kirche und eine ganzheitliche Ökologie“. Die Ergebnisse der Synode sind nicht bindend, dienen aber dem Papst als Basis für weitere Entscheidungen.
Das im Original auf Spanisch verfasste Arbeitspapier („Instrumentum Laboris“) geht unter dem Schlagwort einer „ganzheitlichen Ökologie“ auf ökologische und soziale Probleme in der Amazonasregion ein. Genannt werden neben Raubbau und der Bedrohung indigener Völker auch Migration, Urbanisierung, gesellschaftlicher Wandel und Korruption sowie Gesundheit, Bildung und eine „ökologische Bekehrung“. Einen Schwerpunkt bilden die Umweltzerstörung in der arten- und rohstoffreichen Amazonasregion sowie der Schutz der Rechte von Indigenen.
Bewährte Männer weihen
Weiter thematisiert das 45-seitige Dokument Herausforderungen der Kirche etwa im Umgang mit Ungerechtigkeit und kultureller Vielfalt, aber auch der seelsorglichen Betreuung in dem riesigen und schwer zugänglichen Regenwaldgebiet. In dem Zusammenhang heißt es, die Synode solle die Möglichkeit prüfen, in entlegenen Gegenden ältere und angesehene Familienväter („Viri probati“) zur Priesterweihe zuzulassen, um eine sakramentale Versorgung zu gewährleisten.
Katholische Bischöfe mit gefalteten Händen
„Zentrale Rolle“ von Frauen
Auch wird die Diskussion über einen amtlichen Dienst von Frauen in der Kirche vorgeschlagen; dabei verweist das Papier auf deren „zentrale Rolle“. Statt jedoch bereits Lösungsvorschläge zu liefern, werden gemäß des Stils eines Arbeitsdokuments Fragestellungen für die Synode aufgezeigt.
Zur Diskussion über einen amtlichen Dienst von Frauen in der Kirche Amazoniens sagte der Untersekretär, hier werde nicht vom Diakonat der Frau gesprochen. In dieser Frage verlange der Papst noch weitere Klärung. Gleichzeitig unterstrich Fabene, die Kirche müsse „neue Antworten für neue Situationen“ finden. Es handle sich dabei um eine Sondersynode für die Region Amazonien; die dort gefundenen Lösungen könnten nicht für die ganze katholische Welt gelten.
Indigene Völker im Fokus
Im Arbeitspapier wird betont, die Kirche müsse eine „prophetische Rolle“ in der Auseinandersetzung mit Macht und Menschenrechten einnehmen. Allein in Brasilien seien zwischen 2002 und 2017 nach einer kirchlichen Statistik 1.119 Indigene bei der Verteidigung ihrer Rechte ums Leben gekommen. Die Kirche könne demgegenüber nicht gleichgültig bleiben.
Oftmals verweist das Dokument auf Aussagen von Papst Franziskus in seinen Schreiben „Evangeli Gaudium“ und „Laudato Si“, wenn etwa eine „Kirche mit dem Antlitz Amazoniens“ gefordert wird, die eine „aufdrängende monokulturelle, klerikale und koloniale Tradition“ ablehnen müsse und die verschiedenen kulturellen Ausdrucksweisen der Völker unterscheide. Von europäisch und paternalistisch geprägten Vorstellungen über Amazonien und seine Menschen gelte es sich zu verabschieden zugunsten der Perspektive lokaler Kulturen wie besonders der indigenen Völker und der Nachfahren der afrikanischen Sklaven Lateinamerikas. Deren Sicht auf die Welt sei wie auch die christliche Sicht in einer Krise.
Mehr als 85.000 Menschen an Dokument beteiligt
Dem Arbeitspapier war bereits ein langer Vorbereitungsprozess vorausgegangen, an dem sich mehr als 85.000 Menschen vor allem aus dem Amazonasgebiet per Fragebogen beteiligt hatten, zudem gab es Vorbereitungstreffen in Rom und vor Ort.
Die Synode solle den Stimmen Amazoniens Raum geben, heißt es im Dokument. „Neue Antworten“ seien angesichts derer existentiellen Nöten nötig, was durchaus auch für die Kirche und die Welt neue Wege bedeuten könnten, wird in der abschließenden festgehalten. Sichtbar werden solle bei der Bischofs-Versammlung im Oktober die „Synodalität einer Kirche im Aufbruch“ - mit dem Ziel, besonders den Armen ein „Leben in Fülle“ zu ermöglichen.
„Amazonien“ statt „Amazonas“
Weiters stellt das Arbeitsdokument auch klar, dass die korrekte Bezeichnung der Synode vom 6. bis 27. Oktober „Amazonien-Synode“ (nicht etwa „Amazonas-Synode“) lautet: Worum es gehe, sei das riesige Gebiet Amazonien, dessen 7,5 Millionen Quadratkilometern weit mehr als nur den Amazonasfluss umfasst.
Zur Region zählen Teile von neun Ländern, darunter Brasilien, Bolivien, Kolumbien, Ecuador, Guyana, Peru, Surinam, Venezuela sowie Französisch-Guayana. Rund drei Millionen Menschen aus rund 390 Völkern und Nationalitäten leben hier, einzelne davon ohne jeden Kontakt zu anderen Zivilisationen. Amazonien beherbergt zudem 30 bis 50 Prozent der weltweiten Flora und Fauna sowie 20 Prozent der nicht im Eis eingefrorenen Süßwasserreserven.
Da ein Drittel der globalen Urwaldbestände hier stehen, gilt die Region als die „grüne Lunge der Erde“. Das ökologische Gleichgewicht der Region wurde in der jüngeren Vergangenheit durch Landwirtschaft und Rohstoffabbau massiv bedroht. Wissenschaftler warnen vor irreversiblen Folgen für Umwelt und Klima, sollte sich dieser Trend fortsetzen.
Religion.orf.at, 14.5.2019
Kardinal erwartet Widerstand gegen Amazonas-Synode
Der brasilianische Kardinal Claudio Hummes hat ständige Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörung im Amazonasgebiet beklagt. Er erwartet zudem Widerstände gegen die Amazonas-Synode im Herbst.