Donnerstag, 27. Mai 2010

Indios besetzen die nationale Indio-Behörde in Brasília


Am Mittwoch (26.5.) besetzten ca. 300 Indios aus 23 Ethnien den Sitz der nationalen Indio-Stiftung (FUNAI) in Brasília und protestierten gegen die Neuordnung der Funai, die von Präsident Lula im Dezember 2009 unterzeichnet worden war. Sie sieht die Auflösung der Regionalstellen sowie die Einstellung der Betreuung der Indiosiedlungen vor.

Die Indios forderten zum wiederholten Mal den Rücktritt von Funai-Präsident Márcio Meira. Symbolisch wurde Araão Araújo Filho zum neuen Funai-Präsidenten ernannt. Meira war nicht anwesend, er verweigert seit langem den Dialog mit den Indios. Der Protest verlief friedlich, das Gebäude war von Sicherheitskräften umstellt.


Außerdem wollen die Indios anstelle des Nationalen Rates für indigene Politik (CNPI) einen Nationalen Rat für indigene Rechte (CNDI), der von Indios verschiedener Ethnien verwaltet werden soll.

Gegen 16:30 Uhr verließen sie wieder das Lokal, sangen davor die Nationalhymne und machten die Cafurna-Zeremonie zur Ernennung von Araão Araújo Filho zum symbolischen Funai-Präsidenten. Er gehört dem Stamm der Gajajara in Maranhão an und arbeitet in Rio de Janeiro als Rechtsanwalt bei der Menschenrechtskommission der Rechtsanwaltskammer OAB. Morgen will er den Beschluß zu seiner Wahl im Justizministerium einreichen, das über die Rechtmäßigkeit der Zeremonie zu entscheiden hat. „Wir gehen friedlich vor. Wir wollen die Getzmäßigkeit nicht verletzen. Wir wollen nur die Rechte der Indios schützen“, sagte der durch die Indios ernannte Präsident.

Seit Jänner sind ca. 500 Indios in Brasília, der Großteil campiert vor dem Justizministerium. Sie protestieren gegen das Dekret 7.056, das am 28.12.2009 in Kraft getreten ist und die Rechte der Indios stark einschränkt.

Globo-Video, 26.5.2010
Índios ocupam sede da Funai, em Brasília

Yahoo
Índios tomam Funai e só sairão quando presidente deixar o cargo


Diario do Grande ABC
Índios invadem sede da Funai em Brasília

Gazetaonline, 26.5.2010
Índios invadem sede da Funai e nomeiam 'presidente simbólico'

Freitag, 21. Mai 2010

Trotz intensiver Bemühungen kommt das Siegerkonsortium für Belo Monte kaum weiter

Die Nationale Agentur für elektrische Energie (Aneel) bestätigte gestern (20.5.) die Befähigung (habilitação) des Siegerkonsortium Norte Energia für das Wasserkraftwerk Belo Monte. Dies bedeutet, dass alle Subunternehmen der Gruppe die finanziellen Voraussetzungen für das Projekt mitbringen, was auch vom Generaldirektor von Aneel, Nelson Hubner, bestätigt wurde.

Vorausgegangen war eine Umschichtung im staatlichen Sektor von Norte Energia. Chesf konnte von seinem Riesenanteil von 49,98 % schließlich nur 15 % halten und musste 15 % an Elektrobrás, seine Kontrollinstanz, sowie 19,98 % an Elektronorte, das nun die meisten Anteile am Konsortium hat, abgeben. Elektrobás erhielt für die Beteiligung von der Regierung allerdings mehr Befugnisse.

Mit dieser Berechtigung kann das Konsortium neue strategische Partner aufnehmen. Insiderkreisen zufolge würden die Bergbauunternehmen Vale und Votorantim Interesse zeigen; beide waren mit Andrade Gutierrez Mitglieder des Verlierer-Konsortiums Belo Monte Energie. Darüber hinaus wird um die Beteiligung der Bauherren Odebrecht und Camargo Correa geworben, die sich wegen der von der Regeirung vorgegebenen unrealistischen Zahlen für die Baukosten nicht an der Auktion beteiligt hatten.

Trotz monatelanger intensiver Bemühungen seitens der Regierung ist die Zurückhaltung des privaten Sektors bezüglich Belo Monte auffallend. Dem Projekt dürfte das nötige Geld fehlen. Unklar ist nach wie vor die Beteiligung der Pensionskassen am Konsortium – ohne ihr Geld wird der Bau des drittgrößten Staudamm der Welt nicht möglich sein.

Nelson Hubner kündete als nächsten Schritt zur Umsetzung von Belo Monte die Inkraftsetzung (homologação) des Konsortiums Norte Energia an, geplant für den 1. Juli. Danach haben die Unternehmen laut Ausschreibung eine Frist von 30 Tage, um die Garantien zu hinterlegen. Sollte die Auffanggesellschaft (Sociedade de Propósito Específico - SPE) rasch gebildet werden, könnte die Vertragsunterzeichnung für den Baubeginn, die für 21. September vorgesehen ist, sogar schon im August erfolgen.

Dagegen sprechen allerdings Meldungen über den Rückgang der Staatseinnahmen in ersten Quartal. Im Bericht an den Kongress vom 20.5. gab das Finanzministerium einen Rückgang der Einnahmen um R$ 9,39 Mrd auf nunmehr R$ 637,149 Mrd (ca. € 278 Mrd) bekannt.

FolhaOnline, 21.05.2010
Aneel confirma consórcio vencedor de Belo Monte

Estadão, 21.5.2010
Aneel habilita sócios do consórcio vencedor de Belo Monte

Estadão, 20.5.2010
Planejamento confirma corte de R$ 10 bi no Orçamento

Verurteilter Auftragsgeber im Mordfall Dorothy Stang auf freiem Fuß

Pressemitteilung der Kommission der Landpastoral (CPT), 19.5.2010

Justizurteil: eine weitere Schande!

Die Kommission der Landpastoral (CPT) hält derzeit ihren dritten Nationalkongress in Montes Claros, Minas Gerais, ab, an dem mehr als 800 Delegierte aus ganz Brasilien teilnehmen. An jenem Tag, als wir der Märtyrer von Landkonflikten mit einer Prozession durch die Straßen dieser einladenden Stadt gedachten, erreichte uns die Nachricht von der Freilassung von Regivaldo Pereira Galvão. Über diesen Akt der "Gerechtigkeit" in Pará bringen wir unsere tiefste Empörung zum Ausdruck.

Regivaldo wurde am 1. Mai 2010 als einer der Auftragsgeber zur Ermordung von Schwester Dorothy Stang zu 30 Jahren Gefängnis verurteilt. Im Urteil wird eine Strafe auf Bewährung ausdrücklich abgelehnt. Es ist unfassbar, dass 18 Tage nach seiner Verurteilung eine gerichtliche Anordnung der Richterin Maria de Nazaré Gouveia Silva dos Santos vom Gerichtshof des Bundesstaates Pará erfolgt, die ihm Habeas-Corpus gewährt und ihn frei lässt.

Regivaldo wurde als letzter von fünf Angeklagten im Mordfall Dorothy Stang verurteilt, fünf Jahre nach der Tat am 12.2.2005. Er hatte alle rechtlichen Mittel genutzt, um den Prozesses immer wieder zu verzögern. Mit seiner Verurteilung glaubten wir, dass Gerechtigkeit doch gesiegt hätte. Aber nun ist der Kriminelle wieder auf freiem Fuß.

Wieder einmal wird bestätigt, was sowohl die CPT als auch andere Menschenrechtsorganisationen beklagen: Gefängnisse sind ausschließlich für die Armen gemacht. Wer über die nötigen finanziellen Ressourcen verfügt, hat die "Vorteile des Gesetzes", während die Armen, ohne formelle Anklage inhaftiert, jahrelang in Untersuchungshaft bleiben! Straflosigkeit trägt zum Anwachsen der Gewalt bei!

Am 29. April dieses Jahres überreichte die CPT dem Justizminister eine Liste mit 1.546 ermordeten Arbeitern, die bei 1.162 Vorfällen von Landkonflikten während der letzten 25 Jahren (1985 – 2009) getötet wurden. Nur 88 Fälle davon kamen vor Gericht und nur 69 Täter und 20 Auftraggeber wurden verurteilt. Nur ein verurteilter Auftragsgeber ist momentan hinter Gittern: Vitlamiro Bastos de Moura, einer der verurteilten Verantwortlichen für den Mord an Schwester Dorothy. Regivaldo war bis gestern der zweite.

Das ist die Justiz, die in diesem Land herrscht! Wenn ein Fall wie der von Dorothy Stang, der national und international breite Aufmerksamkeit erfuhr, so behandelt wird, ist es nicht verwunderlich, dass die meisten Fälle nicht einmal die geringste Aufmerksamkeit erhalten.

Schon der Prophet Jesaja sagte:
"Darum bleibt das Recht von uns fern, die Gerechtigkeit erreicht uns nicht. Wir hoffen auf Licht, doch es bleibt finster; wir hoffen auf den Anbruch des Tages, doch wir gehen im Dunkeln." (Jesaja 59,9).

Die Teilnehmer des Dritten Nationalkongresses der CPT
Weiterführende Links:

Hintergrund: Plattform Belo Monte, 1.5.2010
Fazendeiro zu 30 Jahren nach Mord an Dorothy Stang verurteilt

Zenit, 21.5.2010
Trotz Anstiftung zum Mord an Schwester Dorothy Stang auf freiem Fuß
Korruption hebelt am Amazonas Rechtsstaat aus

Brasilianische Medien:
Folha Online, 19.5.2010
Missionárias temem violência após liberdade provisória a acusado por morte de Dorothy
Die Schwestern der Notre-Dame-Kongregation, zu der auch die ermordete Schwester Dorothy gehörte, befürchten wegen der Freilassung von Taradão Bedrohungen und Gewalt gegen ihre Gemeinschaft.

Folha Online, 19.5.2010
Justiça concede liberdade provisória a condenado por morte de Dorothy Stang

Globo Online, 19.5.2010
TJ do Pará concede liberdade a Regivaldo Galvão, condenado por morte de Dorothy Stang

Donnerstag, 20. Mai 2010

Indios protestieren in Brasília gegen die Neustrukturierung von FUNAI

O Globo, 19.5.2010

Indios fordern die Aufhebung des Dekrets 7056

Rund 150 Indios aus 12 ethnischen Gruppen versuchten am Mittwoch (19.4.) auf dem Planalto in Brasília, bis zum Abgeordnetenhaus vorzudringen, was von Sicherheitsleuten und der Polizei verhindert wurde. Im Tumult wurden einige Indios und Wachleute verletzt, Kleider zerrissen und sogar Brillen zerbrochen. Die Indios verlangten die Aufhebung des Dekrets 7056, die die Nationale Indiobehörde FUNAI zum Nachteil der Indios neu strukturiert und beklagten, von der Bundesregierung in dieser Angelegenheit nicht konsultiert worden zu sein.

Nach der Konfrontation gab es eine Sitzung im Saal der Kommission für Verfassung und Justiz, bei der die Indios einer Gruppe von Abgeordneten ihre Forderungen präsentierten. Sie sagten, dass Militärs in ihre Territorien einmarschieren und dass sie von der Bundesregierung weder angehört noch wahrgenommen werden, wenn es um politische Entscheidungen in ihrem Interesse geht.

Seit Jänner befinden sich an die 500 Indios in Brasília und bemühten sich bisher vergeblich um ein Treffen mit Márcio Meira, dem Präsidenten der FUNAI. „Es geht nicht, Präsident Meira wird sogar von der Nationalgarde gesichert“, sagte der Anwalt Arão Lopes vom Stamm der Arariboia.

Der Vorsitzenden des Hauses, Marco Maia (PT-RS), begrüßte die Abgeordneten sowie die indigenen Vertreter. Diese forderten von Maia die Aufhebung des Dekrets zur Restrukturierung der Funai, die Rücknahme der Schließung mehrerer Funai-Büros im ganzen Land sowie die Absetzung des Funai-Präsidenten Márcio Meira.

Die Indios beklagten, bei der Ausarbeitung des Erlasses von der Regierung nicht konsultiert worden zu sein. Sie hätten keine Möglichkeit, ihre Interessen kundzutun. Jocelio Xucuru, ein Vertreter aus Pernambuco, trat an Marco Maia als deklarierter „Krieger“ heran, verlangte eine rasche Lösungen der Probleme und drohte sogar: “Sollte es nicht bald zu Lösungen kommen, könnten die Masten von Starkstromleitungen umfallen und viele Städte würden ohne Licht sein. Dann werden die Weißen uns die Schuld geben.“

Video über den Protest auf O Globo, 19.5.2010
Grupo de índios é impedido de entrar na Câmara dos Deputados

Siehe auch unseren Post dazu vom 9.2.2010
Indios protestieren gegen FUNAI-Umstrukturierung

Weiterführend:
CIMI-Info 911, 29.4.2010
Indios wollen Aufhebung von Dekret 7.056/09

Mittwoch, 12. Mai 2010

Weltweit mussten bereits 80 Mio Menschen Staudämmen weichen

Sechsteiliger Artikel auf FOCUS, 12.5.2010

Belo Monte
Staudamm der Superlative
Zigtausende Menschen würden durch dieses Projekt ihre Heimat verlieren und noch mehr Tiere ihr Leben. Dennoch treibt die brasilianische Regierung den umstrittenen Dammbau Belo Monte voran.

Schäden werden in Kauf genommen
... Derzeit sind 45 000 Großstaudämme – also solche mit mehr als 15 Meter Höhe oder über drei Millionen Kubikmeter Speichervolumen – in Betrieb. Weitere 1700 befinden sich in Bau. Schätzungen der Internationalen Kommission für Staudämme (WCD) zufolge mussten in den letzten Jahrzehnten bis zu achtzig Millionen Menschen riesigen Stauseen weichen, meist ohne angemessene Entschädigung ...

Freitag, 7. Mai 2010

Raoni trifft Chirac wegen Belo Monte

BBC-Brasil, 6.5.2010

Kazike Raoni vom Volk der Kayapó traf am Donnerstag (6.5.) in Paris den ehemaligen französischen Präsidenten Jacques Chirac und ersuchte ihn um Unterstützung zur Verhinderung des Wasserkraftwerks Belo Monte am Xingu-Fluss.

Chirac betreibt eine Umwelt-Stiftung mit Projekten zur Bekämpfung der Regenwaldrodung. Er unterzeichnete auch das Vorwort des Buches „Raoni - Memoiren eines Indiohäuptlings“, das der Filmemacher und Schriftsteller Jean-Pierre Dutilleuxam Montag in Paris vorstellte.

Raoni möchte auch den amtierenden Präsident Nicolas Sarkozy persönlich bitten, beim brasilianischen Präsidenten Lula vorzusprechen und den Stopp von Belo Monte zu fordern. Der Elysée-Palast, Sitz der französichen Präsidentschaft, hat noch nichts bestätigt.

Raonis Eintreten für den Schutz des Amazonas-Regenwaldes wurde im Jahr 1989 durch den Musiker Sting international bekannt.

Die französische Presse schenkt dem derzeitigen Besuch Raonis große Aufmerksamkeit. Bei seiner Ankunft in Paris verlautete der Kazike, für den Kampf bereit zu sein und sprach vom Krieg gegen den Staudamm Belo Monte. „Wir werden die Weißen töten, sollten sie den Damm bauen", sagte er Kazike in einem Interview mit dem Fernsehsender TF1.

"Ich habe meine Leute immer vom Kriegführen abgehalten. Aber nun bin ich sehr besorgt und verunsichert", sagte er. "Dreitausend Krieger stehen bereit, um die Waffen zu ergreifen, aber sie hoffen auf einen guten Ausgang der Verhandlungen".

Raoni betonte, im Namen aller Kayapó-Indios zu sprechen und um Unterstützung für die Erhaltung des Regenwaldes zu bitten. Vorerst wartet er auf Antwort aus dem Elysée-Palast.

Donnerstag, 6. Mai 2010

Dom Erwin Kräutler betont, dass die "juristische Schlacht" wegen Belo Monte erst am Anfang steht

CNBB, 5.5.2010
"Das Thema Belo Monte ist nicht abgeschlossen. Bei der Auktion wurde eine Menge Unsinn sichtbar und die gerichtliche Schlacht steht erst am Anfang", sagte Dom Erwin Kräutler, Bischof am Xingu (PA) und Präsident des indigenen Missionsrates (CIMI) während der Vollversammlung der Brasilianischen Bischofskonferenz (CNBB) in Brasília. Der Versteigerung des Kraftwerks Belo Monte 20. April gingen drei gerichtliche Verfügungen und deren Aufhebungen voraus und ihr Zustandekommen galt bereits als Startschuss für den Bau.

Der Bischof sieht die gerichtlichen Auseinandersetzungen und die Versteigerung des Kraftwerks als eine Fortsetzung der Diskussion um das Projekt. Die Verfügungen zum Stopp der Auktion beriefen sich primäre auf den Artikel 176, Absatz 1 der Bundesverfassung, der für die Nutzung der Wasserressourcen in den indigenen Gebieten ein spezielles Gesetz vorsieht, das es aber noch nicht gibt. "Der Kongress hat nie darüber gesprochen. Deshalb ist für uns die Versteigerung selbst und der ganze Vorgang zu Belo Monte von der Wurzel her faul. Er ist verfassungswidrig, weil die indigenen Völker nicht angehört wurden."

Es hätte mindestens 27 öffentliche Anhörungen geben müssen, doch es kam nur zu vier Sitzungen und zwei Treffen mit dem Präsidenten Luiz Inacio Lula da Silva. Dieser hatte versprochen, Belo Monte nicht auf Biegen und Brechen umzusetzen. Die Anhörung bezeichnete Dom Erwin als "bloße Sitzungen, um dem Ritual Genüge zu leisten." "Ich muss sagen, dass sie nun das Projekt auf Biegen und Brechen durchdrücken, denn sogar der Präsident sagt jetzt, er werde Belo Monte bauen, egal wie auch immer.“

Dom Erwin bedauerte diese starre Position der Regierung sowie ihren fehlenden Willen, auf die Konsequenzen für die Region am Xingu zu schauen. "Das Projekt wird sich unmittelbar auf die indigenen Völker auswirken, weil ihnen durch den Damm das Wasser abgeschnitten wird. Ohne Wasser haben sie keine Möglichkeit zu überleben. Altamira ist die größte betroffene Gemeinde mit derzeit 100 000 Einwohnern, 30 000 müssten umgesiedelt werden."

Für Dom Erwin ist der fehlende Dialog mit Indios und Flussbewohnern schwerwiegend. "Die indigenen Völker und betroffenen Flussbewohner haben bloß eine Nachricht erhalten, dass am Xingu ein Kraftwerk mit nicht vorhersehbaren Folgen gebaut wird. Einmal gebaut, wären die Auswirkungen nicht mehr rückgängig zu machen."

Der Diskurs der Regierung sei dem Bischof zufolge immer derselbe: "Es wird eine Lösung für die indigenen Völker geben. Wenn man danach fragt, bekommt man keine Details“. Dom Erwin betont, dass die indigenen Gebiete nicht geflutet werden, dass die Indios aber wegen der Folgen des Staudamms nicht mehr vom Fluss leben können. "Das sind die großen Fehler, die die Regierung nicht berücksichtigt," erklärt er.

Neben der Kirche und nationaler Einrichtungen sind auch internationale Bewegungen gegen den Bau von Belo Monte. Für Dom Erwin ist es Aufgabe der internationalen Bewegungen, die Bedeutung Amazoniens für unseren Planeten aufzuzeigen. "Amazonien ist eine große Verantwortung für Brasilien, aber es hat seine Auswirkungen auch jenseits der brasilianischen Grenzen. Deshalb sind die Solidaritätsbekundungen der internationalen Gemeinschaft wichtig", fügte er hinzu.

CNBB, 5.5.2010
Dom Erwin reafirma que “batalha judicial” sobre Belo Monte está apenas começando

Weiterführend:
Cimi Info 912, 6.5.2010
Belo Monte auf der Tagesordnung der 48. Generalversammlung der CNBB

Mittwoch, 5. Mai 2010

Kazike Raoni sucht Unterstützung in Europa gegen Belo Monte

AFP, 5.5.2010
Kazike Raoni mit dem Schriftsteller Jean-Pierre Dutilleux

Kazike Raoni vom Volk der Kajapó rief am Mittwoch (5.5.) in Paris die europäischen Staats- und Regierungschefs auf, sich für die Erhaltung der Lunge des Planeten einzusetzen, die durch den Bau des Staudamms von Belo Monte bedroht ist. Seine Reise wird durch Frankreich, Luxemburg und Monaco gehen.

"Ich bin stellvertretend für alle Kayapo-Indios hier, um Unterstützung für den Urwald zu erbeten", sagte Raoni Metukire gegenüber AFP. Sein Volk mit ungefähr 6300 Mitgliedern wohnt entlang des Xingubeckens. Er wurde vom französischen Schriftsteller Jean Pierre Dutilleux begleitet, der sein Buch "Raoni, Memoiren eines Indiohäuptlings" vorstellte.


Kazike Raoni wird am Donnerstag vom ehemaligen französischen Präsidenten Jacques Chirac (1995-2007) empfangen werden, der das Vorwort zum Buch geschrieben hat. Sie kennen sich seit 1989, als Raoni in Europa eine Kampagne zur Verteidigung der indigenen Völker Amazoniens startete.

Jene Kampagne war ein voller Erfolg, weil im Anschluss daran ihr Gebiet um den Xingufluss mit 195.000 km2 demarkiert wurde - sechs Mal so groß wie Belgien. Zwanzig Jahre später, nach vielen Konflikten mit Bergwerksunternehmen und illegalen Rodungen gibt es "eine neue Bedrohung: den Staudamm Belo Monte," dessen Versteigerung durch die brasilianische Regierung bereits erfolgt sei, sagte Dutilleux.

An die 60 NGOs kritisieren die sozialen und ökologischen Auswirkungen. Große Flächen werden überflutet und verursachen Treibhausgase und Plagen wie Malaria. 40.000 Menschen müssen umgesiedelt werden und ein Migrationsstrom wird erwartet. Außerdem ist Belo Monte auch technisch und finanziell sehr umstritten.

Und Präsident Lula? „Ich habe mit ihm gesprochen und ihn gebeten, Belo Monte nicht zu bauen. Ich verstehe nicht, warum er das machen will“, sagte Raoni, mit einer Hose bekleidet und mit schwarzer Kriegsbemalung am Oberkörper. „Deshalb möchte ich, dass die europäischen Regierungschefs in Brasilien anrufen und Präsident Lula die Besorgnis der indigenen Völker wegen Belo Monte mitteilen“, antwortete der Kazike.

Dutilleux hatte 1973 erstmals Amazonien bereist. Im Buch schreibt er von „grünen Ozeanen an Urwäldern“ und er versichert, dass Belo Monte nur die Spitze des Eisberges sei: bis 2030 seien 220 Staudämme in der Region geplant.

Raoni, der sich selbst als Mann des Friedens bezeichnet, sagte bei seiner Ankunft in Paris, er hätte seine Krieger gebeten, sich angesichts der Bedrohung durch den Staudamm vorzubereiten. „Ich bin besorgt und weiß nicht, wie lange ich sie zurückhalten kann... Deshalb bin ich nach Europa gekommen, um zu verhandeln und um die Katastrophe zu verhindern“, erklärte Raoni mit ruhiger Stimme, während ein anderer Indio versicherte, dass „3.000 Kajapos für den Kampf bereit stehen.“

Seitens der Organisatoren steht noch nicht fest, ob es ein Treffen zwischen Raoni und dem französichen Präsident Nicolas Sarkozy geben wird. Beide sind einander im September 2009 in Brasília begegnet. Im Buch ist zu lesen, dass damals Sarkozy Hilfe zugesagt hatte: "Ich werde Ihnen helfen. Und wenn Sie nach Paris kommen, werde ich Sie empfangen."

Kazike Raoni wird mit dem Brasilianer Carlos Goshn, Präsident von Renault, zu Abend essen. Es wird auch ein Treffen mit Anne Hidalgo, der Vizebürgermeisterin von Paris, geben.

Nach Besuchen in anderen Städten Frankreichs wird Raoni nach Luxemburg reisen und am nächsten Dienstag in Monaco von Prinz Albert empfangen werden. Er ist Präsident einer Stiftung für den Umweltschutz.

Raoni ist ungefähr 75 Jahre alt und bezeichnet sich als „letzten großen Kazike der Kajapos." Seine Nachfolge mache ihm Sorgen, aber er sei hoffnungsvoll. „Tief im Urwald gibt es noch Indios, die keinen Kontakt zur Außenwelt haben. Ich glaube, dass darunter ein richtiger Krieger zu finden ist“. Der hätte auch das Recht, die große Holzscheibe in der Unterlippe zu tragen, als Zeichen der Bereitschaft, das Land mit dem eigenen Leben zu verteidigen.

Kazike Raoni und die Kajapo-Indios:

Raoni-Institut (französich und brasilianisch)

Culturclub Raoni (französich)

Raoni (französich)


Pressespiegel:

TV-TF1, 5.5.2010
Vidéo : Raoni : prêt à partir en guerre contre les blancs

Youtube, 5.5.2010
Raoni, chef indien, défend sa forêt contre le barrage Belo Monte

TV-TF1
Sur le sentier de la guerre

Un chef indien à Paris pour lutter contre un projet de barrage
France Info, 6.5.2010 - Audio
Il s’appelle Raoni et il lutte contre un projet de barrage à Belo Monte, au beau milieu de l’Amazonie brésilienne, qui occasionnerait le déplacement d’au moins 20.000 personnes. Le chef de la tribu Kayapos tente de convaincre les dirigeants étrangers de soutenir son combat. Il est en ce moment en France.

Le chef indien Raoni "prêt à la guerre" contre le barrage de Belo Monte au Brésil
(AFP) Le chef indien Raoni se dit prêt "à la guerre" contre le projet de barrage de Belo Monte en Amazonie brésilienne, dans un entretien diffusé dimanche soir par TF1.

Le chef indien Raoni en France pour défendre l'Amazonie contre un barrage
(AFP) Le chef indien Raoni a appelé mercredi la France, l'un des plus proches alliés du président brésilien Luis Inacio Lula Da Silva, à soutenir son peuple qui s'oppose à un projet de barrage géant en Amazonie.

"Si le barrage est construit, il y aura une guerre"
(MetroFrance, 5.5.2010) Raoni, chef des Indiens Kayapos du Brésil, se bat pour l'Amazonie et contre un projet de barrage à Belo Monte.

Cacique Raoni tira a camisa durante programa de rádio ao vivo na França
(GLOBO AMAZÔNIA, 5.5.2010) Em Paris, líder kaiapó deve conversar com Sarkozy sobre Belo Monte. Indígena ficou famoso após aproximação com cantor Sting contra usina.

Sting bekräftigt Ablehnung von Belo Monte

Sting beim Treffen mit Kazike Raoni in São Paulo im November 2009

Terra, 5.5.2010
Der britische Popsänger Sting bekräftigte am Dienstag (4.5.) in Venezuela seine Ablehnung für das Wasserkraftwerk Belo Monte. Nach einem Auftritt in Caracas sagte das ehemalige Mitglied der Gruppe The Police, der Stausee würden das Leben und die Kultur jener Menschen, die seit Jahrtausenden im Xingu-Becken leben, negativ beeinflussen. "Ich bleibe mit jenen indigenen Gruppen solidarisch, die versuchen, den Bau von Belo Monte zu stoppen", versicherte Sting.

Pressespiegel:
AP, 5.5.2010
Popstar Sting kämpft gegen Staudamm in Brasilien
Tausende Ureinwohner im Amazonas können sich bei ihrem Widerstand gegen einen geplanten Megastaudamm auf prominente Hilfe verlassen: Der Popstar Sting, der Filmemacher James Cameron und die Schauspielerin Sigourney Weaver zählen zu den Stars, die bei der brasilianischen Regierung das Projekt stoppen wollen.

Die Presse, 5.5.2010
Belo-Monte: Promis kämpfen gegen Super-Staudamm ‎
Tausende Menschen müssten für den Bau des brasilianischen Belo-Monte-Staudamms umgesiedelt werden. Sting, James Cameron und die Schauspielerin Sigourney Weaver wollen das verhindern. Der Damm "zerstört ein ganzes Flusssystem" und "die Kultur der Menschen".

Samstag, 1. Mai 2010

Fazendeiro zu 30 Jahren nach Mord an Dorothy Stang verurteilt

Verlesung des Urteils: 30 Jahre für Taradão ao vivo em portugues
Amazônia, O Globo, Estadao, 1.5.2010

Als letzter von fünf Angeklagten im Mordfall Dorothy Stang ist Regivaldo Pereira Galvão ‚Taradão’ am 30.4. in Belém (Brasilien) als weiterer Auftragsgeber wegen Anstiftung und Durchführung des Mordes von den Geschworenen für schuldig befunden und zu 30 Jahren Haft verurteilt worden. Er hatte für die Tat R$ 50.000 angeboten. Der Mord ereignete sich vor mehr als fünf Jahren im Landesinneren von Anapu im Bundesstaat Pará, Brasilien.

Außer den beiden Pistoleiros Rayfran (28 Jahre) und Clodoaldo (17) wurden bereits der Mittelsmann Tato (18) und vor einem Monat der andere Auftragsgeber Bida zu 30 Jahren Haft verurteilt. Taradão leugnete seine Beteiligung bis zuletzt und beteuerte seine Unschuld. Die Geschworenen sahen die Beweise zur Anstiftung zum Mord für ausreichend und verurteilten Taradão zu 29 Jahren, erhöht durch ein weiteres wegen Alters und Verteidigungsunfähigkeit der 73-jährigen Missionarin. Außerdem muss er die Gerichtskosten tragen. Taradão hat fünf Tage Zeit für den Einspruch - allerdings nicht wegen der Höchststrafe von 30 Jahren; jenes Gesetz wurde geändert.

Dorothy Stang hatte sich mehr als drei Jahrzehnte für den Schutz des Regenwaldes sowie für Landreform und eine nachhaltige Entwicklung eingesetzt. 1999 erreichte sie unter Mithilfe der staatlichen Umwelt- und Siedlungsinstitute ein "ländlich angepasstes und nachhaltiges Entwicklungsprogramm" PDS (Programa de Desenvolvimento Sustentável) für die Region von Anapu. Sie setzte sich für die Errichtung der beiden PDS-Siedlungsprojekte Virola Jatoba und Esperança im Landesinneren von Anapu ein, wo an die 600 Familien und Landlose eine neue Zukunft bekamen. Leider bekamen sie von Anfang an großen Widerstand einiger Großgrundbesitzer und Spekulanten zu süren, die auch vor Gewalt nicht zurückschreckten. Immer wieder erhielt Dorothy Stang Morddrohungen und die Siedler wurden eingeschüchtert oder ihre Hütten angezündet. Am 12. Februar 2005, als in Gemeinschaftsarbeit die zerstörte Hütte einer 10-köpfigen Familie wieder aufgebaut werden sollte und sie auf dem Weg zur Versammlung war, wurde Dorothy vom Pistoleiro Rayfran das Neves Sales erschossen.

In den vergangenen zehn Jahren gab es laut Angaben der Landpastoral zwar mehr als 800 Tote bei Landkonflikten im Amazonasgebiet, es kam jedoch nur zu sehr wenigen Schuldsprüchen. Im Fall Dorothy Stang wurden erstmals zwei Fazendeiros als Auftragsgeber zu 30 Jahren Haft verurteilt.



Siehe auch:

Blickpunkt Lateinamerika, 2.5.2010
Erneut 30 Jahre Haft für Mord an Dorothy Stang

Der Standard, 2.5.2010
Letzter Angeklagter im Mordfall Stang verurteilt
Fünf Jahre nach Mord an Nonne - Landbesitzer muss für 30 Jahre in Gefängnis

Kathweb, 4.5.2010
Mord an Kräutler-Mitabeiterin: Zweiter Auftraggeber verurteilt
Gericht im nordbrasilianischen Belem sprach Landbesitzer schuldig, 2005 Mord an Sr. Dorothy Stang eingefädelt zu haben