Pressemitteilung der Kommission der Landpastoral (CPT), 19.5.2010
Justizurteil: eine weitere Schande!
Die Kommission der Landpastoral (CPT) hält derzeit ihren dritten Nationalkongress in Montes Claros, Minas Gerais, ab, an dem mehr als 800 Delegierte aus ganz Brasilien teilnehmen. An jenem Tag, als wir der Märtyrer von Landkonflikten mit einer Prozession durch die Straßen dieser einladenden Stadt gedachten, erreichte uns die Nachricht von der Freilassung von Regivaldo Pereira Galvão. Über diesen Akt der "Gerechtigkeit" in Pará bringen wir unsere tiefste Empörung zum Ausdruck.
Regivaldo wurde am 1. Mai 2010 als einer der Auftragsgeber zur Ermordung von Schwester Dorothy Stang zu 30 Jahren Gefängnis verurteilt. Im Urteil wird eine Strafe auf Bewährung ausdrücklich abgelehnt. Es ist unfassbar, dass 18 Tage nach seiner Verurteilung eine gerichtliche Anordnung der Richterin Maria de Nazaré Gouveia Silva dos Santos vom Gerichtshof des Bundesstaates Pará erfolgt, die ihm Habeas-Corpus gewährt und ihn frei lässt.
Regivaldo wurde als letzter von fünf Angeklagten im Mordfall Dorothy Stang verurteilt, fünf Jahre nach der Tat am 12.2.2005. Er hatte alle rechtlichen Mittel genutzt, um den Prozesses immer wieder zu verzögern. Mit seiner Verurteilung glaubten wir, dass Gerechtigkeit doch gesiegt hätte. Aber nun ist der Kriminelle wieder auf freiem Fuß.
Wieder einmal wird bestätigt, was sowohl die CPT als auch andere Menschenrechtsorganisationen beklagen: Gefängnisse sind ausschließlich für die Armen gemacht. Wer über die nötigen finanziellen Ressourcen verfügt, hat die "Vorteile des Gesetzes", während die Armen, ohne formelle Anklage inhaftiert, jahrelang in Untersuchungshaft bleiben! Straflosigkeit trägt zum Anwachsen der Gewalt bei!
Am 29. April dieses Jahres überreichte die CPT dem Justizminister eine Liste mit 1.546 ermordeten Arbeitern, die bei 1.162 Vorfällen von Landkonflikten während der letzten 25 Jahren (1985 – 2009) getötet wurden. Nur 88 Fälle davon kamen vor Gericht und nur 69 Täter und 20 Auftraggeber wurden verurteilt. Nur ein verurteilter Auftragsgeber ist momentan hinter Gittern: Vitlamiro Bastos de Moura, einer der verurteilten Verantwortlichen für den Mord an Schwester Dorothy. Regivaldo war bis gestern der zweite.
Das ist die Justiz, die in diesem Land herrscht! Wenn ein Fall wie der von Dorothy Stang, der national und international breite Aufmerksamkeit erfuhr, so behandelt wird, ist es nicht verwunderlich, dass die meisten Fälle nicht einmal die geringste Aufmerksamkeit erhalten.
Schon der Prophet Jesaja sagte:
"Darum bleibt das Recht von uns fern, die Gerechtigkeit erreicht uns nicht. Wir hoffen auf Licht, doch es bleibt finster; wir hoffen auf den Anbruch des Tages, doch wir gehen im Dunkeln." (Jesaja 59,9).
Die Teilnehmer des Dritten Nationalkongresses der CPT
Weiterführende Links:
Hintergrund: Plattform Belo Monte, 1.5.2010
Fazendeiro zu 30 Jahren nach Mord an Dorothy Stang verurteilt
Zenit, 21.5.2010
Trotz Anstiftung zum Mord an Schwester Dorothy Stang auf freiem Fuß
Korruption hebelt am Amazonas Rechtsstaat aus
Brasilianische Medien:
Folha Online, 19.5.2010
Missionárias temem violência após liberdade provisória a acusado por morte de Dorothy
Die Schwestern der Notre-Dame-Kongregation, zu der auch die ermordete Schwester Dorothy gehörte, befürchten wegen der Freilassung von Taradão Bedrohungen und Gewalt gegen ihre Gemeinschaft.
Folha Online, 19.5.2010
Justiça concede liberdade provisória a condenado por morte de Dorothy Stang
Globo Online, 19.5.2010
TJ do Pará concede liberdade a Regivaldo Galvão, condenado por morte de Dorothy Stang