Dienstag, 4. Februar 2014
Solidarregion Weiz appelliert an Andritz AG: "Diese Wirtschaft tötet"
Solidarregion Weiz, 4.2.2014
Dringender Appell: Diese Wirtschaft tötet
Bischof Erwin Kräutler: Chaos bei Zwangsumsiedlung von 40.000 Menschen
Appell an Mag. Wolfgang Leitner – Vorstandsvorsitzender und Miteigentümer der Andritz AG
Jetzt ist es fix. Den endgültigen Ausbau des Staudamms Belo Monte in Brasilien kann nichts mehr aufhalten. Die letzten Klagen sind zurückgewiesen; der Streik der 27.000 Arbeiter im Dezember wurde beendet. Die jahrelangen, weltweiten Proteste waren umsonst.
Durch diesen drittgrößten Staudamm der Welt wird mitten im Naturschutzgebiet des Amazonas eine Fläche überflutet, die so groß ist wie der Bodensee; das größte Binnengewässer Europas. Die Ausmaße des Projektes sind gigantisch. Einer der umgeleiteten Zuflüsse ist so groß, wie der Panamakanal.
40.000 Menschen werden zwangsumgesiedelt. Viele davon sind Ureinwohner.
Was besonders schlimm ist. Das herausgerissen werden aus ihrer naturnahen Lebensweise wird für viele indigene Menschen eigentlich "Sterben" bedeuten.
Der austro-brasilianische Bischof Erwin Kräutler schreibt uns: „Wir stecken heute in Altamira im Chaos und die Folgen der Zwangsumsiedlung, die jetzt stattfinden wird, sind nicht abzusehen. Ich fürchte Panikreaktionen. Ich weiß wirklich nicht, wie schlussendlich die betroffenen Familien reagieren werden, wenn sie von ihren Wohnungen in absolut für unser Klima ungeeignete Fertigteilhäuser aus Beton umgesiedelt werden. Diese Behausungen, die man eigentlich nicht als Häuser bezeichnen kann, sind im Sommer unbewohnbar.“
Bischof Kräutler ist Alternativnobelpreisträger. Er war bis jetzt die Gallionsfigur des Widerstandes gegen dieses Projekt in Brasilien.
"Diese Wirtschaft tötet" schreibt Papst Franziskus in seiner jüngst erschienenen Programmschrift. Diese Form des liberalistischen Kapitalismus tötet Menschen. Sie tötet auch unsere Umwelt und damit die Lebenschancen unserer Kinder.
Enorme Flächen des Regenwaldes sind von diesem Staudammprojekt betroffen. Tierarten, die es nur im Amazonas gibt, werden aussterben. Durch die Rodungen stirbt die Lunge Brasiliens. Das Weltklima wird sich dadurch verändern.
Und, was besonders abstrus ist. Den erzeugten Strom bekommt nicht die Bevölkerung Brasiliens. Er wird für die Gewinnung von Aluminium verwendet werden, das man dann teuer ins Ausland verkaufen wird; Aluminium, bei dessen Produktion besonders gefährliche Abfälle anfallen.
Die Andritz Hydro - eine Sparte der Andritz AG - ist eines der drei großen Unternehmen, die die Generatoren für den Staudamm bauen. Das Auftragsvolumen für die Andritz Hydro beträgt 350 Millionen Euro.
Wir haben die Solidarregion 2005 gegründet, als es um den Verkauf der VA-Tech Hydro in Weiz ging. Wir haben uns dafür engagiert, dass die Arbeitsplätze in der Region bleiben und dass es auch im globalen Wirtschaften soziale und ökologische Verantwortung geben muss. Die Andritz Hydro ist eines der Flaggschiffe in unserer Region, denen wir es verdanken, dass wir zu den drei Regionen in Österreich mit der niedrigsten Arbeitslosigkeit gehören. Die Menschen in unserer Region identifizieren sich mit Ihrem Unternehmen; auch deshalb weil in der Vergangenheit Ihr Unternehmen immer auch solidarische Verantwortung gezeigt hat.
Das Projekt Belo Monte hat die brasilianische Regierung in Auftrag gegeben und auch zu verantworten. Obwohl Sie „nur“ Zulieferer des Konsortiums Norte Energia sind, das für die Umsetzung des Baus verantwortlich ist, glauben wir trotzdem, dass Sie eine Mitverantwortung tragen für das, was jetzt mit den Menschen dort geschieht.
Appell an Mag. Wolfgang Leitner – Vorstandsvorsitzender und Miteigentümer der Andritz AG
An diese Ihre solidarische Mitverantwortung appellieren wir:
1. Bis jetzt war noch niemand von der Chefetage Ihres Unternehmens im betroffenen Gebiet. Kommen Sie, so bald wie möglich, nach Altamira und machen Sie sich gemeinsam mit Bischof Erwin Kräutler vor Ort ein Bild von der Situation der Menschen.
2. Übernehmen Sie Mitverantwortung dafür, dass jetzt menschenwürdige Häuser für die Betroffenen gebaut oder klimagerecht umgebaut werden. Prof. Roland Gnaiger von der Kunstuniversität Linz ist darauf spezialisiert in Schwellenländern umweltgerecht zu bauen, indem Materialien aus der Region verwendet werden und die Menschen in den Bau mit einbezogen werden. Mit ihm könnte man kooperieren.
Als Solidarregion Weiz arbeiten wir mit Bischof Erwin Kräutler eng zusammen. Wir betrachten es als unsere Pflicht, uns für die Menschen einzusetzen, die durch dieses "Wahnsinnsprojekt" gezwungen werden, ihr Land zu verlassen; besonders auch deswegen, da Ihr Unternehmen in Weiz angesiedelt ist.