Donnerstag, 30. April 2015

Bischof Kräutler berichtet über Belo Monte und Priestermangel

ORF.at, 30.4.2014
Bischof Kräutler über Kampf gegen Kraftwerk

Seit mittlerweile 50 Jahren arbeitet Bischof Erwin Kräutler als Seelsorger in der Amazonasprovinz Xingu in Brasilien. Im Bildungshaus Batschuns in Zwischenwasser hat Dom Erwin am Mittwoch (29.4.) Rückschau auf den Kampf gegen das Wasserkraftwerk Belo Monte gehalten, aber auch in die Zukunft geblickt.

Fast genauso lange, wie er Bischof in Brasilien ist, kämpft der gebürtige Koblacher auch schon gegen den Bau des Wasserkraftwerkes Belo Monte. Dieser Kampf scheint nun aber verloren, das Kraftwerk soll noch heuer in Betrieb gehen.

Durch das drittgrößte Wasserkraftwerk der Welt verlieren 50.000 Indigene ihre Lebensgrundlage - für 1.000 von ihnen wurden billige Fertighäuser hingestellt, andere erhalten eine Abfertigung. Kräutler sagt, er erwarte sich eine klare Positionierung vom Papst.

Doch das kirchliche Leben blüht in Xingu. Das Problem: Für rund 700.000 Menschen gibt es nur 31 Priester. Die Antwort im Norden Brasiliens sind christliche Basisgemeinden, in denen Laien - überwiegend Frauen - Verantwortung für das kirchliche Leben übernehmen. Sie feiern Gottesdienste. Die Eucharistie, die Wandlung, dürfen sie nicht zelebrieren. Hier fordert Kräutler ein Umdenken - unterstützt von einigen Besuchern in Batschuns.

Angesichts des Priestermangels sagte Kräutler in Zwischenwasser: Mann soll nicht die Eucharistiefeier von einem zölibatären Priester abhängig machen. Ich hoffe, dass Papst Franziskus den Mut hat, einen neuen Weg zu gehen."

VOL.at, 30. April 2015
50 Jahre Xingu – Bischof Kräutler zu Besuch im Bildungshaus Batschuns
Batschuns (ver) Seit fünf Jahrzehnten lebt der gebürtige Koblacher Bischof Erwin Kräutler in Brasilien am Xingu. 33 Jahre ist er dort Bischof. Ende April war Bischof Kräutler Gastreferent im Bildungshaus Batschuns.

Der Saal war bis auf den letzten Platz gefüllt, als Alternativ-Friedensnobelpreisträger Erwin Kräutler mit den Erzählungen aus seiner neuen Heimat begann. Er ließ an diesem Abend die Besucher an seinen wechselvollen Erfahrungen teilhaben und berichtete, wie sich ein lebendiges Christsein im Wandel der Zeit entwickeln kann. Große Veränderungen habe er erlebt in dieser Zeit – sowohl politisch als auch kirchlich. Mit dem Aufbau der Basisgemeinden in seiner Diözese entstand eine neue Art Kirche. „Die Kirche lebt bei uns in Brasilien und am Xingu durch das persönliche Engagement der Indios. Die Menschen fühlen sich verantwortlich für ihre Basisgemeinde, “ informierte Bischof Kräutler.

Religiöser Wandel
Dass sich auch in der Mission in den vergangenen 50 Jahren viel verändert hat, davon ist Bischof Kräutler überzeugt. Heimat bedeute für ihn: Liebe, Zuneigung, Vertrauen aber auch Abschied nehmen. In seinem Herzen sei der inzwischen 76 – jährige Bischof, der jedes Jahr für ein paar Wochen seinen Geburtsort und das Ländle besucht, immer noch sehr mit seiner früheren Heimat verbunden. Als er vor 50 Jahren nach Alta Mira kam, lebten in dieser Stadt gerade einmal 4000 Einwohner. Heute umfasst die Einwohnerzahl rund 150 000 Menschen. Für alle Basisgemeinden seines großen Bistums seien nur 31 Priester im Einsatz, so Kräutler. Eine Pfarre umfasse in Summe bis zu 80 Gemeinden. „Unsere Aufgabe ist es, die Liebe Gottes zu verkünden und mitzuteilen. Wir leben gemeinsam mit den Indios und treten in Dialog mit der Bevölkerung, “ betont Bischof Kräutler in seinem Vortrag. Er selber sehe sich als Brücke zwischen Weltkirche und seiner Heimat Vorarlberg. Die Priester sollten auch bei uns nicht nur für Katholiken da sein und mit allen Menschen in Dialog treten – keinesfalls Mauern um sich herum bauen. Wichtig sei es, dass sich die Priester als „Hirten“ mitten unter die „Schafe“ mischen und den Geruch der Schafe annehmen. Das mache er schon seit 50 Jahren.

Armut ist kein Schicksal
Weiters betonte Kräutler, dass jeder Mensch ein Recht auf Ausbildung, Erziehung und Gesundheit habe. Der größte Erfolg im Jahre 1988 sei gewesen, dass die Rechte der Indios in die Verfassung aufgenommen wurden. Jeder Mensch darf seither seine eigene Identität behalten. Bischof Kräutler wünscht sich eine „Neuauflage“ der Kirche für die Armen. Besonders beeindruckt zeigte sich der Referent von seinem Besuch bei Papst Franziskus im April 2014. „Unser Papst wünscht sich in Zukunft Bischöfe, die mehr Mut und Zivilcourage zeigen“, erzählt Kräutler. Für den Vortrag des brasilianischen Bischofs interessierten sich neben Primar Reinhard Haller auch Landesrätin Bernadette Mennel, Eva Fitz (Selbstbesteuerungsgruppe), Caroline Artner, Reinhard und Carmen Nachbauer, Willi Hagleitner sowie Christoph Steininger und Ada. Neben vielen anderen ließen sich auch Brigitte und Harald Mark, Josef und Ursula Kräutler sowie Josef und Martha Fritsche von den Geschichten am Xingu fesseln und erfuhren viele Details über die konfliktgeladene Realität Amazoniens und den Weg durch die vielfältigen Herausforderungen des Lebens und beteiligten sich an der anschließenden Diskussion.