Freitag, 12. April 2013

Xavante-Indianer erhalten nach 40 Jahren ihr Gebiet zurück

Weil ihre Gebiete im Bundesstaat Mato Grosso sehr fruchbar waren, wurden die Indigenen vom Volk der Xavante in den frühen 1960-iger Jahren von ihrem Territorium vertrieben und zum Teil per Flugzeug und in andere Gebiete umgesiedelt. Dort kam es zu Konflikten mit den Indigenen vor Ort. So begannen sie den Kampf um ihre angestammten Gebiete gegen gewaltbereite Großgrundbesitzer und Vertreter der Agroindustrie.
Unterstützt wurden die Indigenen von Bischof Pedro Casaldaliga, der derhalb auch verfolgt und bedroht wurde.
Nach jahrzehntelangem Kampf um ihr Territorium erhielten die Xavantes am Freitag (5.4.) in einem Akt der Regierung ihr angestammtes Gebiet wieder zurück. Seit Monaten wurden die eingedrungenen Siedler unter Einsatz der Streitkräfte aus den Reservaten entfernt.

Aktuell:

Junge Kirche Graz-Seckau, 3.12.2012
Die Katholische Jugend Steiermark baut eine Krankenstation für das indigene Volk der „Xavantes“ in Zentralbrasilien / Mato Grosso
Die Xavantes sind ein indigenes Volk. Sie wurden von der weißen Bevölkerung nicht nur stark dezimiert sondern auch aus ihrem Gebiet vertrieben. Im Jahre 2003 kehrten sie in ihr Land zurück und leben nun in einem sehr begrenzten Teil in Mato Grosso, einer brasilianischen Provinz.
Das Dorf, das von der Katholischen Jugend Steiermark unterstützt wird, liegt im Reservat „Marawatséde“. „Marawatséde“ bedeutet so viel wie „geschlossener Wald. Im Dorf leben etwa 800 Menschen. Salesianerpatres haben sich des Volkes angenommen und bereits eine Kirche und eine Schule gebaut. Die Gesundheitsversorgung ist minimal. Die Menschen haben mit Unterernährung und Krankheiten zu kämpfen. Aus diesem Grund trat der Generalsekretär der Brasilianischen Bischofskonferenz, Bischof Leonardo Ulrich Steiner, mit der Bitte an Weihbischof Franz Lackner heran, beim Bau einer Krankenstation finanziell mitzuhelfen. Mit deiner Unterstützung ist es möglich eine Krankenstation zu bauen.
Beim Weltjugendtag im Juli 2013 in Rio de Janeiro (Brasilien) wird die Krankenstation eröffnet.

Hintergrund:

Agenzia Fides, 25/06/2012
Xavante-Indianer kämpfen um die ursprünglich bewohnten Gebiete
In Maraiwatsede im brasilianischen Bundesstaat Mato Grosso kämpfen die Xavante-Indianer um ihren Grundbesitz. Obschon die brasilianische Regierung 1998 durch Fundacion Nacional del Indio (FUNAI) Maraiwatsede mit rund 165.241 Hektar Land zum Eigentum der Indios erklärte, kam es in den darauf folgenden Jahren zu einer illegalen Invasion in der Region, die verhinderte, dass die Indios in Land in Anspruch nehmen konnten. Erst 2004 wurde der Grundbesitz rechtlich anerkannt, doch auch heute noch beanspruchen Viehzüchter und Farmer weite teile der Region und drohen den Indios mit Gewalt und Unterdrückung. Nach 40jährigem Exil bot sich den Indianern ein schreckliches Panorama: rund 90% des Amazonaswaldes wurden zerstört und in großen Teile der Region wurden durch Rodungen Fauna und Flora zerstört.

AG Friedensforschung, 24.12.2010
Rückkehr der Xavante
Landraub: Brasilianisches Gericht entscheidet nach Jahrzehnten endlich zugunsten der Ureinwohner.

Die Umweltschutzorganisation Greenpeace ist in Brasilien seit 2009 auf der Jagd nach »illegalen« Rinderfarmen. Fleischkonzerne wie JBS-Friboi oder globale Supermarktketten wie Wal-Mart sollten lediglich Rinder von brasilianischen Großgrundbesitzern kaufen, die legale Besitztitel vorweisen können, keinen Regenwald illegal abholzen und Indianerreservate respektieren, so die Absicht. Als negatives Beispiel für die Kampagne nutzt Greenpeace das von Rinder- und Sojafarmern heimgesuchte und inzwischen zu 45 Prozent abgeholzte Reservat Marãiwatsede der indigenen Bevölkerungsgruppe der Xavante. Etwa 90 Prozent des 165241 Hektar großen Gebiets seien in der Hand von Großgrundbesitzern und Farmern.

Tatsächlich begann der Landraub und der damit verbundene Genozid an den Xavante bereits 1960. Damals kaufte der Kolonisator Ariosto da Riva aus Sao Paulo im Norden des Bundesstaates Mato Grosso 418000 Hektar Land auf. Zusätzlich bekam er weitere 400000 Hektar von der Staatsregierung geschenkt – obwohl das artenreiche Cerrado- (eine Savannenlandschaft) und Regenwaldgebiet angestammtes Xavante-Land war. Zusammen mit der Unternehmensgruppe Ometto errichtete Riva dort die riesige Rinderzucht-Fazenda »Suiá-Missú«. Die in dem Gebiet lebende indigene Bevölkerung wurde während der ersten sechs Jahre zunächst mit per Flugzeug abgeworfenen Nahrungsmitteln »pazifiziert«, später dann wurden die Xavante als als billige Arbeitskräfte bei der Rodung ihres eigenen Waldes ausgenutzt.

»Wir arbeiteten wie Sklaven«, erinnert sich der Kazike (Stammesführer) Damiao. »Viele von uns starben.« Auf Betreiben der Salesianer, einem großen katholischen Mönchsorden, und der damaligen Indianerschutzbehörde CPI, flog die Luftwaffe 1966 die »restlichen« 263 Xavante der Fazenda in die 400 Kilometer entfernte Mission São Marcos aus. Mehr als 80 von ihnen starben bereits innerhalb der ersten beiden Wochen in der Mission an einer Maserinfektion.


Rundbrief von Dom Pedro Casaldaliga (2005)

Es kam wirklich einer eine Lawine gleich, was da an Solidaritätsbekundungen hier eintraf, besorgte, sogar empört klingend manche, die letzten dann aber, und das waren nicht wenige, sehr erleichtert. Wann, wenn nicht jetzt, müsste ich eigentlich jedem und jeder ganz persönlich, von Herz zu Herz sozusagen, antworten. Viele stellten Fragen, viele machten sich Luft in diesen Tagen gespannter Erwartung: über unsere neoliberal geprägte Welt, über unsere zugleich heilige wie problematische Kirche. Ich empfehle alle Fragen und Verunsicherungen dem Geist dessen, der „unser Friede“ ist. Alle, Gläubige und Agnostiker, Heitere und rebellische Geister, alle sollen sich ganz persönlich und voller Zuneigung von mir angesprochen wissen. So locker entledigt sich ein pensionierter Bischof wie ich seiner Pflichten...!

Viele Zeichen von Solidarität mit dem Volk der Xavante sind bei uns eingegangen. Deren berechtigte Forderung auf Rückgabe ihres Landes harrt in den Händen einer superlangsamen Justiz einer Klärung.
Das andere Motiv für so viel Solidarität mit unserer kleinen Kirche von São Félix do Araguaia war natürlich der anstehende Bischofswechsel. Ich werde hier nicht mehr alle Einzelheiten aufrollen, ist doch diese kleine kirchliche Episode bereits zur Genüge kommentiert worden. Wir legen nur nochmals Wert darauf festzustellen, dass es da nicht nur um einen einzelnen Bischof oder eine einzelne Ortskirche gegangen ist. Vielmehr betrifft dieses Problem die Kirche in ihrer Gesamtheit, d.h. die Praxis der Bischofsernennungen steht generell auf dem Prüfstand. Es geht also letztlich, und zwar aus Treue zum Evangelium und um unseres Zeugnisses vor der Welt willen, um die grundsätzliche Forderung nach Mitverantwortung und Kollegialität in der Kirche.
Glücklicherweise ist der neue Bischof von São Félix do Araguaia, Pater Leonardo Ulrich Steiner, ein Franziskaner aus echtem Schrot und Korn, brüderlich, gesprächig und leutselig. Der Kurs wird gehalten.
Und ich werde am Ufer des Araguaia wohnen bleiben, werde mit der nötigen Zurückhaltung die Kämpfe der Menschen begleiten und in österlicher Hoffnung hier meinen Lebensabend verbringen.

Das Imperium will „eine Welt ohne Tyrannei“. Wir auch; vor allem ohne die Tyrannei des Imperiums. Das Imperium will außerdem „die Ausbreitung der Freiheit“. Wir wehren uns allerdings vehement dagegen, dass diese Freiheit nur für den Markt und für einige führende Länder gelten soll.

Tyrannei gibt es zuhauf, auf allen Ebenen des sozialen, wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Lebens. Laut Jahresbericht der VN gibt es nicht weniger als 1,1 Milliarden Menschen, die mit weniger als einem Dollar pro Tag überleben müssen. Tag für Tag verhungern 30 000 Kinder. In den vergangenen 40 Jahren hat sich zwar das Bruttosozialprodukt weltweit verdoppelt, die wirtschaftliche Ungleichheit hat sich aber im gleichen Zeitraum verdreifacht. 900 Millionen Menschen – ein Siebtel der Weltbevölkerung – leiden unter ethnischer, sozialer oder religiöser Diskriminierung. 170 Millionen Menschen leben hin- und hergetrieben als Migranten. 44% der lateinamerikanischen Bevölkerung fristet ihr Dasein in Elendsvierteln. Afrika, ignoriert und ausgeplündert, blutet vor sich hin. Und es gibt Länder auf unserer Welt, die sozusagen „für vogelfrei“ erklärt wurden und vielleicht einem möglichen Präventivkrieg entgegensehen...

Aber es gibt auch viel das Böse überwindende Gutes in unserer verwundeten Welt. So haben wir neuerlich das Weltsozialforum ausgerichtet; die Landarbeiter-Organisation Via Campesina wächst und gewinnt an Einfluss; es ist uns gelungen, die geplante Amerikanische Freihandelszone zu entlarven und teilweise auszubremsen; Israel und die Palästinenser verhandeln über konkrete Friedensschritte; in vielen Ländern Lateinamerikas und Europas erstarkt die Linke wieder, es wächst „das Unbehagen (und der Protest) angesichts der neoliberalen Demokratie“. Während die etablierten Parteien und Gewerkschaften in Misskredit geraten sind, erstarkt sowohl national, international und weltweit die Zivilgesellschaft mit ihren Bewegungen. Das Kyoto-Protokoll ist in Kraft getreten. Und zunehmend sind wir es, wir aus der Dritten Welt, die sich in den Worten von Inácio Ramonet Gehör verschaffen: „Ja zur Solidarität unter den 6 Milliarden Bewohnern unseres Planeten; Nein zur G8 und zum Konsens von Washington; Nein zur Herrschaft der ‚Pokerrunde des Bösen’ (Weltbank, IWF, OECD und WTO); Nein zur Militärhegemonie einer einzigen Supermacht; Nein zu den Invasionskriegen und Nein zum Terrorismus...“– und wir schließen uns Ramonets Zusammenfassung an: „Widerstand leisten bedeutet Nein zu sagen, und heißt auch, Ja zu sagen, von einer anderen möglichen Welt zu träumen und alles zu tun, damit sie Wirklichkeit werde“.

Nicht nur eine andere Welt, auch eine andere Kirche ist möglich. Und wir arbeiten daran, dass sie überall und auf vielfältige Weise Gestalt gewinnt,
indem wir selbst Gemeinden des Gebets, der Geschwisterlichkeit und des Engagements bilden;
indem Brasilien das 9. Interkonfessionelle Treffen der kirchlichen Basisgemeinden ausrichtet zur Ermutigung der Basisgemeinden Brasiliens, des Kontinents, ja der ganzen Welt;
indem wir parallel zum Weltsozialforum das Weltforum Theologie und Befreiung veranstaltet haben;
indem wir den Gedenktag des Martyriums unseres heiligen Romero feiern und uns durch das Beispiel all unserer Märtyrer anspornen lassen;
indem wir die Option für die Armen propagieren und deren Bedürfnisse in den Mittelpunkt rücken;
indem wir unerschrocken die „sozialen Völkermorde“ und die Ruchlosigkeit des Imperiums samt seiner Oligarchien aufdecken;
indem wir täglich und real die Ökumene leben;
indem wir den interreligiösen Dialog pflegen;
indem wir den konziliaren Prozess stärken, als stets aktuelle Forderung des Evangeliums und treffendste Art, 40 Jahre II. Vatikanum zu feiern;
indem wir schließlich unseren Glauben in eigen- und mitverantwortlicher Weise leben „zum Leben der Welt.“

Zum Schluss sei noch eine ganz persönliche Ansicht eines alten Bischofs im Blick auf die Kirche angemerkt, der es nicht lassen kann zu träumen. Wieder einmal wird aus Anlass der jüngsten Gesundheitsprobleme von Johannes Paul II. viel über das Profil des nächsten Papstes geredet und geschrieben. Meines Erachtens müsste man vielmehr über das Profil des neuen Papsttums sprechen – wobei sprechen allein bestimmt nicht reicht –, also über eine radikale Neustrukturierung dessen, was wir mit ‚Apostolischer Stuhl’ bezeichnen und über ein neues Verständnis des Petrusamts: dieses Amt müsste die Sensibilität des Herzens Jesu verkörpern und den Schrei der Armut, des Leidens und der Benachteiligung vernehmen; es müsste ohne Kirchenstaat, mit einer abgespeckten und dienstbaren Kurie auskommen und in prophetischer Weise auf Macht und Prunk verzichten; es müsste beseelt sein vom Wunsch nach Ökumene und interreligiösem Dialog; nicht absolutistisch, vielmehr kollegial geprägt sein; dezentralisiert und echt „katholisch“ müsste es offen sein für eine Vielfalt der geistlichen Ämter und der Kulturen; und schließlich müsste dieses Amt sozusagen als religiöse Vermittlung – im Verein mit anderen religiösen und nichtreligiösen Vermittlern – dem Frieden, der Gerechtigkeit und dem Leben zu dienen.

Obwohl Van Gogh in seinem Leben so viele – wirkliche wie symbolische – Mühlen hat einstürzen sehen, schrieb er einmal an seinen Bruder Theo: „Der Wind aber weht trotzdem“. Nachdem auch wir den ‚Einsturz so vieler Mühlen’ innerhalb und außerhalb der Kirche miterleben, fahren wir doch unbeirrt und voll Hoffnung fort zu verkünden: „Der Wind (d.h. auch: der Geist) weht trotzdem“...

Pedro Casaldáliga
São Félix do Araguaia, Mato Grosso, Brasilien
Übersetzung: Hermann Mayer, Frankfurt am Main

Quelle: Servicios Koinonia



CIMI-Info-Brief 592 (Dezember 2003)
Der Einsatz der Xavante für die Rückkehr in ihr Gebiet
Seit mehr als 37 Jahren (2003) setzen sich die Xavante für die Rückkehr in ihr Gebiet ein. Das völlig invadierte Land wurde im Ausmass von 170.000 ha homologiert und 1998 registriert. Es fehlt eine richterliche Anordnung zum Abzug der Landbesetzer. Im Jahr 2001 bestimmte ein Gutachten der Bundesjustiz, dass die Landbesetzer bis zum Ende des Verfahrens auf dem Land bleiben können.
Die Xavante sind es schon leid, auf Gerechtigkeit zu hoffen. Seit 12.11.2003 lagern sie auf der Strasse zu ihrem Gebiet. Mehr als 400 Krieger befinden sich auf der einen Seite während ihnen gegenüber, nur durch eine Brücke getrennt, bewaffnete Invasoren stehen, die den Zutritt der Indios zu ihrem Gebiet verhindern.

Blickpunkt Lateinamerika, 16.2.2013
Pedro Casaldáliga – ein Bischof mitten unter den Menschen


Folha, 12.4.2013 (Fotos)
Brasil tenta acertar erros do passado com índios
O governo, ávido por uma fatia de terra fértil na região central do país para a agricultura comercial, levou os índios para uma nova reserva a 400 quilômetros de distância. Paridzané lembra que muitos amigos morreram de sarampo, enquanto outros entraram em confronto com tribos rivais que foram forçadas a compartilhar a mesma área.

Agência Brasil, 04/04/2013
Governo federal promove ato de devolução de território à comunidade xavante
Pouco mais de dois meses após concluir a desocupação da terra indígena xavante Marãiwatsédé, no norte de Mato Grosso, o governo federal promove nesta sexta-feira (5) um ato para oficializar a concessão de uso de 165 mil hectares aos 1,8 mil índios que já viviam no local, segundo o Censo 2010. Um hectare corresponde a 10 mil metros quadrados, o equivalente a um campo de futebol oficial. A área total compreende parte dos territórios das cidades de Alto Boa Vista, Bom Jesus do Araguaia e São Félix do Araguaia.

O Globo, 21/03/2013
Força Nacional ocupa terra indígena de MT para evitar retorno de posseiros
Ministério da Justiça publicou portaria autorizando reforço na segurança. Produtores deixaram terra após conflito de 20 anos com xavantes.