kontrapunkte.org, 29.9.2020
In den neunziger Jahren – so erzählte es anlässlich einer Buchvorstellung in Mexiko-Stadt ein in den USA lehrender Kolumbianer – wurde sein dortiges Dissertationsvorhaben über lateinamerikanische Philosophie mit der Begründung abgelehnt, man könne nicht über etwas promovieren, das nicht existiere. Was hätte der vor fünf Jahren verstorbene Uruguayer Eduardo Galeano dazu gesagt, der in diesem September seinen 80. Geburtstag gefeiert hätte? Nach Gelegenheitsarbeiten und gesellschaftskritischen Karikaturen und kleinen Artikeln übernahm er mit 20 Jahren erstmals eine leitende Tätigkeit in einer, dann in weiteren linksgerichteten Zeitschriften, die ihm bald das Exil einbrachten, erst in Argentinien und nach dem dortigen Militärputsch dann in Nach-Franco Spanien. Erst 1985 konnte er in seine Heimatstadt Montevideo zurückkehren, die vielen Mitteleuropäer*innen, wenn überhaupt, vielleicht im Zusammenhang mit der ersten Fußballweltmeisterschaft (1930), der Tupamaros-Stadtguerrilla oder dem VW-Käfer des so aus der Reihe fallenden Staatspräsidenten José Mujica (2010-2015) erinnerlich ist.