Im Interview für das Instituto Humanitas Unisinos (IHU) vom 2.8. beklagt Bischof Erwin Kräutler erneut die Gefahr, die das Kraftwerk Belo Monte für Natur und Menschen bedeutet, und kritisiert mit prophetischen Worten die Verantwortungslosigkeit der brasilianischen Regierung.
Ursprünglich wurde jenes Wasserkraftwerk-Projekt am Xingu nach einem Schlachtruf der Kayakó-Indios "Kararaô" genannt. Dom Erwin zufolge wurde der Name geändert, "damit die Leute am Xingu nicht an die Machete von Tuira und an die mit Urucum bemalten Gesichter der Kayapo erinnert werden, die sich gegen den Damm erhoben hatten." Seit den 70er Jahren, als mit dem Bau der Transamazônica auch Belo Monte projektiert wurde, protestierten die indigenen Völker der Region dagegen. Das ausdrucksstarke Bild der indigenen Tuira, die bei der Versammlung am 25. Februar 1989 in Altamira mit einer Machete das Gesicht des derzeitigen Direktors von Eletronorte, José Antonio Muniz Lopes, berührte, ging weltweit als Symbol des Widerstands gegen Belo Monte durch die Medien.
Als Bischof Erwin Kräutler öffentlich gegen das Projekt auftrat, erhielt er mehrere Morddrohungen, und seit vier Jahren wird er rund um die Uhr von einer Polizeieskorte bewacht. Er hatte sich schon in seiner Jugendzeit für den Xingu interessiert und lebt hier seit 1965. Als Kenner der Situation widerspricht er seit 30 Jahren der Propaganda, dass „mit Belo Monte der elektrische Strom in die Hütten der Armen kommen würde“. Die Energie werde dem Bergbau und der Metallindustrie zugute kommen: „für die energieintensive Verarbeitung von Eisen und Bauxit zu Aluminium“, das noch dazu für den Export bestimmt ist.
Für den Bischof am Xingu ist das Projekt, das seine Wurzeln in der Militärdiktatur hat, ein diktatorisches geblieben: „die Regierung unterschlägt Informationen, verändert Daten und verletzt die Bundesverfassung“. Man sagt, der Fortschritt habe seinen Preis, doch die Opfer werden von den Betroffenen verlangt: „rund 30 000 Menschen müssen umgesiedelt werden und die Umwelt wird unwiederbringlich zerstört“. Es stimmt auch nicht, dass „nur ein Staudamm“ bei Sitio Pimental ausreichen wird, damit das Kraftwerk die versprochene Leistung von 11.000 MWh gewährleisten kann; weitere 5 Staudämme am Oberlauf des Xingu werden folgen müssen, was ein Genozid für die dort lebenden Indigenen bedeuten würde.
Präsident Lula wie auch seine Kandidatin für die kommende Wahl, Dilma Rousseff, haben wiederholt behauptet, „dass Belo Monte ein Beispiel dafür sei, wie man ein Wasserkraftwerk baut und die Umwelt respektiert.“ Dom Erwin fragt ironisch, wie glaubwürdig eine Umweltverträglichkeitsprüfung ist, wenn die Angaben über die Größe des Stausees dauernd erhöht werden. Im ursprünglichen Projekt stand 400 qkm, in der Umweltlizenz 516 qkm und die Kriterien für die Versteigerung sprachen von 668 qkm überschwemmter Gebiete. Außerdem werden die 100 km entlang der Großen Kurve des Xingu, an der zwei indigene Völker wohnen, - bedingt durch die Staumauer und die Wasserableitung - nur einen Wasserstand von 30–40 cm aufweisen. Wie soll hier das Leben in seiner bisherigen Intensität weitergehen? Die Lebewesen im und entlang des Flusses werden verhungern. Das ist kein Respekt vor der Umwelt!
Abschließend gibt Bischof Kräutler im Interview zu bedenken, „dass es jetzt schon indigene Völker gibt, deren Lebensräume durch Invasionen derart eingeengt sind, dass ihnen ihr Leben wie in einer Hölle vorkommt. Sie entscheiden sich vor ihrer Zeit für ein Leben im Himmel, im Jenseits, wo sie glauben, ein erfülltes Leben führen zu können. In diesem Glauben und in dieser Hoffnung wählen sie den Selbstmord. Das ist makaber, aber die reine Wahrheit.“
"Sollte Belo Monte durchgezogen werden, wird Präsident Lula als jener Präsident Brasiliens in die Geschichte eingehen, der den indigenen Völkern am Xingu ein Ende setzte. Denn es ist nicht wahr, dass es nur bei einem Staudamm bleibt, es wird mehrere geben. Alle indigenen Territorien entlang des Xingu werden invadiert werden und für die Indios wird es kein Überleben geben. Belo Monte ist der Startschuss für ein monströses Projekt; wer ihn abgegeben hat, wird für die Folgen verantwortlich sein."
Instituto Humanitas Unisinos, 2/8/2010
Belo Monte: uma monstruosidade apocalíptica
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Instituto Humanitas Unisinos, 14/8/2010
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