Dienstag, 10. August 2010

Belo Monte: Betroffene von Staudämmen und indigene Völker Brasiliens planen weitere Protestaktionen


Die Artikulation der indigenen Völker Brasiliens (APIB) veranstaltet jedes Jahr das nationale Treffen Terra Livre, um Angelegenheiten der Indios wie Landkonflikte, Gewaltopfer oder negative Auswirkungen der Großprojekte des Programms für beschleunigtes Wachstum (PAC) gemeinsam zu erörtern. Vorrangig sind die Anstrengungen zur Verhinderung des geplanten Kraftwerks von Belo Monte am Xingu-Fluss. Terra Livre 2010 wird von 16.-20. August in Campo Grande, Mato Grosso do Sul, stattfinden.

Zur Vorbereitung lud die Koordination der Indigenen Organisationen vom brasilianischen Amazonien (COIAB) alle indigenen Vertreter vom 9.-12.8.2010 nach Altamira-Pará zu einem Treffen ein, um gemeinsame Strategien gegen den Bau des Wasserkraftwerks Belo Monte zu erörtern.

Fotogaleria A Critica: Bauarbeiten am Kraftwerk Jirau

Erschütternd sind die Erfahrungsberichte auf Amazônia beim Bau der Kraftwerke von Jirau und Santo Antônio am Rio Madeiras. Jaci Paraná war ein kleines Fischerdorf ca. 100 km von Porto Velho entfernt. Als 2008 mit den Baustellen begonnen wurde, kamen fast 10.000 Arbeiter. Doch auch Tausende von jungen Frauen aus ganz Brasilien zogen dort hin, um ihr Glück zu versuchen. Nach zwei Jahren ist die momentan größte Baustelle Brasiliens und Aushängeschild für das Programm für beschleunigtes Wachstum (PAC) ein Zentrum für Prostitution und Kriminalität unvorstellbaren Ausmaßes und ein Umschlagplatz für den Drogenhandel geworden. Die Mädchen werden zum Teil wie Sklaven gehalten, den Arbeitern wird das Geld gleich vom Lohn abgezogen. Die Polizei ist machtlos, die Sozial- und Jugendeinrichtungen hilflos.

Ungeachtet der Bedenken der Betroffenen und der nationalen und internationalen Proteste schreiten die Genehmigungsverfahren für Belo Monte voran. Ende Juli genehmigte die Nationale Energieagentur Aneel die Betreibergesellschaft Norte Energia S.A., die nun für die Vergabe der Aufträge, die Durchführung der Bauleistungen und den Betrieb des Kraftwerks verantwortlich ist. Die Beteiligung des privaten Tiefbausektors am Projekt ist weiterhin offen. Leichter tat man sich mit der Vergabe des technischen Bereichs wie Turbinen. Laut Folha vom 30.7. entschied die brasilianische Regierung zugunsten des europäischen Konsortiums bestehend aus Alstom, Andritz und Voith Siemens. Bis das Gesamtprojekt
genehmigt wird, dürften laut Andritz-CEO Leitner allerdings noch Monate vergehen.

Derzeit wird in Zusammenarbeit mit ca. 40 Bundes- und Landesbehörden der Plan für nachhaltige Entwicklung der Region am Xingu erstellt, der bis 31. August Präsident Luiz Inácio Lula da Silva vorgelegt werden muss. Für diesen regionalen Entwicklungsplan stehen R$ 500 Mio zur Verfügung.

Laut offizieller Homepage von Altamira sind – nach 30 Jahren besonderer Entwicklungspläne für diese Besiedelungsregion – die sanitären Zustände dort noch sehr rückständig. Nur 1,87 % der Bevölkerung von 75.000 Menschen sind an das Abwassernetz angeschlossen. 30 % der Bewohner verfügen über eine „bessere Senkgrube“ und 57 % über eine „kümmerliche“. 8 % haben weder Bad noch Toilette. Die Transamazônica-Straße ist seit ihrem Baubeginn vor mehr als 40 Jahren eine Staub- und Schlammpiste geblieben, Überfälle auf Reisebusse gehören zur Tagesordnung. Sie soll nun – zum wiederholten Mal – asphaltiert werden.


Quellen:

Cimi Info 923, 22.7.2010
Vorbereitungen für Terra Livre 2010 angelaufen

kathweb, 09.08.2010
Brasilien: Protestcamp gegen Megastaudamm am Xingu-Fluss
Am "Internationalen Tag der indigenen Völker" (9. August) sind rund 500 indianische Abgesandte mehrerer Amazonasvölker am Flussufer in Altamira im Bundesstaat Para zusammengetroffen, um u. a. darüber zu beraten, wie sie den umstrittenen Bau des Belo-Monte-Wasserkraftwerks noch abwenden können, berichtete die "Gesellschaft für bedrohte Völker" (GfbV) am Montag in einer Aussendung.

Dreikönigsaktion
Belo Monte/Andritz AG: Profit darf keine Existenzen zerstören
Jubelstimmung an der Wiener Börse – Kampfschreie am Xingu: Der Aktienkurs der Andritz AG befindet sich im Höhenflug - unter anderem auch deshalb, weil der österreichische Konzern voraussichtlich einen Milliarden-Auftrag für ein Megastaudammprojekt im Amazonasgebiet an Land ziehen wird. Die Menschen vor Ort leisten verzweifelt Widerstand – Tausende fürchten um ihre Existenz.

Börse-Express, 9.8.2010
Andritz-CEO Leitner: 'Haben bislang keinen Zuschlag für Belo Monte erhalten'
'Dürfte noch Monate bis zur Entscheidung dauern'

Der Standard, 9.8.2010
Andritz baut Ergebnis aus
Der Riesen-Auftrag für Lieferungen an das umstrittene Kraftwerk Ilisu steht in den Büchern, schon lockt ein weiteres Großprojekt in Brasilien

ORF.at, 9.8.2010
Andritz liegt gut auf Kurs
Der börsenotierte Anlagenbauer Andritz AG hat im ersten Halbjahr 2010 sämtliche Prognosen übertroffen: So stieg etwa das Konzern-Ergebnis um 107 Prozent auf 67,3 Mio. Euro - erwartet wurde ein Anstieg um 78 Prozent.

Hintergrundinformation von Survival International
Staudämme am Madeira Fluss

Archiv: Frankfurter Rundschau, 30.12.2008
Das Madeira-Projekt
An einem Zufluss des Amazonas entstehen riesige Kraftwerke. Mit der Fischerei ist aber Schluss.

Amazônia, 2.8.2010
Prostituição ‘explode’ na maior vitrine do PAC
Entenda como o maior canteiro de obras do Brasil atraiu garotas de programa de todo o País para RO

Agência Brasil, 9.8.2010
Governo monta plano sustentável para região de Belo Monte
A região de integração do Xingu, que abrange dez municípios do Pará, onde será construída a Usina Hidrelétrica de Belo Monte, terá um plano de desenvolvimento sustentável, que vai incluir ações na área de regularização fundiária, licenciamento ambiental, capacitação da população local, ampliação de escolas e universidades públicas, universalização do acesso à energia elétrica e melhoria dos transportes rodoviário e hidroviário.

Site Oficial de Altamira
Infra-estrutura: Esgotamento Sanitário