Radio Vatikan, 3.9.2013
Brasilien: „Es braucht mehr als pastorale Dokumente“
Nachdem Papst Franziskus in Brasilien deutlich gemacht hat, wie wichtig ihm Amazonien ist, hat die Bischofskommission für Amazonien unter Vorsitz des emeritierten Kurienkardinals Claudio Hummes nun für Oktober ein Treffen in Manaus organisiert. Vom 28. bis zum 31. Oktober soll dort über die Herausforderungen für die Kirche in Amazonien diskutiert werden.
Erwin Kräutler lebt seit den 60er Jahren als Missionar im Amazonasgebiet, am Fluss Xingu. Seit 1980 ist der geborene Österreicher dort auch Bischof. Bekannt wurde er unter anderem durch seinen Einsatz für gleichermaßen die Umwelt und die Rechte der dort lebenden Bevölkerung im Kampf gegen einen Megastaudamm. Im Gespräch mit Radio Vatikan sagte Kräutler:
„Papst Franziskus hat Amazonien als so etwas wie eine Nagelprobe für den augenblicklichen und zukünftigen Weg nicht nur der Kirche in Brasilien, sondern auch für die gesamte brasilianische Gesellschaft angesehen. Wie damals Paul VI., der gesagt hat, Christus zeigt auf Amazonien, so spricht auch Papst Franziskus jetzt vom Bewährungstest. Das bedeutet, dass die gesamte brasilianische Kirche heute ihren Blick auf Amazonien richten soll.“
In Amazonien gebe es eine Migrationswelle nach der anderen, berichtet der Bischof. Die brasilianische Kirche müsse da „mitgehen“, sie könne es sich nicht leisten, diese Menschen alleine zu lassen, die auf der Suche nach besseren Lebensbedingungen seien. Auch Papst Franziskus habe ja immer wieder betont, dass die Kirche präsent und nahe bei den Menschen sein müsse.
„Das ist das Gebot der Stunde: Dass die brasilianische Kirche Amazonien ganz bewusst in den Blick nimmt und nicht nur wohlgemeinte pastorale Dokumente redigiert, sondern tatsächlich vor Ort gegenwärtig ist. Der Papst hat gesagt, eine Mutter nimmt das Kind auf den Schoss, herzt es, küsst es, liebt es. Das kann man nur tun, wenn man tatsächlich gegenwärtig ist. Über Korrespondenz alleine geht das nicht.“
Papst Franziskus habe deshalb beim Weltjugendtag die brasilianische Kirche aufgefordert, für Amazonien da zu sein und sich konkret und bewusst einzusetzen, so Bischof Kräutler:
„Damit die Kirche tatsächlich gegenwärtig ist, vor Ort geht, damit die oft entwurzelten Menschen spüren können: hier ist meine Heimat. Die Kirche ist das Haus für die Armen, ganz besonders für die Armen. Das ist das Gebot der Stunde.“
Hintergrund:
In seiner Ansprache vor den Bischöfen Brasiliens und dann zwei Tage danach vor dem Koordinierungsrat der CELAM, des Zusammenschlusses der Bischofskonferenzen Lateinamerikas und der Karibik, hatte Papst Franziskus seine Vorstellungen einer Entwicklung der Kirche in Lateinamerika skizziert. Dabei setzte er eine Region Brasiliens auf die Tagesordnung: Amazonien.
Kathweb, 4.9.2013
Kräutler: Amazonien durch Papstbesuch in Fokus der Kirche gerückt
Austro-brasilianischer Bischof: Kirche muss die von Franziskus geforderte Anwesenheit vor Ort praktizieren und in der Region ein "Haus der Armen" werden