In einem Interview für Plattform Belo Monte am 4.4.2011 sieht sich Bischof Erwin Kräutler durch die Zustände im Kraftwerk Jirau sowie in der Hauptstadt Porto Velho in seiner Kritik an Belo Monte bestätigt. Für sein Eintreten für die Indigenen Völker am Xingu und für die Bewahrung Amazoniens wurde er 2010 mit dem Alternativen Nobelpreis ausgezeichnet.
Laut Kräutler herrsche in Porto Velho infolge der Unruhen empörter Arbeiter in den Wasserkraftwerken Jirau und Santo Antônio eine „unerträgliche Situation und totales Chaos“, wie ihm der Bürgermeister der Hauptstadt von Rondônia berichtete.
Unter großem Protest wurde vor drei Jahren der Bau des Kraftwerkes Jirau am Rio Madeira begonnen, das im März 2012 mit einer Leistung von 3.450 MW in Betrieb gehen soll. Das Gesamtprojekt war mit R$ 9 Mrd veranschlagt, die derzeitigen Gesamtausgaben belaufen sich bereits auf R$ 13 Mrd, was eine Überschreitung von 45 % beträgt. Ein Abschluss der Bauarbeiten ist noch lange nicht in Sicht.
Das Projekt werde dem Bundesstaat Fortschritt und die notwendige Energie für das Wirtschaftswachstum Brasiliens bringen. Der Schutz der Umwelt sei durch besondere Programme gewährleistet. Diese Propaganda der Regierung für Jirau hat sie auch für Belo Monte wiederholt. Leider ist gegenteiliges der Fall. Für die Bevölkerung ist kein Fortschritt erkennbar. Der Strompreis dürfte wegen der massiven Budgetüberschreitung unerschwinglich werden.
Erste Nutznießer des Fortschritts sollten die 22.000 Bauarbeiter sein, die mit leeren Versprechungen in die entlegene Region gelockt wurden. Die Infrastruktur war dem Ansturm nicht gewachsen. „Die Leute werden wie Sklaven behandelt, Überstundenzahlungen sind ausständig. Das Essen ist schlecht, die Leute sind isoliert. Mehr als 20.000 Männer weitab von der Stadt isoliert – das kann nur zur Rebellion führen“, so der Bischof betroffen über die Situation, die am 15. März eskalierte.
Auf dem Weg zur Arbeit haben die Männer ihren Unmut über längst fällige Löhne und miserable Arbeitsbedingungen freien Lauf gelassen. Sie steckten 60 ihrer Transportbusse in Brand, verwüsteten Unterkünfte, Freizeiteinrichtungen und sogar eine Apotheke. Seit dieser Welle der Zerstörung sind die Bauarbeiten in Jirau eingestellt.
Bischof Kräutler befürchtet ein ähnliches Chaos für Altamira. Die Stadt ist einem Zustrom von Arbeitern genauso wenig gewachsen wie Jirau. Gesundheitswesen und Bildung liegen im Argen, schon jetzt gibt es zu wenig Spitäler und Schulen.
Die Regierung machte den Baubeginn von Belo Monte von 40 Bedingungen abhängig. Vorarbeiten wurden bereits eingeleitet, „ohne eine einzige der Bedingungen erfüllt zu haben“, beklagt der Bischof. „Warum auch sollten die Baufirmen jene Verpflichtungen übernehmen, die von der Regierung zugesagt wurden? Ich glaube nicht, dass sie von christlicher Solidarität und Nächstenliebe beflügelt sind“, sagte er weiter.
Die Bewohner von Altamira hätten Angst, da sie in eine ungewisse Zukunft blicken. Jene, die umgesiedelt werden müssen, wurden bisher nicht informiert, was mit ihnen geschehen soll. Aus den Vorfällen von Jirau und anderer Kraftwerke weiß man: wenn sie nicht rechtzeitig selber ihren Weg suchen, werden sie überschwemmt oder von den Baggern überrollt. „Das ist für mich eine Respektlosigkeit sondergleichen gegenüber 30.000 Menschen“, kritisiert Bischof Kräutler.
Chronologie der Ereignisse in den Kraftwerken Jirau und Santo Antônio vom 15. März bis 4. April 2011 als PDF.