Donnerstag, 31. Oktober 2019

Paulo Suess: Verheiratete Priester werden kommen


Erzdiözese Wien, 31.10.2019
Amazonien-Experte Suess:
Verheiratete Priester werden kommen
Deutsch-brasilianischer Theologe und Synoden-Experte im "Kathpress"-Interview über zentrale Ergebnisse der Amazonien-Synode und Vorhaben des Papstes

Der in Brasilien lebende deutsche Theologe Paulo Suess ist fest davon überzeugt, dass Papst Franziskus den Weg für verheiratete Priester in Amazonien freigeben wird. Das hat er im Interview mit der Nachrichtenagentur "Kathpress" betont. Der Papst wollte dies nicht von oben herab bestimmen, sondern habe auf die nun von der Amazonien-Synode gegebene breite Zustimmung zu diesem Schritt gewartet. Das sei auch das Neue und Besondere am synodalen Weg, "dass auf die Stimme des Volkes gehört wird". Mehr als 80.000 Menschen seien im Vorfeld der Synode in deren Vorbereitung involviert gewesen, so Suess.

Geduld bei Weiheämter für Frauen
Der 81-jährige Theologe und Priester hatte als Experte an der Synode teilgenommen. Er äußerte sich am Rande einer Tagung in Salzburg, wo am Mittwoch und Donnerstag über die Ergebnisse der Synode beraten wurde.

Suess zeigte sich überzeugt, dass sich auch hinsichtlich der Öffnung von Weiheämtern für Frauen etwas in der katholischen Kirche bewegen wird. Hier brauche es aber noch mehr Geduld, schließlich handle es sich um eine gravierende kulturelle Veränderung, "und das wird noch länger dauern". Jetzt müsse einmal das Diakonat für Frauen geöffnet werden, "und wenn sich dieses bewährt hat, wird man weitersehen". Die Dinge bräuchten einfach Zeit. Frauen würden etwa seit Jahrzehnten im Amazonasgebiet inoffiziell als Gemeindeleiterinnen fungieren, nun werde erstmals im Synodendokument offiziell die Möglichkeit der kirchlichen Beauftragung für Gemeindeleiterinnen erwähnt.

Hinsichtlich der Weihe verheirateter Männer zu Priestern wies Suess darauf hin, dass viele dieser Männer seit Jahrzehnten ihren Gemeinden vorstehen würden. Hier brauche es keine großen Ausbildungsprogramme oder Probezeiten mehr. "Hier geht es nur mehr darum, dass ihnen der Bischof die Hände auflegt und sie weiht."

Es hat auch "Bremser" gegeben
Der Theologe räumte ein, dass bei der Synode nicht alle Teilnehmer gleicher Meinung gewesen wären. Es habe auch "Bremser" gegeben, auf die man im Schlussdokument habe Rücksicht nehmen müssen. Trotzdem wolle er es so auf den Punkt bringen: "Papst Johannes XXIII. hat die Fenster aufgemacht. Papst Franziskus hat jetzt auch die Türen aufgemacht. Jetzt müssen wir halt rausgehen."

Die Kirche sei verantwortlich dafür, die Menschen in Amazonien durch das Wort Gottes und die Sakramente zu stärken. Nur beides zusammen sei wirklich katholisch. Die Synode sei ein erster wichtiger Schritt dafür gewesen.

Wenig Freude hat Suess - wie er weiter sagte - mit den zahlreichen Sekten im Amazonas-Gebiet, die regen Zulauf hätten. Diese würden sich nicht um den Umweltschutz kümmern und die Kultur der Indigenen zerstören. Die katholische Kirche müsse darauf mit einer Stärkung der indigenen Identität antworten.

Mehr Bewusstsein für Schöpfungsverantwortung und den Schutz der Umwelt brauche es im Westen wie auch in Brasilien selbst, so der Theologe. Zwar ließen sich die Ergebnisse der Amazonien-Synode nicht 1:1 auf Europa umlegen, aber in dieser Hinsicht sei die Kirche auf beiden Kontinenten gleichermaßen gefordert.

Haupthema war Zukunft der Schöpfung
Das grundlegende Thema der Synode sei das Leben und die Zukunft der Schöpfung gewesen, so Suess. Die innerkirchlichen Reformen seien diesem Grundanliegen nachgereiht - freilich für eine glaubwürdige und inhaltlich kohärente Kirche unbedingt vonnöten.

Der Theologe und Missionswissenschaftler Suess war einer der Hauptreferenten bei einer nachsynodalen Tagung im Salzburger Bildungszentrum St. Virgil am Mittwoch und Donnerstag. Als zweiter Hauptreferent war der Amazonas-Bischof und Präsident des Indigenenmissionsrats der brasilianischen Bischöfe (CIMI), Erzbischof Roque Paloschi, angereist. Von Seiten der heimischen Bischöfe nahmen Erzbischof Franz Lackner, Bischof Werner Freistetter und Bischof Wilhelm Krautwaschl an der Veranstaltung teil. Rund 100 Vertreter von kirchlichen Umweltorganisationen bzw. entwicklungspolitischen Organisationen berieten über Konsequenzen aus der Synode für die Kirche in Österreich. Veranstalter war die Koordinierungsstelle für internationale Entwicklung und Mission (KOO) der Österreichischen Bischofskonferenz.


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